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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0354

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einfiimmig dahin, daß der Vorschlag Laffalle's
abzulehnen sei, mithin der ArbeüerbildungS-
verein an seinem bisherigen Programm fest-
zuhalten habe.

Karlsruhe, 15. April. Der heute er-
schicnene Bericht des Abg. Kusel über die Ci-
vilproceßordnung wcist in seiner Einleitung
ausdrücklich darauf hin, daß die Commission
nach dem Vvrgaiige der Regierung den Ar-
beiten der in Hannover versammclten Cvm>
mission sür einen allgemeinen deutschen Civi'I»
proccß mit Aufmerksamkeit gefolgt sei und die
bis in die.neueste Zeit in Hannover beschloffe»
ncn Bestimmungen bcrücksichti'gt habe. Es ge-
schah dieß namentlich in Bezug auf die allge-
meinen Vorschriften, so daß, wenn einmal ein
deutschcs Proceßgesetz in Kraft treten soll, die
Einführung bei uns kcinc großen Neuerungen
erforden wkrd. Bei Berührung der bekannten
Streitfragc, ob und in wie weit die Gcrichte
die Rcchtsgilti'gkci't der vvn der Regierung
einseitig erlaffencn Verordnungen zu prüfen,
beziehungsweise dieselben unbedingt zu voll-
ziehen verpflichtet seien, erklärt die Commission,
es sei wünschenswerth, daß ein Verfassungs-
gesetz, welches für alle Theilc der Gesetzgebung
und für alle möglichen Fällc entscheide, zur
Lösung dicser hvchst bedeutenden Controverse
den Ständen zur Genehmi'gung vorgclegt werde.

Karlsruhe» 16. April. Jhre Königlichen
Hoheitcn der Großherzvg und die Frau Groß-
hcrzvgin mit Seincr Königlichen Hoheit dem
Erbgroßherzog sind hcute Vormittag 8°/^ Uhr
von hier abgereist, um die Blumenausstelluiig
in Mainz zu besuchen, und werden morgen
Mittag wieder hierher zurnckkehren. (K. Z)

Berlin. Gegen die Mittheilung der wiener
„Preffe" nber das Verfahren des Hauptmanns
v. Beffcr in Graudenz kann das officiöse Blatt,
die ,,N. A. Z." nichts weiter vorbringen, als
einen faden Scherz über die Stiefelgeschichte.
Es fragt, vb bei der „Volkszeitung" sür die
Stiefeln die „dreijährige Dienstzeit" eingeführt
sei. Die „Volkszeilung" gibt hierauf die Ant-
wvrt: Wir wechseln die Stiefeln vfter, nie-
mals aber unsere Gefinnung.

Bevlia» 14. April. Dcr Crimiiialscnat
des Kammcrgerichts verhandclte vorgestcrn in
zwekter Jnstanz die Anklagc gegen den Redac-
teur der „Deutschen Jahrbücher", Dr. H.

^ Oppenheim, wegen Beleidigung des Staats-
ministcriums durch zwei Artikel über die Adreß-
debatte und die kurhesfijchen Verhältniffe. Das
Erkenntniß erster Jnstanz hatte auf Nicht«
schuldig gelautet. Der Gerichtshof trat in
Betreff des ersten Artikels dem Urtheil erster
Jnstanz bei; in dem zweüen fand er eine Be-
leidigung deS Ministeriums und verurtheilte
den Angeklagten zu 20 Thaler Geldbuße.

Berlin» 15. April. Die Fortschrittspar.
tei bericth gestern Abend die Vorlage wcgen
des BudgetS vvn 1862. Die Verwerfung
durch die große Majorität des Hauscs steht
fest. (Vztg.)

Berlin, 15. April. Gegen 30 Abgcordnetc
haben flch zu einer freien Conferenz vereinigt,
um einc Verständigung zwischen der liberalcn
Fraction bezüglich der Behandlung der Mili-

franzöfischen Offiziercn, welchc gerade bei thm tm
Quarticrc lagen, vor Augen kommen ließ. Der !
Titel dcr Schrift erregte dic Aufmerksamkett, ihr
Znhalt dcn Zorn dieser Herren, die Napoleon als i
ihren Gott zu betrachten gewohnt waren und es
bitter empfanven, daß man cs zu sagen «age, wie !
lästtg und drückend ihrc eigene Pcrsönlichkeit den ^
armen Deutschen sei. Dic Schrift wurde nach Paris ^
gesandt, und wclchen Eindruck fie auf Napoleon !
machen mußte, von dem Lord Whitworth schon in !
seiuem Berichte vom 21. Kcbr. 1803 sagt: Il psrls i
ensuito cks Is wsniere jujurieuse ckoat il etsit trsitö !
ckans ies kenilles snglaise«, und der die Beschrän-
kung der Prcßfreiheit zu einer Hauptbedingung deS
letzten Friedens gcmacht hatte, braucht wohl nicht
gesagt zu wrrden. Die geheime Polizci, deren
Agenten in tausendfachen Gestaltcn Deutschland um-
strickt hielten, bekam Auftrag, den Verfaffcr, und
als dies nicht gelang, den Absender der Schrift zu
erfvrschen. Bald hatte diesc cs ausgespürt, daß
die Vcrscndung durch die Stein'sche Buchhandlung
erfolgt sei, und so «urde dicse nicht lange darauf
im ckonrnal cke ksris als Verbreiterin aufrühreri-
scher Schristen bezeichnet. Palm, dem alles nicht j

tärnovelle zu versuchen. Nach länqerer De-
batte hat sich die Majvrität für Amendirung
entschieden; fie will aber von einer Rekruten-
aushebung von 60,0M Mann Nichts wiffen,
sondern hälk es sür zweckmäßig, den Effeckiv-
bcstaud des Hecrcs im Frieden auf 150,000
Mann festzusteüen.

Coblenz» 12. April. Einem der Grau-
denzer Unglücklichen, welcher zu zehn Jahren
Festungsstrafe verurtheilt war und diese mit
andern abbüßcn svllte, ist eS vor einigen Tagen
gelungen, zu entkommen. Derselbe war mit
einer großen Zahl von Sträflingen unterhalb
deS EhrenbreilsteinS beschäftigt, Schutt aus
einem Steinbruche zu schaffen. Zn einem un-
bewachten Augenblick warf er Jacke und Mütze
ab, cntzog flch dadurch der Beachtung, kletterte
den steilen Abhang hinauf und gelangtc un-
entdeckt über den Bcrg. Erst spät wurde seine
Abwesenhcit bemerkt. Drei Unglücksgesährten,
welche mit ihm densklben Karren zu besorgen
hatten, woüten seine Desertion nicht gesehen
haben und wurden wegen unterlaffener An«
zeige zu drei Wochen strengen ArrestS ver-
urtheilt.

Graudenz, 8. April. Der Wiener Preffe
wird Folgendes geschrieben: „Den ZeitungS-
nachrichten zufolge, soll stch Herr v. Beffer,
der vielgenannte Hauptmann, wclcher zur har-
ten Bestrafung einer Jägercompagnie Anlaß
gab, in der Jrrenhcilanstalt zu Allenstein be-
finden. Es läßt sich wohl annehmen, daß die
Entstehung der Krankheit sich nicht erst aus
der Zeit seiner Festungshaft in Pillau, son-
dern schon aus jener Zeit herschreibt, in )>er
er die unglückliche 12. Compagnie comman-
dirte; dann werden mancherlei Vorgänge, die
einen Gegeustand der Unkersuchung gegen ihn
abgegeben haben, erklärlich. So führte Herr
v. Beffer im Januar 1861 seine Cvmpaguie,
statt mit ihr die vorschriftSmäßige Marsch-
übung von drei Mcilen zu machen, in den
ctwa eine Viertelmeilc von Grandenz entfern-
ten Stadtwald, und ließ die Mannschast fünf
istunden im Schnee stehen, jo daß Hielen
Svldaten die Füßc erfroren. Ein anderes
Mal, März 1862, ließ er die Compagnic von
der'Fcstung nach dem Erercierplatze, auf ber-
gi'gem nnd sandigem Terrain „nach Zählen"
etwa eine Viertelmeile marschiren. Auf dem
Erercierplatze angelangt, waren die Leute zum
Hinstürzen ermüdet, und wurden bestraft, als
das Erercieren schlecht von Statten ging. Den
Unlerofficicr Lukau (jetzt zu 9^ Jahren Fe-
stungshaft verurtheill) ließ Hr. v. Beffer am
14. Fcbruar 1862 siinf Minuten lang i» tic-
fem. Schneewaffer und den Fähnrich (jetzt
Lieutenant) Röpell niit der Ühr daneben stehen,
weil ^>er Untcrosficier, nach der Meinuug deS
Herrn Hauptmanns, die Abtheilung durch zu
vermeidenden Schnee geführt hatte. Wie mögen
nun erst die Gemeinen behandelt worden sein,
wenn die Unterofficiere in der Regel mit „ver-
fluchter Corporal" angeredet wurden! Wenn der
Feldwebcl vvr der Compagnip. auf offcuem
Platze, vor Civilzuschauern, an den Schuppen-
kettcn des Heimcs hin- und hergezerrt wurde!
Dabci nahm der Herr Hauptmann den Leuten

verborgcn blieb, trug bei seiner Obrigkeit, der Buch- ^
händlerbehördc zu Nürnberg, darauf an, fich bci !
ihr rechtfertigen zu dürfen, allcin die Furcht ließ !
diesc dies von fich wciscn. Palm rcistc darauf auf die >
Mcffe nach München, wo der franzöfische Gesandte !
Otto die Nachforschüngen wcgen der Schrift fort- >
setzcn ließ. Scinc Abwesenheit wurde nicht unbe- >
nutzt gelaffen. Am 28. Juli erschienen vier schwarz- >
gekletdcte Herrn in Palm's Wohnung, fie fragwn !
nach der mehr crwLhntcn Flugschrift und ließen
nichts undurchsucht, um fich zu überzeugcn, daß fie
nicht vorhandcn sei. Palm's bcsorgtc Gattin mcl-
dctc dicsen Vorfall soglcich ihrem Mannc, allein
dicser hiclt dcnselbcn im Bewußtsein und Vcrtraucn
auf seine Schuldlofigkeit nicht für bedeutend und
kchrtc am 9. August nach Nürnberg zurück. Erst
als er die Vcrhaftung des BuchhLndlers in Augs-
burg erfuhr, stng er an, für fich besorgt zu werdcn.
Er begab stch daher nach Erlangcn, «elches da-
malS noch unter preußischer Hvhcit stand, doch die
Sorge für seinc Familie ließ thn bald wieder nach
Nürnberg zurückkehren. Hter fand fich ein Knabc
bci ihm ein und bat, auf Zeugniffe angcsehener
Männer sußend, um etne Unterftützung für die

die Stiefel, welche ibnen nach Zjährigem Ge«
branchc gesetzlich als Eigenthum zufallen, fort,
um damit vie Stiefel jnngerer Iahrgänge
flicken zu laffen, und ließ durch die Spielleute
von 12 bis 1 Uhr Mittags — vom 1. Jan.
186 l bis 6. April 1862 — in den Müllkästen
der Festuug nach Leder zum Flicken suchen rc.
Bei diesem Treiben des Hrn. v. Beffer fragt
man sich: Haben die Officiere der Compagnie
keine Veranlassung gehabt, davon rechten Or-
tes Anzeige zu «achen? Haben die Vorge-
setztcn des Hrn. v. Besscr davon keine Kennt-
niß gehabt? Herr v. Beffer war aus der
Plehwe'schen Schule und gehörte zu den From-
men im Laüde."

Leipzig Dic hie.stgen Stadtverordneten
haben in ihrer Sitzung vom 10. d. beschloffen,
sür das Allgemeine deutsche Turnfest einen
offenen Credit von 75,000 Thaler zu gewähren,
unb den durch Abzug aller Einnahmen sich
etwa ergebenden Ausfall auf die Stadtcaffe
zu berechncn.

Wie», 14. April. Dcr hiesige Turnver-
ein hat den Beschluß gefaßt, dem Andenken
Theodor Körners in Wicn ein Monument zu
errichten, welchcS der Bildhauer Vincenz Pilz
abfertigen wird. Als den Ort, wo dasselbe
aufgestellt werden soll, wird von mehreren
Seiten Döbling bezeichnet, wo der jugendliche
Held und Dichter längere Zeit lebte.

Wien» 15. April. Von wohlunterrichteter
Seite geht der „Generalcorrespondenz" aus
Rom die Meldung zu, daß die Ersetzung des
Staatssecretärs Antonelli durch den päpstlichen
Nuntius'in Wien, Msgr. de Luca, immer
mehr an Wahrscheinlichkeit gewinne.

K r a n k r e i ch.

Paris» 8. April. Ucber den Gesundheits-
zufianb bes Kaisers wird dem „Botschafter"
von hier geschrieben: „Die Gesundheitsum-
stände des Kaiscrs werden iminer bcdenklicher.
Er wird sichtlich immer schwerfälliger, so daß
die geringstc Bewegung ihm Unbequemlichkeiten
verursacht und er bei jedem Ausgang genöthigt
ist, sich auf einen Adjutanten zu stützen. Niin
liebt aber der Kaiscr cine» guten und reich-
li'chen Tisch und trinkt nur schwere spanische
Weinc; es ist daher nicht zu verwundern, daß
Schwindelanfälle sich häufig einstellcn. Ein
solcher Anfall verhindcrte ihn, dem crsten
Frühlingsrenncn zu Vincennes am 1. April
beizuwohiien. Vorgestern fand das zweite
Reniien stait und bei diesem wollte er um
jeden Preis erscheiiien. Anf Gestern befahl
er dann eine Revue iin Boulogner Gehölz,
denn er erachtct eS für unbebiiigt nothwendig,
sich zu zeigen uiid dies um so mehr, jc mchr
das Gerücht vvn seinen üblen Gesundheits-
umständen sich vcrbreitet. Seine bcsten Freunde
sprechen aber offen davo». Die Revue stellte
eine ungewöhnlich belebte Scene dar. Der
Kaiser und die Kaiferin, beide zu Pferde und
von eincm doppeltcn Stabe von Gcnerälen
und Amazonen umgebcn, ließen unter lebhaf-
ten Acclamationen die Truppen defiltren. Die
Scene, welche Tags vorher im Faubourg St.

! Antoine aufgeführt wurde, ist ebenfalls sehr

Wittwe cines Soldatcn. Palm, in dcr Unschuld
keinen Verderber ahnend und mitleidigen Herzens,
rcichte diesc Gabe; bald sollte er sehen, daß cr fich
durch dicselbe seinen Feinden in die Hände gege-
ben habe. Denn kaum hattc flch dcr Knabe ent-
fernt, als zwei sranzöfische Gendarmcn eintraten,
Palm auffuchtcn, fanden, festnahmcn und zu dem
General dcr franzöfischcn Besatzung Nürnberg's
führtcn. Da er hicr wedcr dcn Vcrfaffer der Flug-
schrift noch dic Buchhandlung ncnnen konnte, »on
welcher er fie erhalten hatte, so wurde er einstwei-
lcn fcstgehalten und am andern Tage nach Ans-
bach abgeführt, wo der damaligc Marschall Ber-
nadotte scin Hauptquartier hatte.

(Schluß folgt.)

In Aena ist, nach langer Unterbrcchung, jetzt
wteder cine Schauspiclergescllschaft zugelaffen wor-
dcn, unter dcr Bedtngung jedoch, daß die Schau-
spicler keinen llmgang mit Studenten habcn dürfcn.
 
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