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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0538

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mann erklärten sich ebenfallS für drese An«
sicht; drese Beschräiikiinq liege im Jntereffe
des PublikumS; man müffc sich in der Gcsetz-
gebung auch nach andern Ländern richten.
Man könne doch die Anfänger im Anwalt«
stande nicht gleich mit den wichtigsten Sachen
beim obersten Gerichtshofe austreten laffen.
Der Antrag deS Abg. Knics, welchem noch
18 Mitglieder beistimmten, wird hierauf ver»
worfen. Die §8. 6, 7 und 8 kommen glcich-
zeitig zur Besprechung. (Schluß folgt.)

Karlsruhe, 7. Juni. Mohl hat über den
allgemeinen Thtil des Polizcistrafgeseßes in
der ersten Kammer Bericht erftattet. und ist
im Wesentlichen nach angestellter Prüfung der
Vorlage aus großen wiffenschaftlichen Gesichts-
puncten z« dem Ergebniffe gelangt, daß zwar
der Entwurf, wie kaum anders denkbar, nach
verschiedenen Beziehungen hin Unvollkommen-
heiten besitze, daß aber die nützlichen und lo-
benswerthen Seiten weitaus überwiegen und
im Großen und Ganzen richtig gedacht und
vcrfahren worden ist. Die von der Commis-
sion der crsten Kammer gemachten Abänderungs-
vorschlägc sind nicht zahlreich, aber von prin-
cipieller Bedeutung. Die wichtigste Aenderung
destchl in dem Zusatze zu §. 23: „Die Poli-
zeigerichte können zwar die gesetzliche Gültig-
keit, nicht aber dic Zweckmäßigkeit oder Noth-
wendigkeit polizeilicher Vorschriften jedcr Art
ciner Prüsung unlerziehcn." Jn diesen weni-
gen Worten soll sür Baden eine der größtcn
politischrechtlichen Streitfxagen entschieden wer-
den. Es liegt darin der Ausspruch, daß eS
dcn Gerichten zustcht, die gesetzmäßigc Er-
laffung landesherrlicher Verordnungen ihrer
Prüsung zu unterwersen. Zn dem Regicrungs-
entwurse war ursprünglich der Satz enthalten,
daß dicse Prüfung nur gegenüber bezirks- und
ortspoiizeilichen Vorschriften eintreten konne.
Die Regierung war der Ansicht, diese große
Frage dcs constitutionellen Siaatsrechtes nicht
gelegenilich des Polizeistrasgesetzes zu entschei-
den. Die zweile Kammer trat richtig diescm
Gesichtspunctc bei. Nicht so die erstc. Dic
Metzrheit der Commissivn der ersten Kammer
spricht durch die Autorität Mohls sich gerade
umgekehrt dahin aus, daß, wcnn einmal im
Polizeistrafgesetze das Prüsungsrecht gesetzlich
sür cinc bestimmte Gattung von Verorduun-
gen dem Gcrichte zucrkannt tst, die Richter
keinen Anstand nchmen wcrdcn, diese Prüfung
analog auf aüe Verordnungsgebiete auszu-
dehnen. Dic Mchrheit der Commission ver-
hehlt sich keinen Augenblick die Bedcutng des
von ihr anerkannten Princips. Aüein ihr steht
an dcr Spitze aller Betrachtung diescr Frage
ber unbestrcitbarc Saß, daß ein Richter nur
giltige Bestimmungen anwenden darf und soll;
nicht giltig ist aber sicher jede untcrgeordnete
Vvrschrist, welchc im Widerspruchc steht mit
einer übergeordneten. llnverkennbar ist es
zwar cinc Einbuße für die Autorität einer
Negierung, wenn eine landeSherrlichc Verord-
nung von einem Gerichte für gcsetzwidrig er-
taffen, somit unanwendbar erklärt wird; be-
deuiender als diescr Nachthcil ist aber der Vor-
thcil, den solche laut ancrkannte Herrschaft

Haupt vom Rumpfc, und das Schweigcn dcs Ar-
mensunderglvckchens, wclchcS wahrend jcder Ereku-
tion seine schauerlichen Kläuge in wcitc Ferne sanbte, z
war das Zcichen, daß das erschütterndc Schauspiel !
nach kaum V» Stunden scin Ende erreicht habe.
Alles an Tisott und Victor Boso Gesprochcne wurdc !
von Graf llerküll verdolmctscht. Tisott zog nach
einem italienischen Abcrglaubcn, um sclig «erden
zu können, die Sticfel ans und bcgab fich baarfuß
zum Schaffotte. Wie Orsolin, so starben auch die ,
andern drci in bewunderungswürdiger Faffung und
Ergebenheit. So cndcten in vollcr Manneskraft
vier junge Männer, welche fast ihr ganzeS Leben ^
hindurch nur Noth und Elend kannten und dcn
Verführungen des Neidcs und der Habsucht nicht
zu «iderstrhen vermocht hatten. Sic haben ihr !
Verbrechen mit der schwerstcn Strafc gebüßt, an
ihren Vcrführern aber nagen die Qualcn deS Gc- !
wiffens noch biS zu ihrer letztcn Stunde.

AuS Pucbla den 3. April wird dem franzö- ^
fischen Armeemoniteur einigcs NSHere über die Lage i
und Befestigung dieser Stadt gcschrieben. Rach diese» !

s deS GesetzeS und des Rechtes für dcn ganzen
Staat und namentlich für die ganze Stellung
der Regierung im Allgemeinen hat. Die Com-
misflonsmchrheit befindet fich mit ihrer Ueber-
zcugung im Einklange mit dem Ausspruche des
deutschen Zuristentages und mik 8. 44 deS
baperischen Polizeistrafgesetzes. (F. I.)

Frankfurt, 7. Juni. Heute Vorwittag
wurde im hiestgen Saalbau der erste Vereins-
. tag deutscher Arbeitervereine eröffnct. Vcr-
tretcn waren 54 Vereine. Zum Vorsttzenden
wurde Director Röhrig von hier erwählt, zu
.deffen Stcllvertretern Dittmann auS Berlin
und Dr. Fehrenbach auS Freiburg. Noch vor
Beginn der Tagcsordnung begründetc Prof.
Roßmäßler aus Leipzig folgendc Resolution:
«Der erste Vereinstag der deutschen Arbeiter-
und Arbei'terbildungsvereinc stellt an dic Spitze
seiner Berathungen und Beschlußfaffungen den
Ausspruch, daß cr es für die erste Psticht
nicht blos der in ihm vertretenen und aller
anderen Arbeitervcreinc, sondern überhaupt des
gesammten Arbeitcrstandes hält, bci der Wer-
folgung seines Strebens nach geistiger, poli-
tischer und wirthschaftlicher Hebung des Ar-
beiterstandes einig untcr sich, einig mit allen
nach des deutschen Vaterlandes Freihcit und
Größe Strebenden, einig und mithelfend zu
sein mit Allen, welche an der Vcredlung dcr
Menschheit arbeitcn." Einstimmig wurde diese
Resolution als Programm des Arbeiterver-
einstages aiigenommen. Hierauf ging man
zur Tagesordnung sclbst über: Berathung über
Bildung der Arbeiter vermittelst der Arbcitcr-
bildungsvcreine. Die Ansicht verschicdencr
Redner resumirt sich dahin: die mangclhafte
Schulbildung kann dem Arbeiter für sein spä-
teres Fortkommen nicht genügen; diese muß
durch bic Arbeiterbilduugsvereinc verbcffert,
Lurch den Hinzutritt specieller Fachwiffenschaf-
ten crgänzt werden. Dabei ist es als ein be-
sondcrer Vortheil zu erachten, wenn dcr Knabe
so bald cr die Schule verlaffen, in einen Fort--
bildungSvercin eintreten kann. Die politische
Bildung soll nicht ausgcschloffen sein, aber
politischcS Treiben. Politische Bildung müffe
Zcder haben, wenn man vou ihm Achtung dcr
Gcsetze sordern sollc; dazu sei jevoch die Ge-
setzeskenntniß nöthig, welche mit als eine Auf-
gabe der Bildnngsvereine zu betrachten sei.
Das Rcsultat der Debatte war die Annahme
folgender Resvlutipn: „Der Vereinstag dcut-
scher Arbeiter- und Arbeiterbildungsvcreine er-
klärt, daß die VermeKrung der Kenntniffe des
Arbeiters eines der hauptsächlichsten Mittel
zur Hebung des Arbeiterstandes ist, und for-
dert die Arbeitervereine auf, ihre Mitglieder
und Freundc i'n den weitcsten Kreiscn in Schrift
und Wort auf die Nothwenbigkcit hinzuwei-
sen, ihrc Kenntniffe in gcistiger, geschäftlicher
und wirthschaftlichcr Hinflcht zu erweitern u.
ihren moralischen und bürgcrlichen Charakter
zu biideu und zu stählen. Als die geeigneten
Mittcl werden empfohlen: 1) durch Gewin-
nung von Lehrkräften und Unterrichtsstunden
Gelegenheit zur Nachhülfe in der Schulbildung
zu schaffen; 2) sv weit die localen Verhält-
nisse und materiellen Mittel es gestalten, durch

von cinem Offizicr des HauptquartierS herrühren-
dcn Angaben iicgt Puebia in cinem rings von
Höhcn eingeschloffenen Thalc; die Klöster, wclchc
rings auf den Höhcn licgen, sind in Fcstungen
umgewanvclt. Der Hügcl San Juan, auf dem
General Forcy sein Haüptqnartier aufgeschlagen ^
hat, ist 67, die Höhc, auf weicher daS berühmte '
Wcrk von Guaoalupc liegt, 100 und dte Höhe deS
Forts San Lorctto 50 Meter hoch. Dic Stadt ist
schön und hat breite, rechtwinkiig sich schneidendc
Straßen. Die Häuscr, meistens zweistöckig, sind
geräumig und licgen in einzelncn, sehr gut zur j
Verthcidigung geeigneten Quadraten zusammcn. !
Dic mcrikanische Armce herrscht nach diesem Bricfc !
seit etnem Iahrc durch den Schrecken in der Stadt,
aus der allc Priester, Nonnen und Mönche ver-
tricben worden find. Sie hat fich aller gecigncte»
Gcbäude bemächtigt, um fic in Fcstungen umzu-
wandeln, in dcncn fic stch muthig schlägt. Außcr
dcn 10 Forts um die Stadt find noch vicle Kirchen
und Klöster im Znnern in Verthcidtgungszustand
gesetzt. Die beiden wichiigsten Punkte find die Ka-
thedrale und dte Redoutc des Ererzierplatzes. Sie
liegen zwischen «twa 20 HLuserquadraten, die un-

gesellschaftliche Unterhaltung den Arbeiter von
schädlichcm Umgang fern zu halten und in ihm
den Sinn für edle LebenSweisc zu erwecken;
3) allc Mittcl zu versuchen, um durch maß-
volle Lcitung nnd Haltung der Vereine sich
ei'nen sichercii moralischen Bodcn rn der bür»
gerlichen Gesellschast zu erwerben." Der Ber«
etnstag drückte bcim Eintreffen cines Tele-
grammes für dcn abwesenden Schulze-Dclitzsch
seine Spmpathie durch Erheben der Mitglieder
von ihren Sitzen auS.

Aus Bayern, 6. Juni. Ein Theil der
dcutschen Abgeordneten, welche sich nach Madrid
begeben hatten, um daselbst in dcr Angelegen-
heit der spanischen Protcstanten zu wirken,
kehrte gestern über hier nach der Heimath zu-
rück. Die Depnkation crhi'clt bei der Köm'gin
von Spanien keine Audienz. Nach mehr alS
acht Tagen wurden die Bittschriften einem der
Minister verabfolgt.

Berlin» 6. Zuni. Die constitutionelle Ber-
liner Allgemeinc Zeitung schreibt Fvlgendes;
„Zu der Erklärung, welche wir in unserer
Morgennummer gemeinschaftlich mit 5 anderen
Zeitungen veröffentlicht haben, ist unsererscits
nur wenig hinzuzufügen. Für uns ist durch
die neue Preßverordnung nichts geändert. Wir
haben unsere Ueberzeugung gegen die Strö-
mung nach links rückhaltlos vertreten; wir
werde» dasselbe nach der entgcgengcsetzten
Seitc thun. Wir werden bei jedem Artikel
nach wie vor das Preßgesetz in der Hand
haltcn — wahrhaftig an sich schon einc auf-
rcibende Thätigkeit! Jst das der Regierung
nicht gcnng, so möge ffe thun, was sie nicht
laffen kann." — Die Volkszeitung schreibt:
Zn Folqe der Verwarnung sahen wir uns
veranlaßt, den gestrigen Leitartikel „Die Oc-
tropirung I." auS der für dic hiesigen Abon-
nenten bcstiinmien Ausgabe zu unterdrücken,
ebenso erscheint uns cine Fortsetzung vieser
Artikel unmöglich. — Die Redaction dcr Ber-
lincr Abendzeitung hat sich der Erklärung der
6 hiesigen Zeitungen angeschloffen. — Nicht
angeschloffen habcn sich u. A.: Die Rheinische
Zeitung in Düffeldorf und die Köln. Zeitung.

Berlin, 8. Zuni. Die „Nordd. Allgem,
Zeitung" mcldet.: Dic Potsdamcr Regierung
hat die Äussührung des Beschluffes des Maqi-
stralS und der Stadtverordneten von Berlin
untersagt und eventuell weitereS Einschreiten
in Aussicht gestellt. — Daffelbe Blatt vcr-
stchcrt, der Angabe des Lonvoner „Observer"
gegenüber, daß die Noten Oestcrreichs, Frank-
reichs und Englands in Betreff dcr polnischen
Angclcgknheit noch nicht nach PeterSbürg ab-
gegangcn stnd.

Wien, 3. Zuni. Jn 14 Tagen wird die
Reichsrathssession, unb zwar wie heute vcr-
lautet, vom Kaiser selbst mit ciner Thronrede
cröffnet werden. Von den durch die Rcgierung
einzubringenden Gejetzesentwürfen wirddie neue
Strafprozeß - Ordnung mit Einführnng der
Tchwurgerichte eine Hauptsteüe einnehmen.
Von Seite ber Abgcordneten erwartet man
Anträge auf Modificirung oder Aufhebung des
Concordats, Abschaffung dcs Zeitungs- und

tereinander verbunden und mit einer festen Mauer
eingefaßt sind. Die Kathcdrale ift daS schönste,
reichste und fcsteste Baudenkmal von Pucbla. Ste
nimmt eine der Seiten des Hauptplatzes gegenübcr
dem Rathhause ein und licgt ganz abgefondert auf
eincr etwa 3 Mcter hohen Plattform da, auf der
man Battericn errichtet hat. Sie ist mit einer
Mauer rings umgeben.

Dic Zustände Warschau's charakterifirt cin
Wört, daS man dem Gcneral Berg in den Mund
legt. Kurz nach seiner Ankunft soll derselbe die
Entdcckung der gcheimen Nationalregierung mit
Sicherheir versprochen haben. Vierzehn Lage später
fragte ihn der Großfürst Constantin: „Nun, was
haben Sie herausgebracht? Sic warcn nicht glück-
licher, als wir." „Bitte um Entschuldigung," er-
wiederte der General, ich habe herausgebracht,
daß außcr Eurer Hoheit und mir Jedcrmann in
Warschau zum geheimen Comite gehört."
 
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