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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0143

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Dienstag, den 3. Auguſt

880

N. IT.
——

lt⸗Heidelberg, Du glänzende Gefeierte
Von eines Scheffel's Jugendbegeiſterung,
Wer könnte fürder wohl es wagen,
Dich, Du Erhabene, noch zu preiſen.

Wenn nicht Alcaeus, jener gewaltige
Geſangesfürſt im blühenden Griechenland,
Die Strophe ſeiner hohen Leyer
Liehe zur Stütze dem deutſchen Sänger?

So ſtehſt du heute blühend und ſtrahlender
Denn je, wenngleich der Schweſtern die Aelteſte,
Vor aller Welt, und Aller Blicke
Sind mit Entzücken auf Dich gerichtet.

Heidelberg, den 1. Auguſt 1886.

——

Aläeäiſche Strophe.
Dir, Heidelberg, dem Götterbegnadeten,
Und deinem Schlotß', der Zierde des Vaterlands,
Euch ſeien dieſe Jubelklänge
Liebend geweihet als Dank und Feſtgruß!

Denn nicht bloß „Ahma“ feiert ein Wiegenfeſt
Fünfhundertjähr'gen Ruhmes der Wiſſenſchaft —
Auch Du mit deinen braven Bürgern
Feierſt ein Gleiches für deine Treue.

————

Pesigruß an Heidelberg.

Der ält'ſten Stätte deutſcher Gelehrſamkeit
Warſt Du ja ſtets befliſſene Hüterin
Und haſt mit Stolz auf dieſes Kleinod
Redlich getragen mit ihm das Schickſal;

Auch Du erſtand'ſt mit eiſernem Bürgermuth
Aus blut'gen Trümmern wieder und glücklicher
Zu „Neuem Leben“, und dein Ringen
Trägt das Gepräge von weiſer Thatkraft.

O blühe fort, Du lieblicher Muſenort,
Alt⸗Heidelberg! Und möchten die Ewigen
In abermals Fünfhundert Jahren
Segen und Ruhm Dir auf's Haupt verſammeln!

Dr. Lobſtein.

* Das Univerſitäts⸗Jubiläum.
Seeidelberg, 3. Auguſt.
Ankunft der Groſherzoglichen Herrſchaften und
Sr. N. Rgl. Bah⸗i des Beniſchen Whrien
Geſtern Nachmittag trafen Se. Kgl. Hoheit der Groß-
herzog und Ihre Kgl. Hoheit die Frau Großherzogin
nebſt Gefolge mittelſt Schnellzuges 3,35 Uhr auf dem
dieſigen Hauptbahnhofe ein. Unter Glockengeläute und
Kanonendonner hielten die Großherzoglichen Herrſchaften,
egrüßt von ſtürmiſchen Hochrufen der zahlreich ver-
ſammelten Menſchenmenge, ihren Einzug in die im
vollſten Feſtſchmuck prangende Stadt. Die hohen
errſchaften begaben ſich zunächſt in die Feſthalle,
Aun da aus in die Univerſität, zur Beſichtigung der
Pal ſodann ein die Heiliggeiſtkirche und ſchließlich in's
ö alais. Ueberall, wo der geliebte Landesfürſt und ſeine
gohe Gemahlin nur ſichtbar wurden, brach ſich die Be-
ſeiſterung des frohgelaunten, feſtlich geſtimmten Publikums
nenthuſiaſtiſchen Jubelrufen Bahn. Im Laufe des
neinigen Abends ſtatteten die Großherzoglichen Herrſchaften
keit dem Schloß einen Beſuch ab, um daſſelbe mit allen
zeinen für das Feſt getroffenen Einrichtungen in Augen-
ſchein zu nehmen.
Heute Morgen 8 Uhr traf, von Bayreuth kommend,
Hene Kaiſerliche Hoheit der Deutſche Kronprinz
ſch ein. Auf dem Perron des Hauptbahnhofs hatten
be) zu Höchſtdeſſen Empfang eingefunden: Se. Kgl. Hoheit
er Großherzog, der preußiſche Geſandte aus Karlsruhe,
ö ſüie Generalität des badiſchen Armeecorps und zahlreiche
anſtige Offiziere, Profeſſoren der Univerſität mit Prorektor
D eh.⸗Rath Bekker an der Spitze, Herr Stadtdirector v. Scherer
eer Stadtrath mit Herrn Oberbürgermeiſter Dr. Wilckens
der Spitze. Außerdem war daſelbſt eine Ehren-
mpagnie des hieſigen Bataillons in Parade⸗Uniform
aufgeſtellt, ihr zur Seite das Muſikcorps des 110.
* derenad.⸗Regiments. Die Begrüßung des Kronprinzen durch
An Großherzog war eine ungemein herzliche. Viele der
hatteeſenden, die Sr. Kaiſerlichen Hoheit vorgeſtellt wurden,
atten die Ehre, in leutſeligſter Weiſe angeredet zu werden,
obei der Kronprinz manches liebenswürdige Scherzwort
ören ließ. Die Nachricht von der Ankunft des
ſpronbrinzen rief in der vom Lichte der goldigen Morgen-
onne übergoſſenen Stadt die freudigſte Erregung hervor.
ie Straßen füllten ſich mit einer hin und her ſtrömenden
enſchenfluth, das Feſtleben erhielt erſichtlich einen neuen
Pupiils. Begeiſtert begrüßt von dem Spalier bildenden
ublikum fuhren Se. K. Kgl. Hoheit der Kronprinz und
e. Kgl. Hoheit der Großherzog, während feierliches
lockengeläute ertönte und von den Höhen des Geisberges
er Böllerſchüſſe erdröhnten, die Anlagen entlang, durch
ie Graben⸗ und Hauptſtraße zum Palais. Die Ehren-
Impagnie marſchirte unter den rauſchenden Klängen
8. Regimentsmuſit zurück in die Stadt. In den
ö Thraßen herrſchte ſeit der Ankunft des Deutſchen
Tronerben ein ſeltenes, buntbewegtes Leben und
Ereiben. Einem brauſenden Strome gleich flutheten die
ketenſchenmaſſen durch die Hauptſtraße, ſo daß der Wagenver-
ehr kaum möglich war. Außerordentlich war der An-
Unmnd insbeſondere auch auf dem Ludwigsplatz vor der
zmiverſität, als die Stunde des Empfanges der Deputationen
der Aula heranrückte.

Empfang der Gäſte in der Teſthalle.
ö 12. Die erſte Wuthe in dem Kranze der Jubiläums feſtlich-
ſtnten hat ſich erſchloſſen, der erſte offcielle Feſtakt hat
zu gefunden. Er diente dazu, eine ſchöne, erhebende Pflicht
erfüllen, den Tauſenden, die herbeigeſtrömt ſind, ſich
at der Ruperto-Carola und mit dem ſie bergenden
14 Alt⸗Heidelberg“ des herrlichen Feſtes zu freuen, ein
zrsliches „Willkommen“ zuzurufen. „Willkommen“ wehten
. e Hunderte von Flaggen den Feſtgäſten entgegen, „Will-

kommen⸗ erklang es aus liebem Freundesmund, „Will-
kommen“ leuchtete es von all den feſtlichfrohen Geſichtern,
und was ihnen ſo hundertfach von allen Seiten entgegen-

gebracht wurde, das hat ihnen nun geſtern der Vertreter

der Stadt officiell im Namen der letzteren aus vollein
Herzen zugerufen. Eine nach vielen Tauſenden zählende
Menge, hat ſich in der Feſthalle, die ſich in ihrer ganzen
bunten Pracht präſentirte, eingefunden. Erſt jetzt wurden
dem Beſchauer die gewaltigen Dimenſionen klar, als der
Koloß immer neue Menſchenmaſſen verſchlaug, und, trotz-
dem daß jeder Platz beſetzt ſchien, doch Allen noch Raum
zur Bewegung gewährte. Es war ein großartiges Schau-
ſpiel die wogende Menge in dem bunten Rahmen der
Halle, von dem ſilbernen Licht der elektriſchen Lampen
übergoſſen. Ein Trompetenſignal zeigte den Beginn der Feſt-
lichkeiten an und alsbald dröhnten ernſtfeierlich die Klänge
des Lachner'ſchen Feſtmarſches, von zwei vereinigten Mili-
tärkapellen ausgeführt, durch den gewaltigen Raum. Stür-
miſcher Beifall ehrte den Componiſten, der das ſtimmungs-

volle Werk ſelbſt dirigirte. Nachdem der Beifall verrauſcht

war, beſtieg Herr Oberbürgermeiſter Dr. Wilckens die Redner-
kanzel um mit kräftiger, durch den ganzen Raum vernehm-
barer Stimme folgenden Feſtgruß darzubringeu. Kurz

und kernig war ſeine Rede, aus freudig bewegtem Herzen

kommend und durch den warmen Ueberzeugungston zu
Herzen dringend. ö
Zunächſt entbietet er den Feſtgäſten im Namen der
Stadt ſeinen herzlichſten Willkommensgruß und ſpricht
ſeine Freude darüber aus, daß ſie ſo vollzählig zu dem
hohen Feſte erſchienen ſeien. Es ſet das ein Zeichen von
Treue und Anhänglichkeit, ſei ein Zeichen dahin, daß ſie
frohe Erinnerungen von ihrem ehemaligen Aufenthalt mit-
genommen. Er ſpricht dann die Hoffnung aus, daß das
Feſt, zu dem ſie gekommen, mit Gottes Hülfe einen glück-
lichen Verlauf nehmen werde.
Hierauf betonte er die nationale Seite des Feſtes.
Daß die Deutſchen „ein einig Volk von Brüdern“,
zeigte auf's Neue das Feſt, und werde letzteres dazu bei-
tragen, das nationale Band noch feſter zu ſchlingen. Mit
beſonderem Stolze dürfe gerade die Univerſität ihre Jubel-

feier begehen, die vor Allen zu allen Zeiten den nationalen
Sinn gepflegt habe: den Glauben an ein mächtiges Vater-

land zu wahren beſtrebt geweſen ſei. Gehoben werde die
Feſtesfreude durch das erhabene Bewußtſein, daß die Cen-
tenarfeier in einer Zeit der nationalen Kraft und Herrlich-
keit begangen werden, unter der Herrſchaft eines Helden-
kaiſers, der dem Reiche die Größe und den Frieden ge-
ſchenkt. Mit dankbaren Worten gedenkt der Redner des

großen Intereſſes, das der erlauchte Herrſcher an dem

Wohl unſerer Ruperto-Carola nimmt, und ſpricht ſeine
innige Freude darüber aus, daß der Kaiſer einen Stellver-
treter in ſeiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen zu dem
Feſte entſendet habe. Seine Weihe erhalte daſſelbe vor
Allem, fährt der Sprecher fort, durch das perſönliche Er-
ſcheinen unſeres Großherzogs Friedrichs, des hochherzigen
Pflegers der Kunſt und Wiſſenſchaft, des reotor magnifi-
centissimus der Univerſität. Doppelt freudig ſchlage das
Herz bei dem Gedanken, daß er in den Jubeltagen in
unſerer Mitte weile, er der Schirmherr des Fortſchritts,
der ſeine ganze Kraft zur Erziehung der nationalen Eini-
gung eingeſetzt, für ſie die erheblichſten Opfer gebracht.
Mit der Aufforderung, auf den Kaiſer und den Groß-
herzog ein Hoch auszubringen, ſchließt Dr. Wilckens,
und mächtig dröhnte aus den Tauſenden von Kehlen ein
begeiſtertes dreimaliges Hoch durch den Saal. Die Muſik
intonirt „Hell Dir im Siegerkranz“, die Menge, die ſich
von den Sitzen erhebt, ſtimmt freudig ein. ö
Nunmehr folgte das Jubiläums⸗Feſtlied; der Dichter,
der uns die Worte geſchenkt, der ſo ſicher gehofft, von ſeinem
lorbeerumwundenen Ehrenſitz ihren feſtlichen Klang zu ver-
nehmen, er iſt nicht mehr! — es iſt als ob bei dem Ge-

danken daran ein dumpfer Trauerton in die mächtig
packende Weihe hineinklinge. Mit jubelndem Zuruf wird
der Componiſt Altmeiſter Lachner gefeiert, nachdem das
Lied ausgeklungen, und das Publikum beruhigt ſich nicht, bis
er wieder den Taktſtock ergreift und zum zweiten Male die
Feſtklänge ertönen. Ein Theil der Lorbeeren fällt den
Sängern zu, deren ſtaarliche Schaar — es mögen an drei-
hundert Köpfen geweſen ſein — mit Begeiſterung ihre Auf-
gabe durchführte. Für das Bariton⸗Solo hätte kein geeig-
neterer Vertreter gefunden werden können, als Herr Hof-
pauer, deſſen markige gewaltige Stimme den Kampf mit
dem Rieſenraum ſiegreich durchführte. Eine ſehr warme
Aufnahme fand die gleichfalls vortrefflich durchgeführte
Hymne auf das deutſche Reich. Mit letzterer ſchloß der
erſte programmmäßig feſtgeſetzte Theil des Abends. Bis
ſpät in die Nacht war in der Halle eine fröhliche Menge
verſammelt, die den Klängen der Muſik lauſchte und den
Jubiläumsgetränken zuſprach. Wer ſich endlich losriß von
dem Feſtgepränge der trauten Tiſchgeſellſchaft, nahm ſicher-
lich eine volle und ganze Jubiläumsſtimmung aus dem
Feſthallenvorſpiel mit nach Hauſe. Möge der glückliche
Verlauf dieſes erſten Abends ein günſtiges Vorzeichen für
die nächſten Tage ſein, möge vor Allem der Himmel das
allerwärts prangende „Semper apertus“ nicht auf ſich
beziehen.
Die Rede des Herrn Oberbürgermeiſters Dr. Wilckens
lautet wörtlich:
ͤHochverehrte Feſtgenoſſen!
Ein halbes Jahrtauſend iſt dahin gegangen, ſeit die

Wiſſenſchaften in Heidelberz ihren Einzug hielten, und aus

Nah und Fern ſind heute die Jünger der Ruperto⸗Carola
zuſammengeſtrömt, um die Feier mitzubegehen, welche jenes
hochbedeutſame Ereigniß unſerem Geſchlechte in's Gedächtniß
zurückrufen und zugleich den Beweis dafür liefern ſoll,

daß von den Tauſenden, welche hier ſtudirt haben, noch

gar Mancher in Liebe und Treue der alma mater ergeben

iſt, welcher er ſeine wiſſenſchaftliche Ausbildung verdankt,
ſowie auch freundlich der Stadt mit ihrer herrlichen Um-
gebung ſich erinnert, in der er ſo viele frohen und ſchönen
Stunden verleben durfte. ö
Namens dieſer Stadt heiße ich Sie Alle aufs wärmſte
und herzlichſte willkommen.
Wir ſind ſtolz darauf, daß wir ſo viele ehemalige
Angehörige der Hochſchule in unſerer Mitte begrüßen dürfen.
Iſt uns doch Ihre zahlreiche Theilnahme an unſerem Feſt
eine Gewähr dafür, daß Sie die früher bei uns zuge-
brachten Zeiten nicht zu den verlorenen rechnen und daß

Sie gerne das Gedächtniß an Ihre Erlebniſſe im Neckar-

thale wieder auffriſchen. Gebe Gott, daß unſere Feier
einen in jeder Hinſicht guten und glücklichen Verlauf nimmt!
Möge ſie namentlich auch zur Stärkung des nationalen Ge-
dankens beitragen, möge ſie uns Allen aufs Neue zum Be-
wußtſein bringen, daß wir Deutſche ein einzig Volk von
Brüdern ſind und daß wir uns in keiner Noth und Ge-
fahr mehr von einander trennen dürfen. Das Gefühl der
Zuſammengehörigkeit aller deutſchen Stämme zu einem großen
Ganzen, haben unſere Hochſchulen, und ſpeciell auch unſere
geliebte Ruperto⸗Carola, ſtets eifrig gepflegt und gefördert.
Sie haben es auch, als das Baterland ohnmächtig und
zerriſſen war, feſtgehalten, und gerade in den Zeiten, in
welchen der deutſche Nationalgeiſt zu ſchlummern ſchien,
waren es unſere Hochſchulen, an denen treffliche Männer
immer aufs Neue wieder darauf hinwieſen, daß unſerem
Volke auch in politiſcher Beziehung ein beſſeres Loos be-

ſtimmt ſein müſſe und die Jugend für die idealen Güter

in einer Weiſe zu begeiſtern verſtanden, daß ſie über der
unerquicklichen Zerfahrenheit der deutſchen Verhältniſſe den
Glauben an die Zukunft der Nation nicht verlor. Die
Träume der Jugend von einem großen, mächtigen Vater-
lande. Gott Lob und Dank, ſie ſind in Erfüllung gegangen.
Wir haben das gar nicht hoch genug anzuſchlagende Glück,

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