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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0327

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rath ersorderlich machen, was in diescm kri-
tischen Momcntc zu'begiunen sei. Jezioranski
und Waligorski antworteten übcreinstiinmcnd,
daß die Bernichtung des ganzen EorpS dem
Allfstand noch nicht so schaden würde, wie der
Tod oder die Gefangennehmung des Dicta-
torS; daß der Dictator schon vermöge seineS
Amles nicht fiets bei eiiiem Corps bleiben
kann. Er möge daher das Cvmmando über
diese Truppeniiiacht einem Andern übergeben,
sich ailein entfernen oder wenigstens einen
sichern Ort suchen, von wo auS er mit Sicher-
heit den ganzen Ausstand leiten könnte. Alle
andereii Officiere des Stabes waren derselben
Meinimg. Nur Ulatowski machte die Be-
merkung, daß es angezeigt wäre, zum Spstem
des Guerillakrieges zurückzukehren, vvn dem
mau eigentlich gar nicht hätte abgehen sollen,
und beantragte die Trennung in vier CorpS.
Bentkowski hatte bisher geschwiegen und trat
nun dem ganzen Stabe, dem auch bcreits der
Dictator beizutreten schien, mit der Ansicht
entgegen, daß die Entfernung deS Dictators
das größte Unglück, der gefährlichstc Mißgriff
wäre. Sein Abgehen werde dem »hnehin schon
fiark erschütterlen Organismus deS CorpS den
Todesstoß versetzen, werde die begouneiien
Wühlereien erst recht fördern; auch werde daS
Vertrauen im ganzen Lande erschüttert wer«
den, wenn das Corps, auf das uian so große
Hoffnungen gesetzt hat, zerfalle. Das Corps
sei schon derart organisirt, daß es alS Kern
einer regulären Armec dasteht, zum Guerilla-
krieg aber nicht mehr verwendbar sei. Er
fiimme also gegen das Abgehen des Dictators.
Dieses Votum wurde von der Versammlung
fast mit Entrüstung aufgcnommen. Man suchte
Bentkowski von seiner Jdee abzubringen, doch
er beharrtc bei seinem Ausspruch und erklarte
noch, es sei eine Forderung sowohl der Ehre
als der Klugheit, sich nöthigenfalls bis zum
letzten Mann zu schlagen. Bentkowski stand
mit seiner Ansicht allein im ganzen Kriegs-
rathc. Der Dictator handelte also, als die
Berathungcn beendigt waren, im Sinne seines
Stabes, theilte das Corps in zwei Abtheilun-
gen, übergab daS Commando dcn Führern
Smiechowski und Czachowski, und waS wei-
ter erfolgte, ist bekannt.

Dem „Czas" zufvlge ist der Verlauf des
AufstandeS in Litthauen ein besvnders günsti-
ger. Fast die ganze Bevölkerung der Zmudz
hat nach den Waffen gegriffen. Jm Lubliner
Gebiete operiren außcr dem Corps Lelewel
und Presnel zwei andere Jnsurgente» - Ab-
theilungcn in den Wäldern diesseits von Za«
mosc unb ermüden mehrere russische Colonnen
in der Gesammtstärke von 5000 Mann. Auch
im Augustower Gebiete hat sich der Ausstand
bedeutend gestärkt; ein ueues sehr starkes Jn<
surgentencorps ist im Marianpoler Bezirke
ausgetaucht, welches die dortige Eisenbahn stark
beschädigt hat.

Malmö, 3. März. Das englische Fahr-
zeug mit der polnischen Erpedition an Bord
liegt nvch hier im Hafen. Der Name des
Schiffes ist „Ward Jackson", der Hartlepool
Steam Navigation Companp in England ge-
hörig und dieser von dcr polnischen Erpc-
dition abgemiethct worden. Der Chef ist der
Oberst Lapinskp, der in Ungarn und am Kau-
kasus gegen Rußland kämpfte. Das CorpS
besteht aus ungefähr 190 Personen, den drei
Vieriel Thcil bildcn Polcn, den übrigen fran-
zösische, italienische und ungarische Freiwiüige,
eS befindcn sich26 Officiere nebst einigen Jngc-
nieure» unter ihnen. Das Schiffistmit Waffen u.
Munition geladen. Die Erpedition ist von der
poln. Nationalregierung ausgerüstet, und nicht
von einem cngl.Damen-Comits, wie vvn einigen
Blättern berichlet. Als die Behörden hier in
Malmö vvn der Thatsache, daß ein englischeS
Schiff mit polnischen Emigranten an Bord
in ihren Hafen eingelaufen sei, Keiintniß er-
hielten, wurde sofvrt hierüber bei der Regie-
rung in «tockholm telegraphisch um Verhal-
tungsmaßregeln angefragt. Sie lauteten aus
Sequestration des Schiffes und unbehinderte
Freiheit der Paffagiere, sich z» bcgeben, wo-
hin es ihnen gefiele. Der Capitän Robert
Watherlep und die ganze englische Besatzung
deS Schiffes ist in Kopenhagcn geblieben und
letzteres von einer dänischen Besatzung nach

Malmö gebracht worden. Am Donnerstag
Rachmittag brach am Bord des Schiffes Feuer
aus, wurde aber von den Emigranten rasch
gelüscht.

Bon der polnischen Grenze, 4. April.
Die jüngsten-Kämpfc bei Kazimierz, Konin,
Plock und Gorczawo sind freilich nicht zu
Gunsten der Aufständischen ausgefallen, aber
auch die Russen haben durchaus keine Siegc
davon getrageu; sie habcn sich damit begnü»
gen müssen, die Jnsurgenten auseinander zu
sprengen, die sich aber bereits wieder in ver-
mehrter Anzahl sammeln, da fie täglich Zu-
zügc aus dem Großherzogthum erhalten. Letz-
teres köiinen preußischc Lruppen nicht hin-
dern, da die Zuzügler überall bei den Land-
leuten polnischer Nationalität Aufcnthalt,
Pflege und Unterstützung finden. Das russtsche
Militär ist noch immer sehr schwach; in Ko-
nin stehen nicht übcr 2000, in Kalisch kaum
1000 und i'n Plock höchstens 800 Mann.
Mielecki und Callier leben noch, find aber doch '
bedenklich verwundet; an des erstcren Stelle
kornmandirt jetzt Malczewski die Aufständischcn;
seine Schaar ist bereits wieder auf circa 900
Mann, darunter ziemlich viele Cavallerie, an-
gcwachsen. Ein Ende des grausame» Kampfes
ist noch immer nicht abzusehen.

Warschau, 5. April. Am 31. v. Mts.
ist den ruffischen Truppen ein UkaS publicirt
worden, worin densclben daS Morden, Rau-
ben, Brandlegcn, das Erschlagen Verwundeter
und das Mißhandeln von Leichnamen bei To-
deSstrafe verboten wird. Auch sind wegen
Jnsubordination strenge Strafen vollzogen
wvrden.

Kraka«, 6. April. Gestern hat ein Ge-
fecht bei Szklarp-Gregowicz stattgefunden; dic
Polen verloren an Todten und Verwundeten
20 Mann, die Russen dagegen 60 Mann.
Der Aufstand nimmt in Litthaue» zu und die
Bauern nehmen Antheil daran; ganz Samo- ^
giticn ist aufgestanden.

Warscha«, 6. April. Bei den an Ostern >
üblichen Sammlungen in den Kirchen sind dies-
mal die Spenden für ein Jnstitut besvnderS ^
überreichlich ausgefallen, man spricht von ciner
Gesailiinisulnink von 100,000 Rubeln. DieseS
Jnstitut ist — der Aufstand; die Sammlung
betraf die durch denselben in Elend gcrathe-
nen Einwohner deS Landes. Ein besonderes
Spmbvl bezeichnete-die für diesen Zweck be-
stiuimtc Collecte, und die Besucher bes heili-
gcn Grabes verstanden, gaben und— schwiegen.

Petersburg, 7. April. Die von dem
Abel des Gouvernements St. Petcrsburg ein-
stimmig an ben Kaiser beschloffenc Adreffe, de-
ren wir bereits kurz erwähnt, lautet: Die
durch die polnischen Wirren hervorgerufenen
Ansprüche auf das Patrimonium Rußland er-
regen uns Schinerz und Unwillen. Die durch
Ew. Majestät eingeleitete Aera der Reformen
wird de» gegen die Zntegrität dcS ReicheS
geschmiebeten Planen nicht günstig sein. Jm
Verein mit allen anderen Claffen der Bevöl-
kerung wird auch der Adel vor keiner An-
strengung, vor keinem Opfer zur Vertheidigung
des rnffischen Gebiets zurückschrecken.

Reueste Akachrtchten

Dresde«, 8. April. Das ^Dresdencr
Jouriial" cnthält eine Correspondenz aus Wien,
worin versichert wirb, daß den neuesten Be-
stimmungen zufolge der österreichische Gesandte
Alvps Graf Carolpi auf seinem Posten in
Berlin verbleiben werde.

Alexandria, 7. April. Der Sulkan ist
mit sieben Kriegsschiffen angekommen.

Vermijchte Aachrichten.

Kaflel, 4. Aprtl. vr. iudm. Llmcke von Braunschivetg
tst zum -ußeroidentlichen Prvseffor der neueru Sprochen
und Ltteratur in Marbürg an deS nach Letpzig gegangenen
Ebert Stelle ernannt worden.

Aus Baden. Nach der Bad. L.-Z. wird die Frage
rtneS neuen MinisterveräntwortltchkettSgesetzcs, set eS durch
Jnttiative der Regierung oder der Kammer, demuächst auf
dte Tagesordnung gelangen. — ZnOffenburg tagte am
tz. Aprtl etne Abordnung der großh. Notare zum Zwecke
der Abfassung etner Denkschrift, gegenüber den vtelfach ntcht
zur Befriedtgung der Fachgenossen geretchenden Bestim-
mungeu deS ueuen NotartatSgesetzentwurfes. — Nach dem
Mannh. Z. ist bezügltch der Stellung der Brücke für das

Mühlauproject dle meiste Ausficht vorhandeu oder aber die
Brücke würde obcrhalb LudwtgShafen in schräger Rtchtung
den Rhein überschreiteu. Jn beiden Fällen soll, nachdem
der jetztge Rhetnhafen wrtter tn dte Mühlau verlegt tst,
der Personen- und Güterbahnhof, welche tn großartigfier
Weise errtchtet werden, auf dte Mühlautnsel zu stehen
kommen und handelt es fich nur darum, ob dtesclbyr, bet
Ausführung deS MühlauprojectS. etwaS wetter oder bet
Ausführung deS letzten Projrcts etwaS näher an der Stadt
zu ltegen kommeu.

Karlsruhe, 6. Aprtl. Das VerordnuagSblatt deS
großh. OberschulrathS Nr. 6 vom 4. d. M. enthält u. A.
folgende 1) Dienstnachrtchtea: a. Uebertragen wurde dte
kathol. BezirkSschulvifitatur Engen dem Decan Pfr. Majer
tn Kirchen; dte evangel. Bezirksschulvtfitatur Lahr dem
tztadtpfr. Wagner tn Lahr ; dte evang. Beztrksschulvtfitatur
AdelSheim dem Pfr. Spath tn BofSheim, künfttg tn Adels-
hetm. b. Vcrsetzungen und Ernennungen: Emtl Beck,
kath. Schulcandivat tn Langenbrand, zum HilsSlehrer nach
Oberachern, Amts Achern. Karl BooS, kath. Unterlehrer
tn Zähringen nach Herdern. Erhard Bühler, kath. Schul-
candidat tn Ettenheim, zum HilfSlehrer tn Rtebhetm.
Adam Detterer, evang. Hauptlehrer a. D. tn Bobstadt,
zum Unterlehrcr in Mtchelfeld, AmtS SiuShetm. Ludwtg
Duchilo, evang. Schulcandibat in Altenhetm, zum Unterl.
tn Ottoschwanden, O.-A. Emmendingen. Thadd. Dummel,
kath. Unterl. tn Gütenbach, zum Schulverw. tn Wildgutach,
A Waldktrch. Wtlh. Ehret, evang. Unterl. tn Mtchelfeld
nach HagSfeld. Gletchauf, kath. HtlfSl. in Ueberlingen,
zum Schulv. tn Hausen t. Thal, A. Meßkirch. Gg. Glock,
evang. Unterl. in Denzltngeu, zum Schulv. das. Kornel.
Gutmann, kath. Unterlehrer tn Neusatz nach OtterSweier.
Kasp. HenneSthal, evang. Unterl' tn Ottoschwanden, zum
Htlfsl. tn Oetltngen, Ä. Lörrach. Aug. Kasper, evangel.
Unterl. in Brombach, zum Schulverw. in AllmannSweicr,
O.-A. Lahr. Adolph Kehl, kath. Unterl. tn Lizenhausen,
zum Schulverw. tn Htndelwangen, A. Stockach. Chrtstoph
Keller, evang. Unterl. in JlvcSheim nach Plankstadt. Chr.
Leberth, evang. HtlfSl. tn Denzltngen, zum Unterl. das.
Metsel, kath. Unterl. tn Mannhetm, zum HilfSlehrer tn
Pforzhetm. Schmttthelm, kath. Schulcandidat tn BilUg«
hetm, zum Uuterl. in Brühl, A. Schwetztngen. Zfidor
Stcktnger, kath. Unterl. tn Tiefenbach, zum Unterlehrer tn
Odenhetm, O.-A. Bruchsal. Ludw. Stetnhilpcr, evangel.
Unterlehrer tn Plankstadt, nach ZlveShctm, A. Ladenburg.
Aug. Stcnzel, kath. Schulcandidat tn Bremgarten, zum
Schulverw. in Altdorf, A. Ettenhetm. Zakob Strtegel,
Schulcandtdat tn Ncckarhausen, zum Uuterl. tn Unter-
bühlerthal, A. Bühl. Joh. Zak. Sütterltn, evang. Schul-
verwalter in AllmannSweier, zum Unterl. tn Brombach.

(Schluß folgt.)

-j- Herdelberg, 8. Aprtl. Hr. Wagner hat kürzlich
wieder etne achtzehnpfündige Stückkugel gefunden, die viel-
leicht sett den schlimmen Tagen deS dretßtgjährigey KriegeS
im Boden verborgen lag. Der Besitzer der Molkenkur hat
in setnem schönen und anmuthtgen Bergrevier, in dem
Terrain am Fuße dcS KaiserstuhlS etwa 45 folcher Ka-
nonenkugeln nach und nach aufgefunden und werden dte-
selben sorgsam von Lhm aufbewahrt als merkwürdige und
handgretfltche Beweise der rrtegertschen Katastrophen, von
welchen Hetdelberg im Laufe ber Zahrhunderte hetmgesucht
wurde. Es find diese 18- und 24pfündtgen Stückkugeln
im Zahre 1622 aus liguistischen, nachher aber auch auS
schwedtschen und franzöfischen Gcschützen tn dte Stadt und
dercn Umgebungen geschlendert worden. Wo jetzt die
Molkenkur, unstrettig einer der schönsten Punkte deS süd«
westltchen Deutschlands auf liebltcher Berghöhe lockend winkt,
stand während deS 17. ZahrhundertS eine von stetlen Felsen
und mehreren Vorwerken umgebene Schanze. welche, wte
dte aufgefnndenen Kugeln beweisen, sehr oft der Ztelpuukt
feindltcher Geschütze und Geschosse gewesen sein muß. —
Ein schöner junger Pole. kürzltch noch hiefiger Student
und alö solcher fleißigcr Besucher deS FechtbodenS von Fehn,
dcr thn als tüchttgen Hieb- und Stoßfechter schätzte, ist
zuverlässiger Nachrtcht zufolge. als Führer eincr tapfere»
Fretschaar, von rnsfischen Kugeln dnrchbohrt, auf hem Felde
der Ehre gcfallrn. Wie viele von der verwegenen und
kampflustigen sarmatischen Zugend hat bereitS dte Stchel
dcS Todes weggemäht! — Auf den frischgepflügten Feldern
der fruchtbaren Neckarebene tst allerwärtS große Regsamkett
wahrzunehmen, tnSbesondere fährt man bet günsttger Wtt-
tcrung fort, gute Saatkartoffeln in den von der FrühltngS-
sonne erwärmten Boden zu senken.

-j- Herdelberg, 9. April. Hr. Helbtg, als vor-
zügltcher Chtrurg rühmltch bekannt, tnSbesondere alS Brvch-
arzt und Erfinder der nruen anatomtschen Bruchbänder. tst
hter angekommcn, indem er regelmäßtg (edeS Frühjahr die
Neckargegend zu besuchen pflcgt. Dic von tüchtigen Fach-
genoffen und Pattenten anerkannte bewährte Methode, mtt-
telst welcher selbft veraltete Brüche ficher gehetlt werden,
hat Herrn Helbig eine gute PraxiS und mehrere Ehren-
und Verdtenstmedaillen verschafft.

Dörsenbericht.

Frankfurt, 8. April. Bet Begtnn der Börse zei-ten
sich starke Verkäufe für 1860er Loose, dagegen lebhafte
Kaustust für Nattonal, die tm Gegensatz zu jenen höher
eröffneten. Gegen NottrungSzcit trat aber tm Allgemeine»
mattere Tendenz etn. Dcr Schluß war fester. Von Wten
waren nur AnfangSconrse mit 206. 90 für Creditactiea
und 98 für 1860er Loose bckannt. Türken hier 45Vr,
Russen 92S/g, Flnnländcr 92^8, Central ToScana 732/4.

Um 2 Ubr: Oesterr. Sredttactien 221. Nattonal 72S/g.
1860er Loose 89—Vs-

6V» Uhr. (Schlußcourse.) Crcdit 2202/^—2192/4 bez.
Nat. 72V, - Vs bez., Loose 88^8 — Vs bez. und Brief.
Stimmung matt.

SauteÄict.

Gcgen dte Verlassenschaft des AlotS Kern vou Grteß-
heim, AmtSgericht Hjaufen, Tagfahrt Movtag, den 13,
April, früh 8 Uhr.
 
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