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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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überei'nstimmuliq gewisser gesetzlicher Einzel»
bestimmungen mit den üllgemeinen Grundsätzen
des vorliegenden EntwurfS. So widerstrclte
z. B. der 8. 33 de« Gewerbegesetzes, der die
Eniziehung der Gewerbebefugniß alS Straf.
art aufstellt, dem 8. 4 des vorliegcnden Ent-
wurfes, wornach als polizelliche Serafen blos
Geld- und Gefängnißstrasen aufgeführt wer-
den. Redner hält es daher fur nochwendl'g,
die polizeilichen Strafbestimmungcn im Ge-
werbegesetz einer Revision zu unterwerfen.

(Schlutz folgt.)

Stuttgarr, 16. April. Gestern wurde
die rheinische Kunstäusstellung eröffnet; be-
kanntlich nimmt der Tnrnns heuer hier seinen
Anfang und daraus läßt sich denn leicht er-
klären, daß die Zahl der ausgestellten Bilder
noch keine große sein kann.

Frankfurt, 16. April. Jn der heutigen
Bundestagssttznng kam die schleswig.holstei-
nische Frage mehrfach in Erörterung. Zunächst
machte Dänemark Mitkheilung von der könig-
lichen Verordnung vom 30. März, die Ver-
fassungsverhältniffe des Herzogthums Holstein
betreffcnd und gab dabei dem Vernehmen nach
eine Erklärung etwa dahin lautend ab: die
königliche Regierung habe sich von dcr Un-
möglichkeit überzeugt, mit den holsteinischen
Ständen über dic Verfassungsverhältniffe eine
Einigung zu erziclen, und sei bei der Uner-
rräglichkeit des bcstehenden Zllstandes genöthigt
gewesen, in der in der Vrrordnnng angegebe-
nen Weise vorzugehen. Dic königliche Rcgie-
rnug bedaure, hiezu genöthigt worden zu sein,
ste habe jcdoch, wenn auch nicht so weit ge-
hend, wie der BundeSbeschluß vom Jahr 1860
— deffen Competenz ste in bieser Ausdehnung
nicht anerkennen könne — sich beiuüht, diesem
Bundesbcschluß zu entsprechen und hoffe dies
von Sciten des Bundestags anerkannt zu
sehen. Diese Vorlage wurde dem Ausschuß
überwiesen, wobei der Prüsidialgesandte eine
entschiedene Verwahrung zu Protokoü erklärte,
Bei der Abstimmung machten ferner die Ge-
sandten von Oesterreich und Preußen dic Mit»
Ihcilungen, daß ihrc Regierungen, ohne indeß
dem Bunbcsbcschlusse vorzugreifen, bercits in
Kopenhagen Verwahrung gegen das Vorgehen
DänewarkS eingelegt hättcn. Nur Hannover
hat sich alöbald besondere Anträge vorbehal-
ten. Die übrigen in der Sitzung verhandelten
Gegenständc waren ohne weiteres Jntereffe.

Frankfurt, 19. April. Jm heutigen
Privatverkehr war das Geschäft schr stürmisch
und die Course erlitten zumeist ei'nen empfind-
lichen Rückgang, namentlich österreichische, worin
bedeutende Verkaufsordre zu effectuiren vorlagen.

Frankfutt, 20. April. Ein Pariser Corre-
sponbent der „Ostd. Post", deffen Angaben stch
schon oft bewährt haben, theilr mit, der Kaiser
Napvleon habe an den Kaiser Franz Zoscph
einen eigenhändigen Brief geschrieben, bcr sich
mtt großer Offenheit über die polnifche An-
gelegcnheit und dre Gesammtlage Europas
ausspreche. Das Schreibcn müffc bereitS in
den Händen des östcrrelchischen Kaisers sein;
der Herzog von Grammont sci beauftragt ge-
wescn, eS persönlich zu überreichen. Darauf >

fährt der Cyrrespondent fort: „Dieses Be-
streben, mit Oesterreich Hanb in Honb zu
gehe», wird als ein wesentlicheS Moment be
zcichnet, welches den Frieden verbürgt. Ein
anberes nicht minder wichtigcs Moment bildet
der unleugbore Fvrtschritt, wclchen die Waf-
fen des amerikanischen Rordens in letzterer
Zeit gemacht haben. Die Chancen des Präfl-
denten stehen bedeutend beffer alS zu Anfang
des Monats Januar. Mehr noch als die
merikanische Angelegenheit gebietet dic mög-
licher Weise nahe bevorstehende entscheibende
Krise deS amerikanische» Krieges, daß der
Kaiser sich die Hand frei hält von jedem
großen Engagement bei anderen politischen
Händeln. Siegen die Unionisten in Amerika,
dann droht der merikanischen Erpcdition nicht
bloß eine größerc Gefährdung, svndern fle
kann die Veranlassung zu cinem Seekricge
werben. Auch Lord Palmerston will von einem
ernsten Engagement in der polnischen Frage
nichts wissen, um alle Kraft EnglandS für
den Moment der Entscheidung der amerikani-
schcn Angelegenheit beisammen zu haben. Wür-
den diese Erwägungen nicht dic Finanzwelt
einkgermaßeil beruhigen — nach der allge-
meinen Stimmung würde die Rente viel ticfer
stehen...."

Münche«, 15. April. Ueber Prof. Froh-
schammer ist Suspension verhängt, weil er
Unterwerfung unter das Urtheil des heiligen
Stuhls verweigerc, die er unbedingt zu leisten
habe, da eS dem „oberstrichterlichen Erkennt-
niß" (so wird das päpstliche Schreiben ge-
nannt) gegenüber gar nicht darauf ankomme,
was er selbst für eine „Meinung" über seine
philosvphische Lehre habc in Betreff ihrer rich-
tigen Auffaffung und Jnterpretation. Auch ist
bereits bekannt, daß vom erzbischöflichen Or-
dinariat in München den Theologen ber Be-
such seiner Vorlesungen verboten ist, weil
derselbe nicht der scholastischen Philosvphie
huldigt, wie sie im päpstlichen Schreiben ge-
fvrbert wird, und weil er bic Selbstständig-
keit der Wiffenschaft behauptet, so kann auch
die Philosophie der übrigen Prosefforcn der
Philosophke nicht für sic erlaubt sein, da sie
ebenfalls der scholastischen Philosophie nicht
huldigen und die Freihcit der Wiffenschaft
ebenso cntschieden behaupten. Demnach liegt
als Consequenz der vom erzbischöfll'chen Ordi-
nariat in München ergriffenen Maßrcgel dies:
daß in Zukunft nur ein Zesuit oder ein jesui-
tisch-scholastisch gebildeter Schüler der Zesuiten
Philosophie für dic Dheologen der Universttät
München lehren bürfe. Die Forderung wird
sicher nicht lange auf sich warten laffen, und
ist ei'nmal Einer da, so wirv sich das Uebrige
' consequenterweise von selbst ergeben. Das liegt
in ber ganzen Procedur verborgcn.

Berlin, 17. Aplil. (Abgeordncten-Haus.
Schluß.) Der Antrag des Abg. Schultze-
Delitzsch, einc Discuffion an die Jnterpella-
tion zu knüpfen, wird angenommen. Abg.
Löwe (Calbe) findet in der Aeußerung deS
Mliiisterpräfidenten, daß die Regierung auch
ohne dic Bewilligung des Hauses Kricg füh-
ren würde, ein neues Spmptom der „rusfi-

schen" Politik, welche das Ministerium in
Prenßen einfiihren wolle. Wenn das di'e
preußische Sprache sei, welche der Minister
mit dem Hause reden wolle, so erkläre cr,
daß dies nur ein ruffischer Dialckt sei. Das
Haus verwahre fich gegen solche Erklärung
des Ministers. Schließltch verfehlt Redner
nicht, zu constatiren, daß dem Lande ein au-
dcres Ministerium Roth thue. (Während der
Rcbe des Abg. Löwe verläßt der Minister-
präsideut den Saal.)

Abg. Virchow: Es sei ungebührlich, eine
so wichtige Angelcgenheit ohne Anwesenhkit
des Ministers zu behandeln; er stellt den An-
trag, bas Hans zu vertagen, und den Minister
auf Grund des Art. 60 der Verfaffung ein-
znladen, der Verhandlung beizuwvhncn. Hr.
v. Bismarck erscheint lachend. Der Hr. Abg.
Virchow habe nicht daS Recht, zu urtheilen,
was gebührlich oder ungebührlich sei; er
könnte ihm zur Beruhigung sagen, daß seine
Rede im Ncbenzimmer vollkommen verständ-
lich gewesen ist. Abgeord. ParisiuS: Der
Deutsche hat Geduld im hohen Grade; wcnn
aber der Mlnisterpräsibent das Hauö so weg-
werfend, in so unangemeffener Wcise behan-
delt, dann muß der Präsibent diese Behandlung
constatiren. Wir sitzen hier nicht zum Ver-
gnügen, und es ist unerhört, sich auf svlche
Weise behanbeln laffen zu müffen. Hr. Vice-
prästdent Behrenv wird sich später aus-
sprcchen. Hr. v. Bismarck: Wir sitzen hier
AUe nicht zum Vergnüge»; ich habe andere
Arbeiten zu verrichten, habe zu corrigiren,
Personen zu empfangen, und wenn nuil die
sonoren Stimmen der Nedncr ben Vortheil
bieten, sie im Nebenzimmer zu verstehen, so
begreise ich uicht, woher die sittliche Ein-
rüstung kvmmt. Abg. Zmmermann findet
in dem Worte keine Entschuldiguiig für den
Ministcr. Er kenne für den Minister nichtS
Wichtigeres als die heukigc Vcrhanblung. Dcm
Prästdenten komme es zu, dem Minister cine
Rüge dafür auszusprechen. Vicepräsident
Behrend: Cr habe nichl darüber ein Ur-
theil zu fällen, ob dec Ministerpräsieeiik die
Reden im Saale oder irgendwo soost höre.
Das Haus könne dic Anwesenheit des Mini-
sters verlangcii. Ei» solcher Anlrag sei ge-
stclll und in demselben Augcnbllck sei der Mi-
nister erfchicnen. Der Adg. Parisius habe
ihn gebeten, dies zu constatire», das sei hier-
init gescheheii. Wenn der Abg. Zmmermann
verlangc, daß er dem Minister eine Nüge er-
thcilc, so könne er dem nicht Folgc geben; er
sinde nichts Beleidigendks in ben Worten beS
Ministers. Die Discussivn wird wicder auf-
genommen.

Abg. Virchow: Wenii bic Regierung keinc
andere Erklärung abzugcben habc, so müsse
das Haus durch eine fcierliche Erklärung stch
von ben Conscquenzen einer derartigen Politik
lossagen. Abg. Reichcn sperger (Beckum):
Wenn diese oder eine ähnliche Angelegenheit
wieder rii bas Haus gebracht werbe, so fei
es Pflicht dcsselben, dahin zu wirken, daß eS
dem Auslande gegenüber mi't der Regierung
einig erschcink. Schiuß der Sitzung.

gangenheit eingedenk bleibt und stets rüstig fort-
schreitet auf der Bahn, welchc einst Dalberg betre-
ten. WLHrend das Hamburger Thcater, wclches
zu Ende des vorigen Jahrhunderts einc nicht min-
dcr bedeutendc, ja sogar noch hervorragendcrc Rolle
zu Schröder's Zeiten gespielt hattc, bereits seitdem
oiehremals Bankcrott wurde, nimmt unserc Bühne
noch immer dic Stelle «in, wclche dicser grotzen Ver-
gangenhcit würdig ist.

Dic Veranlaffung zu dieser Bemerkung gab die
am 111. d. M. stattgehabte erste Aufführung dcr
Hebbel'schen Ribelungcn. Nur zwei Städtc hatten
fich btS jetzt an dtese Riesenaufgabe herangcwagt:
Wten und Weimar. Mannheim gesellte fich zu
ihnen;

„ich sei, gewährt mir dte Bitte,
in curem Bunde der Dritte."

Die Hebbel'schen Nibelungen finv eine grotzartige
Dtchtung, reich an hochpoetischcn Schönhcitcn. Der
Autor hält fich tm Allgemcinen zicmlich strcng an
sein Vorbild, daS alte Nibelungenlied. Die Cha-
racterc wctchen nicht von denen ab, «elchcn «ir in
dem Lpos begegncn. Nur in ter Motivlrung bat
er hie und da etnigeS Schroffe und allzu Starke

gemildert und den Ort der Handlung einzclner
Sccnen bisweilen verlegt, um eine größere Einheit
des Ortes zu erziclen.

Dic Aufführung auf der Mannhetmcr Bühne
war eine in allen Thcilen vortrcffliche. Nicht nur
daß dic durchwcg sehr schwierigcn Rollen sich in den
bestcn HLnden befanden, zeichnetc sich namcntlich
auch daS Ensemble, Dank dcr fieißigen Einstudi-
rung durch dcn, tüchtigcn Regiffeur Wolff, durch
wahrhaft mustcrhafte Präcision aus. Von dcn Ver-
tretern der Hauptfächer nennen wir i» erster Ltnie
Herrn Alerandcr Köckert alS Siegfried. Derselbe
brachte das Rcckenhafte, Ritterltchc dcs CharacterS
zur schönsten Geltung, ohne dadurch das Poetische,
welches gleichfalls därin liegt, fallcn zu laffen. Da-
bei klang scin kräftiges Organ hcutc nvch frischer
als sonst, und es schien betnahc, als ob die län-
gcre Krankhcit, von welcher der Künstler erst wie-
der erstanden ist, sür ihn von Vorthetl gcwesen
wärc, glcichwie ein crfrischendes Gewittcr. Von
hervorragcnden Stellcn nennen wir vor Allem den
mcisterhaftcn Todeskampf im letztcn Act. Stür-
mischer Beifall bclohnte dte schöne Leistnng. Ahm
würdig zur Seite stand Hr. Lehfeld »om Hoftheater


Lehfeld ist ein tüchtiger Künstler, dcm die Rolle deS
Hagen nvch dazu ganz besonders zusagt; dcnn selbst
das, waS sonst bci ihm etwa hic und da störend
wirkt, wie z. B. seine biSweilen ercentrischen Be-
wcgungen dcr Arme, wird in dicser Partie zu einem
relativen Vorzug. Kurz, dte Rolle ist wie für ihn
gcschrieben und es dürfte sich tn ganz Deutschland
kaum ein befferer Vertreter für dieselbe finden.
Kriemhilb ist einc schönc Gestaltung von der stetS
»ortrefflichen und deöhalb mit Rccht so sehr bclteb-
ten Frl. Schäfer. Frl. Widmann fehlte es für
dic Brunhilde manchmal an physischer Kraft; tm
Uebrigcn aber verdicnte auch sic vollcs Lob. Auch
die sonstigen Rollen wurdcn fthr zufriedenstellend
zur Darstellung gebracht. Die Besetzung war, wie
folgt: König Gunther: Hr. Müllcr; Lankwart:
Hr. W-rner; Volkcr: Hr. Mejo; Giftlher: Frl.
Geißlcr; Gercnot: Frl. M. Bissinger; Utc: Frau
Rocke; Kaplan: Hr. Guttmann.

Dcr Erfolg der Novität war ein großartiger, und
überzeugt, in der Folge sich
noch stcigern; dcnn wte man die Richard Wagner-
schcn Opern zu wiederholten Malen hören muß, so
werden auch die Sckönheiten dieser Dichtung erst
bcr riner gcuaucren Bekanuischaft „nt derfeiben
voin Zuschauer vollkommen gewürdigt werden.
 
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