4⁰⁵
werden, und war deßhalb verrufen. Allein er hatte
auch gute Seiten. Sein Wort war kurz und feſt. Er
drückte die Leute, die ihm verkaufen mußten, nicht bis
auf's Aeußerſte, und verſchmähte durchaus die kleinen
Liſte erfahrener Höndler, ſelbſt das Untadelhafteſte ſo
werthlos beim Ankauf darzuſtellen, daß der Verkäufer
nur Gott danken muß, einen Wohlthäter zu finden, der
es abnimmt. ö
Bei dieſem rückſichtlos derben Geſchäftsmann, der
von Gefühlsſtimmungen gar nichts zu wiſſen ſchien,
hatte ſich Frank gleichwohl in beſondere Gunſt gebracht.
Das war ſo zufällig gekommen. Die Liebhaberei, welche
Frank für alterthümliche Möbel beſaß, war zuweilen
durch einen mäßigen Ankauf befriedigt worden. Der
Handel war immer glatt und anſtändig vor ſich gegan-
gen. Der Händler hatte die Preiſe nie zu hoch ge-
ſtellt, und Frank nie den Verſuch gemacht, ſie deſſenun-
geachtet noch weiter herabzudrücken. Das war ſchon
etwas. Einmal aber hatte Frank ein kleines Schränk-
chen erworben und ſpäter in einem verborgenen Fache
deſſelben ein altes Gebetbuch mit koſtbaren Miniatur-
bildern aufgefnnden. Als Frank dem Händler davon
Mittheilung machte, ſagte der letztere, immerhin ein we-
nig verdrießlich, doch entſchieden: „Kauf iſt Kauf. Was
Sie gekauft haben, iſt Ihr Eigenthum. Ich mache da-
her keinen Anſpruch.“ — Allein ſo war der Handel
nicht im Sinne Frank's, der Burghard zwang, das
Buch zurückzunehmen bei Verluſt nachbarlicher Freund-
ſchaft und Kundſchaft. Der Händler mußte nachgeben
und machte, da er den ernſtlichen Willen und Wunſch
Frank's erkannte, auch nicht viel Worte. Doch bewies
er von dieſer Zeit ab, inſofern dies dem rauhen und
verſchloſſenen Weſen dieſes Mannes gelingen wollte,
gegen Frank und deſſen Familie eine ausnahmsmeiſe
Freundlichkeit, und ſein Geſicht glättete ſich, wenn er
ſie ſah, don einer Menge Geſchäftsfalten. Vor Kur-
zem hatte er ſogar die kleine Gertrud in ſeinen Laden
gerufen nnd ihr geſtattet an den Köpfen einiger chi-
neſiſchen Pagodeu zu wackeln. Das durfte nicht Jeder!
Er hatte zweimal geklopft und ein Herein! zu ver-
nehmen geglaubt. Darum war er eingetreten. Nun
war es ihm unangenehm, zu hören, was jedenfalls nicht
für ſein Ohr geſprochen wurde, und er bemühte ſich,
dem Inhalt des Geſpräches gar keine Aufmerkſamkeit
zu ſchenken. Allein das ging nicht; und was er hörte,
erregte ſeine Theilnahme in einer Weiſe, daß er es
nicht verſchmähte, den Lauſcher zu machen.
(Fortſetzung folgt.)
Fũüttert die Vögelein.
O wüßteſt Du, mein liebes Kind!
Wie an den Frühſtücksbrocken
So froh die kleinen Vögel ſind,
Du würd'ſt ſie damit locken;
Dann würden ſie am Fenſterlein,
Früh Dich zu wecken, picken,
Und dann für's kleinſte Broſämlein
Dir freundlich dankend nicken.
dame!
Euuß fühlen.“
Da draußen iſt jeßt Alles weiß,
Und was Dir Spiel und Freude,
Der dichte Schnee, das glatte Eis,
Dem Finklein iſt's zum Leide;
Kein Körnlein findet's weit und breit,
Und in des Winters Stürmen,
Iſt oft nicht warm genug ſein Kleid,
Wo Mütz' und Pelz Dich ſchirmen.
Du haſt zur ſchönen Sommerzeit
So gern gehört ſein Singen,
Sei uun auch frohen Muth's bereit,
Ihm Hülfe jetzt zu bringen.
Und wenn der Winter iſt vorbei,
Und blüh'n die Blümlein wieder,
Dann ſingt Dir Vögelein im Mai,
Die allerſchönſten Lieder.
Mannichfaltiges. ö
Freche Gauner. In einem der beſuchteſten
Juwelierläden Newyorks ſaß neulich eine ſchmächtige
Dame in reichſter Toilette, ließ eine gut geſpickte Börſe
durch die zarten Finger gleiten und betrachtete meh-
rere funkelnde Colliers, welche die dienſtfertigen Com-
mis vor ihr ausbreiteten. Sie überlegte, welches von
allen ihrem weißen Schwanenhalſe wohl am beſten klei⸗—
den würde. Plötzlich drängte ſich ein Gentleman von
feinſter Allure durch die Menge der Beſucher, welche
das prächtig erleuchtete Lokal füllten, ſchritt mit zorn-
funkelnden Augen auf die erwähnte Käuferin los,
pflanzte ſich dicht vor ihr auf und mit ſichtlich verhal⸗—
tenem Groll brach er in die Worte aus: „Hier alſo
vergeuden Sie meine ſauer erworbenen Goldſtücke, Ma-
Hatte ich Ihnen nicht oft genug anbefohlen,
dieſer verderblichen Leidenſchaft ein Ziel zu ſetzen!
Meine Geduld iſt zu Ende! Wer nicht hören will,
Eine ſchallende Ohrfeige fiel auf das
erbleichende Geſicht der ätheriſchen Dame nieder. Gleich-
zeitig entriß der geſtrenge Herr die goldgefüllte Börſe
der Hiid des ſchwachen Weſens und ſchritt trotzig, wie
Keizter Löwe zur Thür hinaus. — Die zarte
adh ſank in eine tieſe Ohnmacht. Wieder zu ſich
kommend, brach ſie in Thränen aus und bat einen der
verblüfft daſtehenden Commis, er möge ſie doch zum
Wagen geleiten. „Wo iſt meine Börſe?“ fragte ſie,
als dieſer ihr bereitwilligſt den Arm bot. „Ihr Herr
Gemahl hat ſie an ſich genommen,“ liſpelte der galante
Handlungsbefliſſene. „Mein Gemahl?!“ rief die Dame
entrüſtet aus. „Ich bin unverheirathet und kenne den
rohen Menſchen gar nicht.“ Alle Recherchen der Po⸗-—
liden, den frechen Gauner aufzufinden, blieben reſul-
tatlos.
Wann?! Einſt wurden zwei Jeſuiten zu Vol-
taire geſchickt. Als ſie zu ihm in's Zimmer traten,
fragte er ſie, wer ſie ſeien? — „Wir ſind von der Ge-
ſellſchaft Jeſu,“ war die Entgegnung. „Ganz wohl,“
antwortete der Dichter, „aber es kommt darauf an, ob
bei ſeiner Geburt oder bei ſeinem Tode?“ fuhr Vol⸗-
taire mit ſatyriſchem Lächeln fort. „Er wurde unter
Thieren geboren und ſtarb unter Schächern.“ —
werden, und war deßhalb verrufen. Allein er hatte
auch gute Seiten. Sein Wort war kurz und feſt. Er
drückte die Leute, die ihm verkaufen mußten, nicht bis
auf's Aeußerſte, und verſchmähte durchaus die kleinen
Liſte erfahrener Höndler, ſelbſt das Untadelhafteſte ſo
werthlos beim Ankauf darzuſtellen, daß der Verkäufer
nur Gott danken muß, einen Wohlthäter zu finden, der
es abnimmt. ö
Bei dieſem rückſichtlos derben Geſchäftsmann, der
von Gefühlsſtimmungen gar nichts zu wiſſen ſchien,
hatte ſich Frank gleichwohl in beſondere Gunſt gebracht.
Das war ſo zufällig gekommen. Die Liebhaberei, welche
Frank für alterthümliche Möbel beſaß, war zuweilen
durch einen mäßigen Ankauf befriedigt worden. Der
Handel war immer glatt und anſtändig vor ſich gegan-
gen. Der Händler hatte die Preiſe nie zu hoch ge-
ſtellt, und Frank nie den Verſuch gemacht, ſie deſſenun-
geachtet noch weiter herabzudrücken. Das war ſchon
etwas. Einmal aber hatte Frank ein kleines Schränk-
chen erworben und ſpäter in einem verborgenen Fache
deſſelben ein altes Gebetbuch mit koſtbaren Miniatur-
bildern aufgefnnden. Als Frank dem Händler davon
Mittheilung machte, ſagte der letztere, immerhin ein we-
nig verdrießlich, doch entſchieden: „Kauf iſt Kauf. Was
Sie gekauft haben, iſt Ihr Eigenthum. Ich mache da-
her keinen Anſpruch.“ — Allein ſo war der Handel
nicht im Sinne Frank's, der Burghard zwang, das
Buch zurückzunehmen bei Verluſt nachbarlicher Freund-
ſchaft und Kundſchaft. Der Händler mußte nachgeben
und machte, da er den ernſtlichen Willen und Wunſch
Frank's erkannte, auch nicht viel Worte. Doch bewies
er von dieſer Zeit ab, inſofern dies dem rauhen und
verſchloſſenen Weſen dieſes Mannes gelingen wollte,
gegen Frank und deſſen Familie eine ausnahmsmeiſe
Freundlichkeit, und ſein Geſicht glättete ſich, wenn er
ſie ſah, don einer Menge Geſchäftsfalten. Vor Kur-
zem hatte er ſogar die kleine Gertrud in ſeinen Laden
gerufen nnd ihr geſtattet an den Köpfen einiger chi-
neſiſchen Pagodeu zu wackeln. Das durfte nicht Jeder!
Er hatte zweimal geklopft und ein Herein! zu ver-
nehmen geglaubt. Darum war er eingetreten. Nun
war es ihm unangenehm, zu hören, was jedenfalls nicht
für ſein Ohr geſprochen wurde, und er bemühte ſich,
dem Inhalt des Geſpräches gar keine Aufmerkſamkeit
zu ſchenken. Allein das ging nicht; und was er hörte,
erregte ſeine Theilnahme in einer Weiſe, daß er es
nicht verſchmähte, den Lauſcher zu machen.
(Fortſetzung folgt.)
Fũüttert die Vögelein.
O wüßteſt Du, mein liebes Kind!
Wie an den Frühſtücksbrocken
So froh die kleinen Vögel ſind,
Du würd'ſt ſie damit locken;
Dann würden ſie am Fenſterlein,
Früh Dich zu wecken, picken,
Und dann für's kleinſte Broſämlein
Dir freundlich dankend nicken.
dame!
Euuß fühlen.“
Da draußen iſt jeßt Alles weiß,
Und was Dir Spiel und Freude,
Der dichte Schnee, das glatte Eis,
Dem Finklein iſt's zum Leide;
Kein Körnlein findet's weit und breit,
Und in des Winters Stürmen,
Iſt oft nicht warm genug ſein Kleid,
Wo Mütz' und Pelz Dich ſchirmen.
Du haſt zur ſchönen Sommerzeit
So gern gehört ſein Singen,
Sei uun auch frohen Muth's bereit,
Ihm Hülfe jetzt zu bringen.
Und wenn der Winter iſt vorbei,
Und blüh'n die Blümlein wieder,
Dann ſingt Dir Vögelein im Mai,
Die allerſchönſten Lieder.
Mannichfaltiges. ö
Freche Gauner. In einem der beſuchteſten
Juwelierläden Newyorks ſaß neulich eine ſchmächtige
Dame in reichſter Toilette, ließ eine gut geſpickte Börſe
durch die zarten Finger gleiten und betrachtete meh-
rere funkelnde Colliers, welche die dienſtfertigen Com-
mis vor ihr ausbreiteten. Sie überlegte, welches von
allen ihrem weißen Schwanenhalſe wohl am beſten klei⸗—
den würde. Plötzlich drängte ſich ein Gentleman von
feinſter Allure durch die Menge der Beſucher, welche
das prächtig erleuchtete Lokal füllten, ſchritt mit zorn-
funkelnden Augen auf die erwähnte Käuferin los,
pflanzte ſich dicht vor ihr auf und mit ſichtlich verhal⸗—
tenem Groll brach er in die Worte aus: „Hier alſo
vergeuden Sie meine ſauer erworbenen Goldſtücke, Ma-
Hatte ich Ihnen nicht oft genug anbefohlen,
dieſer verderblichen Leidenſchaft ein Ziel zu ſetzen!
Meine Geduld iſt zu Ende! Wer nicht hören will,
Eine ſchallende Ohrfeige fiel auf das
erbleichende Geſicht der ätheriſchen Dame nieder. Gleich-
zeitig entriß der geſtrenge Herr die goldgefüllte Börſe
der Hiid des ſchwachen Weſens und ſchritt trotzig, wie
Keizter Löwe zur Thür hinaus. — Die zarte
adh ſank in eine tieſe Ohnmacht. Wieder zu ſich
kommend, brach ſie in Thränen aus und bat einen der
verblüfft daſtehenden Commis, er möge ſie doch zum
Wagen geleiten. „Wo iſt meine Börſe?“ fragte ſie,
als dieſer ihr bereitwilligſt den Arm bot. „Ihr Herr
Gemahl hat ſie an ſich genommen,“ liſpelte der galante
Handlungsbefliſſene. „Mein Gemahl?!“ rief die Dame
entrüſtet aus. „Ich bin unverheirathet und kenne den
rohen Menſchen gar nicht.“ Alle Recherchen der Po⸗-—
liden, den frechen Gauner aufzufinden, blieben reſul-
tatlos.
Wann?! Einſt wurden zwei Jeſuiten zu Vol-
taire geſchickt. Als ſie zu ihm in's Zimmer traten,
fragte er ſie, wer ſie ſeien? — „Wir ſind von der Ge-
ſellſchaft Jeſu,“ war die Entgegnung. „Ganz wohl,“
antwortete der Dichter, „aber es kommt darauf an, ob
bei ſeiner Geburt oder bei ſeinem Tode?“ fuhr Vol⸗-
taire mit ſatyriſchem Lächeln fort. „Er wurde unter
Thieren geboren und ſtarb unter Schächern.“ —