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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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Erſfseint
„täglich Sonntags
ausgenommen.

reis
mit Familien-
bllättern viertel-
ährlich 2460
ausſchl. Poſtauf-
clag u. Träger-
— Lohn.

belberr

Tagblatt und Verkündiger für die Sladt Heidelberg.

Zuſertisusgehahr
1⁵.0 fürdie Iſpal-

tige Petitzeile oder
deren Raum. Für
hieſ. Geſchäfls-
— u. Privatanzeigen
4* bedeut. ermäßigt.
ö Gralis⸗Aufnahme

d. Inſerate in den
Placat⸗Anzeiger.

Donnerstag, den 4. Rovember

1886



— Auf die „Heidelberger Zeitung“, — Haupt-
2— lo kal⸗ und Kreisvertkündigungsblatt
für den Kreis Heidelberg werden fur die
Monate November und Dezember
bei allen Poftanſtalten, den Briefträgern, bei den Trägern
anm der Stadt, ſowie bei der Expedition. Untere Neckar-
ſtraße Nr. 21, Beſtellungen angenommen.

* Politiſche Umſchau.
Heidelberg, 4. November.
Ein Correſpondent aus Süddeutſchland ſchreibt der
Köln. Zig. über ſüddeutſche Parteiverhältniſſe, inſonderheit
ber die Beſtrebungen der Konſervativen, Folgendes:
Das Auftreten einer beſonderen deutſchronſervativen
Richtung in den ſüd deutſchen Staaten, welche ſich
von der früheren allgemeinen Gegnerſchaft gegen den Ultra-
montanismus abtrennte und ſogar mit dem Letztern Sonder-
bündelei verſucht hat, iſt im nationalen Intereſſe eben ſo
zu bedauern geweſen, als die da und dort gemachten Ver-
uche, das Berliner Fortſchrittsthum bei uns einzubürgern.
Der Erfolg der letztern Beſtrebungen iſt nicht nennens-
werth geweſen. Auch der Zuwachs der Deutſchcon-
ervativen aus den Ländern diesſeit der Mainlinie
ſt kaum größer, aber der Schaden dieſer Sonderbe-
Arebungen in Beförderung des Ultramontanismus iſt viel
zrößer als der Vortheil, der den konſervativen Intereſſen
durch ihre Vertreter und Bekenner irgendwie erwachſen
ann. Auf dem Lande haben die Beſtrebungen immerhin
Einfluß genug, um auch den gemäßigt Liberalen den Kampf
gegen die Ultramontanen zu erſchweren, und ſei es auch
nur dadurch, daß Wahlenthaltung zum Nachtheil der libe-
ralen Candidaten empfohlen wird. Es iſt allerdings dabei
nicht geblieben und mehrfach haben förmliche Bündniſſe mit
n Ultramontanen ſtattgefunden. Ob die nächſten Reichs-
ugswahlen ähnliche Verirrungen aufweiſen werden, ſollte
man zu Ehren des geſunden Menſchenverſtandes und nach
ſchlechten Erfahrungen, welche die Proteſtanten mit
jolchen Verbindungen gemacht haben, füglich bezweifeln,
Alein der neueſte Vorgang im Reichstagswahlkreiſe Schwe-
zingen⸗Mannheim, wo die Deutſchkonſervatiben entgegen
d neben den nationalliberalen Candidaten eine eigene

zennen, daß der alte Adam noch lebt. In dieſem Wahl-
neiſe wird es ſich, da die Volkspartei außerſtande ſcheint,
einen präſentablen Candidaten zu finden, thatſächlich nur
Eum einen Socialdemokraten oder Nationalliberalen handeln,
und durch das Eintreten der Konſervativen für einen Namen
ihrer Färbung ſchädigen ſie die Ausſichten der National-
überalen auf den Sieg gleich im erſten Wahlgange. Und
wenn man bedenkt, daß in dem an Mannheim anſtoßenden
pfälziſchen Wahlkreiſe bei den letzten allgemeinen Reichs-
tagswahlen für den ſocialdemokratiſchen Candidaten — die-
ſelbe Perſönlichkeit, welche jetzt in Mannheim aufgeſtellt
wird — wenigſtens 1000 ultramontane Stimmen abge-
geben worden ſind, ſo kann man gar nicht wiſſen, ob nicht
guch bei der ultramontanen Landbevölkerung Badens die
ſocialdemokratiſchen wohlfeilen Verſprechungen von Steuer-
erleichterung u. ſ. w. verfangen. Um ſo ſchwerer iſt die
Werantwortlichkeit, welche die dortigen Deutſchconſervativen
durch ihr unverſtändiges Vorgehen auf ſich laden, wodurch
8 nicht ſowohl der nationalliberalen als der nati ovnalen

zurchaus hoffnungsloſe Candidatur aufſtellen, läßt er-

Für den erſten Theil des Geſetzentwurfs Hammer-
ſtein⸗Kleiſt, ſo ſchreibt der Weſtf. Merkur, wird das
Centrum bis auf den letzten Mann ſtimmen und die Sache
mit ſolcher Energie vertreten, als ſei ſie ſeine eigene. „In
Bezug auf die Dotationsfrage wird ſich hoffentlich eine
Verſtändigung erzielen laſſen. Sache der Katholiken iſt es,
dafür zu ſorgen, daß die katholiſche Kirche in dieſem Punkte
nicht benachtheiligt wird.“ Die Kreuzzeitung bemerkt dazu:
„Damit ſind wir zufrieden.
den Anſpruch erheben, daß ſeine zur Dotationsfrage aufge-
ſtellten-Zahlen in allen Einzelheiten unabänderlich feſtſtehen
ſollen. Es konnte den Antragſtellern zunächſt nur darauf
ankommen, für die nothwendigſten Bedürfniſſe der evan-
geliſchen Kirche Befriedigung zu fordern, ohne dabei der
Gerechtigkeit nach der einen wie nach der andern Seite Ein-
trag zu thun. Wenn daher die Katholiken ihre eigenen
Intereſſen ebenfalls wahrnehmen wollen, ſo können wir da-
gegen nichts einwenden, vorausgeſetzt, daß auch ſie ſich von
dem Grundſatz der Gerechtigkeit dabei leiten laſſen.“ Bis
auf den Geldpunkt alſo ſind Hammerſtein u. Winothorſt einig.
Am heutigen Tage, dem 4. November, treten im ſog.
Prunkſaale des „Grand Hotel Hungaria“ in Peſt die De-
legationen Oeſterreich⸗Ungarns zur gemeinſamen
Berathung zuſammen. Die innere Lage des Doppel-
ſtaates iſt für den Augenblick gewiß keine ſolche, welche
erregte Debatten ausſchließt; wichtige Fragen, unter denen
vor allem die Neubewaffnung des gemeinſamen Heeres her-
vorzuheben iſt, harren der Erledigung. Das Haupt-
intereſſe wird ſich aber auf die in Ausſicht ſtehenden Er-
örterungen der auswärtigen Politik Oeſterreich⸗Ungarns
concentriren und die bulgariſche Frage wird in erſter Reihe
die Aufmerkſamkeit in Anſpruch nehmen. Vielfach iſt in
der letzten Zeit an dem Zuſammentritt der öſterreichiſch-
ungariſchen Delegationen die Hoffnung geknüpft worden,
derſelbe werde die Gelegenheit bieten zu einer Betonung
der friedlichen Ausſichten der europäiſchen Politik; bis
zur Stunde iſt aber nichts geſchehen, was die Erfüllung
dieſer Hoffuung erwarten läßt. Das Gegentheil iſt viel-
mehr der Fall. Rußland hat ſeit den Erklärungen des
Herrn v. Tisza im ungariſchen Abgeordnetenhauſe am 30.
September alles gethan, um die Lage der Dinge im Orient
zu verſchlimmern und die Stellung des Grafen Kalnoky zu
einer ungemein ſchwierigen zu machen.

Vater Grevy iſt mit der äußern wie innern Lage

Frankreichs vollſtändig zufrieden, wofern ſein Blatt
La Paix die Stimmung im Elyſee richtig abſpiegelt. Im
Innern, ſchreibt das Blatt, haben ſich die Feinde der Re-
publik verrechnet, indem ſie auf die Zwiſtigkeiten der Re-
publikaner zählten. Die auswärtige Lage iſt moch gün-
ſtiger. Auch da ſind die Erwartungen der Orleaniſten,
welche vorgaben, alle europäiſchen Höfe würden ſich gegen
die franzöſiſche Republik verbinden, getäuſcht worden in-
folge der vorſichtigen und feſten Politik Freycinets. Ohne
uns irgendwie zu compromittiren, ohne irgend eine Schwäche
zu begehen, iſt es ihm gelungen, jede Spannung zwiſchen
Frankreich und den andern Mächten zu heben. Der einzige
dunkle Punkt des politiſchen Himmels befindet ſich in
Egypten, welches einigen engliſchen Blättern Anlaß zu ge-
häſſigen Auslaſſungen gibt. Doch auch dort iſt ein Streit
zwiſchen England und Frankreich aus verſchiedenen Ur-
ſachen nicht zu befürchten. Auch unſere Colonialangelegen-
heiten, namentlich in Tonkin und auf Madagaskar, gehen

Der Geſetzentwurf kann nicht.

einer befriedigenden Löſung entgegen. Man kann alſo an-
nehmen, daß unſere auswärtige Lage zu Ende des Jahres
1886 eine erfreuliche iſt. ö

Deut ſches Neich.
Karlsruhe, 3. Nov. (Amtlich.) Se. Königl. Hoh.
der Großherzog haben dem außerordentlichen Profeſſor
an der Univerſität Heidelberg Dr. Auguſt Eiſenlohr die
nachgeſuchte Erlaubniß zur Annahme und zum Tragen des
ihm von Sr. Hoh. dem Khedide verliehenen Officiers-
kreuzes des Medjidieh⸗Ordeus ertheilt.
Karlsruhe, 3. Nov. Das Geſetzes⸗ u. Verordnungs-
blatt für das Großherzogthum Baden Nr. 46 vom Heutigen
enthält:
Eine Bekanntmachung der Miniſterien der Juſtiz, des Cultus
und Unterrichts und des Junern, die Bekleidung der Schüblinge
betreffend. ſowie eine Verordnung des Miniſteriums der Finanzen
über den Vollzug des Fleiſchſteuergeſetzes.
Zwiſchen der badiſchen und der bayeriſchen Regierung
iſt eine Vereinbarung dahin abgeſchloſſen, daß für Schüblinge,
welche auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit gegenſeitig zu über-
nehmen ſind, die zur Leibesbekleidung nothwendigen Kleidungs-

ſtücke unter Beſchränkung auf das ſtrengſte Bedürfniß und mit

Ausſchluß von Schutzdecken oder von ſonſtigen Bekleidungsſtücken
bezw. Schutzmitteln gegen die Kälte, welche ohne Störung des
Transports leicht gewechſelt werden können (3z. B. Mäntel und
dgl.), durch die Schubausgangsſtation dauernd anzuſchaffen ſind,
ohne daß ein Anſpruch auf Erſatz der hieraus erwachſenden Koſten
gegenüber der Regierung des übernehmenden Staats geltend ge-
macht werden kann. Die Verſehung der Schüblinge mit Schutz-
mitteln der vorbezeichneten beſonderen Art gegen die Kälte ſoll
dagegen nur nem Auſ ſiudeftere und die gegenſeitige Uebernahme
hierwegen keinem Anſtande begegnen.
Karlsruhe, 3. Nov. Heute Mittag 12 Uhr traf der

Deutſche Kronprinz aus Mailand in Baden⸗Baden

zum Beſuch bei den Großh. Herrſchaften ein, von dem

Großherzog und der Großherzogin am Bahnhof em-
pfangen und zum Großh. Schloſſe geleitet. Se. Kaiſerl.
Hoheit nahm das Dejeuner bei den Höchſten Herrſchaften
ein und reiſte um halb 2 Uhr nach Frankfurt weiter, um
ſich von da nach Weimar zu begeben. — Um die gleiche
Zeit reiſte auch die Königin von Sachſen von Baden⸗Baden
ab; zur Verabſchiedung von derſelben hatten ſich der Groß-
herzog, die Großherzogin, der Erbgroßherzog und die Erb-
großherzogin am Bahnhof eingefunden, wo auch der Deutſche
Kronprinz die Königin begrüßen konnte.
Berlin, 3. Nov. Abgeordneter Dr. Löwe⸗Calwe

iſt geſtern in Meran geſtorben.
Derſelbe wurde 1814 in Olvenſtedt bei Magdeburg geboren,
ſaß 1848 im Frankfurter Parlamente, deſſen Vizepräſident und
ſpäterer Präſident er war, wurde wegen Theilnahme an den Stutt-
garter Beſchlüſſen in contumaciam zu lebenslänglicher Zuchthaus-
ſtrafe verurtheilt. 1861 kehrte Löwe nach Erlaß der Begnadigung
von Newyork nach Berlin zurück, woſelbſt er dem von Bennigſen
gegründeten Nationalverein beitrat. 1873 bis 1876 war Löwe
erſter Vizepräſident des preußiſchen Abgeordnetenhauſes. Von
1874 bis 1881 war Löwe Mitglied des deutſchen Reichstages.
Nachdem er dort von dem „Fortſchritt“ ſich abgewendet hatte,
verſammelte er in der Gruppe Löwe⸗Berger jene der Zahl nach
kleine, für unſere parteipolitiſche Entwickelung aber maßgebende
Schaar von reifen und conſequenten Männern, welche der Nation
vor Augen führten, daß wirthſchaftliche Meinungsverſchie-
denheiten nichts mit dem politiſchen Glaubensbekenntuiß zu thun
haben dürften, daß aber am allerwenigſten der Liberalismus und
die Freihändlerſchule unzertrennlich zuſammenhängen müßten.
Herr Dr. Löwe hat es dann erleben müſſen, gerade von denen
am heftigſten angegriffen zu werden, mit denen er im Jahre 18⁴
bis an die äußerſte Grenze der verfaſſungsmäßigen Möglich-
keiten gegangen war. Fortan galt auch er als „Reactionär“,
und durch Verſtändigung mit den Ultramontanen gelang es
dem Fortſchritt auch, im Jahre 1881 den beßgehaßten

—— Idden.

7 Frauenloos.
Von S. v. d. Horſt.
(Fortſetzung.)
Und ſo kam es, daß der Arzt als alleinige Pflegerin
die Gouvernante am Bett der Leidenden antraf. Er ſchien
le Sache ſehr ernſt zu nehmen, verordnete Eis und zwei
edikamente, dann fragte er, ob eine beſondere Aufregung,
ein Schreck oder ein Aerger vorangegangen ſei?
Der Baron wußte von nichts. „Der Anfall kam ganz
lötzlich,“ ſagte er.
„Um ſo gefährlicher iſt der Zuſtand. Alle Unruhe oder
Aufregung muß forgfältig ferngehalten werden.“
Der Baron begleitete den alten Herrn auf den Vor-
blatz hinaus. „Iſt meine Frau in ernſtlicher Gefahr?“
ragte er voll unwillkürliche. Spannung.
. Der Arzt zuckte die Achſeln.
nicht, ſie wird ſogar nach Mitternacht erwachen und ſich
erhältnißmäßig wohl befinden, aber die Krankheit kann
ſehr leicht in eine Gehirnlähmung übergehen. Da müſſen
doch fortgeſetzte und ganz zerſtörende Einwirkungen ſtatt-
gefunden haben!“
Er ſah forſchend in das blaſſe Geſicht des Barons,
dann entfernte er ſich mit dem Verſprechen, am folgenden
Tage wieder zu kommen.
„ Ueber dem weiten Raſenplatz vor der Thür ſtand hell-
Hänzend der volle Mond, es wehte zu dieſer ſpäten Stunde
Ul und ſcharf in das Haus hinein, elwas wie die be-
Innenden Schauer des Herbſtes zog durch die bewegte
uft, — fröſtelnd trat Leo zurück und ging über den Flur
n das Krankenzimmer.

„Für den Augenblick

Pauline ſaß neben dem Bette, ihre Hände lagen ge-

faltet im Schooße, ſie ſah trüben Blickes vor ſich hin,
ſelbſt blaß und erſchüttert bis in's Herz hinein. Rudolf
arbeitete jetzt in einer Fabrik, er ſpülte Flaſchen und trug
Pakete zum Poſtamt.
Wie er leiden, wie unglücklich er ſich fühlen mochte!
Es ſchlug zwölf von der altmodiſchen Wanduhr auf
dem Vorplatz. Leo ſchauderte, er mußte jetzt die Erzieherin
zu entfernen ſuchen. „Bitte, legen Sie ſich ſchlafen, Fräu-
lein Teubner,“ ſagte er im Tone erkünſtelter Ruhe. „Ich
werde die Wache übernehmen.“
Aber das junge Mädchen ſchüttelte den Kopf. „Noch
nicht, Herr Baron. Ich will lieber bleiben, bis die gnä-
dige Frau erwacht iſt.“ ‚
Wieder folgte eine lange Pauſe. Vorſtellungen jagten
einander in dem heißen Kopfe des aufgeregten Mannes;
allen Zwanges ledig flogen die Gedanken wie aufgeſcheuchte
Nachtvögel von einem Punkte zum andern. Wenn Adele
ſtarb, dann hielt er in der Hand ein namhaftes Vermögen,
dann war er frei, ganz frei, erlöſt von einer Gefangen-
ſchaft, die wund drückte wie eine ſchwere Feſſel. Gehirn-
lähmung hatte der Arzt geſagt, — Gehirnlähmung! Der-
gleichen kommt ſchnell, aber nicht häufig.
„Draußen knarrte die Thür, — auf dem Kopfe des
wilderregten Mannes ſträubten ſich die Haare. Wer kam
da? — Der Tod? — — ö
Ein Knecht brachte die beiden Medicinflaſchen, dann
wurde wieder alles ſtill, nur die Gedanken des Barons
arbeiteten raſtlos fort. In dieſer Nacht wachte er, in der
nächſtfolgenden auch noch, aber weiter hinaus?
Fremde Perſonen kamen in die Umgegend der Kranken,

irgend eine ſpähende, neugierige Wärterin, — vielleicht er-
ſchien ſogar die Oberſtin, um ſich perſönlich nach dem Er-
gehen der Baronin zu erkundigen.
Bei dieſem Gedanken fuhr er plötzlich auf und trat an
das Fenſter, bald heiß, bald von Todeskälte überrieſelt.
Wenn die Oberſtin hierherkam! —
Als hinter ihm ein leichtes Geräuſch ertönte, ſah er
ſich um und erſchrak auf's Neue. Adele war erwacht, ſie
hielt die Augen geöffnet, ihre Hand ſuchte matt die des
jungen Mädchens. „Bleiben Sie bei mir, Pauline,“
flüſterte ſie ſchandernd, „bitte, gehen Sie nicht fort.“
Dann traf ihr Blick den des Barons, ſie ſah ſein aſch-
fahles Geſicht, ſeine Unruhe, — ein heimlicher Triumph
blitzte auf in ihren Blicken. „Pauline, ich will Ihnen
einen Brief dictiren,“ ſagte ſie, — „holen Sie da vom
Tiſch das Schreibzeug. Morgen muß ein Bote der Oberſtin
Trampe das Blatt ſogleich überbringen.“
Die Erzieherin nahm die Feder und ſah fragend hin-
über zu ihrer Herrin. „Was ſoll ich ſchreiben, gnädige

„Frau““

„ur eine Zeile, mein liebes Kind. Ich laſſe die Dame
bitten, mich ſogleich zu beſuchen, weiter nichts.“
Der Baron athmete auf. Er ging in das Nebenzimmer
und ſchüttete dort aus dem Medicinglaſe etwas von dem
verordneten Mittel in einen Löffel, dann kam er zurück und
näherte ſich dem Bette. „Du mußt das einnehmen, liebe-
Adele, — ſpäter auch noch ein Pulver. Der Arzt hat
Beides ſtrenge befohlen.“
Pauline ſtützte den Kopf der Kranken, Leo führte den
Löffel zu ihren Lippen, dann erhob er ſich und ſtrich mit
der Hand durch das Haar. (Fortſ. folgt.)
 
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