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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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LandtageS zu schließen, und dic Mitglieder
beider Häuser aufgesoivert werden, zu diesem
Zweck sich um zwei Uhi dcs heiitigen Tages
im weißeu Saale des königl. Schloffes ein-
zufinden. Der Präsidenl, Graf zu Siolberg,
ftaliete hierauf dem Hause, insonverheit dem
Bicepräsidenlcn uud dem Büreau seiiien Dank
jür die ersreuiiche und thäiige Unterftuhung
in seinem Amte ab und gab einen kurzen
Ueberblick über die Ehätigkeit des Herren-
hauses iu dieser Sejsion, indcm er namentlich
hervorhob, daß von allen eingebrachten Vor-
lagen nur eine nichl erledigt worden sei. Möge
der Köuig, so schloß er, dem minder erfreuliche
Erfahruugeu auch in dieser Session nichf er-
sparr worden seien, nichl aushöre», der Schirm-
herr Ler Ehre Preußcns zu sein, möge er stets
die Fahne hochhalken, anf die er selber die
Devise geschrieben: Königthum von GotteS
Gnaden, Achtnng vvr Gesey und Verfassung,
Treue des VolkeS und dcs siegsbewußten Hee-
res l Zn das Hoch auf den König stimmte das
Haus sich erhkbenb dreimal rin. Nach kurzen
Worten des Dankes, die dem Präsidenten aus
der Äitte der Versammlung wurden, schloß
sodanu bie Sitzung.

Berlin» 27. Äai. Um 2 Uhr wurde die
Sessiou im Weißen Saale des königl. Schlosscs
durch folgende, von bem Präfidcnlkn des Staats-
MinifteriumS Hrn. v. BiSmarck verlesene Reve
geschlossen: „Erlauchte, edlc uud geehrte Her-
reü von deiden Hauscrn dcs Landtages! Seine
Majestäl der König haden mir den Auslrag
zu ertheileu geruht, die Siyungeu der beibcn
Häuser des Landtages der Monarchie in Allcr-
höchst-Zhrem Namen zu schließen. Die Rc-
gierung Seiner Majeftat hatie dci der Eröff-
nung dieser Siyungspcrivde den Wunsch und
daS Bestreben tunb gcgeben, ein einmüihigcs
Zusammenwirken mik den beiben Häusern des
Landtagcs herzustrllen. Die bestehende Ver-
faffuiig uud die gemeinsame Hingcdung für
das Wohl bes LandeS und bie Ehrc der Krone
war als bie Grundlage bezeichnet worden, aus
welcher dieseS Ziel zu errcichcn sein werde.
Nach dem Ergcdniß bcr Thaligkeil des Laud-
tags in ven verflvssenen vier Äonatcn ift die-
scr Wunsch jedoch im Wescntlichen unerfullt
geblieben. Es sind zwar einigc Spccialgesetze,
welche erivünfchle Verbeffcruiigen ber beftehen-
ben Gesetzgedung dezwccken, zur Erledigung
gekommen. Auch haden bie Vorschlägc zur
' Verbefferung der Lagc bcr hülfsdcdürftigeu
Jnvaliden die Zustimmung des Lanbtages cr-
halien. Ebenjo kann mit Befriedigung hcr-
vorgehobeu werden, baß die Uebereinkunjt der
Elb-Uferstaaten üder bie Reguliruug des Elb-
zoUS, so wie bic HanbklS- und Schifflahrts-
Verträgc mit der königl. delgischen Regierung
eine bcreite Ausnahmc gefunbcn haben. Da-
gegen ist die Berathung deS Staatehaushalts-
Etats sür das laujende Zahr, obwohl bcrselde
sogleich mit dem Beginne ber Sitznugen vor-
gelegl worden, nicht zum Adschluß gebracht.
Das Haus der Abgeordneten ist schon durch
vic Kundgebungcn, von welche» ber Beginn
seiner Ardeiten begleitct war, insbesonbere ader !
durch die an des Königs Äajestäl gerichtete !

Zena cinen kurzen Vortrag übrr die PLbagogik
NhlandS, der die feinste Kcnntniß ded großeu Dich-
terS bekundete und mit rcichlichem Beifali dcr Ver-
sammlung belohnt wurdc. Hicrmit schloften dic
Vcrhandlungen deS crsten TogcS um 4 llhr, und
dtc Thcilnehmer derselbcn fanden flch nnn in meh-
rercn Gasthöfen bci hcitercn Mahlzeitcn zusammen,
brt denen manches anrcgcnde Wort gcrcdct, mancher
begeistertc Trinkspruch ausgcbracht wurde. AbendS
fand zu Ehren der GLste cine Vorjtellung deS
„Don Juan" und nach derselben cinc zahlreich
brsuchte geselligc Zusammcnkunft im Badner Hof
st-tt, die untrr Mufik und Liederklang fich dis in
die spätc Nacht erstrccktc.

— 27. Mai. Dic Berhandlungen des heutigcn,
zweiten Tages der allgcmeinen dcutschcn
Lehrervcrsammlung beganncnVormittags um
8'/, Uhr. llnmittclbar vor dcrcn Bcginn wurde
iie Versammlung aufs Krcudigste übcrrascht durch
die Ankunft Sr. Königltchcn Hohcit unseres
durchlauchtigsten Großherzogs. Dic Ver-
sammlung huldigte bem gclicbten Fürsten durch
Anstimmen der Nationalhymnc und dcr Vorfitzendc
gab den Gefühlen dcS DankeS aller Anwesenden

Adreffe vom 29. Januar d. I. i'n ci'uen schrof-
fcn Gegcnsatz zu der Regicrung getreteu, und
obgleich an daffelbe durch den Aüerhöchsten
Erlaß vom 3. Februar d. I. dic ernste Auf-
sorberuiig crgangen war, sowohl.durch Aner-
kcnnung bcr in der Vcrsaffung den verschiede-
nen Gcwalten gesetzten Schranken, als dnrch
bereitwilliges Eingehen auf dic landesväter-
lichcn Absichten Seiner Majestät deS Königs
das Werk der Vcrständigung zu ermöglichen,
so ist boch das Haus i'n seiner dicser Ver-
ständigung widerstrebenben Haltung verbliebcn;
namentlich hat dasselbe durch wcit greifende
Verhandlungen über die auswärtigc Pvlilik
die Wirksamkeit der Regiejiung Seiner Haje-
stät zu lähmen gesucht und dadurch die Auf-
regung in den an Polcn grenzendcn Provinzen
wesentlich gcsteigert. Das Haus der Abge-
orbneten hat nicht Bedenkcn getragen, den Ent-
stellungen unb Angriffen der Gegner der Preu-
ßischen Regierung Ausdruck zu geben und Be-
sorgniffe wcgen äußerer Gefahren und kriege-
rischer Verwicklungen zn erregen, zu denen die
Beziehungen ber Regierung Seiner Majestät
zu ben auswärtigen Mächten keine begründete
Vcranlaffung gaden. Schließlich hat das HauS
in dcr Adrcffc vom 22. d. M. dcr Regicrung
die ihm vcrjaffungSmäßig vbliegend« Mitwir-
kung überhaupt zu versagen crklärt; hiermit
ist der Schluß seiner Berathungen uilvermeid-
lich gebotcn. Die Regicrung Seiner Majestät
kann es nur kies beklagen, daß die Erledigung
der dem Landtage vorgelegten Finanz.Gejetze,
und nauieiitlich vic zeitigc Feststellung des
Staatshaushalts-EtatS für das Zahr 1863
aus diesc Weise vcreitelt worden ist, und be-
hält sich die Enlschließung über die Wege vor,
aiif welche» bicscibeii zum Abschluß zu brin-
geu sein werden. Dic Rcgierung SeinirMa-
jestät erkennt deu vvllin Erust ihrcr Aufgabe
und vie Größc der Schwierigkeiten, welche ihr
enigegcnlreten; sie jühli sich aber stark in dem
Bcwußtsein, daß cs die Bewahrung der wich«
tigstcn Guter des Vaterlandes gilt, und wird
daher auch das Vertraucn festhalten, daß eine
bksviinenc Würdigung dieser Zntcreffen fchließ-
lich zu einer daucrnden Vcrständigung mit ber
LandeSvertretung sührcn unb cinc gedeihliche
Eiitwickkluiig unseics Verfaffungslebens er«
möglicheii wcrdc. Zm Allcrhöchstcn Auftrage
Seiner Mäjestät deS Königs crkläre ich hier-
mit die Sitzung der beiden Häufer des Land-
tages jür gejchioffen." — Nachdem bie vor-
stchende Ncde veilesen worden war, vcrließ
dic Versaminluiig nach eiucm drcimaligen Le-
behoch aus dcn König den Saal.

Berlin, 28. Mai. Untcr den heute nach-
träglich vcrtheilte» Druckvorlageii für die Mit-
glicder dcs AbgeordnetenhauseS finvet sich ein
Verzeichniß der bei dcm Hause eingegangenen
Zuftimuiungs - uiid dcr Mißtrauens-Adreffen.
Die Nachweisuiig ergibk im Gauzen 318 Zu-
siiuimungsadrcffen mit 369,222 Untirschriften
und 9 Mißtrauciisabreffen mit 4031 Unler«
schriflen. — Die hcutige Schlußsitznng im Hause
dcr Abgevrdnelkn haltc elwas ungemein Er-
grcifendes. Der Präsident Grabow verlaS
! bic uncvntrasignirie königliche Antwort mit

tiefer Bewegung, dic sich auch in seinen Ab-
schiedsworteu auSsprach, namentlich als er dea
Wunsch bckundete, daß, wenn vie Abgeordne-
tcn sich hier wiedcr znsämmen stnden sollten,
es ihnen „sreier »nd wvhlcr in dicsem Hause
sein möge." Die Stadt ist übrigens in ihrer
Haltung unverändcrt. Die Börsc war sehr
matt und Gelvinsti'tutc ließen umfangreiche
Ankänse preußischer Staatspapiere bewirkeu.

Wien» 27. Mai. Der „Botschafter" be-
zeichnet folgende sechs Punkte, die Oesterreich
zu Gunsten Polcns vom Petersburger Cabinet
zu fvrdern beabsichtigt: 1) Erlaß einer voll-
ständigcn und unausschließlichen Amnestie; 2)
eine von Rußlanb getrennte Verwallung des
Königreichs, jedoch so, daß von derselben nicht
alle und jede russtsche Beamtc unbediugt aus-
geschloffen blieben; 3) eine Nationalpräsen-
lation, die indeffen dic Gemeinsamkeit der
Behandlung solcher Fragen, welche die Er-
haltung der Rel'chseinheit nothwendig bedingen,
nicht absolut ausschließen dürfe; 4) Einführung
und Gebrauch der polnischen Sprache bei allen
Gerichts - und Verwaltungsstellen; 5) ein
neues Recriitirungsgesetz; 6) Freiheit sür den
katholischcn Cultus und alle übrigen ReligionS-
genoffenschaftcn.

Arankretch.

Paris, 27.-Mai. Die Nachrichken aus
Puebla sind weniger schwarz, als man aus
der Börse es gestern und heute sagke. Dec
Kaiser hat einen Bericht vom General Forcp
erhaltcn, wonach die Bclagcrung langsam,
aber sicher vorwärts schreitet. Der Gcneral
glaubt mit dcm nächsten Schiff die vollständige
Eroberung Puebla's melden zu können. Ein
von der Gaini'son gemachter Ausfall, um sich
zur Armee dcs Geuerals Comonsort durchzu-
schlagen, ist mißglnckt. Die Merikaner wur-
dcn mit blutigen Köpfen wieder in ihre Forts
zurückgcjagt. Dcr Admiral Juricn be la
Graviere ist aus dcm Rückwege hierher.

Z t « 1 i e u

Turin» 26. Mai. Dns Abgeordnctenhaus
hat am 26. Mai den Regicrungöcandidaten,
den khemaligen Znstiziniiiister Hrn. CassiniS,
mit 166 von 260 Stimiiien zu seiiiem Präsi-
denten gewählt. Tecchio erhielt 48 u. Crispi
(Linke) 29 Stimmeu.

Dänemark

Kopenhagen, 28. Mai. „Berlinski Ti-
dcnde" v.riumint, die Berhandlungen in der
gricchischen Angelegenheit seien soweit gediehen,
daß eiu Abschluß dcrselben chestens zu erwar-
ten sei. — Cine aUieiiige Einigung hinstcht-
lich der AuSnahmsbcviiigungeii' deö Prinzen
Wilhclm iei wahrscheinlich. — Mrst Czarto-
rpiski hat heute Audicnz beim König gehabt
und war zur königlicheii Tafel gezogeu worden.

Ru ß lan -

Petersburg, 28. Mai. Das „Zournal
de St. Petersburg" erklärt daö Gerücht vom
Ausbruch des Aufstandes in Smolensk u. Um-
gegend für falsch. — Durch eine Bankvcrord-

ourch eine kurzc ehrfurchtsvolle Ansprachc an Sc.
Königl. Hohcit AuSdruck. Mit gcwinncndcr Huld
und Freundtichkert sprach daraus dcr durchlauch-
tigste Fürst sekne Frcudk darüber aus, cinen so
jahlrcichcn Kreis von MLnncru hier vcrsammelt
zu crblicken, die au dcm großen, hciligen Wcrke
der Volksbildung arbeiteten. Auch Er widme den
Bestrebuiigsn deS deutschcn Lchrerstandes Sein Icb-
haftes Zntereffe und wünsche, daß dic Bcrathungcn
dcr diesjahrigen Vcrsammlung von reichgescgnetem
Erfolge beglcitct scien. Den erstcn Vortrag hält
Seminardircktor Lübcn aus Bremen üder „die
Naturkunde in Scminarien". Die Ratur-
kundc regicrt in unfcrer Zeit die materiellcn Ver-
hältniffe der Wclt. Daher ist eS nothwendtg, fie
kcnnen zu lernen, Sind aber aüch unserc Volks-
schullehrer mit dem nöthigen Maß von Natur-
kcnntniffcn auSgeriistet? Ncin; höchstcnS ist ihr
Wiffen in diescm Fachc ein compenotarisches. Dic
Seminaricn müffen daher ein größercs Maß natur-
histvrischcn WiffcnS mitthcilen, als bisher geschieht.
Es muß die Naturgeschichte vollstandig in allen
ihren 3 Reichcn gelehrt wcrden, auch Phqsik und
Lhemie »erdienen Aufnahme in den Lehrplan.

Bcfitzen abcr die Scminarien beretts jetzt dte cr-
sordcrlichen Lehrkräftc für dcn naturwiffenschaft-
lichen Untcrricht? Gieichfalls nicht. Der Redner
wcist dicS nach, indem er Znhalt, Umfang und
Methodc dcs Untcrrichts in dcr Naturkundc näher
darlegt. Lcider verliert durch zu großeS Eingehen
in Spezialitätcn dcr Vortrag an allgemeinem Zn-
tercffe. Superintcndcnt Dr. Schulze auS Ohr-
druff: Hcrr Lüben habe <zuf die Unkenntniß dcr
Lehrcr in »er Naturkundc hingewiescn, also sei mit
Rccht einc größcrc AuSdchnung dieses llnterrichts
in den Seminarien verlangt worden. Schnell
aus Prcnzlau: Zn manchcn Herzen, ja in ganzen
LLndern hcrrsebc noch ein Gcist der Kcindschaft
gegcn Naturwissenschaft. Er sagc: die Naturkunde
soll nicht nur Grundlage der realcn, sondcrn auch
deridralenJugcndbildungsein. SchulrathSchmidt
auS Gotha: Die Naturwiffenschafr sei wichtigstrs
ErziehungSmittel sowohl in materialer als formaler
Bezichung, und das Volk, welches ste geringschätze,
schLndc flch selbft. Eiu Antrag auf Schluß der
Debatte wird abgelehnt.

(Fortsetzung solgt.)
 
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