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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0486

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di'e Unterschrift trägt: „Dke Warschauer Hen-
ker-Kommission.« Das Couvert war mit dem
Poststempel „Ottlocpn bei Thorn" versehen.
Mit diescm Schreiben erhielt Hr. v. Bismarck
einen zsxrlichea Holzkasten, in welchem sich
ein Skrang befand, zu dem der Empfänger
verurcheilt. Dieser Vtrang, ganz kunstgerccht
hergcrichtet, ist mit einer schwarz-weißen
Schleise dekorirt.

Berlin, 20. Mai. Herrenhaus. (Schluß.)
Endlich kommt Hr. v. Senff-Pilsach auf
die jetzige Jnsurrection: dieselbe stüße flch auf
Meuchelmord und Eidbruch und wcrde von
proseffionirtkn RevolulionärS geführt. Die
Staalsrcgierung habe unbeirrt durch die hef-
tigsteu Angriffe den gebotencn Weg verfolgt,
diefer Revolution entgegenzuarbeiien und sie
von Preußens Grenze fern zu halten; dafür
verdiene die Regierung den iebhaftesten Dank
und es sei eine Psticht des Hauses, den Dank
auszusprechen. — v. Kleist.Retzow: Der
zur Beraihung der inneren Angelegenheitcn
berufcne Lanbtag habe eigenilich gar nicht das
Recht, in Dingen äußerer Poliiik mitzuspre-
chen, er könne die Lage nicht übersehen, eS
sehlc ihm daz« das Urtheil. Das Haus sei
in der günstigen Lage, nicht' übcr auswärtige
Verhältniffe zu redcn, sondern nur dcr Regie-
rung zu dankcn für ihr cnergisches Handeln
in richtiger Erkcnntniß ihrer Pflicht und dcr
Lage. Gefährlich würe dic Situation, wcnn
die Demokraten und das Ausland die Regie-
rung loben würden. Die Demokratie habe
überall und immer dieselbe» Jnleressen. Hr.
v. Unruh habe schon 1848 gesagt: es gebe
nur Absvlutismus, Republik oder eine Mo-
narchie mit parlamcntarischem Regiinente. In
diesem Sinne habe er die Steuerverweigerung
dictirt, in diesem Sinne gerire sich Herr v.
Kirchmann in der „Breslauer Ztg.", derselbe
Mann, der jetzt wieder Vicepräsident des
Appellhofes zu Ratibor wcrden svll. Könnc
dabei die Autorität in Preußen bestehen?
Wiverstand gegcn Gottes Ordnung sei der Ur-
sprung alleS Unglücks, welcheS sich auch auf
die moderne Gesetzgedung erfirecke, letztcre
schnüre das Recht der Braven ein und beför-
dere und schütze die losen Buben uad Revolu-
livnärs (Beisaü). Die polnische Jnsurrection
bedrohe Len Bestand Preußens, sie organistrc
eine Hülfstruppe für Frankreich; glaube man
etwa, daß man mit dem desorganisirten Heere,
welches mau dem Könige lassen wvllc, Polen
und Frankreich besiegen könne? Könneu Brand-
schatzung und Mcuchelmorde herrschen in Polen
und die prcußische Regierung sollte nicht ein-
schreiten? Was sci denn das für eine Partei,
wclche sich demsche Fortschrittspartei nenne
unv Alles gutheiße, was gegen Deutschland
uniernommen werde? Dic Fortschrittspartei
fei lediglich cin Auswuchs der solidarischen
Jnicrcffen der Demvkraiic in der ganze» Welt.
Dae Ausland beweise durch seinen Aerger über
die Convention, daß diesc vollkommen richtig
und geboten und von dem besten Erfolg be-
gleitet war. Frankreich sei direct betheiligt,
denn man setze seinem Bundesgenoffen eincn
Damm entgegen. England gche immer mit

der Revolutto», hker würdr es noch energischer
vorgehen, wenn ihm nicht Mißtrauen und
Eifersucht gegcn Frankreich Hemmschuhe an-
lrgkcn. Der Widerspruch der Wcstmächte sei
erklärlich, er bedeuic nicht viel. Preußen aber
konnte Rußland nicht isolirt laffe», wie im
Krimkriege, seien doch hier stine eigenen Jn-
tereffen zu sehr bedroht. Frankreich sei der
principiellstc Gegner an seinen westli'chen Gren-
zen; eine Erkältung im Verhalten gegen Frank-
rerch sei daher cin Vortheil für Preußen.
Oesterreich müffe und werde mit Rußland und
Preußen gehen. Dic heilige Alliancc habe das
Gleichgewicht Eurvpa's erhalten, und werde
es auch ferner thun; Rußland sei gedemüthi'gt,
Ocsterreich beraubt, nur Preußen noch im
vollen Länderbesix (der Vcrlust von Neufcha-
tel bedeute nichts), weil cs am längsten an
dieser Alliance, dem Erbe Fricdrich Wilhelm
III., gehalken hat.' Zn unserer jammervollen
Zeit fallen Herzen und Ländcr Dcmjcnigen zu,
der zuzugreifen verstehe, da sei Energie, Wil-
lenskraft und Thatkraft ein hohes Verbienst.
Dies habe die Regicrung sich erworben, es
sei durch sie erreicht wordcn Schutz der Un-
terthancn an Persvn und Eigenthum, Schutz
der Grenzen, Niederwerfung der Revolutiou
und Demaskirung der Dcmokratie. Jn drei
gewichtigcn Dingen habe dic Regierung eine
wahrhafte Größe bewiesen: in dcr Aufrecht-
haltung der leider noch nicht durchgeführten
Armee-Reorganisalio», in der energischcn Fort-
führung dcr Regierung vhne Budget unb in
der energischen Lösung der brennendsten Fra-
gen auswärtiger Politik trotz der bittersten
und feindseligsten Oppositivn. Das laffe frei
aufathmen und gebe Hoffnung für lange Fort-
erhaltung des so kräftigen und selbstbewußten
königlichen Regiments, in diesem Sinne mögc
man den Conimisstonö-Aiitrag annehmen. —
Bei der Abstimmung wird der Commissions-
Antrag mit allen gegen eine Stimme (Prof.
Baumstark) angenommen. Die Minister, welche
Mitglieder bcS Hauses sind, waren bei der
Abstnnmung nicht im Saale.

BerUn, 21. Mai. Die heutige Sitzung
des Abgcordnetcuhauses wird vom Präsiben-
ten Grabvw um 9 Uhr 25 Minuten eröffnet.
Am Ministerlische erschcint unter großer Sen-
sation im Hause gleich nach Eröffnuiig der
Sitzung der Ministcrprästdent v. BiSmarck.
Nach Erlcdigung der geschäfilichen Mitthei-
lungen, wobei der Präsidenl Anzeige vom Ein-
gange neuer Zustimmuiigs- und Mißtraucns-
Abreffen macht, erklärt der Präsident: Vor
Beginn der Sitzung hat mir der Herr Mini-
sterxräsibent ein Schreiben zugehen laffen, wo-
rin er mir mittheilt, daß er vor ber Tages-
ordnung daS Wort verlangt. Jch kommc
dicsem Verlangen nach unb eriheilc dem Hrn.
Ministerpräsibenten das Wort. Der Mini-
sterpräsident: Jch habe dcm hohen Hause
einc Allerhöchste Botschaft Sr. Majestät deS
Königs zu verlesen. (Wir haben den Jnhalt
im Wesentlichen bercitS mitgetheilt.) Gleich
nach der Verlesung verläßt der Mtnisterprä-
sidcnt den Saal. Es macht sich eine sehr
große Sensation bemerklich, welche eine mi-

f nutenlange Pause hervorruft. Der Prästdent
durchliest die Botschaft noch einmal und er-
klärt: Die königl. Bokschaft i'st von dem ge-
sammten Staats - Mini'sterium unterschrieben.
Jch mache Jhnen, meine Hcrrcn, den Vor-
schlag, unsere hcutige TageSordnung nicht zu
unterbrechen und die königliche Botschaft der
Geschäftsordnungs-Commission zu überweisen,
um von dersclben zu erfahreil, inwieweit mit
Rücksicht auf di'e Allerhöchste Botschaft Anträge
oder Erwiederungen seikens des HauseS zu
erlassen flnd. — Graf Bethusp-Huc be-
antragt, die Botschaft einer besvnderenCom-
mission zu überweiscn, da bas Hans die Pflicht
habe, die Botschaft zu beantworten. — Vir-
chow beantragt dagegen unker lebhafter Zu«
stimmunff von allcn Seiten, die Sitzung zu
vertagen und die königl. Botschaft der Abrcß-
commission zu überwcisen, damit diese noch
einmal prüfe, ob und i'n welcher Weise die
von ihr beschloffene Adrcffe abgeändert werde.
— v. Spbcl tritt dieser Ansicht bei. — v.
Unruh: AlS Referent der Adrcßcommission
und bclraut mit dem mündlichcn Bericht über
deren Verhandlungen, würde er bei der jeßi-
gen Lage dcr Sache in einige Vcrlegenheit
kommen, da die soeben vernommene Allerhöchstc
königliche Botschaft bereitS auf mehrere Punkte
der Adreffe eine Antwort anticipire. Er halte
deshalb ein Eingehen auf den Virchow'schen
Antrag für cine Nothwendigkeit. — Graf
Schwcrin: Jch will nur constatiren, daß
meine politischen Freunde und ich, die wir
principicll gegen eine Adreffe sind, uns dem
Antragc deS Abg. Virchow entschieden anschlie-
ßen, um der Avreßcommisston Gelegenheit zu
gcben, zu prüfen, ob in der königl. Botschaft
eine Veranlaffung liege, die Adreffe in der
einen vder der andern Weise zu ändern. —
v. Bockuin-Dolffs: Jch schließe mich dem
Virchow'schen Aniragc glcichfalls an und zwar
alS Mitglied der Adreßcommission. Zn der-
sclben werde ich Gelegenheit nehmen, barzu-
thun, inwiefern dic Auffaffung der Minister
eine irrige gewesen ist. Einc desfallstge Er-
klärung im Hause selbst abzugcbcn, das Ver-
fahren dcs Präsidiums zu rechlferlige» , halte
ich nicht für angemessen. (Beifall.) Hcrr v.
Bethusp-Huc zicht scinen Antrag zurück. Dic
Discusston ist geschloffen und der Birchow'schc
Antrag wird einstiuimi'g angenommen. Damit
schließt die Sitzung 9V, Uhr. Nächste Sitzung
wahrscheinlich Freitag 9 Uhr. Die Adreß-
commission trat eine Stunde nach dem Schlnß
zur Berathung zusammen, das königl. Staats-
ministcrium ist zur Theilnahme an der Sitzung
eingelaben wvrden. Die Abgcordneten trennen
sich unter lebhaftrn Gesprächen,

Berlin, 22. Mai. Jn der heutigen Sitzmig
des Hauscs ver Abgeordnetcn steht die an den
König zu erlaffendc Adreffe an ver Tagesord-
nung. Die Adreßcommission war gestern biS
gegen Mitternacht versammelt; die Majorität
derselbcn beantragt die bereits in Nr. 120
kurz mitgetheilte Adreffe, deren Annahme der
Telegraph schon gemeldet. Scitens des Ab-
geordnetcn v. Schwerin ist, Namens der Mi-
norität, cin eigener Adreßentwurf eingebracht.

„Man macht dem Rtchter doS Herz ehern, wcnn
man ihm beide Hände versilbcrt." — „Ein goldcner
Handschlag übcrzeugt den strciigsten Richter von der
Wahrheit unscrer Aussagc." — „Jn cincm Gold-
rubcl licgt vicl Ueberrcdung.« — „Wcnn die Wahr-
hcit nicht überzcugt, so übcrzeugt ein weißer Zcttel."

„Wcnn cinem Kalbe crst cin silbcrncS Euter gc-
wachsen ist, dann wirft du leicht goldene Milch
daraus melken konnen." — „Mit einer goldeNen
Büchse schicßt man den Adlcr auS den Wolken."
— „Mit einem goldenen Gaul kann ma» durch die
ganzc Wclt reitcn." — „Mit eincm silbernen Rudcr
fährt man auch glücklich über die Källc dcS Dniepr."

„Klimperc auf einer goldenen Balolojka (Gold-
harfe) und du wirst tausend Zuhörer haben, die
rille dein Spiel vortrefflich findcn."

——^ l-, k.

(Eig-nthümlich- Folgcn eines Blitzstrahls). Am
Sonntag, dcn Itl. d. Mts., schlug während deS
^°llesdicnsteS em Blttz in den «kstlichen Thurm
des MunstcrS m Basel ein und zcrtrümmerte dte
Kanel dcffeldcn. Settdem schlägt dte Uhr des
Lhurmes nur noch die ganzen, nicht mchr die Vier-
klstunden und der benachbarte Brunnen gibt kein
Waffer mehr.

14. Allgemeine drutsche Lehrerversammlung
i« Mannhcim.

Mtttwoch, den 27. Mai.

Früh 8 Uhr zweite Hauptversammlung in der
Trinitatiskirche. — Pause von 12 bis 1>/- Uhr.

Um IV, Uhr Fortsctzung drr allgemeinen Ver-
handlungcn in der Trinitaliskirche.

Gietchzeitig von 2 bis 4 Uhr landwirthschaftliche
Unterrichtsproben im Lyceumsjaale; und Kinder-
gartenprobe bci L. Kuhn, 6 7, 3.

Um 41/, Uhr gemeinschaftliche Tafel in den näm-
lichen Localttäten, wie am Dicnstag.

Um 8 Uhr gescllige Nnterhaltung auf dem Lö-
wenkcller, unter Mitwirkung sämmtlicher Männer-
Gesangvrreinr.

Donnerstag, den 28. Mai.

Früh 8 Nhr dritte Hauptversammlung in der Tri-
»ttatiskirche und Schluß derVcrsammlung. Effenszcit
vo» 12 bis 2 Uhr, nach Wahl jedcs Einzelnen.

Um 2V, Uhr gemeinschaftliche Fahrt nach Hei-
delberg.

Die Mitgliedkarte gibt frcicn Eintritt zur Lehr-
mittelausstellung und zu allen öffentlichen Samm-
lungm.

Allcs Wcitcre wtrd durch das «ährend der Ver-
sammlung crscheinende Tagblatt und durch Anschlag
am Orte dcr Versammlung kundgegeben.

Auskunst auf bcsonderc Anfragc» crthcilt der
Anmelde-AuSschuß im evangclischen Schulsaal.

Bns der Spruchweisheit der Ruffen.

„Rcdlichkeit ist eine Bettlcrin, dte an einer Krückc
gcht, Schelmerei eine Kürstin, dic «ine Kronc trägt."

— „Man lobt die Wahrhcit und ladet die Lüge
zu Gast." — „Sagst du die Wahrheit, so jagt man
dich aus der Stadt und lügst du, so jagt man dich
auch aus dem Dorfc."

„Es tst nicht jeder Kaiser, der die GeneralS-
uniform trägt." — „Gold blcndet wohl eincn
Narren, abcr kcincn Wcisen." — „Ein wackcrcr
Kaufmann lobt daS Eisen, bis es Silber wird."

— »Ein guter Kaufmann verkauft HäringSrogen
für Laviar." — „Fordcre ein Pfund, abcr frcue
dich, wcnn du den zehnten Thcil eincs PfundeS
erhältst."

„Man braucht keinc Latcrne anzustccken, um nach
Ungerechtigkeit zu suchen". — „Wcnn der Knecht
klagt, ist das R-cht immer des EdelmannS." —
 
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