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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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Reue über seine Aussuge in der Hauptver-
handlung ablchne, daß er sein Zeugniß unge«
schehcn machen wolle. Jn ben meisten FäUen
sei vaS abcr nicht der Fall. Die Zcugen er-
scheinen nicht gerne in öffentlicher Verhand«
lnng und lehnen deshalb sehr oft ab. Wenn
nun die früheren Aussagen zu Gunsten des
Angeschuldigten lauten, so sei es doch gewiß
Unrecht, wenn sie nicht verlesen werden dür-
fcn; denn die materiellc Wahrheit müffc auf
jedem Wege zu Tage gefördert werdcn, wcnn
also ein solcher Weg schon in den Acten liegt,
so soll er auch zu Gunsten des Angeklagten
benützt werden können. Der Regierungsent-
wurf sei beffer. Kusel: Die nächsten Ver«
wandten des Angeklagten hättcn ein Recht,
daS Zeugniß zu vcrweigern. Wer aber zu
Gunsten seineS Verwandten aussagt, werde
auch in der Haupiverhandlung erscheinen. Es
sci nach der neuen Gcsetzgebung künstig ganz
andcrs; biSher wurden die Zeugen in der
Voruntcrsuchung bceidrgt, ste konnten in der
Hauptverhandlung nicht mehr anders aussa-
gen, künftig werde aber erst in der Hauptver-
handliitig becidigt; jetzt könne der Zeuge in
der Hauptverhanvlung das Gegentheil von
früher aussagen. Wenn er in der Vorunter-
suchung anssage und also »icht auf scin Ab-
lehnnngsrecht verzichte, so könne er rn der
Hauptverhandlung noch ablehnen; daher dürfe
auch seine frühere Aussagc nicht verlesen wer-
den. Schaaff ist für den Commisstonsan-
trag, trägt abcr darauf an, daß demselbcn
noch bcigefügt werdc, (dürfen) »gegen ihren
Willen" (nicht verlesen werden). v. Stvck-
horn war in der Commisston schon für den
RegierungSentwurf. Wenn der Zeuge in der
Voruntersuchung auSgesagt habe, s» stehe ihm
zwar nvch frci, in der Hauptverhandlung zu
erscheinen, oder nichk, aber seine srühere Aus-
sage könne nichi mehr ungeschehen gemacht
werden. Artaria unterstntzt Schaass's An-
Irag, Walli jenen vvn v. Stvckhorn. ES
spreckien noch Minifier Stabel, Kusel und Be-
richterstalter Prestinari. Bei der Abstimmung
«ird dcr Anlrag v. Stockhvrn's abgelehnt,
jener Schaaff's ebenfallS und der Cvmmisstons-
vorschlag angenommen. Bei §.239 stellt Beck
den Antrag, daß nach Wiedcreinsühruiig deS
wegen Einvernahme eineS Zeugen abgeführten
Angeklagten, auf dessen Verlangen die inzwi«
schen gepflogene Vcrhandlnng wicderholt wer-
den svll. Moll und Kusel unterstützen ben
Antrag, der aber, nachdem noch Prestinari,
Kirsner und Haager gesprochen, abgelehnt
wurde. Bei Beginn der Verhandlung der
Schwurgerichte giaubt Haager eine Pflicht
der Pietäl zu erfüllen, wenn er Derer ehrend
gedenke, denen daS Jnstitut der Geschworenen
hauptsächlich zu verdanken sek, zunächst des
höchstseligen Großherzogs keopold, dann aber
der damaligen Räihe der Krone.

Bei §. 275 (Resumö deS Prästdenten) trägt
Eckhard daraus an, dicjen Paragraph zu
ncuer Faffung, welche dieses Resume beseitigt,
an die Commisstoii zurückzuverweisen. Kirs-
ner und Fridcrich erklärt sich dagegen.
Kuselr Schon in der Commission seien vier

Lokalkomttee wird eS iibernchmen, dicsen Dank zur
Kenntniß des hochherzigen Fürsten zu bringcn; und
wir würden uns begiückt fühlen zu erfahren, daß
auch Er mit Wohlgefallen auf dtese Versammlung
blicken wird.

Und nun mein letztes Wort. Wir haben viel
cmpfangen; rcich bcschenkt ziehen wir von danncn.
Was haben w tr bafür zu bictcn? Nur eine schwachc
Gabe: die Erinnerung an dicse Tage, womit daS
Bewußtsein verbunden sein wird, daß Geben srliger
ist, denn Rehmen.

Wir abcr bcwahren unserc Hochachtung vor Mann-
heims Bewohnern, die so vtcl gethan habcn, und
vor dem biedern Volke Badcns. Wohin wir kom-
men, dahiu wollen wir das Zeugntß tragen von
dem hier «altenden Geistc.

Blelben «ii alle -zusammcn standhaft auf dem
betrctencn Weg« und laffen wir nicht ab, bis wir
das Ziel errcicht haben; unser Dank abcr gebührt
vor Allem dem, dei z„ jcdcm gutcn Werk seinen
Scgcn gibt. AlleS zu seiner Ehre, und zu sciner
Ehre alletn!

Hierauf folgte noch ein Schlußgesang, und in
manchem Auge glänztc eine Abschiedsthräne.

StimmtN gegen daS Resums gewese». Er
selbst stimme auS voller Ueberzeugung für den
Antrag EckhardS. Auch Moll und Artaria
unterstützen dcnselben. Berichlerstatter Pre-
stinari erklärt sich für den CömmisstonSan-
trag, da die Zahl derjenigen Geschworenen,
welche des Resums'S bedürfen, noch ziemlich
groß sci; für dic selbstständigen Geschworenen
habe daS Resume keine Gefahr. Häusser
motivirt scine Abstimmung für daS Resumv.
Minister Stab el: Ulpian sagt, daß man an
bestehenden Gesetzen »ichtS ändern svll, so lange
man nicht überzeugt ist, daß man eine Ver-
befferung mache; überall gelte das Resumö
und auch in diesem Hause hätten alle Redner
die Unparteilichkcit der SchwurgerichtSpräst-
denten anerkannt. Man sollte eS bei diescm
Zustande belaffcn. Nachdem Bcrichterstatter
Haager den CommrssionSantrag noch vcrthcidigt
hatte, wurde dcr Antrag Eckhard's verworfeu.
Staatsrakh Lamep leqt die Acten über die
Wahl des 20. Aemterwahlbezirks (Landbezirk
Offenburg, Gewähltcr: Advocat Stigler) vor.
Es wird eine ncuc Commisflon zur Prüfung
der Wähl gebildet.

Karlsruhe, 2. Juni. 95. öffentl. Sitzung
der ll. Kammer, unter dcm Vorsitze des Prä-
stdcnten Hildebrandt. Von Seiten dep Rcgie-
rung anwesend: der Prästdent des Justizmi-
nisterinms, Staatsminister Dr. Stabcl; der
Präfldent des Ministeriums des Jnncrn,
Staatsrath Dr. Lamep; Ministerialrath Am-
mann. Der Prästdem theilt nach Eröffnung
der Sitzung mit, daß eine Einlabung zum
badischen LandeSschießeu eingelaufen sei. Der
Tagesordnung gemäß berichtet Abg. Mathp
NamenS der aus den Abgg. Mathp, Frick,
Lamep (Pforzheim), Fingado und Kirs-
ncr bestehendcn Cvmmisston übcr die auf
Rechtsanwalt Albert Stigler gefallene Abge-
ordnetenwahl deS 20. Äemter-Wahlbezirks.
Die Commisston fand keinerlei Grund, die
Wahl zu beanstanden, uud würde auf deren
Giltigkeit antragen, wenn nicht ciiic von sünf
Wahlmännern untcrzeichnete Eingabc mit dcm
Antrag vvrläge, die Kammer wolle dic Wahl
entweder sofort oder nach gepflogener Unlei-
suchuiig über die aufgeftellten Beschwerdepunkte
für nngiltig erklären. Als Beschwerdepunkte
brhauptet die Eingabe: l) Rechtsanwalt Stig-
ler habe vor der Wahl ün Adlerwirthshausc
und in andern Wirthshäusern in Offenburg
in einer von RcchtSanwalt Hofcr berufcnen
Wahlvcrsammlung sich als Caudidat empfohlen
und dabei erklärt, er werde in der Kammcr
vorzugswkise zu Gunsteii derjenigen Orte wir-
kcn, dic ihm ihre Stimmc zugewendet hätten.
2) Der §. 73 der Wahlordnnng gestatte, daß
die Wähler vor der Abstimmung abtreten und
sich unter einander besprcchen. Folglich sei
das Entfcrnen nach Austheilung der Wahl-
zettel, wic cS von Seiten zweie'r Wahlmänner
vorgckommcn, uncrlaubt. 3) Mindestens drei
Wahlzettel seicn nicht gehörig vorgezcigt wor«
den. 4) Jn einer Anzahl von Wahlzetteln sei
dic Person des Gewählten nicht genan bezeich-
nct gewesen, indem eS nur „Dr. Roßhirt"
statt „Oberhofgerichts-Rath Dr. Roßhirt" und

Noch einmal tönte auS der Mitte der Versamm-
lnng ein Hoch auf Mannhcim, Baden, den Groß-
herzog und das deutschc Vaterland. Zulctzt auch
ein drcifacheS Hoch dem würdigcn Präsidenten,
welcher alSdann die 14. deutschc Lehrcrversawmlung
für geschloffcn erklärte.

Das Spiel und die Anlehensloose.

Bei den Angriffen auf dic StaatSlottcrien rc.
solltc man sich nicht dlirch Gleichheit der Namcn
die Begriffc in Verwirrung sctzen laffen. Lottcrie-
Anlrihen sind von Lottcrte-Sptrlen ganz dia-
metral verschieden. Ein Anlchcnsloos ist kcin Lot-
terirlooS, deffcn Werth in der Befugniß des Spte-
lrrS zur Bctheiligung bei dcr Ziehung- und dercn
Gewinnsten licgt und mit Bccndigung dcr Vcr-
loosung erlischt, sondcrn ein Schuldschein, «ie jede
andere Obligation, welche den Staat mtt ciner
bcstimmten Summe zum Schuldner dcs LooSbefitzcrs
macht, demselben RLckzahlung des Capitals nach
Maßgabe der jihrlich stattsinbendcn Verloosungen
und den Bezug von Ztnsen gewährt. - Dcn Ra-
mrn Lotterie führt diese Form des Karlehens-

„Albert Stigler" statt „Rechtsanwalt Albert
Stigler" grheißcn habe. Die Commisston kann
in den drei letzten Punkten keinerlei Grund
zur Beanstaiiduiig stnden, ste erkennt in der
Bezeichnung „Albert Stiglcr" einen hinreichen-
den klaren Willensausdruck, hält das angeb«
liche Nichtvorzeigen drcier Wahlzettel gcgen-
über der Bcurkundung des Wahlxrotokolls für
ganz unerheblich, cbenso dic behauptetc Ent-
fernung zweier Wahlmänncr vor Abgabe der
Wahlzettel, da der Akt der Abstimmung erst
mit dem Abgebcn der Wahlzettel anfangc; da-
gegen hält ste die Behauptung, daß der Gc-
wählte die angcführte Aeußerung gelhan, für
erheblich genug, um den Antrag zu stellen, die,
Kammer möge ihr Urtheil über die Giltigkeit
dcr Wahl suspendiren und die großh. Regie-
rung ersuchen, so schleunig wic möglich nähere
Erhebungen über diesen Borgang zn machen.
Abq. Walli hätte gewünscht, daß die Com-
mission stch auch über die Erheblichkeit oder
Unerheblichkeit deS behaupteten Vorganges aus-
gesprochen hätte. Würdc die Kammer dcnsel-
bcn alS unerheblich. ansehen, so wäre cine
Untcrsuchung ganz überflüssig. Berichterstal-
ter Mathp: Dic Commission woüte sich über
diese Frage nicht aussprechcn; sie beantragt
die Untersuchung, wcil sie der Meinung ist,
die Mehrheit dcr Kammer könnte in der Aeuße-
rung, wenn ste bewiesen, cinen Grund zur
Ungiltigkeitserklärung der Wahl finden. Abg.
P.agenstccher erklärt fich für den Commis-
fionSantrag, dä eS im Zntereffe des Gewähl-
ten selbst liege, daß die Sachc aufgeklärt werde.
Abg. Lamey (Pforzheim) ist ebensälls für
dcn Comniisstonsantrag; die frühcre Bcschwerde
der einei, Partci wurdc gehört, cs ist- nicht
mehr wie billig, jetzt auch die Beschwerde der
Gegenpartei zu bcrücksichtigen. Staatsrath
Lamep erklärt stch flir die Anficht deS Abg.
Walli. Man müffe vorher darüber klar wer-
den, ob in der angeblichen Aeußerung, wenn
sie erwiesen werde, ein Gründ zur Umstoßung
der Wahl licge. Jn dem Beschluß dcr Kam-
mer müffe deßhalb auch die Erklärung licgen,
daß die erwiesene Aeußcrung die Uuqiltigkcit
der Wahl nach sich ziehe. Er selbst niin haltc
die aiigebliche Acußeruiig, abgesehen davon,
daß er dic Wahrheit der Thatsache nach dem
Charakter des Gewählten durchauS bezweifle,
für nicht geeignet, die Ungiltigkeit der Wahl
zu bewirkcn. Abg. Artariä hält die Sache
sür wichtig genug, um die von der Commis-
ston gcwünschte Untersuchung vorzunchmcn;
ebenso der Abg. Kirsncr. Staatsrath La-
mep wünscht nur, kaß die Kammer auch jetzt
schon ihr Urthcil für den Fall- ausspreche, daß
dic Untersiichung etwa dic Richtigkeit dcr Be-
hauptung der Petition herausstelle.' Abg. Frick:
Die Cvmmifston sei zwar für diesen Fall der
Ansicht, daß ein Umstoßungsgründ vorliege;
allein der Kammer könne man nicht zumuthen,
ihr Urtheil schon jctzk auszusprechen. (Schl.f.)

Die II. Kauimer hat schließlich die Wahl
deS Abgeordnetcn Stigler mit 28 Stimmen
für giltig erklärt.

j-f Karlsruhe, 2. Juni. Die Verhand-
lungen in der 2. Kammcr über die Abände»

geschäfts nur darum, «eil Lovsungen stattfindcn
uud zwar mit Gewtnnsten. Diese letzteren werden
dadurch gebildet, daß der Staat bei der Größc dcr
entlichcncn Summe sich auch Zinsen von Zinscn
nutzbar machen kann, so daß er im Standc tst,
dicsen Vortheil theilwcise wiedcr durch Bildung von
Gewinnsten den Darlethcrn zu gut kommen zu las-
scn. Der Jnhabcr eineS AnlehenslooseS, daS ctn
soltdcr Staat ausgcstellt hat, genießt den bedcu-
tenden Vorthcil, sein Capital stcher und zinstra-
gend angclegt und doch dabei noch Ausgcht auf
eincn namhaften Gewinn zu häben, ohne daß er
für densclbcn eincn besonderen Einsatz zu machcn
hat. Wünscht cr sein LooS zu Gcld zu machen,
«cil er dcffen anderweit bcdarf, so kann cr solcheS
jcdcrzctt nach dem Course zu Geld machen. Diese
Anlehensloose sind mithin, wcnn sie auf kleinere
Summen lautcn, sur die untcren Stände von un»
»erkennbarcm Vorthcil, da fie gcradc dcn Trteb
zum Sparen erhöhen, dem Znhabcr cine Eapital-
anlage von blcibendem reellen Werth und Zinsen
davon ohne allc Formalitäten sichern und doch in
den Stand sctzen, „dem Glück einc Thüre offen zn
laffen." Sie sind kein Spicl, sondern gcrade em
Mittcl gegen die Spielwuth und verdiencn daher
kcinen Tadel, sondern vollständige Billigung All-r,
die es mit den s. g. arheitenden Klaffe» «ohl
meinen.
 
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