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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0330

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Der Kaiser Rapvleon s»ll sich weit mehr
mit den nächsten Aammerwahlen ais mit der
polnischen Frage deschäftiflen. Rapoleon III.
legt fast eknen arerglänbischen Wcrth anf daS
Znstandekowmen eineS möglkchst eiostimmig
ihm ergebenrn legiSIativen KvrperS, va der-
selbr vor Vollendung seineS MandatS (bis
1870) berufen sein dürfte, beim Tod deS
KaiserS sein Erbe und die Kaiserkrone seinem
Sohnr zu übertragen. Deßhalb stockt auch
die römische Frage. Der Kaiser will den
EleruS nicht gegen stch aufstacheln. Sind erst
die Wahlen glücklich vorüber, so wird man
mit Rom schon auS einem anderen Tone spre-
chen. Hr. v. Thonvenel dürfte alSdann eben-
fallS wieder daS Ministerium des Auswärti-
grn übernehmcn.

Die France bri'ngt heute einen Artikel über
dtc polnische Frage, d»r vollkommen bestätigt,
daß Frankrei'ch nicht an eine gewaltsame Ein-
mischung zu Sunsten Polens denkt. ES heißt
u. A. darin: in Bezug auf Polen gebe es nur
eine pernünftige Politik, dio der Verei'nrgung
aller er'plomatischen Kräftc, um für Polen das
zu erlangen, was Graf I. Ruffell in seiner
Depeschc vom 2. März nach St. Petersburg
für daffelbc fordere: einen Landtag und natio-
nalc Jnstitutionen.

Der „Nordd. Allg. Ztg." wird ans Paris
telegraphirt: Am vcrfloffcncn Dienstag sei da-
selbst die Rachricht eingktroffcn, die ganze
ruffische Armee werde auf den Kriegssuß ge-
setzt, und hente habe der ruffischc Gesandte,
Frhr. V. Bukberg, aus Petersburg die Mit-
theilung erhaltcn, wegen,der früheren Rcduc-
tioncn sci nun cine Vcrmchrung deS Hecrcs
für erforderlich erachtet worden, auch wcrde
Kronstadt in Berttzcidigungsstand gcsetzt, ohae
daß flch jedoch an diese Maßregel eine agres-
fivc Tendenz knüpfe.

Die Londoner SoniitagSblätter Sußern ihren
Unwillen über PrcußenS Verhalten gegen die
polnischen Flüchtlinge in derben Ausdrücken.
»Spectator" sagt, Preußcn wird also Alle,
wclche dem Mcnschenraub Widcrstand leisteten,
auSIiefcrn. Dcr Sultan setzle seinen Thron
in Gcfahr, um eine ähnliche Zumuthung zu-
rückzuweisen; Preußcn aber hascht nach dcr
Gelegcnhci't, sei'ne Mißachtung für Recht und
Gastfreundschaft aller Wclt zu zeigen. »Era-
miner" hält eS für unglaublich, daß die preu-
ßische Regierung eine solchc Handlung verüben
sollle, wenn auch Eulenburg vhnc Scheu cs
der Kammer verkündet habe. Man sollte
eiurm Wesen, das der Sprache mächtig ist,
cS gar nicht zutrauen, cin solchcS Vcrbrechcn
begchen zu können; läßt das preußische Volk
dieS zu, dann ist es in der öffcntlichen Mei-
nung Europa's gerichtet; die ganzc Christcn-
heit wird es verdammen. Die Türkei licferte
Koffuth nicht aus, und svllte Prcußen auch
nur einen cinzigen Polen ausliefern, so zeigt
cs dadurch eine solche Vcrachtung Europa's,
daß es sofort mit Napolcon I., der alle Völ-
ker gegen sich ausbrachte, auf gleicher Linic
steht.

Die rnglische Regierung ist cndlich gegen
die AuSrüstung von Kanonenbooten für die

dret «arc» IL Zahre alt, einer 9 Jahre, derlleinste
nur 8 Zahre — hüteten in Begleitung zweicr Mid-
che» «o» 7 und 8Lahre» auf dcr Höhc cines Ber-
ges das Vieh. Sie waren alle mit Stöckcn bc-
«affnct, die mit vier Zoll langen spitzen Zwin-
gen versehen gewesen. Der Wolf überrasckte fie
und war so schnell iu ihrer Nähe, daß fich die Kin-
der »icht durch die Flncht retten konnten. Rasch
schloffen die Knaben einen Kreis und nahmcn die
zwei Mädchen in die Mitte.

Die Bcstie ging ctnigcmalc um diese Gruppe
hrruw und sah die Kinder mit ihren fcurigen Au-
gen an und fletschte die Zähnc; auf einmal sah fic
eine Lücke und warf fich auf den kletnstrn Knaben.

Lugenblrcklich umringten die drei Lltcften den
Wolf und stachen zu wiedcrholten Malen auf den-
selben, jedoch ohnc daß es ihnen glücktc, auch nur
das dicke zotttge Fell zu durchbohren. Aber dennoch
gelang es ihnen, durch ihrc wicderholten Angriffe,
das wilde Thier zu virtrcibcn, — aber cS hatte
die Wrnge des armen Kleinen zerfleischt, cin Stück
davon abgcriffcn und nun setztc cS fich nur wenigc
Schritte »o» den bcherztcn Knaben «ntfernt nic-
der und fraß hen blutigen Krtzen, während Zene

Conföderkrten eingeschritteu. Am Montag
wnrde das fast vvllendete Boot „Alerandra"
in den Li'vcrpvoler Docks confisiirt, und es
sind strengc Beiehle ergangen, bei dem gering-
sten Bndacht, daß ei'ii Schiff für eine nicht
neotrale Macht gebaut werde, dasselbe mit
Beschlag zu belegen.

Nach dcm „Dagbladet" soll eine der Be-
dingungen für die Annahme der gri'echischen
Krone durch den Prinzen Wilhelm von Glücks-
burg die sekn, daß England cine Garantie
SchleswigS zu Gunsten DäncmarkS übernehme.
„Times" wte die „Morning-Post" erklären,
daß England niemalS solchen Bedingungen
btistiwmen wird.

Die „New-Iorker HandelS-Zeitung" bringt
die iatereffante Noti'z, daß im vorigSn Zahre
in der Stadt New-Aork für 3,650,000 Doll.
Tabak und nur sür 3,106,500 Dollars Brod
consumirt wurde.

Deutschland

Karlsruhe, 8. April. Die Commissionsbe-
ralhungcn über die Strafproceßvrdnung wer-
den nach kurzer Unterbrechung während der
Osterfeiertage zu Anfang der nächsten Woche
wirder beginnen. Zn cinem nicht unwesent-
lichen Punkte beantragt die Eommisflon dem
Vernehmen nach Bcibkhaltung der bishcrigen
Bestimmungcn. Während nämlich der Ent-
wurs der Strafproceßordnnng dic Anzahl der
Mitglieder des SchwurgerichtshofeS von 5 auf
3 herabgesetzt wifseii will, erklärt sich die Com-
misstvn für die bisherige stärkere Besetzung,
die allerdings im Hinblick auf die Kreisge-
richte, die in Versammlung von 5 Richtern
über geringere Fälle entscheidrt, und i'» Be-
rückfichligiing des Umstandes, daß in manchen
Fällen der Schwurgerichtshof vhnc Beiziehung
vvn Geschworene» urtheilt, vollkommen gc-
rcchtfertigt erscheink.

Mainz. 5. April. sFr- I.) Warburg, der
Vcrfaffer der Broschüre „Schwester Adolphe",
hat, nachdem nunmchr seine Untersuchung ge-
schloffen ist, an die Rathskammer deS Bezirks-
gerichtS abermals ein Gcsuch um provisorische
Freilassung gegen Caution eingereicht; das»
selbe wurde jedvch wieder abschläglich beschie-
den. Warburg soll dic Abstcht haben, vor
der Aburtheiliiiig sriiieS ProceffeS von dem
Recusationsrechte einen schr umfangreichen
Gcbrauch zu machen. Die HH. Dr. Fitting
und Dr. Görz werden scine Vertheidigung
führen.

München, 8. .April. Die Truppenab-
lösung in dcr Pfalz wird nach neuester k.
Verordnung nur noch allc vier Jahre statt-
finden. — Dcr König läßt durch Pilotp, wel-
cher berei'ts nach Gaeta abgereist ist, das Bild
der Königin von Neapel, welche heute nach
Rom abgereist ist, als „Heldin vvn Gaeta"
sl kresvo in den WittelSbachersaal malen.

Berlin, 8. April. Die officiösk Nord-
deutfche Zcitung spricht stch in einen» Leitar-
likel dahin aus, dcr geeignete Weg aus der
Krise wäre ein Gesetzesvvrschlag, welchcr zwar
neuc Stkiiern und einjährige Ertraordinarien

von der Zustimmung des Abgeordneten-HauseS
abhängig mache, aber daS Regierungsrecht
ausdrücklich seststelle, bei' Ni'chfz„standeri>lnimn
des Budgetgksetze«. di'e Slaatseinnahmen nach
dem lktzten grsetzlicheii Budget zu erhebcn.

K r a tt k r e i ch.

PariS, 6. April. Hier hofft man, daß
Friede mit Meriko bald geschloffen werden
wlrd. Dic Merikanische Provinz Sonora, die
bekanntlich der Graf Ravuffet Boulbon vor
mehreren Jahren erobern wollte, aber dabei
den Tod fand, soll Frankreich für seine Kriegs-
kosten entschädigeu. Jngenieure, welche die
französische Regierung dorthiu sandte und die
jetzt wieder zurückgekouimen stnd, haben evn-
statirt, daß die goldreiche Provinz, die jetzt
fast ganz in den Händen der Zndianer ist,
jährlich 150 Mi'llioneii abwerfen kann, während
die militäri'sche Occupati'on höchstenS 10 biS
15 Millivnen kosten würde.

Der „Couriev. du Dimanche" veröffentlicht
dH Depesche, welchc Gras Ruffell am 2. März
an Lord Napier, den cngllschcn Gesandten in
Petersburg, gerichtet hat. Es heißt darinr

,Al« Macht, welche die B-elrLge vaa 1815 oaterzcichuet
ond eio hohe« Zoleriffe -n dcr Rohe Luropa'« hat, glaodt
flch Gioßdiitaonicn ermächtigt, scloe Meioong Lber dir Er-
eigntffe, dcrcn Schanplatz Pplen lst, lund zn geden, und
eS ist lhm daran gelcgen, die« in dcr wohlwollendstcn Ab>
ficht gcgen Rnßland nnd mii dem auseichiigen Wnnschc zo
ihoo, zo dcm Wohlc -ll-e Wit-Zotereffenteo betjoleagen.
Wninm sollle also Sc. Kais. Maj., dceen wohlwolleode
Gefinoong allgemein ancrlannt wtrd, ntcht ein« für -llemal
diesem blutigen Streit ein Endc machen, tndcm fic hoch-
heezig elne sosorlige nnd vollständigc Amncstie fnr alle
empörtcn Untiithanen onkündigt nnd gieichzeitig die Ab>
ficht ausspricht, da« Nvnigntch Polrn ohnr Verjug tn den
Gennß der ihm grmäß drn Besttmmungcn »°n 1815 »on
Alerander I. »erltehenen bnrgerlichen nnd politischen Rechre
jU setzrn? Wenn Sc. M-j. diesc Bahn betrrirn wolllc,
so wnrdc s-hr wahrschetnltch -in- natlonalc Bcrtrrtnng nnd
V-rwaltnng tte Polcn jusrtedenstrllen und der offeatltchc»
Meinnng »on Enropa Genugthnong gcbrn.-

Dcr „Courier du Dimauche" glaubt nicht,
daß bis jetzt Fürst Gortschakow ei'ne officiellc
Anlwort auf vorstehenbe Depesche eriheilt habe,
doch ließe in neuester Zeit die Sprachr des
russischen Cabinets auf billige und freiwillige
Zugeständniffe von Seiten des Czarcn hoffen.
Ein zweites von bem „Conrier du Dimanchi;"
mttgetheiltcs Actenstück ist iiachstehendc« Beuch-
stück etncs au die Gesandten EnglandS in
Paris, Bcrlin, Wten, Madrid, Liffabon und
Siockholm gerichteten Rundschrcibens vom 4,
März:

Nach ber Anfichl d» R-gterong dee tköntgin «önnte etne
Urbeimittlnng glrich-rtig-r »uffaffnngrn von k-ttrn drr
B-rtrrtrr drr nn drn Brrträgrn von 18l5 brlhrittgtrn
WLchtr tn P-trrSbnrg ,n: Folge hadcn, daß drm Blnt-
«eegießcn ein Eade g-m-cht ond d-s polntschr Volk In drn
Grnnß drr thm tll Wtrn »rrsprvchrnrn und s-it so l-nger
Z-t« vonnthaltenrn Rrchte grsetz, würde. Dt- Rrgtrrung
Zhrrr M-jrstLt d-ntt, d-S bestr Mtttrl. drn Frirdrn Su-
roxa's zu fichern, b-stLnd- d-rtn, den Polrn da« B-Iircht
etner nallonalrn Brrtretnng tvlrdrr zuiückjugeben.

Z ta i t e n

Rom. Mchrere bourboni'schc Ofstciere,
welche sich unter Borsitz des HerzogS v. Tra-
pani versammelt hatten, haben beschlossen, den
Straßenraub im Königreich Neapel militärisch
zu gliedern. Die Bandcn sollen in 4 Corps
gelheilt werde»; man würde noch ,m Laufe

cS nicht wagten, ihrc Stclle zu vcrlassen. Plötz-
lich grtff das wüthrnde Thicr die Knaben aus'S
neue an, faßte den andern kleinen und trug ihn
in seinem Rachen, ohnc sich durch daS Geschrei der
Kindcr ftörcn zu laffcn, foit.

Erschrockcn fchlug ciner von ihnen vor, jctzt schncll,
ehe der Keind zurückkehrc, die Flucht zu ergreifen,
der Llteste abcr, welchcr der Anführer diescr klcinen
Truppc war, rief: „Rcin, nein, daS darf nicht sein,
ivir müffen unser» Kameraden rettcn oder mitihm
umkommen, wir dürfen lhn nicht vcrlaffen."

Nun liefen fic dem Thierc nach, — daS Schreien
deS armen Knaben zcigtc ihnen den Weg und bald
hattrn sic ihn aufgefunden. Glücklicher Wcise ge-
rieth cr in cinen Morast, drffcn Boden so weich
war, daß cr bis an den Bauch hi'neinsank, wodurch
scin Lauf aufgehaltcn wurdc, sv daß dic Kinder
ihn einholcn konntcn. Sie umringten ihn nun
wiedcr und suchten ihn mit ihrrn Spicßen zu ver-
wunden.

„Stccht ihm nur in die Augen", rief der An-
führcr: „der P-lz ist zu dtck, da dringen unsere
Stacheln nicht durch." DaS wollte ihnen jedoch
nicht gelingen, daS Thter hatte natürÜch seine Beute

fallen laffcn, hielt fie aber mit der Tatzc fest und
sperrte den Rachen auf und' schnappte fortwährcnd
nach seinen Gegncrn. DaS bcnutzten dic aufmerk-
samen Knahen »nd stachen de» Wolf »unmehr in
dcn Rachen und sctzten mit so vicl AuSdauer und
Unerschrockcnheit dcm Unthicr zu, daß eS^wirkltch
zuletzt sich zurückzog.

Der Kleine, den cs fortgcschleppt hatte, war mit
einer Wundc am Arme und ciner leichtcn Schramme
im Gesichte davon gekommc». Die Kinder gingen
nun rasch in daS Dorf zurück, jedoch nicht ohne daS
ihrer Obhut anvcrtrautc Vich mltzunchmen, —
mit gercchtem Stolze zogcn sic da ein und wurden
mit lautem Znbel cmpfangcn. Zn ganz Frank-
rclch erscholl ihr Ruhm, der König fetztc ihnen eine
Belohnung a»s, dic Zeitschriften «cttcifertcn in
LobcSrrhebungen dcr muthvollen That, ja eS fand
fich sogar ein Dichtcr, dcr fie besaug.

tKortsctznng folgt.)
 
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