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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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her erfolftte, wle schon bemerkt, unter wech-
selndem Sonnenschein und Regen. Jn Singen
und Rakolfzell war nur kurzer Aufenthalt.
An letzterem Orte sprach S. K. H. der Groß-
herzogden Bürgern scine Anerkennnng aus, daß
ste dnrch ihren namhaflcn Beitrag (50,060 si.)
eS erwirkt hatten, daß die Bahn die Stadl
berühre. Daselbst waren ungemein schwierige
Ufer- lind DamMbaurkn herzustellen. Länger
hielt Se. Kgl. Hohcit am Eingange znr Jnsel
Reichenau. Diese Station — im Volksmunde
beim „Kindlebild" (von einer dortige» Kapelle
so genannt) — wird später den Namen „Fried-
richsau» erhalten; denn die Reichauer hoffen
von deren Lage, daß sich daselbst bald eine
Colonie ihrer Inselbewohner ansiedeln werde.
Diese Insel steht von der Zeit unserer Revo-
lution her in de» allerhöchsten Kreisen fortan
in geehrtem Andenken. Sie sollte bekauntlich
damalS zum Freijchaarenzug ihre Jugend ab-
liefer», und mit Waffengewalt dazu gezwun-
gen werden; schon hatte man eine Haubitzc
aufgeführt und dachle, ihre Häuser zu be-
fchießen; aber die Regenauer wehrten sich jo
nachdrüetlich, daß das Vvrhaben scheiterte.
S. K. H. der Großherzog sprach in hulbvoll-
ster Weisc mit diesen Jnsulanern. Zehn Mi-
nuten darauf fuhr Ver Zug über die Konstanzer
Brücke, und wurde hier von dec Rhein- und
Bodanflotille begrüßt. Ein wunderlieblicher
Anblick. Die schweren Dampfer, umschwärmt
von zahllosen Barken und Gondeln von dem
altgeschwärzlen Fischerschiffe bis zur kleinsten
Rußschaale herab — alle mit Fahnen und
Wimpeln geschmückt, hier mit aufgezogenen
Segeln, dort durch die Kraft der Ruder mit
der Schnelligkeit der Dampfschiffe wetteifernd.
Sie eilten aus LeibeSkräftcn, nachdem der Bahn-
zug die Brückc verlaffen hatte, um wieder dcn
Hafen zu erreichen, wo sie ihr« Tummelfahrt
vvn Neuem begannen. Se. Königl. Hoheit,
untcrwegs von der gesammteii Jugcnd der
Stadt unter nicht endendem Jubel begrüßt,
wurdc sofvrt in die Empfangshalle geleitet,
wo die Stadt- und Laudbehörden vcrsammelt
warcn, um den erhabenen Landesfürsten ehr-
furchtsvollst zu empfangen. Dic Vorstellnng
derselben nahm etwa eine Stundc Zeit in An-
spruch. — Darauf eilte man zum Cvnciliums-
gebäude, Leffen alle Räume in den schönsten
Prunksaal umgewandelt waren, und wo das
Festmahl statlsand. Dieses alte Gebäude war
bisher in seinen obern Räumen arg verwahr-
lost; die mächtigen Säulen und Gerüste deS
Dachstuhles, derrn Siäuiuie einst einen ganzen
Cichenwald bilden mochlen, schützten es vor
den Stürmen der Iahrhundertc, öbgleich die
Wände seit undenkbaren Zciten vvn oben dis
unten Riffc hatten. Z» neuster Zeit war öfler
tie Rede davon, auch dieseS Haus, wie so
viele andere Baudenkmäler, die dcni moder-
nen Kunstgeschmack nicht mehp genügten, nieder-
zureißen. Der gesundere Sinn der Behörden
und des Cvnservators, besonders aber der
entschicdene Wille des Großherzogs, der auch
das Alte erhalten wiffen will, retteten es, u.
nun ging man daran, die obern Räume in
einen großen Festsaal umzuwanveln. Und
in ver That, daS Werk ist gelüngen. «
Diescr Saal nun wurdc eingeweiht durch
daS Festmahl, welches hier gegen 600 Gäste
vereintc. Die vdrdere Wand schmücktcn Bild-
nisse aus unsercm Fürstenhause, das des Lan-
desfürsten in .der Mitte; in den beiden Nijchen,
aus blühenden Pflanzen aller Art gebildet,
sprudelten Springbrunnen empor; an den
Wänden und Säulen Jnschriften und Wappen
aller Axt. S. K. H. der Großherzog wurde
mit freudigem Jubel begrüßt. Den ersten
Toast brachte der Bürgermeister aus; er galt,
dem Fürstcn den innigsten Dank auszuspre-
chen, dcssen entschiedenem Willen wtt zunächst
die "Eisenbahn verdankcn, worauf Se. K. H.
der Großherzog sich erhob, Höchstdeffen Worte,
so wie die übrrgcn Reden wir nachträglich
mittheilen werden. Am Damm und im Hafen
sand unterdeffen ein andercs Schauspiel statt:
Musik und Geschütze antworteten auf jeden
Toast, der oben ausgebrachr wurdc; die Gon-
delflotille tummelte stch jm Hafcn herum und
ergötzte die zahllose Menschenmcnge mit ihrem
lustigcn Gewirr; die Kähne jagten einander
bald dahiu, baib dorthin, Dampser kommen

i an und fahreii ab — plößlich kündigt sich ein
solcher von der Mainau her an: das Dampf-
schiff „Friedrich" ist es, das I. K. Hoh. die
Großherzogin von der Mainau herbringt;
auch ste will dic Stadt mit ,'hrem hohen Be-
such ersreuen. DaS hohe Fürstenpaar blieb
bis nach 8 Uhr i» der Stadt und wurde
hierauf von dcn anwesendcn Dampfschiffen zu-
rückbegleitet. Mit dcr Belenchtung derselben
begann auch jene des MünsterS in den ver-
schiedenen bengalischen Fenern. — Während
die Raketen von allen Seiten in die Höhe
flogcn, ergoß sich dcr Feuerregen aus den
gvthifch durchbrochenen Oeffnungen der Ppra-
mide, alS stündc dcr ganze obere Thurm in
Brand; die Blumen und Rosetten leuchteten
alS wären sie glühendcs Erz. Damit war 9
Uhr vorüber und eS begann das Banket, wv-
bei die Gesangvereinc „Eintracht" und „Bo-
dan" ihre Productionen fortsetzten.

Darmstadt. Das fünftc mittklrheinischk
Musikfest, über deffen Zustandekommen ein
wahrer Unstcrn zu schweben scheint, hat wegen
Mangels eines entsprechenden Concertlvcals
auf das nächste Iahr verschoben wcrden müffen,
bis zu welcher Zeit man die Erbauung eines
bleibenden größeren Festlocals für unserc Stadt
projeciirt hat.

Frankfurt, 13. Juni. Der „Nat.-Ztg."
wird aus Wien geschrieben, der Anwesenheit
des Herzogs von Coburg liege aüerdi'ngs
eine politische Ursache zu Grunde. Es hanble
sich um eine Annäherung und Auögleichung
der österreichischen und dcr nationalen An-
schauungen, die Hcrzog Ernst vertritt, und cs
sei möglich, daß, wie jetzt die Dinge in Preußen
liegen, ein halbwegs gesunder österreichischcr
Reformvorschlag BundeSgenoffen finden könnte,
auf deren Beitritt man in Wien svnst. nie zu
rechncn gewagt häUe.

Frankfurt, 13. Juni. Der Kronprinz
von Preußen soü von seinem Vater, zu dem
er hausgesetzmäßig in eineui Verhältniß un-
erhörter Abhängigkeit stcht, auf Hrn- v. BiS-
marck's Andringen wegen seiner Danzigcr Rede ^
einen Verweis crhalten haben ünd sein vor-
tragender Ralh M. Duncker zur Disposition i
gestellt sein. Der ebenfalls liberale Legations- !
rath Meper dagegen, über den die vorgestrige !
Kreuzzeitüng eine irreführende Nachricht in die
Welt schickte, ist nach wie vor Vorleser dcr
Königin.

Berlin, 14. Zuni. Die Maßregeln gegen j
die Preffe nehmen ihren Fortgang. Heute hat !
auch Glasbrenners Montagszeitung das Schick- !
sal der Verwarnung getroffen und wirb sich !
das Blatt nunmehr genöthigt sehen, sein sa- !
tprisches Feuiüeton aufzugehen. Die reactio.
nären Maßregcln sollen flch demnächst auch in
dem Erlaß eineS verschärsten Disciplinarge-
setzes gegen richterliche und nicht richterliche
Beamte äußerii.

Brannfchweig. Der Staatsvertrag,
nach welchem das Hcrzogthum nach dem Tode
des jetzigen Hcrzogs an Hannovcr fälltj ist
vor einiger Zcit zum Abschluffe gekommen.
Die brauiischweigische Bevölkerung, weiche sich
früher' lebhäft für cinen Änfall an Preußen j
aussprach, versöhnt sich jetzt mit ihrem Schick-
sale. Auch diescs Verdienst hat Herr von!
Bismarck flch gut zu schreiben. Ueber sein!
bedeutenbes Privatvermögen soll der Herzog
von Braunschweig zu Gunsten deS KaiserS
von Oesterrcich verfügt haben.

- Kraukretch.

Paris, 13. Juni. Jn den officiellen Krkisen
weist man die Behauptung, daß Puebla ein
zweites Villafranca werden würde, mit einer
großen Energic zurück und behauptet- daß von
Friedcnsunterhandlungen keinc Rede sei. Die
französtschc Armee werde von dcr Haüptstadt
auf jeden Fall Besitz ergrcifen, und eine ncue
Ordnung der Dinge werde auf den Lrümmern
dcr Gewalt deS Präfldenten Juarez organistrt
werden.

E ngland

London, 15. Zuni. Lord John Russell
hat identische Noten an die Cabiirette von
Wien und Berlin übcr dic gefährlichen Vcr-
wicklungen, welche eine militärischc Bun-
deSerecution in Holstein hervorrufen j
würde, gerichtet. 'chTTTl!

Liverpovl, 15. Zunk. Ein respectäbles
hiesiges HauS hat heute eine New-Iorker
Depesche erhalten, nach wclcher sich das Ge-
rücht bestätigen soü, daß die Belagerung von
Vicksburg aufgehoben und vie Armee deS
unionistischen Generals Grank umringt sei.

Italte »

Turin, 14. Juni. Die Journale Sici-
liens constatiren eine merkliche Befferung in
dem Zustande der öffentlichen Sicherheit auf
dieser Jnsel. Von allen Seiten hcr finden
sich jetzt flüchtig gewesene Militärpflichtige ein,
um sich den Behörden zu stellcn.

Nachrichten über Polen

Ein Warschauer Privatbrief vom 12. mel-
det, daß an diesem Tage Heinr. Abicht und
der Kapuziner Kvnarski mittelst des Stranges
hingerichtet wurden, und daß darauf der
Großfürst Constantin die Warnung erhalten
haben soll, die Nationalregierung könne nicht
länger für seine Sichcrheit eiastehen.

Warfchau, 13. Juni. Der Erzbischof
hat sammt dem Kapital wegen der Hängung
der Geistlichen Protest eingereicht u. Leichenaus-
lieferung gefordcrt. Der Protest und die For-
derung wurden nach PeterSburg telegraphirt,
worauf mit dem Telegraphen die Antwort cin-
traf, der Erzbischof möge sofort in PeterSburg
erscheine». Derselbe wird morgen oder über-
morgen abreisen.

Neueste Nachrtchte«

Paris, 16. Juni. Bei den Nachwahlen
wurden Geroult mit 17495, gcgen Fouchv-
Lepclletier 11016 Stimmen gewählt. Jn Bor-
deaur, Cambrai,Oberrhein wurdcn Regierungs-
candibaten, in Charente, Havrc, VersailleS
Oppssitionscandidaten gewählt. Jn Lpon find
Perrier und Favrc gewählt. Aus Nazaire
vom 15. wird die Ankunft des Dampfers
Tampiko aus Merico gemeldet. — Die France
sagt: Forep würde zum Marschall crnannt
werden.

Nöwyork, 6. Juni. VikSburg ist immer
noch belagert. Johnstvn marschirt mit 15,000
bis 30,000 Mann auf Hainesbluff, um die
Verbindung deS BundesheereS auf dem Ga-
zooflusse abzuschneidcn, ein Bundescorps geht
ihm entgegen. Banks attakirte am 27. Mai
Porthudjon, er begegnete verzweifeltem Wiber-
stand und verlor 6 Kanonen, sein linkcr Flügel
ward zurückgeworfen. Am 28. Mai fand eine
Erneuerung der Schlacht ftatt, das Resultat
ist unbekannt. Die „Tribune" versichert jedoch,
Bank« kehre in seine alte Stellung zurück,
und erhalte Verstärkungen aus NeworleanS.
Die Armee Lee's rückt auf Gordonville vor,
wahrschcinlich zum Zweck eineS UebergangS
übcr den Rappahannock. Höoker ergreist Ab-
wehrmaßrcgeln. Golb 46^. Wechsel 159.

Vermischte Uachrichten.

Mannheim, 16. Zuni. Sichkrem Vernehmen nach
hai Se. Maj. Äönig Ladwig voa Bayern den Wunsch ge>
änßert, fnr daS Zssland > Monnmeat dc» Echillerplatz be-
sttmmt zn sehen. Der alsdann nöihtgen'Symmetrte wegen
h-t stch Se. Maj. g-netgt zn erllären gernht, der Siadt
ein weiter-S Monument. das de« edlen Frhrn. v. Dalberg,
znm Geschenl z» machen, welches aus der andern Seite
deS SchillerdentmalS seine Ansstellung stndcn wnrde.

Heidelberg. Jn Nr. 139 dieser Zeitung
wird der lebhaste Wunsch ausgesprochen, daß
Heidelberg, gleich den übrigen Nachbarorten
Mannheims, durch Sendung einer Ehrengabe
zu dem Ersten badischen Landesschießen dem
vaterländischen Streben der Schüßenvereine
seine Anerkennung zukommen laffe» möge. Der
Vorstand des htestgen Schützcnvereüis wird
in dieser Aufforderung namentlich angegangen,
sich der Sache anzunehmen, und spricht der
Unterzeichnele, mit Dank für die Anregung,
seine Bereitwilligkeit hiczu auS, untcr der
Zusichcrung, daß bas Ergcbniß der Samm-
lungcn nur zur zweckmäßigsten Gabc für
Schützcn, zur Anfchaffung von Ördonnanzstutzen
verwcndel werdc. Zm Berein mit mehreren
hiesigen Bürger» wird der Vorstand des
Schützenvereins Li'sten zur Unterzeichnung von
Beiträgen in Umiauf setzen und glaubt, im
Verträuen auf die werklhätige vaterländische
Gesinnung dcr Ei'nwohner HeidelbergS, auf
ein glänzcndeS Ergebniß der Sammlung hoffen
zu dürfen.

Dcr Dorstaud des Schützenpereius.
 
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