Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Juni
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0602

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
648 u. ss., welche vo» den Liquiderkenntniffe»
handeln, rufen etwas längere Besprechung her-
vor; die Commission beantragt, dem Beschluffe
der l. Kammer (Abschaffung der Liquiderkennt-
nisse) nicht beizutkkten, sondern tie Liquider-
kenntniffe beizubehalten. Es sprechen dafür
Sieb, Kirsner, Stigler, Herth und
Kusel, während Minister Stabcl sich wie-
der fsir die Abschaffung erklärt. Mit großer
Majorität wird schließlich die Beibehaltung
der Liquiderkenntnisse angenommen. §. 1027a
wird ohne Besprechung nach der Faffung der
I. Kammer genehmigt. Bei §. 10S3 stellt die
Commission den Antrag, der Faffung der I.
Kammer beizutretcn. Haager's nicht un-
terstützter Ankrag, Wiederherstellung deS Re-
gierungsentwurfs unv auf einen Zusatz über
Stattfinden einer Appellation und Oberappel«
lation, kam nicht zur Abstimmung, es sprechen
dagegen Prestinari und Lcr Berichterstatter,
die Faffung der I. Kammcr wird genehmigt.
Den Aenderungen der I. Kamnier an den §§.
1110, 1144, 1145 u. 1172 tritt die II. Kam-
mer bei. Auf Namensaufruf wird das ganze
Gesetz einstimmig angenommen. Kusel erhält
das Wort. Er will nicht entscheiden, »b die
von der Kammer niedergesetzte Commisssion
zur Anfsuchung von provisorischen Gesetzen u.
Verordnungen, die etwa zu reclamircn wären,
anch diejenigen Verordnungcn zu prüfen habe,
wclchc während des Landtags erschienen sind,
odcr vb etwa dies auf nächstc» Landtage statt-
sindcn müffe. Er beabsichtige nur, Verwahrung
dagegen einzulegen, daß das Stillschweigen
der jctzigen Kammcr übcr Bervrdnungen, welche
während dicses Landtages erschienen sind, na-
mentlich die über Cvnscription und die Etap-
penverträgc mit Preußcn, als Verzicht auf
die Reclamation angcsehen werde. Schaaff
sührt aus, daß solcher Verzicht nicht angenom-
men werden könne, es sei Uebung des Hauses,
daß die ReclamationS-Commission, sobald sie
Bcricht erstattet hat, alS aufgelöst angesehen
werdc und die Commission der nächste» Kam-
mer tritt dann an ihrc Stelle; das sei Uebung
des Hauses. Es sprechen nvch Prcstinari,
Hägelin und Kusel, der nvch bezüglich dcr
Etappen-Verordnung eiiieil Neclamationsa»-
trag in Aussicht steüt, worauf der Gegcnstand
verlassen und die Sitzung geschloffen wurde.
Nächste Sitzung Mittwoch den 1. Juli. (B B.)

Mannheim» 27. Juni. Heute steht die
Stadt im schönsten Schmucke. Dic Empfangs-
und Wohnungscomite's bcgannen ihrc ent-
sprechenve Thätigkeit und wurden im Laufe
des TageS dic ankommendcn Schützen, mit
Musik voran, vvn den Bahnhöfen durch die
Stadt zum Rathhause geleitet, wo das Woh-
nungscomite denselben ihre Wohnungen an-
wies. Die Zahl der bcreits cingetrossenen
Schützen läßt sich nicht so genau bemessen, als
wir wünschten; doch zählt dicselbe bereits
nach Hunderten, welche solgende 24 Ortc ver-
treten: Karlsruhe-Durlach, Konstanz, Dutt-
weiler, Darmstadt, Eberbach, Eppingen, En-
tingen, FreinSheim und Großkarlbach, Gerns-
bach, Höchst, Kuppenheim, Kaiserslautcrn,
Lcnzkirch, Mößkirch, Offenbach, Oppenheim,

ganz besouders durch 3 Gcmälde geschmückt, deren
Anblick in dem Herzcn jcves Deutschen die trau- f
rigften Erinncrungen an unsere früherc Starkc und
unsere jctzige Zerfahrenheit erwecken, zuglcich abcr
auch dcn Patriotismus, dic Hoffnung und dcn
Glauben an unsere Einigung rntzüuden muß. Es
find die Bildcr von Tell und Hofcr und zwi-
schen betdcn cinc Scenc aus der Schlacht bei Eckern- ^
förde, jene farblos und grau, diesc in hellen Farbcn i
gemalt, Tell, wie cr dcn für Geßlcr bcstimmten
Psril diescm vorzcigt und seine Bedcutung erklärt,
Hofer, dic Fahne der Freihcit und der Unabhän-
gigkcit emporhaltend. '

Die große Schießhallc enthält 36 Scheiben und
zwar 3 Standsestschcibei! und 1b Standkehrscheiben
)n einer Entsernung »on 600 Fuß, und.3 Feld-
festscheiben und 15 Feldkehrschcibe» in eincr folchcn
»on 1000 Fuß. Zwischen jcdcr Schcibe zieht sich
eine durch kletne Bäumchcn gcbildete Gaffe durch
und nach jcdem Schuffe wird durch den Schützcn
mtt einer Glocke dem Zeigrr das Stznal gegeben,
daß abgeschoffe» wurde und zugleich die Aufforde-
ruug zur Angabe, wic viel Punkte oder Ltnicn ge-
troffen find. Die Kestscheiben tragen dte Ramen ^

Pforzheim, Schopfhei'm, Schorndorf, Thkengen,
Üebcrlingen, Vöhrenbach, Walldürn, WaldShut.

Mannheiw, 28. Jnni. Der crste Fest-
tag ist angebrochen. Er brachtc uns den lie-
ben Gast S. K. H. dcn Großherzog, welcher
heute Früh um 4 Uhr dahier eingctroffen und
im großh. Schloffe abgestiegen ist. Das Wetter
ist günstig und mit Vergnügen begrüßt Jeder-
mann .die freudigen Töne der Morgenmusik,
die soebe» S Uhr, unS aus dem Schlafc gc-
weckt, und den Lag auf feierliche Weise er-
öffnet. Dic Zuzüge von Schützen und Fest-
besuchern wcrden heute Morgen sicherlich
koloffal! cbenso wird die Betheiligung an dem
Festbankett sehr groß. Namentlich werden S.
K. H. der Großherzog, die anwesenden Mini-
ster, 25 Mitglieder der 2. Kammer, der vom
Festcomite dazu eingeladene Gemeinderath und
kleine BürgerauSschuß daran Theil nehmen;
die Stimmung wird eine gehobene, durch daS
freie, kräftige Wvrt gediegener Redner bezeich-
nete werden mid sicherlich dem Festestag und
dem ganzcn Feste von vornherein die Weihe
ertheilen.

Der Festplatz war gestern von 2213 Ein-
trittsgeld zahlenden Personen besucht; dcr Er-
trag belief sich auf 409 fl. 18 kr. (M. A.)

Coburg» 25. Zuni. Gustav v. Struve
weilt scit mehreren Tagen hier und beabsich-
tigt, für den jetzigcn Sommer seinen Wohn-
sitz in Coburg aufzuschlagen. — Ludwig Wa«
lesrode wird den preußischen Preßvrdonnanzen
durch seine Uebersiedlung nach Gotha aus dem
Wege gehen. (Südd. Z.)

München, 26. Zuni. Die Adreßdebatte
hat sich bereits constituirt; es ist gewählt
Graf v. Hegnenberg-Dnr zum Vorstand, Ad-
vvcat Dr. Arnheim zum Secretär, und Frhr.
v. Lerchenseld zum Refercnten.

Berlin» 25. Zuni. Gcgen die „Garten-
laube» ist auch in zweiter Jnstanz wcgen der
mehrerwähnten Novclle „der Untergang der
Amazone" auf Vernichlung der beiden incri-
minirten Nummern ausgesprochcn wörden.

Berlin, 25. Zuni. Die Volközeitung cnt-
hält einen Leitartikel über „Dic deutschc Frage
in der Hand Ocsterreichs". Sie sagt; „Wir
glauben, daß noch vor Eintritt des HerbftcS
der Krieg zwischen Frankrcich und Rußland
ausbricht, und meinen, daß wenn Oesterreich
diesen Moment benutzt und Deutschland auf«
ruft, sich ganz andere Folgcn herausstellen
würden, als aus einer bloßen spmpathischen
Hinneigung eines Theils des Nativnalvcrcins
sür gewiffe Bundesrefvrmpläne mit parlamen-
tarischem Beiwerk". Dcutlicher will sie sich
nicht aussprechen. Denn, schließt sic, „daß
wir hier wiederum an dcr Grenze der Be-
sprechung stehen, wo sprechei! gar so dringlich
ist, Gott weiß es, cs ist nicht unsere Schuld!"

NordhiMfen» 22. Jnni. Jn der hcuti-
gen Sitzung der Stadtvervrdneten-Versamm-
lung wurde ein Rcscript kcr kgl. Regierung
zu Erfurt verlesen, welches eine Verwarnung
mit Strafandrohung enthält, weil die Stadt-
vcrordnetcn-Versammlung in ihrer Sitzung am
9. d. M. den Antrag drcier Mitgliedcr, den
städtischen Kollegien der Haupt- und Rcsivenz- !

„Mannheim", „Odenwald", „Schwarzwald", „Ba-
dcn", „Dcutschland", „Rhein".

Der erstc Preis im Werthc von 300 st. ist bci
der Festschetbe „Dcutschland" die von der badischen
2. Kammer gestistetc Germania und bei dcr Fest-
scheibe „Mannheim" 300 Schützengulden, bei den
übrigen Festschciben Gegenstände im Werthe von
180, 130 , 250 und 140 st. Außcrdem «erden
Lagcs- und Wocheuprämien vcrabreicht, untcr wel-
chen besonders filberne Becher im Werthe von jc
30 fl. hcrvorzuheben. Jeder Sckuß auf die Kehr-
! scheibc kostct 9 kr. Der Einsatz in dte Festscheiben
i dagcgen beträgt 5 fl., wofür auf jedc derselbcn
den Schützen 2 Schüffe gcftattct find, auf die
Scheiben „Mannheim" und „Baden" aber nur
Mitgliedern des badtfchen LandesschützcnvcreinS.

_ (M. A.)

Eine früher tn Berltn schr bekannte Dame,
welche fich fehr vornehm verheirathet hatte, gedenkt
wicdcr zur Bühne zurückzukchren. Sic hatte tn
ihrcr Ehc wenigcr auf Gcld als auf gutc Behand-
lung gcsehen, soll aber ketneS »on Betden gefunden
haben. So mcldet dte „M. Ztg."

stadt ihre voüe Zustimmung a» dem an Se.
Majestät den König neuerdings gerichteten
Gesuch durch eine Adreffe auszusprechen, in
Berathung genommen hat.

Wie«, 27. Juni. Unterhaus. Zn der
heutigen Si'tzung ging die Adreßdebatte zu
Ende. Schindler bedauert die Nichtvorlcgung
des Gesetzes zur Regelung der confessionellen
Verhältniffe und geißelt den Hirtenbrief deS
FürstbischofS von Trient, den er gern gericht-
lich verfolgt sähe. Staatsminister v. Schmer-
ling: Er habe den Hirtcnbrief sorgfältig ge-
prüft, glaube aber die Jnitiativc den compe-
tenten Organen überlaffen zu müffen. Die
Commission zur Regelung der confessionellen
Verhältniffe, bestehend aus drci Protestanteu
und drci Katholikcn unter meincm Vorsitz, ist
in freisinniger Weise vorgegangen. Es ist
Aussicht vorhanden, daß die Scndung deS
Bischofs Feßler nach Rom zu einem Resultat
führen werde. Der Gesetzentwurf wird seiner
Zeit dem Reichsrath vorgelegt werden.

Prag» 22. Zuni. Scit einigcn Tagen ist
Frl. Postowojtvff, die Adjutantin des Erdik-
tators Langiewicz, aus Prag verschwunden.
Man weiß nicht, wohin sie sich gewendet.

Z talt e n

Turin» 21. Juni. Heutc beginnt inmi'tten
der politischen Aufregung daS nationale Schei-
benschießen. Einige hundert Schweizer Schützen
stnd gestcrn Abend und heute Morgen einge-
troffen. Welcher Abstand gegen das vorjährigc
deutsche Schützenfest in Frankfurt! Sähe ich
nicht an cinigen Straßeneckcn die Anzeige von
dem stattfindenden Scheibenschicßen mit Prä-
mien von 100,000 Frcs., so würde ich nichts
davon merken.... Die Ztaliener sind in> einen
starren politischen Wahn versunken; sie streben
nach grvßcm Endzwcck, aber ihrer concreten
Anschanungsweise stehen Kc Mittel fern, dic
den Volksgeist wecken und das zu erstrebende
Ziel näher rücken-können.

Turin, 25. Zuni. Der Köni'g Fcrdinand
von Ponugal ist angekommen. — Graf Pe-
poli reist diesen Abend nach St. Petersburg
ab, um dort wieder seinen Posten als bevoll-
niächtigter Minister Jtaliens einzunchmen. Die
Blätter vcrsichern, daß Frankreich in Rom
wieder neue Vorstellungen gemacht hat, um
Franz II. vvn dort zu entfernen.

England

London» 25. Juni. Ein Brief aus Ha-
vanna vom 6. Zuni gibt Einzelhciten über
die Einnahme PueblaS. Comonfort hatte
mehrere Versuche gcmacht, den Platz mit Le«
bcnsmitteln zu verjchcn. Es habcn lebhafte
Kämpfe zwische» ihm und den Franzosen statt-
gefunden, aber jetesmal ist er mit großen Ver-
lusten zuiückgeworfen worden. Nach einer
Niederlage am 8. Mai hat Comonfort den
Oberbefehl abgegeben und ist durch La Caze
ersetzt worden, welchcr sich auf Mcrico zurück-
gezogen hat, als er die Nachricht von der
Einnahme Puebla's bekam. Den Tag nach
der Einnahme Puebla's verlangte der General
Forep von den mericanischen Officiercn, ihr

-K---

s- Der kaiserltche Märihrer.

Es sammclt jetzt oer Bonapart in Polen
Aufs Büßcrhaupt fich demokrat'fche Kohlen.

Der Allcrweltspapa Märtyrerthum jetzt letdet
Und als ein Opfcrlamm in Polen weidct.

Er fingt dcr Welt Märtyrcrlttaneien,

Daß fich die Dlplomatcn dran erfreuen;

Er trfigt fie vor in allcn Variatloncn,

Drin viel Accorde find von Anncrionen.

Und zu dcr Prozesfion am Rhelne

Wünscht er, daß Ocstrcich sich mit ihm verernc,

Gclcgentlich an Preußen sich zu rächen.

Und thm, dcm Schutzpatron dcr Demokraten,
Zum Lohnc für die italicn'schen Thaten
Die Rheinprovinz ergebcnst dann zu blechen.
Heidelbcrg, im Zuni 1863.
 
Annotationen