Heidelberger Zeitung (1863 (Januar bis Juni))

G n g l a n d

Lvltdon, 2l. April. Lord Palmerston
antwortct auf die Jnterpellatlon Denmans:
Dle englische Reglerung sei genau unterri'chtet
über di'e Tragweike dcr pen Polen verkündeten
Amncsti'e, deren Allgemeinheit bei dem zucht-
losen Benehmen der russischen Truppen in
Polcn gewiß wünschenswerth sei.

Nte-erlan-e

Amsterdam» 2t. April. Nachdem die
Regierung die SaHungen der hier untcr den
Auspizien der ersten Finanzangesehenheiten
HollandS und Belgiens, so wie Pereire's und
der Crcdit mobiliers von Paris, Madrid und
Turin gegründeten 8aviete Köuersle äe eam-
meree st el'inäustrie genehmigt, hat diese Ge-
sellschaft sich hente endgiltig gebildet.

Z ta l i e n

Turin, 20. April. Man berichtet aus
Florenz, daß der König auf allen seinen Aus-
flügcn in Toscana den besten Empsang findet.
Der König wird der Einweihung der Eisen-
bahn von Ancona nach Pescara beiwohnen;
auch sagt man, daß er nächstens den Baron
Ricasoli in scineM Palastc zu Broglio be-
suchen wird.

D ä n e m a r k

Aus Schleswig-Holstein, 21. April.
Eine größerc Anzahl vou angesehenen Män-
nern, namentlich auch von Ständemitgliedern
aus beiden Herzogthümern, hatte sich gestern
Vormittag behuss einer Besprechung der po-
litischen Verhältnifse des Landes in Elmshorn
zlisalilmengefiinden. Ehe indessen noch die
Verhandlung eröffnel werden konnte, erschien
der Kirchspielsvogt, um die Versammlung auf-
zulösen, was eventuell sogar durch Anwen-
dung von Soldaten geschehen solltc, zu wel-
chem Zwecke auch bereits die dänischen Dra-
goner von Jtzehoe rcquirirt worden wgren.
Da der Kirchspielvogt auch in einem Privat-
hause keine Erörterung politischer Angelegen-
heiten dulden wollte, blieb den Anwesenden
nichls übrig, als sich mit dem nächsten Zuge
nach Hamburg zu begeben, woselbst die Vcr-
sammlung in dcr „London Tavern" auf St.
Pauli abgehalten wurde. Nach einer länge-
ren DiScufsion wurden schließlich folgende Re-
soluiionen angenommen: „Gegenüber dem letz-
ten durch die „Allerhöchste Bekannlmachung"
vom 30. März d. I. vollzogenen Act der
eiderdänischen Regierungspolitik erklären die
versammelten Schleswig-Holsteiner: 1) Der
deutsche Bund u»d die beiden deutschen Grvß-
mächte sind es dem Recht und der Ehre des
deutschen Volks schuldig, sich von den Ver-
trägen von 1851/52, wie von dem Londoner
Tractat vom 8. Mai 1852 offen und unzwei-
deutig loSzusagen und keine andcre Grundlage
für ihrc fernere politische Action gegen Däne-
mark anzuerkenncn, als das alte, ungeschmä-
lerte Recht der Herzogthümer. 2) Das Volk
der Herzogthümer kann nur in der Vereini-
gung Schleswigs und Holsteins z» einem
constitutionell geordneten StaatSwesen, wie
solche in dem durch die Vertretung des Landes
festgestellten Staatsgrundgesctz vom 15. Sept.
1848 zur Geltung gebrachl worden, eine wirk-
liche Sicherung seines nationalen Lebens und
seiner materielleu Jntereffen finden. 3) Die
Lage dcs Landes erfordert gebieterisch, auf die
Erreichung dieses Ziels mit allen rechtlichen
Mitteln hinzuwirken."

R u ß l a n d.

Die „France" erfährt durch einen Privat-
brief aus Petersburg, daß die russische Re-
"gierung l„ A„rland ein Beobachtungscorps
zusammcnziehen wcrde, welches sein Haupt-
quartier in Mitau haben soll und damit be-
auftragt sein würde, die Meergränze dieser
Provinz zu bewachen; gleichzeitig werde eine
Seediviston uach Rjga gesendet, um den liev-
ländischen Meerbusen, wo man polnische Land-
ungen befürchtet, zu überwachen.

Türkei

Trebigne, 21. April. He„te Vormittag
zerfiörte em 400 Mann starker Haufen Musel-

männer di'e hiesige Grlechenschule, wobe» einige
Kinder getödtet worden sein sollcn. Die Mi'-
liz waffnet sich zum Schutz der Christen.

Nachrichten über Polen

Posen, 20. April. Die Ostdeutsche Ztg.
kann zuverläffig mittheilen, daß vorgestern
400 Polen, vortrefflich equipirt, mit dreißig
französischen Officieren an der Spitze, aus
dem Großherzogthum Posen nach Polen hin-
übergegangen sind.

Berlin, 21. April. Ein Krakauer Tele-
gramm vom Hcutigen meldet: Bei Sjeradz
(südöstlich von Kalisch, an der Warthe) hat
ein Kampf stattgefunden, aus welchem die Jn-
surgenten unter Urbanowicz stegreich hervor-
gingen. Auch im Sandomir'schen ist der Auf-
stand im Zunehmen begriffen. Czechowski hat
bei Grabowice eine Abtheilung russtscher Ula«
nen geschlagen.

Von der polnifchen Grenze, 21. April.
Letzten Sonntag haben zwei heftige Gefechte,
eines in den KampinoSwaldungcn, ein ande-
res bei Pultusk stattgefunden; Ictzterc Stadt
wurde von den Ruffen niedergcbrannt.

Bresla«, 22. April. Das Mittagsblatt
der „Schlefischen Ztg." bcrichtet aus Ostrowo
vom 21.: Gestern nach Ankunft des Militär-
gouverneurs, Grafen von Waldersee, ist auch
der russische General Fürst Wittgenstcin hier
eingetroffen; Ersterer begibt sich heuic nach
Pleschen. Das hiesige Gpmnasium ist nicht
geschloffen, aber 68 Schüler sind ausgewiesen.
Fortwährend wird die strengste Grenzsperre
aufrecht erhalten; weder Paffagierc noch
Waaren werden durchgelaffen.

Krakau, 22. April. Der „Czas" von
Miitwoch meldet: Lelewel ist am 17. d. auf
Lpsa Gara von 800 Ruffen angegrifsen wor-
den und schlug dieselben. Dic Ruffen sind
nach Janow zurückgezogen.

Krakau» 22. April. Bei MinSk haben
dic Polen glücklicheS Gefecht geliefcrt.

Neueste Rachrichten

Darmstadt, 22. April. Zweite Kammcr.
Hr. Meß intcrpellirt über die Geltung der
sogcnannten Mainz-Darmstädter Conventivn.
Der Regicrungs-Cvmmi'ffär v. Rodenstein ant-
wortet: Dic Convention gelte fortwährend u.
werde auch gelten, wenn das vvrgelcgte Ge-
seß erlasse» werde, denn dieses werde nur in-
sofer» abändernd wirken, als es einen freieren
Standpunkt einnehme, der dann auch dcr Con-
vention zu Gut komme.

Srankfurt, 22. April. Dic „Europc"
erhält durch eine cigens dazu hierhergekommene
Person aus Petersbnrg und Moskau Briefe
mit wi'chtigen Nachrichten, wovon wir jedoch
nur folgende mittheilen können: Eine weitver-
zweigte geheime Geseüschaft wolle, die gegen-
wärligen Umstände benützend, von dem Kaiser
Alerander H. politische Freiheiten für Ruß-
land abjwingen und bereite eine 6000 Mann
starke Erpedition nach Polen und Litthauen
vor, um vie Sache dcr Polen zu unicrstüßcn
u»d den Aufstand selbst in die eigentlich russi-
schen Provinzen zu tragen.

Betlin, 22. April. AbgeordnctenhauS.
Ministerverantwortlichkeitsgeseß. Hr. v. Bis-
marck erklärt den gegenwärtigen Zeitpunkt für
ungeeignet für Erlaffung eines solchen Ge-
setzcs, deffeu nothwendige Vorbedingung sei,
daß für seine Handhabung die Verfaffung einc
vollkommen klare und vollständige Grundlage
biete. Diese Vorbedingung glaubt aber die
Regierung jetzt nicht vorhandcn, wo über die
Bedcutung wesentlicher Theile der Vcrfassung i
Meinungsverschiedenheiten zwischen der Krone
und dem Landtag stattfinden; dic Rcgierung
kann deßhalb dcn Entwurf nicht sanctionireu.
— Dic Annahme des Entwurfs unterliegt
keinem Zweifel.

Danzig, 22. April. Dcr „Danz. Ztg." j
geht aus Warschau folgende vom 21. datirte i
Nachricht zu: Graf Siegmund Wielopolski hat
seine Demission erhalten, wie es heißt, wegen i
seines Streites mil dem Prinzen Napoleon. '
Jn Regierungskrcisen erzählt man ferncr, auch
der Marquis Wielopolski habe wegen Zwie-

spalt mit dem General v. Berg seine Ent-
laffung crbeten.

Paris, 22. April. Das Joiirnal des
Debäts hat eine zweite Verwarnung erhalten.
— Gestern wurdc eine große Musterung ge-
halten, wobeider Kaiser lebhafl begrüßt wurdc.

New-Aork, 10. April. Bundestruppen
haben die Beschießung des Fort Sumters be-
gonnen. Die Conföderirten umringten Was-
hingion in Norbkarvlina, welches Forster be-
sctzt hält. Die Legislative Neuporks hak ein
Gesetz angenommcn, welches dcn Bankiers
Darleihen auf Gold vcrbietet. Banks hat
mit 10,000 Mann OrleanS verlaffen und ist
nach Bapon gegangen.

. Vermischte Aachrichten.

Konftanz. Am 8. April hätte sich betnabe ein be«
dauerltches Unglück auf dem kön. würt. Dampfboot Köntgin
ereignet. Daffelbe fuhr 91/2 Uhr Vormittags von Frted-
rtchshafen nach Lindau ab. Obgletch hefttger Wind wehte,
war daS Verdcck deS SchtffeS dennoch schwer mit Waaren
beladen, statt den SchiffSraum oder daS sogen. Magazin
damit zu befrachten. DaS ohnehtn mtt leichter Maschtne
versehene Boot hatte somtt für stürmischeS Wetter etne
ganz zweckwidrige Belastung, und eS zetgte fich denn auch
gletch nach Verlassen des Hafens von Friedrtchshafen etn
ganz bedeutendes Rollen des Schtffes, welches zunahm, je
näher man Langenargen kam. Zu der unseemännischen
Beladung des Boots kam eine zweite noch letchtsinntgere
Fahrlässigkett htnzu: der Balancterkasten war weder ange-
bunden, noch bewacht, und so kam es, daß bet der Land-
spitze von Langenargen bet einer hefttgen Bewegung des
BooteS der Balancierkaste» auf dte Sette der rechts auf
dem Vorderdeck gelagerten Fäffer,und Waaren rollte. DaS
Schtff legte sich nun mit schauerltcher Geschwtndtgkett ttef
auf die rechte Seite und tauchte damit unter Waffer. Das
Wehrufen und die Todesangst der großen Mehrzahl der
Retsenden, die fich auf dte ltnke Schiffsette gerettet hatten
und daselbst an dem Geländer anklammerten, waren herz»
zerreißend. Nachdem mit vteler Anstrengung der Balan-
cterkasten auf die ltnke, tn der Lust schwebende Sette deS
VerdeckS heraufgezogen war, wollte sich das Schtff dennoch
ntcht erheben, wohl weil die Fäffer und Säcke nach rechtS,
der ttef'ltegenden Sette, gerutscht waren. Wäre etne ein-
zige Lucke offen gewesen, so hätte das Boot fich mtt Wasser
füllen und unfehlbar finken müffen. Jn dieser schrecklichen
Lage crreichte daS Boot langsam den Landungsplatz tn
Langenargen, wo dte metsten Reisenden, thre Fahrbillete
nach Ltndau und Bregenz tm Stiche laffend, daS Boot ver -
lteßen, froh, der Gesahr und etner solchen Führung ent-
kommen zu fcin. Möchten doch Leute, welchen Menschen-
leben anvertraut werden, ihre Pflichten ernster auffassen!

(Konst. Z.)

Karlsruhe. Als am 7. die allerhöchsten Herrschaften
mit dem iLchnellzug von hter abretsten, hätte etn Zusammen-
stoß deS Zuges auf dem neuen Güterbahnhof mtt einem
andcrn, der zu warteu hatte, bis der Schnellzug auf offener
Ltnte war, stattfinden und großeS Unglück eintreten können,
wenn der Locomotivführer Hügle nicht durch setne GeisteS-
gcgenwart den Wetchenwärter durch anhaltendes Stgnal-
geben mtt der Pfetfe auf die unrichtige Stellung der Weiche
aufmerksam gemacht hätte. Dte Untersuchung tst bereitS
eingelettet, und wolltcn wtr ntcht verfehlen, auf dtesem
Wege dte musterhafte Dtcnstführung etneS Bedtensteten der
großh. VerkehrSanstalten, dem gerade an dtesem Tage Allen
so theuere und so edle Leben anvertraut waren, zur wettern
öffentlichen Kenntntß zu brtngen. (B. L.-Z.)

* Bet dem immer mehr zunehmenden Verbrauche von
Oel wtll man HLemit auf etn erprobtes Mtttel aufmerksam
machen, um etne Ersparntß herbetzuführen. Man löse
nämltch tn Waffer so vtel Salz auf, alS fich aufiösen läßt;
wetcht man dann in demselben den Docht etn und läßt thn
wieder trocken werden, so brennt das Oel viel länger.
Wetcht man den Docht tn Branntwein, worin Kampher
aufgelöft tst, ein, so brennt der Dpcht heller alS gewöhnltch.

Heilbronn. (Led ermar kt -Bericht.) Jn Folge
der erst stattgehabten Fraukfurter und jetzt begonnenen
Leipziger Ledermessc war der vorgestern hter abgehaltene
Ledermarkt von Käusern und Verkäufern weniger besucht,
und waren die Zufuhren von Schmal- und Wildoberleder
auch sehr gcring. Dtese wurdcn daher rasch und theilweise
zu etwaS beffern Pretsen alS am lctzten hiestgen Marktc
vom Platze genommen, und ebenso war Kalbleder gesuchter.
Sohlledec war dagegen, durch mttunter gertpgere Waare,
etwaS überführt, und konnte man sotcheS einiger Kreuzer
btlltger kaufen.

ES wurden verkauft und amtlich abgewogen:

305'31 Pfd. Sohlleder,

367'13 „ Schmal- und Wildoberleder,

36 55 „ Zeug. und Vachlever uad

68'17 „ Kalbleder,

zusi^ 716'16 Pfd. oder 716 Centner und 16 Pfunde.
wodurch inclusive der weißea und rohen Waaren dte Summe
von 66,000 fi. umgesetzt worden tst.

Dic nächsten Ledermärkte werden Dienstag, 19. Mai
und Mittwoch, 26. August d. Z. abgehaUen.

Den 16. Aprtl 1863.

Ledermarkt - Znspectton: Christtan L e tz.

Körsenbericht.

Frairkfrrrt, 22. Aprtl. Dte Börse war trotz besserer
AnfangScourse bet Eröffnung des Geschäfts matt, befestigte
fich jedoch gegen Schluß deS GeschäftS tn Folge günstigerer
auSwärttger Bertchte. Ruffen zu 9^/4 gesucht. Central-
ToScana 78^8-

Um 2 Ubr: Oesterr. Creditactten 212^4- Natton. 70V4-
1860er Loose 86^8—V,-

6^4 Uhr. (Schlußcourse.) Credit 212 — 212^2 G-ld,
Nattonal 70^ Geld, neue Loose 86^8 Geld. Wentg
Geschäst.