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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0370

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Wärzburg» 20. April. Eine Freudcn-
kunde durchfliegt unsere Skadt: Scanzoiik
blei'bt! Gutem Vernehmen nach hat ein könig.
IicheS Handschreiben dieses Wunder bewirkt
und UniversitSt wie Bürgerschaft segnen di'ese
königliche Hand. Dagegen wird Hr. Profeffor
Claus unserer Hochschule entführt; der sunge
Zoologe folgt einem ehrenvollen Ruf als ordent«
licher Profeffor an die Universität Marburg
und kehrt somik in sein Vaterland zurück.

Berlin, 16. April. Die Kriegsartikcl
haben die Aenderung erfahren, daß nicht nur
Linie und Reservisten, sondern auch Wehr»
männcr, welche sich an Berathungen rc. über
militärische Einrichtungen und Angelegenheiten
betheiligen, bestraft wcrden. Wähler u. Wahl-
männer und Candidalen zum Abgeordneten-
hause, die noch zur Landwchr verpflichtet sind,
dürfen nicht einmal in Wahlversammlungen
anwesend sein, geschweigc denn mitsprechen,
wenn in denselben ctwa über die Armeeorga-
nisation verhandelt wird.

Berlin, 20. April. Der „Staatsanzeiger"
bringt folgende Notiz: Das von verschiede-
nen Zeitungen verbreitete Gerücht von einem
ernstliche» Zusammenstoße preußischcr Trup-
pen mit Jnsurgenten im Pleschener Kreise
entbehrt jedes thatsächlichen GrundeS. Es fand
lediglich eine widerstandslosc Fcstnahme von
Wagen mit Kriegsmaterial und von Menschen
stalt.

Wien, 20. April. Dic Abendausgabe der
„Wiener Zeitung" veröffentlicht den Tert der
östcrreichischen Depesche vom 13. d. M. an
den kaiserlichen Gcsaiidtcn in Kopenhaqen und
fügt bei, daß kurz nach Abgang dieser Depesche
Baron Brenner auf den Wunsch des preußi-
schen Cabinets die weiterc Weisung erhalten
habe, gemeinschaftlich mit dem preußischen Ge-
sandtei, der dänischen Regicrung die bcider-
seitige Rechtsverwahrung in der Fvrm gleich-
lautender Notcn zu nbcrgeben.

Krankretch.

Paris» 17. April. Das Ministerium dcS
Jnnern hat cine sür den auswärtigeii Buch-
handel nicht unwichtiqc Verbesserung eintreten
lassen: die >'n Bezug auf Einführung vou
Büchern nach Frankreich bestchenden Einschrän-
kungen sind jetzt dahin abgeändert worden, ^
daß auf dcn 26 Houptgrenzbureaus (an der
Ost- und Nordgrenze: Dünkirchen, Calais,
ValencienneS, Thionville und Straßburg) die
vorschriftsmäßige Untersuchiing von Büchern ^
aller Sprachen, Kupferstichen, Lithographien,
Photographien, Landkarten, Musikalicn rc. >
vorgenommen werdcn kann. Den in Paris
ansäßigen Buchhändlern ist eS vor wie nach j
gestattet, ihre Scndungen unmittelbar zu be- s
ziehcn und auf dem Ministerium dcs Znnern
untersuchen zu laffen,

Paris, 20. April. Nach einein französi-
schen Departementalblatt, „la Guicnne" von
Bordeaur, scheint es, daß Graf Sigismund
Wielopolski die Herausfvrderung des Grafen
Taver Branicki angenvmmen hätte. Er wäre
bereitS nach der Schweiz abgcreist, wv nach
dcm Wunsche des Grafen Branicki das Duell
flattfinden soll.

Türkei

Kvnstantinopel, 20. April. Der Vice-
könig von Egppteu hal den Jsthmus von Suez
für eine besondere Prvvinz erklärt und der-
selbcn einen eigenen Statthalter gegeben.
Zwischcn dem Vicekönig und der Suezcompag-
nic ist in Betreff der Einzahlung vvn 35
Millionen Franken auf dic dcr egpptischen
Regierung gehörigen «uezcanalacti'en eine Ver-
einbarung crfolgt; die Rcgicrung übernimmt
bis März die Streckc von Kairo bis Wadi
Tomila. — Gestern ist dcr Sultan in Smprna
eingetroffen.

A m e r i ka

New-Aork, 8. Axril. Die Unionsflotte
hat Port Ropal (Südkarolina) verlaffcn, um
nach Charleston zu gchen. Ein noch nicht be-
stätigtes Gerücht will wiffen, daß die Unions-
truppen zu Seabrook bci Charleston gelandet
scien. — In Richmond hat die Hungersnoth
Unruhcn hervvrqei »fen; die Rnhe ist jedoch
wieder hcrgestellt.

Nachrichten über Polen

Man schreibt der „Köln. Ztg." von Berlin:
Waffe»- und Pulver-Transportc werden auf
Beranlassung der Emigrationen in Paris und
London nach wie vor durch Preußen nach Po-
len einzuführen versucht, und die Vorbereitun.
gen in Schwcden zur Herbeiführung eincr
Revolution (?) in Rußland, sowie zur Un-
terstützung dcS polnischen Aufstandcs mehrcn
sich von Tag zu Tag, Man ist an verschie-
denen Orten in Schweden mit der Herstellung
von Druckereien beschäftigt, um Zeitungen,
Flugschriften und Proclamationen in russischer
Sprache herzustellen, um, wie Herzen in einer
der neuesten Nummcrn des „Kolokol" offen
erklärt, die Brandfackel der Revolution nach
Rußland zu werfen. Daß Bakunin in Stock-
holm sehr thätig ist, haben die Zcitungen be-
reitS gemelvet; auch ein Sohn von Hcrzen
soll jetzt mit einer Mission dort eingctroffen
sein. Daß Waffen und Pulver von den schwe-
dischen Jnseln aus an die russische Küste ge-
schafft werden, ist bckannt. Die Zustände in
Galizien und Krakau sprechen gleichfalls da-
für, daß hier einc von Frankreich begünstigte
Action der polnisch-russischen Propaganda vor-
liegt, welche successive erst die Anarchie und
dann die fremde Zntervention herbeizuführen
gedenkt."

MieroslawSki hat an den demokratischen
! Centralausschuß der polnischen Emigration
unterm 21. März ein Schreiben gerichtet, in
^ welchem er sciner Erbitterung gegen die Czar-
toriskp'schc Partei und gegen diejenigen, welche
Polen „mik Weihwaffer und Kirchenliedern"
befreicn wollen, Luft macht. Er schließt: „Zn
Anbetracht, daß dic gegenwärtige Lcitnng des
Aufstandes Tendenzen verfolgt, welche mit
dem am 21. October 1862 zwischen den Com>
miffären des Warschauer Ccntralcomites und
dem dcmvkratischen Centralausschuß in Paris
getroffenen Vercinbarungen in völliqem Wider-
spruchc stehen; in Anbetracht, daß auch von
dcm ursprünglich festgesetzten inilitärischen Ope-
rationsplan abgewichen, und keine mililärischc
Centralgewalt geschaffen worden ist, wenn diese
auch kurze Zeit von Lanqiewicz zum Schaden
des Vaterlandcs usurpirt worden; in Anbe-
tracht endlich, daß namentlich daS Ccntral-
comite in Warschau die. Mitwirkung sämmt-
licher polnischer Länder an dem Nakionalauf-
stande begränzt, und Posen und Galizien da-
von ausgeschloffen — erkläre ich hiermit, mich
vordcrhand vou jeder directen Theilnahme an
diesem gegen meiue innerstc Ueberzeugung mit
halben Mitteln geführten Unternehmen cnt-
halken — und eiiistweilen eine beobachtendc
Stellung kinnkhmcn zu wollen, welche natür-
licher Wcise je nach der Veränderung der ge-
genwärtigen Sachlage eine spätere aciive Theil-
nahme meinerseits nicht ausschließt. Es lebe
die demvkratische Nepublik!"

Berlin. Jn der Ermordnng dcs Guts-
besitzers Lemanski durch dic Jnsurgentcn er-
kennt selbst die Kreuzzeitung „gcwiffermaßen
ein von der ewigen Gerechtigkcit zugelaffencs
Gvttesgericht." Es wird ihr über diesen
Menschcn aus Warschau Folgendcs geschrie-
ben: „Dieser reiche Mann war selbst einer
der gewaltthätigsteii, bösesten Mcnschen, der
viele Mordthaten an seinen cigenen Lenten
begangen iiud zu dcren Ansführung er zwei
Mordgchülfen an zwei Taubstummen hatte.
Mehr als 50 Criminalprozeffc sollcn bei den
Gcrichten gegen ihn theils im Gange gewe-
sen scin, theils noch schweben, dcren jeder
einzelne ihn (statt der hier nicht gewöhnlichen
Todesstrafe) lebenslang nach Sibirien gebracht
haben würde, wenn nicht Einfluß und Mittel
ihn wegen angeblicher Unzurechnungsfähigkeit
immer wieder von der wohlverdientcn Strafe
befreit hatten. So ließ dieser Lemanski einst
seinem eigcnen Wopk (GcrichtS- und Polizei-
verwalter) dic Händc und Füße anf dcn
Rücken zusammenbinden und ihn so aufhängen;
sechs Mal feuerte er dann alle halbe Stunde
ein Gewehr auf ihu ab, um ihn im Todes-
schrecken zu erhalten, bis er ihn rurch seine
Taubstummen wirklich hängen ließ. Auf dic
Klage der Frau dcs Gemordeten wurde zwar
die Unterslichnnq einqeleitet und Lemanski end-
lich auf zwei Monate ins Jrrenhaus gesteckt; >

er kam dann aber eben so wieder zurück und
mißhandelte seine Untergebenen noch mehr.
Daß einem solchen Menschen seine eigene Die«
nerschaft gcgen die rächenden Jnsurgeuten nicht
beistand, ist also auch erklärlich."

Lemberg, 19. April. Ein auS 300 Mann
bestehcndes Ziisurgentencorps untcr bem Eom-
mando Lelewel's ist von den Ruffen nach
einstündigem Kampfe geschlagen wvrden. Ein
Theil der Flüchtigen hat sich nach Galizien
gerettet.

BreSlau, 21. April. Der „Schlesischen
Zeitung" meldet man aus Ostrowo, 20. d. M.:
Gpmnasiasteii sangen in dcm GpmnasiumS-
GotteSdienst das polnische Nationallied und
benahmen sich widcrsetzlich. Das Lehrercolle-
gium beschloß den Schluß der Claffen und er-
bat auf telegraphischem Wegc höheren Bescheid.
— Die Grcnze nach Kalisch zu ist gesperrt.
Bci Kalisch ist der Aufstand im Wachscn. Am
19. d. wurde die Garnison alarmirt wcgen
der Nachricht, daß eine russischc Patrouille
von 40 Mann in die Hände der Znsurgenten
gcfallen sei. 5000 Znsurgenten soüen in der
Nähe stchcn; ein Angriff auf die Stadt wird
täglich erwartet.

Neueste Machrichten

Hermannstadt, 21. April. Der Rumä-
nencongreß hat jich bei der Adreßdebatte ein-
stimmig für das Octoberdiplom und die Februar-
ver/assung auSgesprochen.

Vermischte Nachrichten.

.1. Aus dem Oberland, 17. Aprt!. Einsender
Dtcse» war jüagst dte Getegcnhett gegebea, mtt einem
tüchtigen Laudwtrthe zusammen zu kommen, der schon meh-
rere Zahre Versuche mtt dem Salz al» Dungmittel ange-
stellt hat. Dteses Salz, und zwar gewöhnltcheS Küchen»
salz, hält er besonder- sür Bauern alS äußerst vorthetlhaft,
tudem dadurch ein viermal größcrer Ertrag als sonst zu
erwarten stehc. Man bestreue bloS tm Frühjahr den Böden
um den Baum herum stark mtt diejem Salz. Dte Kosten
sind gertag und lohnen sich gewiß reichltch, daß eine Nach»
ahmung zu empfehlen tst.

Untcr den Änzetgcn deS ^Schw. Merk." findet sich eiue,
worin Schubarl« GevurtshauS zu Obersontheim, Ober-
amtS Gaildors, zum Lerkaus auögeboten wird. Daffelbe
tft zu 500 st. abgeschätzt uud dcr 18. Mat zum Tage der
Verstetgerung bestimmt.

Dic Zeitungen haben jüngst von etner im Gebtete der
Telcgraphte durch StemenS und Halskc gemachten wichtigea
Erfindung berichtkt. Diese versünffacht dte Letstung de-
Telegraphen und macht sie vtel btlltger. Außer dteser Er«
findung hat man auch-etuen neuen Apparat erprobt, wo-
durch bte telegraphischc Depesche gletch tu der allgemetnea
Buchstabenschrtft geschrieden wird. Wte dcr Apparat tn
Thätigkett tritt, dreht sich etn Buchstabenrad um so viel,
den verlangten Buchstaben nach obcn zu fördern, und eS
drückt sich ein durch etnen McchaniSmuS gezogener Papter»
stretfen an, und auf dem letzteren erschetnt'der Buchstabe
auSgedruckt. Der Apparat konnte sich tnbeffen nicht be-
währen, weil er vtel zu langsam arbeitet. (Etn solcher
Apparat befindet sich tm Franksurter preußischen Telegraphen»
burcau sett etnigen Tagen tn Thättgkett.)

Aus Baden. Die Stadt Äarlsruhe hatte tm
Zahre 1862 zusammcn 339,802 fl. 43 kr. Etnnahme und
322,568 fi. 13 sr. AuSgaben. Das Vermögen der Stadt-
gemeinde beträgt 610,426 fi. 57 kr. Dte Schulden 4032 fl.
16 kr. und somit daS Reinvermögen 606,394 fl. 41 kr.
Zn Folge der zunehmenden Bevölkerung und gestetgerter
Eonsumtton hat daS Mchloctrot um 701 fl. 10 kr., dar
Fleischoctrot um 982 fl. 17 kr. und das Bieroctrot um
1048 fl. zugenommen. Als Aufmunterung zur Erbauung
neuer Häuser tn der Langenstraße wurden an zwet Unter-
nehmer 2444 fl. 23 kr. auSbezahit. — Dte Bruchsaler
Vorschußkasse hat im letzten Zahre 82,000 fl. umgesetzt.
Der Vorschußvcretn hat ein Grundstück angekauft unb be»
abfichttgt nun darauf eine Gewerbehalle zur AuSstellung
von GewerbSerzeugntffcn jeder Art zu erbauen. Auf dte
auSgcstellten Gegenstände soll Vorschuß gegeben und so
durch die neue Etnrichtung fördernd auf dte Hebung des
Gewerbcbetrtrbs eingewtrkt werden. — Dem k. k. östcrret-
chtschen Consul Hrn. Sd. Siffenhardt tn Mannheim tst
von Sr. Maj. dcm Katser von Oesterreich daS Rttterkreuz
deS Franz.Zoseph-Orden- verltehen worden. — Es bcstätigt
fich, daß die Vrrtreter der kathol. und evangel. Ktrchen»
dehörden zu einer Confcrenz mit dem Oberschulrathe zur
Bcrathung der Fragen dcS reltgtöscn UnterrtchtS und dessen
Verbtndung mtt dcm Lehrplan zusammentreten.' Zu stän-
dtgen Commtffären für alle FäÜe. tn welchen daö Gesetz
die Mttwtrkung der Kirchenbehörden im Oberschulrathe ver»
langt, haben erstcre. die evang., den Oberktrchcnrath Mühk»
bäußer, dte kath. den Obcrsttftung-rath Höll ernannt.
Zn wte wett dtc Vertreter der starren evang. Orthodorte
und deS stärksten UitramontaniSmuS zur Mttwtrkung bet
der Schulfrage Beruf haben, steht dahtn; wir glauben mil
Ler B. L.-Z., daß, wie einmak dte Schulfrage für unser
Land eine politische gewordcn, die bezeichnete Wahl ketne
glückltche tst, und man neben den Oberschulräthen nur den
Kirchen selbst zu solchen Vertretern condoliren könne, da
vorauSfichtlich die Ktrche unter solchen Umständen noch
mehr Boden !n der Schule verliercn wird, als bct gemäßigten
«ud vermtttrlnden Unterhändlern zu erwarten gewesen.
 
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