Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0437

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
tſchtint
täglich Sonntags
ausgenommen.

üreis
mit Familien-
blättern viertel-
lährlich 24½.60.
ausſchl. Poſtauf-
ſchlag u. Träger-
Lohn.

Hidelberger Zeitung.=

Zuſerfionsgebähr
15. fürdie 1ſpal-
tige Petitzeile oder
deren Raum. Für
hieſ. Geſchäfts-

d. Inſerate in den
Placat⸗Anzeiger.

Tagblalt und Verkündiger für die Stadt Heidelberg.

N. 23. Erſtes Blatt.

Famstag, den 16. Oktaber

1886

*Politiſche Wochenſchau.
Heidelberg, 16. October.

Kaiſer Wilhelm befindet ſich, wie aus Baden⸗Baden
gemeldet wird, im beſten Wohlſein. Im Laufe der nächſten
Woche wird der Monarch jedenfalls Baden⸗Baden ver-
laſſen, um nach Berlin zurückzukehren. Als Tag des Ein-
treffens in der Reichshauptſtadt wurde von unterrichteter
Seite der 20. October genannt.
Inm Getriebe des parteipolitiſchen Lebens ſpielen zur
Zeit die bevorſtehenden Erſatzwahlen im 1. Berliner und
Iim I1. badiſchen Reichstagswahlkreiſe (Mannheim⸗Wein-
hbeim⸗Schwetzingen) eine hervorragende Rolle. In beiden Kreiſen
Niſt die Wahlbewegung in vollem Fluß. Ein gar klägliches
Bild bietet hierbei, wie ſchon öfter betont, die Mannheimer
Demokratie. Sie litt ſeit Jahren ſtark an Schwindſucht,
ie mit den Vorbereitungen zur Wahl verbundenen Auf-
regungen haben das Leiden erheblich verſchlimmert. Ihre
ganze Kraftloſigkeit ſpiegelt ſich in den Schmerzenslauten
wieder, die der Mannheimer Anzeiger von Zeit zu Zeit aus-
ſtößt, und in dem ebenſo krampfhaften als vergeblichen
Bemühen nach einem Candidaten, der ſich des desorganiſirten
Häufleins annimmt. Trotz dieſer Sachlage und ſeines
ſtarken Wahlfiebers ſucht der Mannheimer Tonangebende
2 bisweilen ſeine große Renommirpoſaune vor und bläſt darauf
die luſtigſten und ausgelaſſenſten Melodieen von guten Wahl-
ausſichten und Candidatenüberfluß. Der Glückliche! Alle
mübrigen bei der Mannheimer Wahl betheiligten Parteien
4. ſind für den bevorſtehenden Kampf bereits vollkommen ge-
rüſtet und haben ihre Candidaten entweder bereits nomi-
nirt, oder doch definitiv beſchloſſen, für eine eigene Candi-
datur einzutreten.
Recht unangenehm für die Berliner Polizeiverhältniſſe
iſt der Ausgang, welchen der Prozeß Berndt⸗Chri-
ſtenſen, die unerquickliche Fortſetzung dese Prozeſſes
Ihring⸗Mahlow, am Dienstag in der Berufungs-
Inſtanz vor dem Landgericht genommen. Tiſchler Berndt

und Privatlehrer Chriſtenſen waren beſchuldigt, dem Reich s⸗

tagsabgeordneten Singer für ſeine bekannten
Ausführungen im Reichstage das Material geliefert zu
haben. Das Schöffengericht hatte beide Angeklagte der ver-
ö leumderiſchen Beleidigung des Schutzmanns für ſchuldig
erkannt und ſie zu je 6 Monaten Gefängniß verurtheilt.
Ganz anders aber geſtaltete ſich die Verhandlung in der
Strafkammer. Auf Grund der Beweisaufnahme kam der Ge-
richtshof zu der Ueberzeugung von der Unſchuld der Ange-
klagten und ſprach dieſelben frei. Der Prozeß that un-
zaweifelhaft dar, daß Ihring⸗Mahlow in ſeiner Thätigkeit
als Geheimpoliziſt viel zu weit gegangen. Es mußte als
erwieſen angenommen werden, daß er Männer, denen er
ſich fälſchlich als Parteigenoſſe zugeſellte, zu verbrecheriſchen
Handlungen aufzureizen verſucht hatte. Gewiß muß alles
geſchehen, was es möglich macht, etwaigen gemeingefähr-
lichen und berbrecheriſchen Treibereien auf die Spur zu
kommen, das darf aber niemals dahin ausarten, daß man
die mit Recht oder Unrecht Verdächtigen ſelbſt auf die Bahn
des Verbrechens zu drängen ſucht.
Die Ausweiſungen aus den Provinzen Poſen und
Weſtpreußen ſcheinen nahezu ihr Ende erreicht zu haben.
Es gehe dies — ſo ſchreibt man der Schleſ. Ztg. —
araus hervor, daß das in Poſen befindliche polniſche

Hilfscomité für die Ausgewieſenen erklärt, es werde mit
Rückſicht darauf, daß die Hilfe des Comités jetzt kaum
noch in Anſpruch genommen wird, am 15. nüchſten Monats
ſeine Thätigkeit ſchließen. Es ſei zu hoffen, daß von jetzt
ab unſere Behörden ruſſiſche und öſterreichiſche Unterthanen
polniſcher Nationalität von vornherein hindern werden, in
unſeren Grenzdiſtricten ſich anzuſiedeln. Wäre in den letzten
Jahrzehnten in dieſer Hinſicht conſequent verfahren worden,
ſo würde es jetzt nicht nöthig geweſen ſein, ruſſiſche und
galiziſche Polen, die ſeit langen Jahren diesſeits der
Grenze ſich niedergelaſſen hatten, auf einmal in Maſſe aus-
zuweiſen, wobei ſich oftmals eine gewiſſe Härte nicht ver-
meiden ließ.
Der Wiener Polizei iſt in allerjüngſter Zeit die Aus-
hebung eines Anarchiſtenneſtes geglückt, bei welcher
Gelegenheit es ſich herausſtellte, daß Wien vor der ſchwer-
ſten Schädigung ſeiner öffentlichen Wohlfahrt geſtanden
hätte, wenn jene Mord⸗ und Brandbuben ihr Werk hätten
vollführen können. Die Polizei beobachtete ſeit längerer
Zeit ungefähr 20 der Arbeiterklaſſe angehörende Indivi-
duen, welche ſich jeden Sonntag in einem abgeſchloſſenen
Raume eines kleinen Wirthshauſes in dem Wiener Vor-
orte Penzing verſammelten. Sie ermittelte, daß dieſe Gruppe
ein Anarchiſtenkonventikel darſtelle, welches in dem Wirths-
hauſe die Zuſammenſetzung von Exploſivſtoffen und die
Herſtellung von Dynamit, Bomben u. ſ. w. betrieb, um
in der Nacht vom 3. zum 4. October die Holzlager in
den weſtlichen Vororten Rudolfsheim, Hietzing, Penzing,
dem Bezirke Favoriten und an der Donaulände in Brand
zu ſtecken, gleichzeitig auch einige öffentliche Gebäude an-
zuzünden und in die hierbei zuſammenſtrömende Menge
Bomben zu werfen. Die Verbrecher wurden im geeigneten
Augenblicke feſtgenommen. Einer der Rädelsführer, ein
anarchiſtiſcher Umtriebe wegen im Jahr 1884 ausgewie-
ſenes Indibiduum, entfernte ſich, bevor das Komplott zur
Kenntniß der Polizei gelangte. Die Verhafteten ſind den
ſtrengſten Verhören unterworfen, und es verlautet, daß
einige bereits Geſtändniſſe abgelegt haben. Wenn man er-
wägt, daß ehrliche Arbeit und auskömmticher Verdienſt nur
unter geordneten Verhältniſſen gedeihen kann, ſo iſt es
klar, daß den Arbeitern kein ſchlimmerer Feind droht, als
gerade die Anarchiſten und ähnliches Gelichter. Die Schluß-
folgerung daraus aber liegt auf der Hand.
Frankreich ſteht wieder einmal vor einer kleinen
Miniſterkriſis. Der Finanzminiſter Sadi Carnot
hat ſeine Entlaſſung eingereicht, weil er mit ſeinen Finanz-
nuchte in der Budget⸗Commiſſion nicht durchzudringen ver-
mochte.
Die antiklerikale Bewegung in Italien nimmt einen
immer entſchiedenern Charakter an. Auf einer Verſamm-
lung in Livorno wurde die Bewegung „in Dauer er-
klärt.“ Aber auch auf Seiten der Clerikalen iſt man nicht
unthätig. Die ſchlauen Leiter des Jeſuitenordens haben
beſchloſſen, für den Fall, daß ein neues Geſetz gegen den
Orden vom Parlament genehmigt werde, die Patres italie-
niſcher Ration nach dem Auslande zu ſenden und in ihren
Inſtituten fremdländiſche anzuſtellen, welche ſicher ſind, von
den Vertretern der fremden Mächte vor Verfolgungen ge-
ſchützt zu werden. () Auch wird in dem nächſten Conſi-
ſtorium, welches auf den 15. November anberaumt iſt, der
Papſt ſelbſe ſeine Stimme erheben und gegen die anti-

klerikale Bewegung vor verſammeltem Cardinalcollegium
Einſpruch erheben.
Die bulgariſchen Wahlen ſind vollzogen, und wenn
die Abgeordneten auch ſchwerlich ſehr bald in das neue
Parlamentsgebäude, welches ihnen in Tirnowa erbaut wurde,
einziehen werden, ſo haben die Wahlen dem bulgariſchen
Volke doch Gelegenheit gegeben, die Berichte der Kaulbars
und Genoſſen vor aller Welt Lügen zu ſtrafen. Von 590
Abgeordneten gehören 480 zur Regierungspartei, während
nur 26 Zankowiſten und 15 Anhänger Karawelows aus

den Urnen hervorgegangen ſind. Die Anhänger Karawe-

lows darf man nämlich nicht zur Regierungspartei rechnen,
obgleich Karawelow ſelbſt Mitglied der Regentſchaft; denn
die Berichte mehren ſich, welche Karawelow als einen Ver-
treter ruſſiſcher Jutereſſen hinſtellen. Die geſetzmäßig geäußerte
Stimme des bulgariſchen Volkes erklingt alſo ſo laut
und entſchieden, daß ſie ſchließlich ſelbſt an das Ohr des
Czaren dringen wird. Hält doch ſelbſt das Journal de
St. Petersbourg ein endgültiges Urtheil über die bulgari-
ſchen Wahlen und über die wirkliche Lage des Landes für
unmöglich. Es iſt alſo ſehr wohl denkbar, daß man ſich
an der Newa noch eines beſſern beſinnt und Herrn
Kaulbars nur deshalb lobt, um ihn mit Anſtand zurück-
rufen zu können. Dem Deutſchen fällt es ſchwer, ſich die
nach deutſchen Begriffen allerdings ungeheuerliche, im übri-
gen aber jedem Politiker geläufige Thatſache zurechtzulegen,
daß die Sendboten des ruſſiſchen Selbſtherrſchers nicht etwa

einſchwenken, wie die Unteroffictere, ſondern ſehr oft auf

eigene Verantwortung und Gefahr durch Eigenmächtigkeiten
und Verdrehungen den Czaren zu täuſchen ſuchen. Deß-
halb mögen folgende Bemerkungen der Berliner Poſt
hier eine Stelle finden: Syſtematiſch iſt ſeit Jahren
der Kaiſer Alexander ſammt ſeinen Miniſtern getäuſcht
worden über die Stimmung und die Zuſtände in Bulgarien.
Alle Agenten, hohe und niedere, amtliche und außeramt-
liche, haben ſich bemüht, nach Petersburg zu berichten, daß

das ganze Volk der Bulgaren, nördlich wie ſüdlich vom

Balkan, nur für Rußland ſchwärme, nur von Rußland
regiert ſein wolle, nichts heißer begehre, als dem ruſſiſchen
Kreuzzug voranzuſtürmen; nur ein paar Jutriganten ſeien
es, welche die bulgariſche Bevölkerung über Rußland zu
täuſchen und mit Rußland zu verfeinden ſuchten, Intrigan-
ten, welche durch engliſches Geld für den Ehrgeiz des
Fürſten Alexander gewonnen worden ſeien. Erſtaunt wird
der Leſer fragen, wie eine ſo trügeriſche Darſtellung von
Seiten zahlreicher und verſchiedener Agenten möglich ge-
weſen. Darauf iſt die Antwort, daß dabei hin und wieder
Selbſttäuſchung mit unterlaufen ſein mag, dann Scheu vor
dem Bericht unliebſamer Thatſachen, dann wohl hauptſäch-
lich Furcht vor den panſlawiſtiſchen Obern, da der Pan-
ſlawismus faſt alle hohen Stellungen durchdringt. Endlich
aber darf man nicht außer Acht laſſen, daß die Geſinnung
der Bulgaren erſt allmählig gereift iſt. Der andächtige
Reſpekt vor dem Czaren war vorhanden, als man die ruſſi-
ſchen Offtziere und Beauftragten kennen und verabſcheuen
lernte. Man ſchob deshalb die Wahl ſolcher Perſönlich-
keiten auf den Zufall und wurde an der Verehrung für
den Czaren noch nicht irre. Erſt die Art, wie General
Kaulbars ſeinen Auftrag vollführt hat, dürfte ſelbſt in.
dieſer Beziehung Wandel geſchafft haben.



22)

Frauenloos.
Von S. v. d. Horſt.
(Fortſetzung.)
Langſam ſchlenderte der Freiherr durch das blühende
Thal. Eintönig klapperten die Mühlräder, ſprühend, in
breitem Strome ergoß ſich das Waſſer in den Fluß, der
zwiſchen Wieſen dahinlief. Dorfkinder mit nackten Füßen
fingen unter den Holzverkleidungen der Ufer große ſchwarze
Krebſe, Bäume mit hängenden Zweigen warfen ihre Schat-
ten tief herab auf das ſtille Waſſer. Es war eine Gegend,
eine Stunde, um ſich den ſüßen Gefühlen des Glückes
hinzugeben, um Hand in Hand an ſtillem lauſchigen Orte
zu flüſtern und auszuruhen von den Mühen des haſtenden
Tages. Schwalben ſchoſſen jagend über den Mühlbach,
graue und roſige Wolken umſäumten den Rand des fernen
Horizontes, eine tiefe berückende Stille lag über dem ver-
ſteckten Winkel.
Der Freiherr ging langſamer. Irgend ein Ausweg
für ihn mußte ſich finden, hatte ſich ja bisher in weit
ſchwierigeren Lagen immer gefunden; half nichts anderes,
ſo verſchwand er eines Tages auf Nimmerwiederſehen, das
war ein Radikalmittel. ö
Aber trotz dieſer Selbſttröſtungen zog es durch ſeine
Seele wie tiefe ungeſtillte Sehnſucht. Es iſt um den Be-
griff des Glückes ein eigen Ding; auch der trotzigſte Ma-
terialismus erkennt in Stunden, wo die Wahrheit un-
widerſteblich auf ihn einſtürmt, daß Glanz und äußerer
Beſitz doch nie jene holde ſanfte Freude des Herzens ge-
währen, jene Ruhe, vor der die Stürme ſchweigen, weil ſie
ein Geſchenk des Himmels iſt.

Ich habe umſonſt gelebt,“ dachte der Baron, „die
Rechnung iſt grundfalſch geweſen vom Anfang her, darum
wurde auch das Fazit ein ſo miſerables.“
Aber diesmal lachte er nicht. Langſam dahinwandernd,
ließ er unwillkürlich die Gedanken zurückkehren zum Beginn
ſeiner Laufbahn. Wie Abendſchein, ſtill und friedevoll
kam es über ſein wildſchlagendes Herz. Cäcilie! arme
Cäcilie! — hatte nicht ſchon der heranwachſende Knabe das
Mädchen mit den dunkeln Augen lieber gehabt als alle
übrigen Genoſſen der frohen Jugendzeit? Und hatten ſich
nicht ſpäter unvermerkt die Herzen gefunden zum innigſten
Bunde, zu jenem Einsſein, das für die Ewigkeit beſtimmt
ſcheint? — Ach, das Leben legte auch die kalte Hand auf
den Traum voll Seligkeit. Cäcilie war als des kinder-
reichen Beamten Tochter keine paſſende Partie für den
Lieutenant ohne Vermögen, ſie wußten es Beide, aber jedes
ſuchte liebevoll die ſchlimme Erkenntniß dem andern zu ver-
bergen. Cäcilie wartete geduldig, voll Hoffnung, voll Treue,
Leo fühlte allmählich das Verlöbniß wie eine Kette, die
ihn eng umſchnürte, ohne ſich zerreißen zu laſſen.
Noch zehn Jahre, dann war er Hauptmann. Und
bis dahin2 x —
Aber das Schickſal zog durch die Rechnung einen Strich.
Er konnte ſich in ſeiner Stellung als Offtzier aus äußer-
lichen Gründen nicht länger halten und bekam den er-
betenen Abſchied zugleich mit einer geringen Penſton, die
ihm ſeine, im franzöſiſchen Feldzuge bewieſene Tapferkeit
ſicherte. Jetzt hätte er heirathen können! Er wußte, daß
Cäcilie das Recht hatte, nun eine Einlöſung ſeines Ver-
ſprechens zu erwarten, aber ihm graute vor dem Gedanken

Kan eine ſolche Zukunft. Ein beſcheidenes Quartier irgendwZo

im vierten Stock einer Großſtadt, keine Dienerſchaft und
vielleicht in den Händen der Frau vom Hauſe eine Näh-
nadel, die ganz heimlich dem Weißwaarenhändler Stickereien
lieferte, — ſo mußte es ſich bei einer Einnahme von vier-
hundert Thalern künftig geſtalten. Wenn er noch geſchwankt
hätte, ſo würde ihn dieſe Erwägung beſtimmt haben; ſeine
Briefe wurden ſeltener und kühler, endlich hörten ſie ganz
auf und Leo war der Verſuchung erlegen. Er hatte eine
alternde Frau geheirathet, um mit ihrer Hand ein Ver-
mögen zu erlangen, Reichthümer, welche ihm die Hochfluth
aller Lebensgenüſſe geſtatteten.
Erbärmlicher Hohn des Schickſals, jetzt waren es nach
Abzug ſämmtlicher Speſen kaum viertauſend Mark, die
jährlich ausgegeben werden durften.
Eine Bettelſumme, die ihm das Kartenglück oft genug
während einer einzigen Nacht in den Schooß geworfen und
ſtellenweiſe auch wieder geraubt hatte.
Jetzt dachte er an das Leben in dem reichen Hauſe des
Oberſten. Dienerſchaft vollauf, beſtändig eine Schaar fröh-
licher Gäſte, Bälle in der Stadt und Picknicke auf dem
Lande, — ſo war es immer geweſen. Er konnte diesmal
nur in ſehr beſchränktem Maße die Gaſtfreundſchaft der
Familie in Anſpruch nehmen, ein verheiratheter Mann hat
ja in dieſer Beziehung Verpflichtungen, von denen ein junger
Lieutenant nichts erfährt. Aber gelegentlich für ein kurzes
Stündchen in der gewohnten behaglichen Atmoſphäre des
Wohllebens aufathmen, das durfte er und das beabſichtigte
er gleich heute. ö
Nun war ja wohl die Stirn glatt und das verbindliche
Cavalierslächeln wieder hergeſtellt. Weg mit den alten Er-
innerungen, ſie thun niemals gut. (Fortſ. folgt.)
 
Annotationen