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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0534

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mern im Ganzen in freisinniger Wcise ver»
beffert worden; die zwrite Kammcr habe da-
bei den Wunsch nach baldiger Sanction aus-
qedrückt; dieser Wunsch sei aber nicht in Er«
süllnng getreten, bald daraus sei der Landtag
aiifgelöst worden «nd während der folgenden
7jährigen ReactionSzeit sei die Sanction nicht
ersolqt. Am 11. April 1831 habe Duttlinger
eine Motion begründet, aber mit der ersten
Kammer sei eine Verständigung so wenig er-
zielt worden, als auf dem folgenden Landtage.
Am 11. Juni 1844 sei es Hecker gewesen, der
eine Motion wiederholte, sie sei aber nicht zur
Lerhandlung gelängt. Im Zahr 1846 habc
dic PetitionS-Commission den Jnhalt einer be-
züglichen Petition als Moiion behandelt, aber
auch diese sei nicht vcrhandelt worden. Gleiches
Verfahren der Petitionscommisston im Jahr
1848 sei durch die bekannten damaligen Zu-
ständc vcrhindert worden. Seithcr habe fich
die Kammer mit dieser Frage nicht inehr be-
schäftigt. Nicht Meinllngsverschiedenheit, son-
dein die Zeitverhältniffc hätten immer gegen
den Sieg in dieser Angelegcnhcit gewirkt. Die
Frage, ob jetzt der Zeitpunkt gekommen sci,
nm die Sache ncn anzuregen, müffe cr unbe-
dingt bejahen. Es hanblc sich jetzt hauptsäch-
lich über die Ministcranklage und über das
Verhältniß beider Kammern bezüglich dcs Veto
der einen oder andern. Redner spricht »un
übcr den Jnhalt der vcrlangten Gesctzesvor-
lage und schließt mit dem Antrage, S. K. H.
den Grvßherzog um eine Gesetzesvorlage zu
bitten, wodurch dic §§. 7 und 67 der Ver-
faffung und das Gesetz vvm S. October'1820
üder die Verantwortlichkeit der Minister cr-
gänzt und das Verfahren der Ministeranklage
geregelt werdc. Pagenstecher unterstützt die
Motion und stellt den Antrag, dieselbe bem
Drucke zu übergeben und in dtc Abtheilung
zu verweisen. Schaaff unterstützt ebenfallS.
Lamey von Pforzheim weist auf die gegen-
wärtige politische Lage Prcußeüs hin, wo ein
edelgesinnter hoher Herr, irregesührt von ciner
kleinen Partei, das sür versaffungsmäßig halte,
was verfaffungswidrig sci — budgetlose Re-
gierung u»d die gegenwärtige Unterdrückiing
der Preffe. Schaaff bedauert, daß der Abg.
Lamey über die Grenzen unseres Vaterlandes
hinausgegangcn sci, obgleich die Gcschästsord-
nung die Grenze ganz eng gezogen habc, in-
nerhalb welcher sich die Discussion nach einer
Mviivnsbkgründung zu haltcn habe. Regen-
auer nnterstützt edenfalls, um von dem Ge-
fühle Zeugniß zu geben, welcheö ihn bei der ru-
higen, würdigen, sachgemäßen und erschöpfen-
den Begründung Häußer'S erfaßt habe. Mi-
nister Stabel: Die Regierung habc gegcn
den geschäflsordnungsmäßigen Gang nichts
einzuwendrn, auch fie sei von der Nothwen-
digkeit einer Vcrvoüftändigung der Verfaffung
überzeugt. Dic Aufgabe sei schwierig, aber
eben deshalb sei es für die Regierung wün-
schcnswerih, die Ansichten deS HauseS zu er-
fahren. Bei der Abstimmkng erheben sich
sämmtliche Mitglieder ohne AuSnahme. Schließ-
lich werden noch die Abgg. Spohn und Ar-
taria in bic Commission für das Nechtspoli-
zeigesetz und Mathp und Pagenstecher in jene
übcr Unabhängigkeil der Richter gewählt.

Karlsruhe» 8. Juni. (90. öffenll. Sitzung
ber II. Kammer.) Vorsitz: Vicepräsibent Schaaff.
Am RegierungStische: Staatsminister Dr. Sta-
bel und Justizministerialrath v. Frepdorff. Die
Tagcsordnung suhrt zur Beraihung deS Be-
richts des Abg. Schwarzmann üder die An-
waltsordnung. Dcr Präsident eröffnet die all-
gemeine DiScusfivn. Achenbach: Bisher sei
der Anwalt im Staatc gestanden, wie der
Vogel auf dem Zweige; die Auöübung des
Beruses habe ihm zu jeder Zeit beliebig cnt-
zogen werden können. Die Gesetzgebung habe
bisher zur Hebung des Anwaltstandes nichts
gethan, eher noch den Stand bem Publikum
gegenüber verdächtigt, er gedenke dabei nament-
lich der Gesetzgcbung von 18S0 und 1851,
Wenn sich der Anwaltstand dennoch als ein
tüchtiger und chrenhafier erhalten habe, s» sei
das nicht der Gesetzgebmig, sondern dem Standc
selbst zu verdanken. Einc gute Rechtspflege
sei nur möglich bei einem tüchtigen und chren-
haften AnwaltSstandc. Daher begrüßc er das
porlirgendk Gesktz, welches gänzlich von ben

früheren Anfichten dcr Gesetzgebung abgesehen
habe nnd dem Anwalte seine rechtliche Stel-
lung ini Staate flchere. Kusel: Der Abg.
Eckhard habe der großh. Rcgikrung für die
Vorlagc Dank und Anerkennung aussprechen
wollen, sci aber verhindert, in hentigcr Sitzung
zu erscheinen. Jn EckhardS und scinem eige-
nen Namen drücke er (Redner) diesen Dank
aus; eine würdige und unabhängigc Stellung
des Anwaltstandes werde auch im Intercffe
des ganzen Staates sein. Eckhard sei übri-
gcnS für gänzliche Frcigebnng der AuSübung
der Anwaltschaft. Es sei bekanntlich von vic-
len Sciten der Satz aufgesteüt wvrden, wer
die beiden juristischen Prüfungen abgelegt hat,
könne Rechtsanwalt werden, wann und wo
er wolle. Lheoretisch sei dcr Satz richtig, ob
er aber praktisch durchführbar sei, darübcr
herrschte» verschiedene Anfichten. Er halte für
praktisch, daß man in dem Falle, daß bci einem
Gerichkshvfc eine unverhältnißmäßig große Zahl
von Anwälten sich häusen svllte, während bei
andern Gerichtshöfen sich Mangcl zeigt, man
die Zahl der Anwältc für geschlossen erklärc,
so daß nur nach dem Austritte Eines wieder
ein Andercr eintreten könne. Nicht nöthig sei
aber, daß dic Anwälte am Oberhofgerichte
vom Justizministerium «rnannt würden. Pre-
stinari bestätigt, daß die GesetzeSvorlage für
den AnwaltSstand und für die Rechtsuchenden,
also für daS ganze Lanv nützlich sein werde.
DaS hier vielfach angeführle Princip dcr Ge-
werbefrciheit passe nicht, znnächst nicht in dem
Hauptpunkte, daß nicht Jedcr Anwalt sein
könne, wer gerade wolle. Es sei also eine
Beschränkung schon vorhanden, also auch die
! zwei nöthigen weiteren Beschränkungen nicht
! inconsequent, wornach die Zahl der Anwälte
! an einem Gerichtssitze geschloffcn wcrden könne
und die Anwälte am Oberhofgericht von dem
Iustizministcrium ernannt werden sollen. Der
oberste Gerichlshvf urthcilc in den wichtigsten
Sachen in letzter Jnstanz, deshalb müffe man
auch dir würdigsten und älteren Anwälte dort
anstellen. Jetzt dürften wvhl sämmtliche ge-
genwärtige Obergerlchtsadvokaten als bei dem
Oberhofgcricht bestellt zu crklären sein.

(Schluß folgt.)

Karlsruhe, 4. Zuni. Die zweite Kam-
mer wird sich künftigen Mittwoch oder Don-
nerstag aus einigc Zcit vertagen, da bis dahin
der vorbcreit/te Berathungsstvff erledigt sein
wird, und dann die Abgeordneten der feierli-
chen Eröffnung der Konstanzer >Eisenbahn bei-
wohnen werden. Vorher dürfte jedoch noch
det heute ausgegebene, vom Abg. Schwärz-
mann erstattetc Commisstonsbericht über die
Anwaltordnung zur Berathung kvmmen. Dic
crste Kammer wird nächsten Dienstag den eben
crschienenen Bericht des Geh. Rath R. v.
Mohl über den allgemeinen Theil des Polizei-
strafgesetzbuchs in Berathung nehmen. (S. M.)

Karlsruhe, 8. Juni. Jhre KK. Hoheiten
der Großherzog und die Frau Großher-
zogin mit dem Erbgroßhcrzog und der
grvßh. Prinzessin nebst hohem Gefolge sind
heute Vormittag von Baden abgereist, um Sich
zu längerem Aufenthalt nach der Jnsel Mainau
zu begeben.

Aus Ba-en, 5. Juni. Dic diplomati-
schen Beziehungen zwischen den Cabinete» von
Berlin und KarlSruhe sollen in der letztcn
Zeit nicht allein kühl, svndern schroff gewor-
den sein. Man erzählt von Aeußcrungen des
MinisterS v. Bismarck gegen unscrn Gesandtcn
in Berlin, die den oft kundgegebenen An-
schauungen des Kreuzritterthums abermals cnt-
sprechen. Man glaubt, daß unser Gesandter,
Frhr. v. Marschall, bald eine andere Verwen-
dung finden werde. (Schw. M.)

Camp, 1. Zuni. Unser Bürgermeister
hat bci dem gestrigen Kirchwcihfcste erklärt,
daß naffauische, aber keine deutsche Fah-
nen ausgehängt werdcn dürftcn; wenn dieß
geschehe, habe er Anflrag solche wcgzunehmen,
und an das herzogliche Amt Braubach abzu-
lielern. (Rh. Kur.)

Gvtha, 4. Juni. Der Herzog wird von
Coburg aus in den nächsten Tagen eine Reise
unternehuien, welche als Zeichen etncr gewiffcn
Wendung in seiner politischcn Stellung be-
trachtet werdcn darf. Es gilt yämlich einem
Besuch am kais. Hofe zu Wien, zu dem die

persönlichen Beziehungen des Herzogs bishcr
ziemlich kühl waren. Am Wiener Hofe er-
wartet man den Hcrzog, wie unS glaubhaft
versichert wird, mit einer gewiffen freudigen
Genugthunng; man weiß dort die Bedeutung
seiner Persönlichkeit von dem Umfang der
Länder, die er beherrscht, und von seinen
„rcalen Machtverhältniffen" sehr wohl zu un-
terscheiden. (Südd. Z.)

München, 5. Juni: Unsere StaatSre-
gierung hat nunmehr auch mit der großherzl.
badischen Regierung eine Uebereinkunft wegen
des gegcnseitigen Schutzes der Waarenbe-
ziehungen getroffen, vermöge deffen vom l.d.
M. an bis auf weitercs dic Staatsangehörigen
des andern Contrahentrn dcn eigenen StaatS-
angehörigen in dcm geseßlichen Schutz der
Waarenbeziehungen gleichzustellen und zu be-
handeln sind.

Berlin, 6. Juni. Die Norddeutsche All-
gemeine Zeitung schreibt: „DaS ungesetzliche
Auftreten der hiesigcn und anderer Commu-
nalbehörden dürfte, wie unS mitgetheilt wird,
der Staatsregierung Anlaß gcben, die Pro-
vinzialbehörden unverzüglich mit Anweisung
zu versehen, jenen Uebergriffen auf Grund
der gcsetzlichen Vvrschrrften von Oberaufsichts
wegen und nöthigenfalls durch sofortigeS diS-
ciplinarischeS Einschreiten nachdrücklichst zn
begegnen."

Berlin, 6. Juni. Jn der Versammlung,
welche die Conservativen gestern Abend im
Meser'schen Locale hielten, wurden verschie-
dene Resvlutionen bcschloffen, dercn leßke lautet:
„Vvn dem königlichen Staats-Ministerium er-
warten wir mit Zuversicht, daß es, im vollen
Bewußtscin seiner Verantwortlichkeit, dieRechte
des Landes wie die Rechte der Krone mit
gleich fester Hand zu wahren, insbesondere den
AuSschreitungen der Vereine, den Zügellosig-
keitcn der Preffe und de» Ueberhebungen im
Beamtcnthum mit der ganzcn Strenge des
Gesetzes zu begcgnen wiffen werde. Wir un-
seresthcils geloben, treu dem preußischcn Geiste,
mit ganzer Kraft gegen eine Partei einzu-
stehen, deren trügerischc FortschritlSbestrebun-
gen die Verwirrung im Jnnern, dcn Bürgcr-
krieg in Deiitschland und die Schwächung
der Machtstelluilg Preußens zur Folge haben
würden.« — Wie man hört, will der Prof.
v. Holtzendorff die hiesige juristische Facultät,
sowie die glcichen Facnlkäten anderer preußi-
scher und deutscher Universitäten veranlaffen,

, ein Giituchtcn über dic Ordonnanzen gegcn
die Preffe abzugeben.

Berlin, 6. Juni. Der Oberpräsidcnt der
Provinz Brandenburg hat von dem ihm nach
der Städte-Ordnung zustehendcn Rechte, jcden
Beschluß der städtischen Behörde» zu inhibircn,
Gcbrauch gemacht, und den Beschluß der
Stadtverordnetenversammlung vom 4. d. M.,
eine Deputation an den König zu scnden, um
ihm über hie Lage des Lakides die Wahrheit
.zu sagen, und dcn gleichlautendcn Beschluß
des Magistrats vow 5. d. M., welcher mit
17 gegen 14 Stimmen gefaßt worden, inhi-
birt. Jn Folge dcffen ist dic anf heute fcst-
geseßte Abrcise der Dcputation nach Babels-
bcrg unterblieben, da ihr Mandat erloschen
ist. Gleichzeitig sind an alle Regierungsbe-
hörden die ganz bestimmten Weisungen ergan-
gen, das Zustandekommen derartiger Commu-
nalbeschlüsse zu verhindern.

Königsberg, 4. J>lni. Auch hier wurde
in der gestrigcn Sitzung des Vorstcheramts
hiestger Kaufmannschaft der einem Mitgliede
von der königlichen Regierung gewvrdene
Auftrag, die hiestge Kaufmannschaft möge wäh-
rend der Anwesenheit Zhrer königl. Hoheiken
deS Kroiipriiizen nnd der Kronprinzessin ein
Fest zu Ehren derselbc» arrangiren, mit 11
gcgen 4 Stimmen abgelehnt.

GreM-enz, 4. Juni. (Zur Minderuiig
des Kronxrinzen Schwindcls.) Bei Gelegen-
hcit des gestrigen Besuches deS Kronprinzen
in der hiestgen Loge wurde Veranlaffung ge-
nommen, demselben eine Petition zu Gunsten
der verurtheilten 12. Compagnie zu überrei-
chen, welche von circa hunbert dcr angesehcn-
sten Bürger unterzeichnet war. Der Erstun-
terzeichnete wurde heute früh zu Sr. Königl.
Hoheit bkschieden, woselbst ihin ein Adjutant
eröffnete, daß die in der Petiüon enthaltenen
 
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