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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0302

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abkr dit alte polm'sche Wirthschaft war auch
vom llebel und allemhalben berüchtigt. Dic
heutige polnische Generatisn wird deßhalb vor
allen Dingen z« beweisen haben, daß sie eincr
poiitischen und nationalen Wiedergedurt fähig
und würdig gewordcn ist. Auch werden dic
Polen, nach unserem Erachten, wohl daran
thun, mehr ihrer eigcnen Kraft, AuSdauer u.
Wiüeusstärke zu vcrtraueu, alS der vielsach
iüusorischrn Hülfe der sremden Mächte. „Es
ist beffer auf dcn Herrn zu vertraucn, als
auf Fürsten ssch vcrläffen!" Dies hat dcr
Psalmist gesagt, der selber ein Fürst war.
ünd was hat Napoleon l. gesagt, von wel-
chem Polen seine Unabhängigkcit erwartetc:
„Man wird mir doch, sagte der Beherrscher
des Abcndlandrs, ktinc Unbcsonnenheitcn zu-
trauen! AuS Polen aiachc ich ein Feldlager,
aber kein Forum!" Und wie er sagtc, so that
cr auch. AlS trefflichc Reitcrschwadrvnen für
die große Arwee waren ihm die Pvlen gut
genug.

— Mannheim, 29. März. Bckannt-
lich bestcht in unscrem Großherzogthum ein
Geseh vom 7. Zuni 1848, welches eine
Beeidigung aller Staatsbürger und auch
der StaatS- und Kirchendiener, auf die Lan-
desversaffung anorvnet, aber wegen der da-
rauf ersolgten Ereigniffe und insbesonderc
der durch dieselben hervorgerufcnen Reac-
tion, welche die Kirche für sich auszubeuten
wußte, nicht zur Anwcndung gekommen ist.
Pic in neuerer Zeit, namentlich in Folgc der
Concordalsstreitigkeiten, bei uns vorgckomme-
nen Uebergriffe eines TheileS der Geistlichkeit
in die Rcchte dcs Staates und ihre Opposi-
tion gegen vcrfassungsmäßigc Zustänke zu
Gunsten eines veralteten und bei uns nie zur
Rechtsgiltigkeit gclangtcn sogenannien kano-
nischen Rechtcs haben cs nicht aüeiii wün-
scheiiswcrih, sondcrn dringend nothwendig ge-
macht, daß die Verfaffung, gegenüber ultra-
mvntanen und auch vrihodor - pietistischcn
kirchlichen Herrschafisgelüsten, in ihrer Heilig-
kcit und Krast geschützt und erhalien werde,
damit unter dem Schutze unverbrüchlicher
StaatSgesetze der Friedc und die Ortnung
unter den Staatsaiigehörigen keincrlci Stö«
rung erleide. Daruin hat, wie das jüngste
Centralverordnungsblatt verkündet, das großh.
Ministerium des Jnucrn zum Voüzuge jcneö
GeseheS verordnet, daß jcdcr evangclische und
katholische Gcistliche des Landes bei seincm
Eintritt in den Kirchendiknst den Eid auf die
Verfassuug nebst 'dem Huldlguligseide nach
Maßgabe des Art. 2 Nr. 3 des erwähnten
GeseßeS vor dem Bczirksamte seincs Heimaths-
oder Wohnortes zu lcistcn hat, was auch auf
diejenigcn bcrcits im Kirchendienfic stehenden
Geistlichen, die diesen Eid noch nicht geleistet
haben, seine Auwendung ssndct. Die über
diesen Act aufgenommenen Protocolle stud dem
Ministerium des Jnnern vorzulcgen. Zcder
wahr« Vaterlandsfreund wird dicse Verord-
nung, deren Wvhlthätigkeit Zedermann ein-
leuchtet, mit Freude begrüßcn.

Mannheim, 29. März. Die gestrige
Versammlung der Mitgliebcr dcs Nativnal-
vereins war sehr zahlreich besucht. Profeffor
Bauman« hielt die Festrede, in welcher er die
Bcdeuwng des Tags hervvrhob und nachdrück-
lich betonte, daß cs noch schwerer Arbeit bc-
dürse, wenn wir das große Ziel kincr einheit-
lichen Gestaltung Lcr Nation erreichcn wollten.
Die Versammlung war ües ergriffen von seiner
ernsten Mahnung. Nach ihni hielt Amtsrich-
ter Hufschmidt eincn lichtvvllen Vorlrag über
die neue Verwaltungsorganisatioii, ker häufig
von dem Bcifall der Zuhörcr untcrbrochen
wurde. Er übte eine scharse Krüik dcs Re-
gierungs-Entwurfs, wodurch der Abgeordnete
Artaria veranlaßt wurde, dcr Versammlnng
Mitthcilung über dicjenigen Modificativnen zu
wachen, welche die Commisfion der zwciten
Kammer in Vorschlag zu bringen beschlvffcn
habe. Gleichwohl stimmtc die Verfammlung
denjeui'gen Rcsolutionen bei, welche von dcn
geschäftSführendeu Mitgliedern in Vorschlag
gebracht worden waren. Schließlich wurde
erne Anerkennungs-Adreffe für das preußische
AbgeordnetenhauS cinstimmig augcnommen.

(M. I.)

Mankheiw^ 26. März. Von Natnr»

fsrscher Herrn Dr. Schimper ist ekne als
Manuscript gedruckte Brochüre crschicnen,
welche di'c «Gkfichtspunkte eines stromkundi-
gcn NalnrforschcrS bei dcr Fragc, w»,zu
Mannhcim dcr Rhein überbrückt werden soll",
enthält. Der Vcrfaffer eifert gegen eine Brückc
oberhalb der jctzigen Schiffbrücke, namcntlich
aber gegen eine solche, ctwa in dcr Mittr des
Rheiudammes, da sie hier am schlechtcsten und
für Ludwigshafcn am gcfährlichftcn Platze er-
baut werden würde. Dagegen hält Hr. Dr.
Schimper auf der Mühlau dr'c Stelle, ctwa
2 Gartcnbreiten unterhalh der jctzigcn Trajekt-
anstalt, am geeignetsten für diejenkge Stelle,
„welche weitaus nolhwendig die gcschonteste
und auch dre schonendste ist." Schlicßlich sagt
der Verfaffer, Mannheim habc gegenübcr an>
deren Städten, namcntlich Münchcn, den großen
Vorthcil, die beabsichtigte Brücke jedenfallS in
der Nähe zu erhalten; — und „solltc nun die
Wahl zwischcn dem weitaus schlechtcsten Platze
und dcm weitaus bcsten so schwer sein, wenn
die Bahn, die an einem so überauS günstigen
und Ludwigsbafen nicht gcfährdenden Punkt
ihre Brücke bekäme, ebeu damit zugleich die
Lage erhielte, welche dic meiste Entwicklungs-
kraft für'diese Stadt hätte!" (M. .A.)

Frankfurt» 26. März. Ein Antrag deS
gksrtzgebenden KörperS auf Aufhebung des
Zcituiigsstempels ist vom Scnat ablehnend
beschikden wordcn. AIS Grund hat hoher Sc
nat die fiiianzieüe Einbuße (23—24,000 fl.)
angegeben, die er ohne Ersatz nicht erleidcn
könne. Der gcsctzgebende Körper, in deffen
Sitzung gcstern Abend dic Rückäußcrung des
Senats zur Verlcsung kam, sprach gch jedoch
dahin aus, daß bei einem Jnstitut, welches
soviel zur Volksbildung beitrage, wie das Zci-
tungSwcsen, ein so gcringcr Ausfall im Bud-
get uicht entscheidcnd sein könnte, und beharrte
auf seincm Antrag. (N. Z.)

Frankfurt, 30. Wärz. Bki der grstrigcn zur Fcier
der dculschc« Rcichsvcrfaffuog von donNationnlscrrin
znsammcnbcrufcne», zablrrtch bcsnchlcn Vcrsammlnng spra-
che» io> Ganzcn drci Redncr. Dcr crste dcrsclbcn, Mrtz
»on Darmstadl, bclonle dic Bedcuinng dci Tagi, crläu-
Icrlc tic Grnnde, warum man g-radc jrtzi dtescn Tag fetcr»
müsse und sortoic schli-ßltch zom Fcsthaltcn allcr dcn Fort- I
schrtit licbendcn Parlcien an drm brgonnerrcn EinhcitSwcrl !
ans. Dcr jwcite Rcdner, Geh.-Ralh Wclckcr von Hct- >
dclbcrg brachtc, nachdcm er in längcrcr Rrde vcrschiedcac
Angriffc auf di- RcchtSbcständiglelt dcr RctchSvcisaffnng
widcrlcgt, eine Rcsolution dahingchrnd cin, daß man, wic ^
Rcdncr sagtc, „mit aller Knhnhcit nnd Encrgic dtc Frei- >
hcit deS Vatcrlandcs erkämPsen müffe," welche Rcsolutton
auch »on dcr Bcrsammlung angcnommcn wnrtc. Dcr ,
driltc Rcdncr, Dr. R-ingannm von htrr, schilderte dte
bckanntcn lranrigen Vcrhältniffc letztcrer Zcit tn EchleSwtg- 1
Holstctn nnd fordertc znr Sammlnng snr die dorligc» i
B-drSngtcn auf, wclche auch cincn Ertrag »on ca. 17V fl. j
erztcltc.

Wiesbahen, 26. März. Fürst Emil v. >
Wiligcnstkiii (bcr Dichter dcs Ußlan Aga rc.) l
ist nicht, wie eine in dcn Zeitungcn circu-
lirende Nachricht will, verwuudet und von den
poliiischcn Jiisurgcnten gefangen genommen
ivordcii, vielmehr ist dersclbe nach heute ein-
gctroffenen osficicllcn Depeschen wegcn in fünf-
tägigen Kämpfen bewiesener Bravour vom
Kaiser von Rußland zum Gcncral crnannt.

(A, Z.)

Hannover, 29. März. Zur Feier deS
Jatzrestages der Proclamirung der Reichsver-
faffung hattcn sich gcstern Abend gegen 200
Freunde der nationalen Sache in den Räumen
der Börse versamwelt. Ein früheres Parla-
mentSmitglied, Dr. Nicol, erläuterte die Rcichs-
verfassung »nd schloß mit einem Hoch auf die-
sclbe. Herr v. Bennigsen gedachte i'n einer
längeren, vielfach von Beisallsäußerungcn un-
terbrochenen Rcdc der Fortschrittspartei des
preußischen Abgcordneten-Hauses. Dcrselben
werdc eS gelingen, dic fcudale Partei vom
Staatsruder zu verdrängen, welche es ver-.
standen habe, kürzlich aus den heiligsten Er-
inncrungen des preußischen Volkes einen Fa-
schingsscherz zu machen. Die Vcrsammlung
beschloß, dem preußischen Abgeordnetenhause
ihre Anerkennung in ciner Adreffe äuszu«
sprechen.

Berlin, 29. März. (Köln. Ztg.) Der
Abg. v. Spbcl wird im Abgeordnetenhause
folgende Znterpellation an daS Staatsmini-
stcrium richten: 1) Welchc Ausgaben hat die
Truppenkonzentration an der polnischen Grenze
vcrursacht? 2) Ans welchen Fonds wurden
dieselben bestritten? 3) Waruw sind der

Landesvertretung bis jetzt hierüber keine Borka-
gcn qcmachl worden?

Königsberg» 24, März. Di'e Feier des
17. März ist hicr puhig uub ohne die min-
destc Theilnahme der Bevölkerung vorüber-
gegangcii. Die Veteraneu wurden unter dem
Vorsitze cines Generals auf königliche Kosten
bewirlhct, und dabei di'e vorgeschriebenen Toaste
ausgcbracht. — Auch dcr 22. März, der Ge-
burtstag deS Königs, verstrich hier in so tie-
fer Sonntaasruhe iind so gänzlich ohne Unter-
brechung d?S gewvhnten LebensgangeS, daß
es dem treuen Bewahrer monarchischer Ge-
sinnungen wohl schmerzlich sein mochte, eS zu
beobachten. Wclch erschütternder Abstand von
der gchobenen Sti'mmung, die vor kaum an«
derthalb Jahren während der Krönungsfeier-
lichkeit hier herrschte.

Frankreich.

Paris, 28. März. Der gesetzgebende Kör-
per hat den Gesetzentwnrf wegen Aushebung
von 100,000 Mann pro 1864 mit 221 gegen
6 Stimmen angenommea.

Ztalten

Turi«, 27. März. Die Deputirtcnkammek
hat die Diskussion über die zu Gunsten P o-
lens eingereichteu Petitionen beendigt. Sie
hat mit großer Majorität die Auträge der
Commission aus Verweisung an das Ministe-
rium mit Kundgebung des Bertrauens, daß
das Miilisterium alles Mögliche zu Gunsten
Polens thun wcrde, angenommen. Nach einer
lcbhaften Diskussivn hat der Deputirte Cai-
roli sein Prvjekt der Naturalisirung der Emi-
granten zurückgezogen, da er das vvn der
Commission cingebrachte Amendemeiit nicht an-
nehmen woüte,

S p a n t e tt.

EMadrid, 28. März. Der Ministerpräsi-
dent Marquis v. Miraflorcs hat beschloffcn,
den Cories zn crklären, daß das Cabinet die
Politik der llnion liberale nicht fvrtsetzen, aber
conservativ-liberal sein werde. Diese Erklä-
ruug des Ministers hat in der O'Donnell'schen
Partei cine großc Aufregung hervorgerufen.

I Dänemark

Kopenhagen, 29. März. Das gestern
im Casino adgehaltenc Meeting hat einstim-
mig Rcsvlutione» angkiioinuien, welche aus die
Aussonderung HolsteinS aus der Gesammt-
monarchie und auf constitutionelle Entwicklung
Dänemacks und Holsteins abzielen.

Nachrichten über Polen

Warfchau, Die neueste, von dem ge-
heimen Nakioualcomite in Warschau erlaffene
Proclamation lautet:

LandSlkute! Dte Dtctatur, übernommen von etncm
General, tst am 19. März gestürzt und die höchste Gewalt
deS LandeS geht adermals tn die Hände deS provtsortschen
Nattoualcomite'S in Warschau über, welches nicht aufgehört
hat, dtc Pfiichten der Regterung zu üben, und welcheS dte
einztg rechtlich constttutrte RegterungSgewalt deS LandeS
tst. LandSleute! Dte Rückkehr der obersten Leitung in
dte Hände von Mänuern, welche den Aufstand hervörge-
rufen und dcnselben mit AuSdauer gelettet haben, werde
Such zur Bürgschaft, daß der Aufstand äufrecht erhalten
und ohne Steg nicht beendet wtrd. Unermüdet werden wtr
kämpfen, ohne Furcht vor Unfäüen, unaufgehalten durch
etwa fich in den Weg legende Htnderntsse. Ohne die oberste
Gewalt tn einer Person zu concentrtren, mtt deren Fall
der ganze Aufstand stürzen könnte, stark durch daS Gefühl
des RechtS, werden wir gegen aüe Versuchungen von Frac-
ttonen, welche von unS unabhängige Gewalten tn'S Leben
rufen wollteo, fest und unerschüttert auftreten. LandSleute!
Mtt Hoffnung und festcm Glauben nehmen wir neuerdtngS
daS Ruder deS Staats in unsere Hände, und gewöhot,
Gefahren zu besetttgen, find wir überzeugt, daß eS uns
geltngen wird, auch dte durch den Fall deS DtctatorS
drohende Gefahr zu befettigen. Getreu der Sache, bei
welcher dte durch unS gchaltcne Fahne alle Parteiungen
verhtndert, forderu wtr vom gesammten Volk Gehorsam.
Gretft zu den Waffen, der Feind steht vor un«, unsere
Brüder fallcn -- in dem Heere ist heute der Platz jedeS
Polen. Zm Austrag des Generalcomtte's als provisortsche
Nattonalregterung: Der außerordcntltche

Am 21. März 1863. Commtffär

Stephan BobrowSki.

Warschau, 28. März. Padlcwskk,
von vier L-eiten von Truppen verfolgt, hat
selbst am 22. seinc Bande bei Gorzen, in dem
Gouvernement Plock, aufgelöst; er floh mit
200 Rei'iern i'n der Richtung von Mlawa.

Die Truppen versolgen ihn. Sie fanden be»
 
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