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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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werfen. Er hat nicht vuter Brrufung auf scine Dlöct»
plinargewalt den Mintstcrn Schweigen gebotrn, sovdern
nur Gebrauch gemacht von dem stetS und ohne Widerspruch
deS MintAerS geübten Rcchte, das Wort jcdrr Zeit zu er-
greifen. und zu dem Endc Stillschweigen z« verlangen.
Zn Ueberetnßtmmung damit hat das HauS der Abgcord-
neten am 15. d. M. den Beschluß gefaßt.

^daß der Präfident vermöge deS ihm alletn zustehenden

RechteS die Verhandlung zu leiten und die Ordnung im

Hause aufrecht zu erhaltcn. jeden Redner. auch die Mt-

nister und deren Stellvertrcter unterbrechen kann."

DaS HauS hat hiernach von den Ministern keine Ver-
richtleistung auf ihre verfaffungsmäßtgc selbststäodtge Stel-
lung gefordert, eS hat sich streng auf den vorltegenden Fall
beschräntt und zur Vermeidung eineS. weder dadurch, noch
durch dte Zeitumstände gebotenen StreiteS jede Beschlust-
faffung über daS Recht zum OrdnungSruf. zur Entziehung
deS WorteS und zu etner s. g. Dksciplinargewalt sorgfältig
vermtede». Dagegea haben die Ministtr Ew. Majestät
gegen den Wortlaut der Verfaffung. welcher jedem der bet-
dcn Häuser daS Recht zuspricht, die Gegenwart der Mintster
zu verlangen, ihr Erschetnen abhängig gemacht von der
unmögltchen Brdingung der Zurücknahme einer Behauptung.
welche bet diesem Hergange weder von dem Präfidium noch
von dem Haase auSgesprochen war.

2. Das HauS der Abgeordneten stand bet Empfang der
Allerhöchsten Botschaft im.Begrjffe, Ew. Majestät mit seiner
Vorstellung gegen dieS Verfabren seine allgemeine Be-
schwerden über die Mtntster der Krone offen und ehrerhietig
darzulegen. Es find mehr als dre! Monate vergangen,
sett unserer ehrfurchtSvollen Adresse vom 29. Zanuar, ohne
daß dte Rückkehr zu verfaffungSmäßjgen Zuständen erfolgt,
ohne daß eine Bürgschaft für diese Rückkehr gewonnen wäre.

Dte Minister Ew. Majestät fahren vielmehr fort, ver«
faffungSwtdrige Grundsätze vffen auSzusprechen und zu be-
thätigen.

Nicht genug damtt. haben fie ihre Mitwirkung dazu ver-
weigert, das tn der Verfaffung vcrheißene AaSführungS-
gesetz über die VerantwvrNichkeit der Minister mit ber
LandeSvertretung zu vereinbaken; ja fie haben ketnen An-
stand genommen, vor versammeltem Hause zu e.klären. daß
fie ihre Verantwortlichkeit dcm Spruche deS. von der Ver-
faffung dazu berufenen GerichtShofeS nicht unterwerfen
können.

3. Znzwtschen hat das HauS der Abgeordneten pflicht-
mäßig dtejentgen Verhandlungen fortgesctzt, welche dem
Lande seine volkSthümliche Wehrverfaffung erhalten, dem
Heere dte gesetzliche Grvndlage sichern, dte Ordnung deS
StaatShauShattS herstrllen. dem Lande sein verfaffungS-
mäßiges Recht und setnen tnnern Frteden wtedcrgeben sollten.
Die Mtntster der Krone sind eS, welche durch das Abbrcchen
der persönltchen Verhandlung mit dem Hause dtesen Zweck
der Session vereiteln.

4. Dem tnnern Zerwürfniß bat sich stetS wachscnd die
äußere Gefahr zugeskllt. Unter Ew. Majestät Regterung
war PreußenS äußere Lage günstiger geivorden, als seit
lavger Zeit. Die Hoffnungen auf Wirdrrberstellung dcr
Macht und Etnheit Deulschlands hatten sich von Neuem
belebt.

Die gegrnwärtigen Mtnister Ew. Majcstät babcn dtese
Hoffnungen getäuscht. Durch ihre Politik nach Außen,
dorch thr verfassungSwidrigeS Verfahren im Znnern haben
fie daS Vertrauen der Völker und der Regierungen ver-
scherzt. Sie selbst baben im Hause der Abgeordncten auS-
sprechen müffen, daß Preußen Feinde ringSum hat, daß
ihm rtngSum krtegerische Verwicklungen drohen. Preußen
steht fast allein in Deutschland, ja in Europa.

DaS HauS der Abgeordneten hat seine Stimme zu
wtedcrhotten Malen erhoben. um die Minister Ew. Maj.
aufzuhalten auf den gefährlichen Wegen, welche sie in der
auswärttgen Politik betreten haben. Sein Rath ist zurück-
gewtesen worden. Die Minister habcn erklärt, fie würden,
wenn fie eS für nöthtg hielten, Krieg führen mit oder ohne
Gutheißen der LandeSvertretung.

5. Allerdurchlauchtigster u. s. w.

DaS Haus der Abgeordneten naht dem Throne tn einem
Augenblicke, in welchem eS letder nicht mehr zweifcln kann,
daß Ew. Majestät die Absichten deS HauseS und die Wünsche
deS LandeS nicht der Wahrheit getreu vorgetragen werden.
ES erfüllt noch etnmal seine Pfiicht, tndcm cS vor Ew.
Majestät tn tiefster Ehrfurcht erklän: „DaS HauS drr Ab-
Lcordncten hat kein Mtttel der Verständigung mehr mit
dtesem Mknistertum; eS lehnt seine Mitwirku'ng zu der
gegenwärtigen Polttik der Regirrung ab." Jede weitere
Verhandlung befesttgt unS nur tn der Ueberzeugung, vaß

ihrem Pachter, seit längerer Zeit ein offenkundiges,
strafbares Einverstandniß untcrhielt, als der That
schuldig und mitschuldig vor Gericht. Gendreau hat
den Schuß abgefeuert, Mad. Ollive hat ihm für
die Ausführung des Mordcs, nach langem Herüber-
und Hinüberhandeln, 13,000 Fr. versprychen, Guit-
teny machte in dieser grausigen Angelegenheit den
Vermittler, um später von den direkt Betheiligten
Vortheile für sich erpressen zu können, und Guillet
fcheint nach Allem, was die Untersuchung und die
öffentltchen Verhandlung.cn zu Tage gcfördert, dcr
eigentliche intellektuelle Ürheber der That gewesen
zu fein, wie er auch der Verführer und Verderber
deS unglückseligen Weibes gewesen war, das nun-
mehr feine Schuld vollständig eingesteht, währcnd
Guillet mit der größten Kaltblütigkeit Alles, sogar
das vertraute Verhältniß mit Frau Ollive, m die
entschiedenste Abrede ftellt. DLese Haltung hat be-
reits zu erschütternden Auftritten vor dem Gerichte
Anlaß gegeben. „Elcnder Lügner", rief ihm die
aus der letzten Tauschung grausam herausgerissene
Verbrecherin zu, „so hast du nicht einmal einen
Augenblick den Muth, diejWahrheit zu sagen. Jch
habe dik Wahrheit gesagt zu meinem Verderben.

zwtschen den Rathgebern der Krone und dem Lande eine
Kluft bestcht, welche ntcht a»der-, alS durch eiucn Wechsel
deS SystemS auSgefüllt werden wtrd.

Königliche Majestät!

6. Das Land verlangt vor Allem die volle
AchtllngvorseinemverfassungSmäßigenRechte.
Seit rem Bestehen der Verfaffung find die Rechte und Zn«
tereffen der Krone von der VolkSvertretung stetS gewiffen-
haft geehrt, ist den Ministern dte Anerkennung und AuS-
übung threr vrrfassnngsmäßtgen Rechte nie bestrttten worden.
Aber die wtchtigsten Rechte der VolkSvertretung find miß-
achtet und verletzt. Vergebltch harrt daS Land der in der
Verfassung verheißenen Gesetze.

Möge Ew. Königl. Maj. diesem Zustande, der für Staat
nnd Königthum schwere Gcfahren birgt, eine Schranke setzen.

Möge so, wte Ln den ruhmretchstcn Tagen unserer Ver«
gangetiheit, Ew. Majestät den Glanz deS Köntgl. HauseS,
dte Macht und Sicherhett der Regierung in dem gegen-
settigen Bande des VertrauenS und der Treue zwischen
Fürst und Volk suchen und finden. Nur tn dteser Eintg-
keit sind wir stark. Getrost können wir dann — aber auch
nur dann — einem jeden Angriffe entgegenseheu, er komme
woher er wolle.

Zn tiefster Ehrfurcht u. s. w.

Das Haus der Abgeordueten.

Krankretch.

Paris, 22. Mai. Eugene Pelletan hat
folgrndes Wahlmanifest an dl'e Wähler des 9.
Wahlbezirks des Scinedepartcments erlasscn:
»Vor 12 Jahren hat man unS die Freiheit
versprochen; wir warten heute noch darauf.
Ein Volk, das nicht das Wort hat, ka»n ein
svuveränes Volk sein, ist aber kein freies Volk.
Wählcr! Zhr seid Eucr eigener Hcrr, hört
nur Euch selber; Jhr habt nur zu woüen.
Wir zahien ein Budget von zwei Milliardcn.
Wolli Jhr Vermiiiderung der Steucrn? Wir
unlernchmcn glorreiche aber uns zu Grunde
richtende Erpkditioneu nach allen vicr Welt-
gegenbcn. Wollt Jhr mit dem französischen
Blute sparsamer sein? Die Conscripiion nimmt
der Arbeit jährlich 100,000 Arme weg. Wollt
Zhr die Herabsetzung des ArmcecontingeiitS?
Wollt Jhr den unenlgeldlichen Schulunterrichi?
Das Leben um billigen Preis? Die Zurück-
nahme des Sicherheilsgesetzes? Die Möglich-
keit einer Conirole der Rcgierung? Die Ver-
antwvrtlichkeit der Agcnten ber herrschenden
Gewalt? Dic Befreiung dcr Gcuicmde, Wahi
des Gemeinderalhs und aus dessen Mille dcs
Biirgermeisters? Wollt Zhr, mit Einem Woric,
alle von unserer unsterblichcii Revolution von
1789 proclamirten Menschcn- u. Biirgerrechtc,
und gleichzcitig allc polilischcn vdcr socialen
Reformen, wclche, in sriedlichcr regelmäßiger
Form, die ZnteUigenz, Sitllichkeit, den Wohl-
stand und die Uebereinstimmung aller Klassen
der Gescllschafl zu entwickeln vermögen? WoUt
Zhr dies Alles? Jhr habt diesen Willen nur
in der Wahlurne nieberzulegen und Euer Wille
wird geschkhen. Mit diescm Gedankcn bewerbe
ich mich um Euerc Stimmc. Wenn i'ch noch
meine Ansprüche aus Euer Vcrtrauen zu rccht-
fcrtigen hätte, würdc ich mit dem Einen Wort
antworten: Zch werde mich nicht fürchten,
meine Pflicht zu ihiin!"

Paris, 26. Mai. Graf Persignp wird
nach den Wahlcn ganz aus dem Mjntsterium
treten und zum Vice-Präsidenlen des Geheim-
ratheS mit einem Gehalte von 200,000 Fr.
ernannt werden. Herr Rvuher ist an bie
Sielle von Baroche zum Staatsraths-Präsiden-

Bin ich'nicht verloren, vcrlorcn fiir immcr, durch
Dich? Dn weißt wvhl, daß Du lügst, Ungtiickiicher.
O! daß ich cs nicht frühcr gcwahr ward, daß du
cin Hcuchlcr, cine Mcmme bist, Du, dcr Urheber
äll' meines Unhcils, Du, Ler Du^mich zu Grundc
gerichtet, mich Tag um Tag, Stunde um Stundc
dem Gedankcn nähcr gebracht hast, daS größte
Vcrbrechen zu begchen. Hast Dn mir nicht unanf-
hörlich vorgercdet, man müffc Hrn. Ollive etnc
Kugcl durch dcn Kopf jagcn? Nun, so sprich doch,
Elcnder!".... Die Verhandiungen erregen be-
greiflicher Wcisc ein ungewöhnlicheS Jntercffe und
svgar ciniges Mitgefühl für das so tief gesunkene
Weib. Mad. Ollive tst bercitS 43 Zahre alt, aber
tmincr noch von einnehmendem > ansprechendem
Aeußern, fie hat einen 22jährigen Sobn, der im
Hecre dicnt, und fie gehört einer im Lande ange-
sehenen Familie an. Ahr Brnder ist Bürgcrmeistrr
tn der Umgegend, und cine scltsame Fügung deS
SchicksalS wollte es, daß thn das LooS als eincn
der Geschworenen für den Prozcß bezcichnete. Frau
Ollive, Guillet und Gendrcau wurden zu lcbenS»
länglicher Zwangsarbeit und Guitteny zu acht Jah-
ren Gefängniß oerurthetlt.

tkn bezeichnet, und man spricht von Hrn. Mi'chel
Chevalier als Nachfolger Rouher'S im Arbeits-
Ministerium. — Das Manisest dcs Kaisers
an di'e Wähler soll nächsten Donnerstag oder
Frcitag i'm „Monüeur" erscheinen.

Paris. 26. Mai. Es sind über die Ha-
vannah Bttichte aus Meriko eingetrossen, wo-
nach am 23. April Puebla noch widerstand.
Cvmvnfort, welcher 7000 Mann Verstärkungen
erhicli, soll ^die Franzosen sogar genökhigt
haben, das Fort San Lasier zu räumcn u»d
sich auf Amalücad zurückznzi'khen. Keine Zei'»
tung vcröffentlicht diese Nachrichten. — Die
Börse war sehr fiau.

I ta l i e «

Turin, 25. Mai. Die officielle Zeitung
veröffenllicht ein königlicheS Decret, wclcheS
den Grafen SclopiS zum Präsidcnten tes Se»
nats und zu Vicepräsidenten dcn Grafen Arese
und die HH. Ferri'gni, Pasolini und Nidolfi
ernannt. «

Turin, 26. Mai. Die Haussuchung, welche
bcim östcrreichl'schen Consul in Vallona (Al-
banicn) vorgenommen worben ist, soll die Be-
schlagnahme einer grvßen Menge Pulvers,
von 455 Gewehreo, 300 Pistolcn und 780
Dolchen zur Folge gehabt haben. Das Ganze
war für eine Erpedition in den südlichen Pro»
vinzen Zlalieiis bestimmt. Dl'e »Opiiiione«
versicherl, diesc Erpedition see «n Rom zwi-
schen dem General Bosco und zwei Albanesen,
deren einer in Messina verhastet worden ist,
verabredet wvrdcn. Diese letzteren häiten stch
verpfiichiet, 500 Mann zu bewaffnen und in
das neapolitanische Gebiet zu sühren.

SPan ten

Madrid, 25. Mai. Man versichert, daß
Herr Fernundo Gom' als BevoUmächtigter
Spaniens »ach Meriko gcsandt werden wird,
jobald bie Franzoscn in Meriko eingcrückt scin
werden. Einunbzwanzig Präsectei, sinb ge-
wechselt worden. Die Gcrüchtc eincr Minister-
Krisis sind unbegrünbet. — Hr. Enriquez ist
zum Untersecretär des überseeischen Ministe-
riumS ernannt worden.

GriechenlanS.

Athen, 9. Mai. Zch kann Zhnen aus
zuverlassiger Quellc mitiheilen, daß der östcr-
reichischc Gesandlc volle Genugthuimg sür die
von der rohcn und bruialen Soldateska an
der unglücklichen Wienerin verübte Unihat
erhaltcii hat. Das unglückliche Mäbche» ist
außer Gefahr, und ist sammt ihrer Gesährtin,
die so glücklich war, sich durch die Flucht einem
gleichen Schicksal zu entziehen, an Bord eines
österreichischen KriegsschiffS in Sicherheit ge-
bracht worben. Sie crhielt einc Entschädigung
von 5000 Drachmen, nach anbcrn Angaben
noch mehr, da dcr sranzöstsche Gesandte biesc
Summe, die der östcrreichische Vcrlreter ver-
langt habeu soll, zu klein fand. Der Dikector
der KunstreitcrgescUjchast, Hr. Souli'v, erhielt
cinen Schadenersatz von 240,000 Drachmen;
200,000 davon für seine beiben Leute, die
von den Gricchen arg zugerichtet worden.

AuS KönigSberg schrcibt man: „Schiller'S
„Zungfran", durch Frl. Aanauscheck auf hiefiger
Bühnc bargcstellt, gericth noch im lctzten Acte mit
eincm unserer biderbcn VaterlanbSvcrthetdigcr in
cincn argcn Konflikt. Dieftr hattc aiS Statist
cinen der Reiter darzustcllcu, welchem die Zung-
frau bcim Enlfliehen auS drm Gesängniffc das
Schwcrt entrcißt. So hat Schillcr es vorgeschrieben.
Doch was war unftrm Krieger Schillcr, waS vie
Zungfrau mit der Oriflammc gegcn den klaren
Wortlaut seincr Dienstinstruktion? Er sagtc also
sehr ruhig und für ein Traucrspicl schneidend pro-
saisch: „Nc, öck gäw mincn Säwel nich." Allc
begütigenden Einrcden der Künstlerin halfen da-
gegen nicht; mit Gewalt mußtc fie sich das Schwert
erobern, um dcr Sccne gcrccht werdcn zu könncn.
Die so kleine Ursache hättc fthr leicht cine große
Wirkung gehabt, wenn «s nicht gclungcn wäre,
dlc Künstlerin, die sich in diesem Kampfe die Hand
vcrwundet hatte, über dtcscn Auftritt zu beruhtgcn;
dcnn fie war so erzürnt, daß sie zunächst crklärtc,
nicht mchr die hiefige Bühnc betreten zu wollen."
 
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