Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Volksblatt (4) — 1871

DOI chapter:
Nr. 1 - Nr. 8 (4. Januar - 28. Januar)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44617#0016

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
12

D'r Nagglmaier.

Friede! Noch im-

mer ke Friedens-
ausſichte. Okon-
drolleer! Die Ba-

riſer Belagerungs-
händl ſcheine jetzt
erſcht recht anzu-
fange. E Glick,
daß d'r Deitſche
Geduld hott — viel
Geduld Ich glaab,
die Franzooſe wäre
ſchun lang fortge-
loffe, wann ſe ſo
lang vor Berlin,
wie die Deitſche vor
Baris ligge mißte.
Ich kenn mein Leit.
Unſer deitſche
Soldate miſſe alſo
noch immer aus-
harre un werre noch
gar Manches in dem
fanatiſirte Franzo-
ſeland dodriwe aus ——
zuhalte hawe, bis
die G'ſchicht fertig ————
is. Es is alſo aah —— —

— —.

Druckene, hinner d'r Schußlinie, auszuharre un nit
zu ermiede in Liebesdienſchte un Wohldhätigkeite, wann's
gilt, eem odder em annere vun unſere Kämpfer e
Schtindl Leewe leichter zu mache. Awer mit dem G'fiehl
ſcheint mer nit Jeder vun uns die Opfer zu bedrachte,
die gegewärtig for uns in Frankreich gebrocht werre.
Es gibt noch immer Leit, die, wann die Gefahr vor-
bei is, widder die alte Egoiſchte ſinn, die norr ſich un
ihrn Geldbeitl kenne. Per Exempl vumme Beiſchbieiche:
En verwunder Landwehrmann, der hier einquartirt
worre is, hott's vorgezoge, um ſeine Quartierleit nit
zur Laſcht zu falle, ſich liewer im Gaſchthof e Loſchie
zu ſuche. Er loſchiert ſich alſo imme Heidlberger Gaſcht-
hof ein. Sein Dokter hott'm in Anbedracht ſeiner
Verwundung vorg'ſchriewe: etwas diät zu leewe. Er
ſoll alſo per Exempl nit mehr wie'n Deller Supp vowends
zu Nacht eſſe. Den b'ſchtellt'r ſich alſo aah, un weiter
nix, in ſeim Gaſchtheefl, verbind ſich ſein Aarm, loßt
ſich bei dem G'ſchäft e biſſl vum bedreffende Haus-
knecht unnerſchtitze, un ſchenkt'm en Gulde Drinkgeld
dafor. War der Landwehrmann ſchun noowl, daß'r
mit ſeim kranke Aarm ſeine Quartierleit nit zu Laſcht
falle wollt, ſo war'er awer noch noowler, den Haus⸗—
knecht miteme Guldeſchtickl for die kleen Unnerſchtitzung
zu belohne. Ma hätt alſo annemme dirfe, daß d'r
Herr Werrth widder eeweſo noowl gege unſern Land-
wehrmann geweßt wär, wie'erm de annere Morge for

ſein Deller Supp un Bett iwer Nacht die Rechnung

gemacht. Dem war awer nit ſo. Mein Hern Werrth

hott'm for den Deller Supp un Bett iwer Nacht rund-

weg fl. 1. 45 gerechnet. Gewiß ſehr noowl! Der Herr
Werrth ſcheint alſo ke b'ſonders großer Patriott zu
ſein. Wenigſchtens muß'r e Herz im Leib hawe, in
dem d'r deitſche Patriotismus, vun dem noch nit zu
lang Lieder genug g'ſunge worre ſinn, bereits feſcht
zug'frorre is. E gewehnlich Dhauwetter, wie mer die
vorig Woch eens g'hatt hawe, ſcheint uff ſo'n zugekneppte
Patriott ke b'ſondere Schmelz auszuiewe. So eem mißt
ma ſchun mehr emool e halb Dutzeud Turcos in's Quar-
tier winſche. Dann wär ſein eing'frorener Patriotis-ü

mus gewiß gleih uffgedhaut. Fui Deift!

unſer verfluchti Bflicht un Schuldigkeit, do hiwe, im

So viel aus d'r Heidlberger deitſche Localbollidik.
In Bezug uff die auswärtig deitſch Bollidik ſcheint, wie
g'ſagt, d'r Bariſer Handl erſcht recht an zu gehn. Die
B'ſchießung werd vorerſcht energig fortg'ſetzt. E paar
Forts hawe ſchun die Krenk. Un wie's in Baris jetzt
Lab t, hott mer erſcht die Woch e Briefdaub ver-
zählt.

In Baris, ſagt ſie,
War's mal nett, ſagt ſie,
Aber jetzt, ſagt ſie,
Schwerebrett, ſagt ſie,
Steht es leider, ſagt ſie,
Obenfaul, ſagt ſie,
Trotz Gambetta's, ſagt ſie,
Großem Maul! ö

Das Geflügel, ſagt ſie,
Itt ſehr rar, fagt ſie
Man erhaſcht es, ſagt ſie,
Mit Gefahr, ſagt ſie; ö
Selbſt die Enten, ſagt ſie, 25
Fabrieirt, ſagt ſie, ö ö ö
Werden alle, ſagt ſie,
Exportirt.

Gänſeleber, ſagt ſie.
„Is nich“ mehr, ſagt ſie,
Iſt vertilgt vor, ſagt ſie,
Deutſchlands Heer, ſagt ſie,
Ratt und Katz, ſagt ſie,
Sind geſucht, ſagt ſie,
Doch ſie ſchmecken, ſagt ſie,
Ganz verflucht!

Auch der Rothſpohn, ſagt ſie,
Geht ſchon aus, ſagt ſie,
Wird geſchmiert, ſagt ſie,
3iſt ein Graus, ſagt ſie,
Von Champagner, ſagt ſie,
Keine Spur ſagt ſie,
Den trinkt höchſtens, ſagt ſie,
Man in Tours!

Kurz und gut, ſagt ſie,
Hör's die Welt, ſagt ſie,
In Paris, ſagt ſie,
Hat's geſchellt, ſagt ſie,
Es kommt nie mehr, ſagt ſie,
Auf den Strumpf, ſagt ſie,
Denn „Machulle,“ ſagt ſie,

Iſt dort Trumpf!

Druck und Verlag von G. Geiſendörfer.
 
Annotationen