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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0429

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d. Inſerate in den
Placat⸗Anzeiger.

Nr. AII.

Donnerstag, den 14. Oktaber

1886

*Politiſche Umſchau.
V Heidelberg, 14. Oktober.

Nach der Frankfurter Ztig. und dem Mannh. General-
— Anzeiger war geſtern eine Deputation des Mannheimer
Demokratiſchen Vereins hier anweſend, um Herrn Dr.
ittermaier dahier die dortige Candidatur für den
Reichstag auzutragen. Herr Dr. Mittermaier hat, wie die
Frkf. Ztg. zugleich mittheilt, das Anerbieten ans Geſund-
beitsrückſichten abgelehnt. Der Mannheimer Anzeiger ärgert
ſich darüber, daß derlei Vorgänge im Lager der demokra-
uſchen Partei, welche nur immer mehr ihren traurigen Zuſtand
uluſtriren, mit größter Präziſion an die große Glocke ge-
dendt werden. Nichts als Körbe — o dieſe Candidaten-
ein!
An anderer Stelle dieſes Bl. wird eine Müuchener amtliche
Rachricht über das Befinden des Königs Ot to von Bayern
mitgetheilt, der ſicher eine beſondere Bedeutung beizulegen
iſt. Die Meldung ſpricht ſich dahin aus, daß eine Heilung
des an der Paranoia leidenden Monarchen undenkbar er-
ſcheine und derſelbe für Lebenszeit an der Wahrnehmung
ſeiner Regentenpflichten behindert ſei. Es macht dieſe amt-
liche Auslaſſung allerſeits den Eindruck, daß man in
ayern vor ſtaatsrechtlichen Aenderungen ſteht und auf die
ebertragung der Königskrone an den Prinz⸗Regenten Luit-
pold ſich vorbereiten möge.
freudigſt zu begrüßen. Je eher er vollzogen wird, deſto
beſſer. Dem gegenwärtigen ungeſunden Zuſtande, daß ein
geiſteskranker Monarch an der Spitze des Staatsweſens
bez kann doch wohl von keiner Seite das Wort geredet
erden.
Mit den Nachrichten über die letzten Vorgänge in
Bulgarien trafen offiziöſe Andeutungen aus Wien zu-
ſammen, nach welchen das engliſche Rundſchreiben, das den
Mächien eine moraliſche Unterſtützung Bulgariens zur Ver-
meidung von Unruhen empfohlen haben ſollte, einen Ge-
dankenaustauſch zwiſchen den Cabineten veranlaßt hätte.
as Rundſchreiben ſollte wohl ohnehin eine Stellungnahme
der Mächte zu der Frage anregen. Ueber ein Ergebniß
leſes Schrittes hat noch nichts ſicheres verlautet, und die
europäiſche Behandlung der Angelegenheit wird ſchwerlich
ſobald erfolgen. Wie man bei dieſer Gelegenheit hörte,
ſchreibt die Köln. Ztg., hatte England vor Kurzem in Peters-
urg wegen Bulgariens Vorſtellungen erhoben oder Be-
merkungen gemacht.
zuſammenhingen, ließ ſich nicht ſogleich feſtſtelen. In den
ruſſiſchen Regierungskreiſen ſollen ſie natürlich keine günſtige
ufnahme gefunden haben, und wo man Kenntniß davon hatte,
war man auf eine entſchieden ablehnende Erwiderung gefaßt.
Dieſe ſolle indeſſen vielleicht mit Rückſicht auf die diplo-
matiſche Lage vorläufig unterblieben ſein. Es wäre alſo
nur zu einer Art Empfangsbeſcheinigung in irgend einer
Form gekommen. Man wollte indeſſen in dem bekannten
Artikel des officiöſen Petersburger Journals über die Dart-

welchen die engliſchen Vorſtellungen gemacht hätten. Was
übrigens Rußland wirklich in Bulgarien beabſichtigt, einen
ſten, ſchon oft bezweifelten Plan einmal vorausgeſetzt,
müßte nun bald klarer hervortreten. Auf eine militäriſche
Deſetzung des Landes ſchien auch die panſlaviſtiſche Preſſe
neuerdings nicht mehr mit Sicherheit zu rechnen, wenn
duch Herr Katkow die Drohung gelegentlich wiederholte.

Ein ſolcher Akt wäre nur

Ob dieſelben mit jenem Rundſchreiben

forder Rede Lord R. Churchills den Eindruck erkennen,

Noch weniger glaublich erſcheint, daß die Türkei im Ein-
verſtändniß mit Rußland in Oſtrumelien einſchreiten ſollte.
Der engliſche Einfluß dürfte dem ruſſiſchen in Stambul
zur Zeit doch noch die Waage halten.
In der inneren Politik Italieus nimmt die mehr-
fach erwähnte antiklerikale Bewegung einen ſehr
hervorragenden Platz ein, namentlich iſt dieſe Bewegung in
den italieniſchen Blättern Gegenſtand eifrigſter Diskuſſion.
Zwiſchen dem Organ des Vaticans und den liberalen
Blättern aller Färbungen tobt anläßlich der Frage ein
Federkrieg, der wohl ſobald noch kein Ende nehmen wird,
denn von beiden Seiten wird das Feuer immer wieder
auf's Neue eröffnet. Der Oſſervatore kanzelt neuerdings
wieder einmal die „Regierenden“ ab, weil dieſelben die
Bewegung begünſtigt und Parlamentsdeputirte zu den Kund-
gebungen gepreßt hätten. „Die meiſten Italiener empfän-
den über dieſes Gebahren Ekel und Widerwillen und in
allen civiliſirten Ländern begreife man, daß die Lage des
Papſtthums in Rom eine unwürdige, unerträgliche ſei.“
Auf dieſe willkürliche Behauptung entgegnet die halbamt-
liche Liberta, „die fremden Mächte hätten die Einſpruchs-
note, welche Leo XIII. durch die Nuntien den Mächten
überreichen ließ, unbeachtet ad acta gelegt.“ Natürlich,
was ſonſt.
Die Nothwendigkeit eines internationalen
Vorgehens gegen die Anarchiſten wird, wie in
deutſchen Blättern der verſchiedenſten Parteirichtung, ſo auch
von der Preſſe des Auslandes immer ſchärfer betont. So
ſchreibt der Daily Telegraph:
„Es gab eine Zeit, wo Engländer und Amerikaner thöricht
genug waren, mit jeder revolutionären Bewegung in einem ande-
ren Lande zu ſympathiſiren. Ein Engländer, Namens Walter
Savage Landor, ſchrieb ſelbſt eine Belohnung zur Ermordung des
Königs von Neapel aus. In Amerika waren Flüchtlinge ans
allen Ländern ſicher, weil Revolten niemals ſeine geheiligten Ufer
berührt hatten. Beide Länder haben ſeitdem viel gelernt. Eng-
land weiß, daß ſeine Staatsmänner und öffentlichen Gebände
jetzt mehr gefährdet ſind, nach zwanzigjähriger guter Regierung
in Irland, als zu der Zeit, als die Fenier ſich zuerſt zeigten. In
Amerika haben die Anarchiſten keine Achtung für Republiken
gezeigt. Der Zeitpunkt erſcheint daher günſtig zum Abſchluß eines
internationalen Vertrages gegen alle Arten Mörder und
Verſchwörer aller Nationen. Wir ſollten einem Elenden, der einen
Mordverſuch auf den Czaren gemacht hat, keinen Schutz angedeihen
laſſen, deshalb weil wir der Politik des Kaiſers nicht beiſtimmen.
Ebenſo ſollte Amerika O' Donovan Roſſa nicht ſchützen, weil er
ſich einen iriſchen Patrioten nennt. Ein Verbrechen, welches aus
einer politiſchen Bewegung hervorgeht, iſt deshalb nicht beſſer,
ſondern ſchlimmer. Glauben dieſe wilden Geſellen erſt, daß ſie
uns Furcht einjagen können, ſo haben ſie gewonnenes Syiel.
Ihnen muß man nicht entgegentreten mit ſchönen Worten und
ſchwachen Behörden, ſondern mit dem Galgen und Beile, dem
Gewehr und Bajonnet, und ihre Verſchwörungen müſſen durch ge-
ſchickte Spionage, nicht kargende Geldausgabe und umfaſſende
polizeiliche Maßregeln vereitelt werden. Die ganzen Grundlagen
der Geſellſchaft, alles, was das Leben werth macht, wird bedroht
von Vagabunden, welche nicht Demokraten, Republikaner, Natio-
naliſten oder Patrioten, ſondern Fein de der Ordnung, orga-
niſirte Meuchelmörder ſind, welche jeden Menſchen haſſen, der
einen guten Rock am Leibe hat, welchen Politik oder Socialismus
nur als zeitweilige Maske dient. Zu zögern, ſolche Leute zu

hängen, oder ſie als politiſche Fanatiker zu beklagen, iſt die

Schwäche ſchwachköpfiger Politiker unſerer Zeit. Die Welt braucht
Lente an der Spitze, welche eiſerne Nerven haben, um dieſen
Schurken ohne Gewiſſen, Vaterland, menſchliches Mitgefühl und
Glauben den Garaus zu machen.“
Deurſches Neich. x
Berlin, 13. Oct. Die Aktien des Nordd. Lloyd ſind
neueſtens von 105 auf 112 Proz. geſtiegen, und zwar in

Folge der Erfolge der oſtaſiatiſchen Linien. Man
hatte befürchtet, ſie würden keine Rückfracht bringen, die
Gegner derſelben hatten im Reichstage überhaupt behauptet,
daß die Linien ſich nicht halten könnten. Nun iſt bereits
gleich am. Aufang das Gegenkheil eingetreten. Sie
bringen nicht allein mehr Güter nach Bremen, wie man
Anfangs erwartet hätte, ſondern es hat ſich auch bereits
ein Durchgangsverkehr von Newyork über Bremen nach
China entwickelt, der noch große Ausdehnung verſpricht.
Die erſten ausgehenden Dampfer haben ſchon viel Waaren
mitgenommen, welche von dem Agenten des Nordd. Lloyd
in Newyork auf ein einziges Conoſſement nach den Häfen
Chinas und Japans angenommen waren und in Bremen
zur Umladung auf die Dampfer der neuen Linie kamen.
Nunmehr bringen ſie auch große Mengen Thee von Oſt-
aſien für Newyork mit, die auf keine ſchnellere Weiſe ihren
Beſtimmungsort erreichen können. Auch mit Reiſenden macht
der Nordd. Lloyd ein gutes Geſchäft. Al ſo hat durch
dieſe ſubventionirte Dampferlinie die deutſche
Schifffahrt einen bedeutenden Erfolg erzielt,
inſofern ſie ſowohl von England, Belgien und auch Nord-
amerika Waaren und Reiſende anzieht und dadurch auch

wiederum der Linie von Bremen nach Newyork und umge-

kehrt Verkehr zuweist. Niemand hatte bei Gründung der
Linie an die Tragweite dieſer neuen Linie gedacht, um ſo
erfreulicher iſt es, daß ſie ſchon gleich zu Anfang einen ſo
überraſchenden Erfolg hat und von einer Unterbilanz ſchon
jetzt nicht mehr die Rede ſein kann, im Gegentheil der
Nordd. Lloyd entſchieden ein gutes Geſchäft machen wird.
Berlin, 13. Octbr. An Reichsgoldmünzen ſind
auf den deutſchen Münzſtätten im Monat September d. J.
871 220 . ausgeprägt worden. Unter Hinzurechnung der
vorher ausgeprägten und nach Abzug des Betrages der
wieder eingezogenen, nicht mehr umlaufsfähigen Stücke ſtellt
ſich der Geſammtbetrag der ausgeprägten Reichsgoldmünzen
auf 1 953 040 265 AH. — Beim Bundesrath iſt ein An-
trag Bayerns eingegangen, welcher ſich auf eine andere
Aufſtellung der Zollverwaltungskoſten und des Beſoldungs-
aufwandes bei der Salzſteuerverwaltung für das
Königrrich Bayern bezieht und in Anſehung der Wohnungs-
geldzuſchüſſe, der Stellen⸗ und Stations⸗Zulagen Aenderun-
gen in Ausſicht nimmt. Der Antrag iſt von ausführlich-
ſten Erläuterungen begleitet.
Berlin, 12. Octbr. Die „Aeternats⸗Idee“ will
nicht zur Ruhe kommen. Jetzt wollen einige Blätter den
Urſprung derſelben auf das Militärcabi net zurückführen.
Aber auch dort wird man die Urheberſchaft des Gedankens
vorausſichtlich ablehnen. Die Schwärmerei für einen eiſer-
nen Militäretat iſt nicht neu, und daß ſie in militäriſchen
Kreiſen einen ganz beſonderen Rückhalt findet, wird am
Ende nirgends Befremden erregen können. Indeſſen hat
man in maßgebenden Kreiſen doch mit anderen Rückſichten
zu rechnen, als mit den Wünſchen der Militärs, und die
Regierung iſt daher vollkommen berechtigt zu der Behaup-

tung, daß ſie einer Feſtlegung des Militäretats niemals

geneigt war. Nach mancherlei Anzeichen dürfte die Regie-
rung die Gegelegenheit wahrnehmen, auch im Reichstage
derartige Erklärungen abzugeben. In Stettin wird
Samstag Mittag der Stapellauf des zweiten großen
Reichspoſtdampfers auf der Werft des „Vulkan“ er-
folgen. Der erſte daſelbſt erbaute große Reichsvoſtdampfer



— Frauenloos.

Von S. v. d. Horſt.
(Fortſetzung.)
„Die Erzieherin ſah auf. „Fräulein Günther?“ wieder-
holte ſie.
„Ja, — kennen Sie die Dame ?“
„Durchaus nicht. Iſt ſie alt?“
5Om, jung kann man ſie wohl kaum nennen, aber alt?
—Mit Brille und Zahnlücken etwa? — Puh, ſie ſieht
S wie ein Engel, ſage ich Ihnen.“
„„Sei doch vernüuftig, Lisbeth. Beſchreibe mir die
dame, damit ich ſie kenne, wenn wir einander zufällig be-
degnen ſollten.“
. „Ach, das wird kaum geſchehen. Fräulein Günther hat
kefe Trauer, ſie ſieht ſo blaß aus, — ihr einziger Bruder
kürzlich in Italien geſtorben.“
Alſo doch! Pauline verbarg unter einigen oberfläch-
00 Worten das unangenehme Erſchrecken, welches fie

zupfand. Daß ihres Onkels Gut in dieſer Provinz lag,
Rite ſie immer gewußt, aber daß es gerade ſein Haus
r, in dem ſie jetzt lebte, — du lieber Gott, welch' eine
le Entdeckung! „
„Fräulein Günther kleidet ſich wie eine ältere Dame,
hr das Kind fort. „Ihre Haare ſind natürliche Locken,
er ſie hat ſie in feſte Flechten gezwängt und nun ſteht
all ein Kranz von kleinen krauſen Löckchen über der
ſur. Es ſieht entzückend aus, ſage ich Ihnen. Die
gen ſind blau und groß, die Haut ſo weiß wie Roſen-
er. Das arme Mädchen muß ſich ſehr grämen; wie

ſie ſo am Fenſter ſaß, dachte ich immer an die Heiligen-
bilder unter der Dorfkirche. Santa Hedwiga, das wäre
ſo ein Name für Fräulein Günther, denn ſie heißt nämlich
Hedwig. Ich nenne ſie aber Dornröschen, des verborgenen
kleinen Palaſtes wegen. Wollen wir hingehen und uns
vorſtellen, Fräulein Teubner?“
„Durchaus nicht,“ verſetzte entſchieden das junge Müd-
chen. „Wie könnten wir denn auch beurtheilen, ob Deine
Mama dieſen Umgang für paſſend hält?“
Lisbeth verzog die Lippen. „Ach, ich bin ja doch ſchon
im Pavillon geweſen!“ rief ſie. „Fräulein Günther hatte
mich geſehen und lud mich ein, ſie zu beſuchen. Einen
großen Teller voll Erdbeeren ſchenkte ſie mir. — Ach,
die wunderſchönen Augen! Wenn ich ein junger Student
wäre, würde ich blutige Händel ſuchen, um dieſes blaſſen
Mädchens willen!“ ö ö
Pauline lächelte wieder. „Wie alt iſt ſie denn eigent-
lich, Deine Heldin?“
„Hm, vielleicht höchſtens zweiunddreißig Jahre. Hätte
ſie nur ein klein wenig Farbe und nicht auf dem Haar
den ſilbernen Schimmer, ſo könnte man ſie ganz gut für
achtzehn halten.“
»Ich will aber doch ſehen, was Mama dazu ſagt!“
fuhr ſie fort. „Ob der Freiherr zu Hauſe iſt, Fräulein
Teubner?⸗
„Ich weiß es nicht, Kleine.“
Das Kind ſprang fort und Pauline behielt Muße, über
die unerwünſchte Begegnung nachzudenken. Der Juſtizrath

Lindberg hatte ihr kürzlich geſchrieben und mitgethellt, daß
nach einem erfolgsloſen Vergleichsverſuch die Klage nun-

mehr eingereicht worden ſei. „Fräulein Güuther verſteht
ſich zu nichts, hieß es in dem betreffenden Briefe, „ſie
will die Verfügungen ihres Bruders als zu Recht beſtehend
anerkannt wiſſen und ſieht dem gerichtlichen Verfahren ruhig
entgegen. Von ihrer eigenen Hand erhielt ich keine Zeile,
ſondern es war ein Advokat, der mir dieſe Antwort über-
lieferte.“ ö
„Hoffen Sie übrigens das Beſte,“ hieß es dann weiter,
„ich beſitze das Original jener Bittſchrift Rudolfs an den
Landesherrn; davon läßt ſich natürlich Fräulein Günther
nicht träumen, aber ſie wird den Thatbeſtand zu ihrem
Schrecken erfahren. —“ ö
Und unter ſolchen Umſtänden eine Begegnung. Das
war mehr als fatal.
„Ich muß ihr vollſtändig fernbleiben,“ dachte Pauline.

„Ohne jenes Teſlament, jene Herzensverirrung des Todten

wäre alles mein, was das Auge ſieht, ein unermeßlicher
Reichthum, Schätze, die Rudolfs Zukunft vor Verbitterung
und Muthlofigkeit ſichern könnten!“
Sie legte die Hände vor das Geſicht, ein Strom von
Groll und Haß durchfluthete ihr Herz. Rudolf hatte, wenn
er in Amerika das Land betrat, keine Mittel, um ſich
für mehr als höchſtens die nächſten Tage Brod zu
kaufen, welches Loos war ihm vielleicht ſchon in
dieſer Stunde zu Theil geworden?
Und alles um der fremden Schuld willen! — Kein
Schlag fällt ſchwerer, verwundet tiefer als der, den ein
Menſch dem andern verſetzt. Wir beugen uns unter die Hand
Gottes, aber wir lernen es nicht, unſern Nächſten als das
Werkzeug derſelben anzuerkennen. (Fortſ. folgt.)
 
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