Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0320

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
inſpirirt und commandirt und — nach Lage eben der Ver-
hältniſſe — nie wieder aus der preußiſchen Umarmung
loskommen wird. Dem Raupenhelm wird übrigens von
den Soldaten ſelbſt ſchwerlich eine Thräne nachgeweint
werden; er war im höchſten Grade unpraktiſch und bei
Regenwetter vollgeſaugt der Schrecken der Soldaten. Er
wackelte auf dem Kopfe wie ein bayeriſcher „Patriot“ in
der Kammer und ſchützt weder gegen Sonne noch Regen,
38 allerwenigſten aber gegen die Säbel der Cavallerie im
elde.“ ö
Metz, 14. Septbr. Zu Beigeordneten der Stadt
Metz ſind heute ernannt worden die Gemeinderathsmit-

glieder Dr. Schrick, Neumann und Gelinet.

Oeſterreichiſche Monarchie.
Wien, 14. Sept. In hieſigen diplomatiſchen Kreiſen

verlautet, die Verhandlungen zwiſchen den Kaiſer-

mächten böten günſtige Ausſichten auf eine freundliche
Entwicklung. — Der Peſter Lloyd ſpricht die Befürch-
tung aus, eine etwaige engliſche Beſetzung einer
Inſel bei den Dardanellen könne Rußland zu gleich-
artigem Vorgehen veranlaſſen. — Der ruſſiſche Geſandte
Perſiani iſt nach Belgrad zurückgekehrtt. — Die
Cholera rückt näher. Schon werden aus Raab 5

Fälle gemeldet.

Wien, 13. Septbr. Eine ſehr bemerkenswerthe Zu-
ſchrift aus Paris an die hieſige Polit. Corr. erklärt, daß

Herr v. Freycinet den neuen Botſchafter Herbette

(vergl. heutige Umſchau. D. R.) in dem Sinne entſendet

habe, um den europäiſchen Frieden zu erhalten, wozu die
»Vertheidigung des Berliner Vertrages das beſte

Mittel ſei. England, Deutſchland, Oeſterreich⸗Ungarn, Ita-
lien und die Türkei ſeien in dieſer Richtung thätig. Frank-

reich ſei dieſen Beſtrebungen gleichfalls ſehr geneigt. Was

man vor Allem wünſche, ſei die Verhütung eines Orient-
krieges. Man rathe auch deshalb den Bulgaren, ſich der
größten Klugheit bei ihren Kundgebungen zu befleißigen,
um peinliche Verwickelungen zu verhüten. Doch auch
Rußland würde gut daran thun, keinen Com-
miſſar nach Sofia zu entſenden. Die franzöſiſche
Regierung, welche aufrichtig friedliche Intentionen hege,
werde überall beſchwichtigend einwirken.
Ausland.
Paris, 14. Septbr. Auf die Bemerkung des
Temps, die France militaire ſei keinesfalls das offi-
ziöſe Blatt des Kriegsminiſters General Boulanger,
antwortete das genannte Blatt wie folgt: „Unabhängig
von jeder finanziellen oder politiſchen Sippe, von Nie-
mandem ein Stichwort erhaltend, werden wir nicht auf-
hören, die Päſſe der Vogeſen zu überwachen, ſo
lange das Haus Hohenzollern daſelbſt auf Wache ſteht, ſo
lange Frankreich nicht das linke Rheinufer, ſeine
natürliche Grenze, wiedererobert hat. Bis wir un-
ſeren Kriegsruf an den Ufern der Spree ſelbſt
ausſtoßen, werden wir nicht müde werden, unſern Vätern
vom franzöfiſchen Tugendbund zu ſagen: Arbeiten wir
für das Vaterland! Kräftigen wir uns durch rauhe Ar-
beiten, damit wir bereit ſind, wenn die Tage der Prü-
fungen kommen! Die Zukunft gehört den ſtarken Völkern!“

— Heute wies die Polizei fünf Socialiſten aus: einen

Ruſſen, zwei Belgier und zwei Deutſche, die in Verbindung

mit den Arbeitseinſtellern in Vierzon ſtanden.

Brüſſel, 14. Sept. Der König von Portugal iſt
kurz nach 11 Uhr Vormittags hier eingetroffen und am
Bahnhofe vom Könige der Belgier begrüßt worden.
London, 14. Sept. Die Morgenblätter veröffentlichen

den Wortlaut der iriſchen Agrarvorlage Parnells.

Durch dieſelbe wird den iriſchen Landgerichten die Ermäch-
tigung ertheilt, den Geſuchen der Pächter um Herabſetzung

des Pachtzinſes für dieſes und das folgende Jahr ſtattzu-

geben und die Ausweiſungen einzuſtellen, wenn der Pächter
die Hälfte des Pachtzinſes gerichtlich hinterlegt.
Petersburg, 14. Sept. Zu den Meldungen der Blätter
über den vom Miniſter v. Giers in Franzensbad em-
pfangenen Journaliſten, welcher ungeachtet der Er-
klärungen der Norddeutſchen Allgemeinen Zeitung behauptet,
er habe ſich bei Giers ſowohl als Berichterſtatter des Ber-
liner Tageblattes als auch der Petersburger Zeitung ein-
geführt, bemerkt das officiöſe Journal de St. Petersbourg,
daß die Meldung der Norddeutſchen Allgemeinen Zeitung
allein der Wahrheit entſpreche; die Petersburger Zeitung
— welche bekanntlich erklärt habe, Niemand beauftragt zu
haben, ſich in ihrem Namen beim Miniſter v. Giers zu
melden — habe bis jetzt auch keinen Bericht empfangen.
Petersburg, 14. Sept. Das Journal de St. Peters-
bourg meint, die bul gariſche Landesvertretung, die
von Ränken aller Art beſtürmt werde, müſſe ſich von
dauerhaften Intereſſen leiten laſſen, welche geeignet
ſeien, die Zukunft Bulgariens ſicherzuſtellen; die Verſamm-
lung habe nicht die Auf gabe, einen neuen Fürſten
zu wählen.
Sofia, 14. Sept. Das Mißtrauen gegen Ruß-

Iand innerhalb der bulgariſchen Regierung und des Volkes

iſt noch im Steigen begriffen, da die Ruſſen die früher
dem Fürſten mündlich gemachten Verſprechungen über die
Vereinigung Oſtrumeliens mit Bulgarien und die Unab-
hängigkeit des Landes ableugnen oder abſchwächen. Münd-
lich theilte der ruſſiſche Vertreter mit, die Regent-
ſchaft ſei keineswegs geſetzlich, da der Fürſt zur
Einſetzung derſelben nicht berechtigt geweſen ſei. Eine Aus-
ſöhnung könne nur ſtattfinden, wenn dem ruſſiſchen Kaiſer
das Recht bewilligt werde, alle bulgariſchen Offiziere zu
ernennen. Das machte einen ſchlechten Eindruck, reizte aber
eher zu nachdrücklichſtem Widerſtand auf. Daß der Metro-
polit Clement vorgeſtern die Fahnen weihte, welche der
Fürſt den oſtrumeliſchen Truppen als Zeichen der Vereini-
gung mit Bulgarien verliehen, hat ebenfalls verſtimmt.
Von der Regierung war zur Fahnenweihe nicht Clement,
ſondern ein anderer Biſchof aufgefordert; zur allgemeinen

Ueberraſchung aber ſtellte ſich Clement auf dem Feſtplatze
ein, wo der Kriegsminiſter, um einen Skandal zu vermeiden,
die Schwachheit hatte, ihn nicht wegweiſen zu laſſen. Die
Fahnen tragen die Krone und das Namenszeichen des
Fürſten. — Die Vorlagen über das Vermögen des
Fürſten enthalten drei Paragraphen: „1) Alle beweglichen
und unbeweglichen Güter des Fürſten werden vom Staate
angekauft; 2) der Finanzminiſter hat im Einvernehmen
mit den Bevollmächtigten des Fürſten den Kaufpreis feſt-
zuſtellen; 3) das alſo vereinbarte Abkommen erhält nach
Genehmigung durch den Miniſtexrath Geſetzeskraft.“ Die
Annahme dieſer Vorlagen iſt geſichert. Der Miniſter-
rath nahm heute endgiltig die mit Rumänien verein-
barte Grenzregelung an. Damit iſt der Grenzſtreit wegen
Arab Tabia endgiltig erledigt.

*Die Kaiſertage in den Reichslanden.
Straßbur g, 13. Septbr. Heute Abend fand beim
Kaiſer ein Eſſen von 100 Gedecken ſtatt. Die Kaiſerin,
der Kronprinz, der König von Sachſen, der Großherzog
und die Frau Großherzogin von Baden wohnten nach dem
Eſſen der von der Stadt veranſtalteten Feſtvorſtellung im
Theater bei. Die Kaiſerin wurde bei der Ankunft im
Theater von vier Beigeordneten empfangen und beim Ein-
tritt in die kaiſerliche Loge mit einem vom Bürgermeiſter
Back ausgebrachten Hoch begrüßt, in welches ſämmtliche
Anweſende begeiſtert einſtimmten.
Straßburg, 14. Septbr. Dem geſtrigen Corps-
manöver gegen einen markirten Feind lag folgende General-
idee zu Grunde: Das XV. Armeecorps mit der 1. Ca-
valleriediviſion folgt einer geſchlagenen, im Rückzug auf
Hagenau begriffenen Nordarmee, trifft nördlich vor Zorn
auf die feindliche Arriêregarde (markirter Feind nebſt 2.
Caballeriediviſion) und überwindet deren Widerſtand. Beim
Beginn des Manövers ſtand das 15. Armeecorps unter
Commando des Generallieutenants v. Henduck in der
Stärke von 31 Bataillonen, 36 Escadrons, 16 Batterien
und 4 Pionier⸗Compagnien, in Vormarſch gedacht mit der
30. Diviſion und der Corps⸗Artillerie bei der ſüdlich von
Brumath gelegenen großen Landes⸗Irrenanſtalt Stephans-
feld, die Cavallerdiviſion weiter rechts vorwärts. Die 31.
Diviſion ſtand rechts davon weſtlich Bietlenheim, mit einem
aus 4 Bataillonen beſtehenden Seitendetachement ſüdlich
Geudertheim, welches die Verbindung zwiſchen beiden Divi-
ſionen unterhielt. Geudertheim war von nur einigen Ba-
taillonen der im Rückzug begriffenen Nord⸗Armee beſetzt,
auf dem etwa zwei Kilometer nördlich gelegenen ſüdlichen
Höhenrand des Lohgrabens ſtand eine Infanterie⸗Brigade
mit einigen Batterien in einer Terrain⸗Mulde gut gedeckt.
Die 1. Cavallerie⸗Diviſion mit ihren 12 Geſchützen vor-
wärts abgeprotzt, bereit den anrückenden Gegner zu em-
pfangen. Die Nordarmee, unter Commando des General-
lieutenants von der Burg, Gouverneur von Straßburg,
zählt 20 Bataillone, 34 Escadrons und 12 Batterien, von
denen die Cavallerie und zwei reitende Batterien thatſäch-
lich vorhanden waren, während die Infanterie⸗Bataillone
durch Compagnien und die Batterien durch einzelne Geſchütze
dargeſtellt wurden. Der Kaiſer benutzte den um 9 Uhr
15 Min. bereit geſtellten Extrazug nicht, mit dem der Kron-
prinz und die anderen fürſtlichen Herrſchaften in das Ma-
növerfeld fuhren, ſondern folgte erſt kurz nach 10 Uhr mit
einem zweiten Zuge. Neben der ſchon genannten Anſtalt
Stephansfeld, wo ſich ſonſt kein Haltepunkt der nach Avri-
court führenden Eiſenbahn befindet, war ein ſolcher ein-

gerichtet worden. Zwiſchen hier und Brumath hatten die

Landleute der umliegenden Dörfer längs der Straßen
Aufſtellung genommen. Stephansfeld und Brumath waren
auf das Reichſte geziert. Um 10 Uhr verkündeten 3 von
der Artillerie des Nord⸗Corps abgegebene Kanonenſchüſſe
den Anfang des Manövers. In dieſem Moment war es,

wo der Kaiſer auf dem Gefechtsfelde anlangte. In Ste-
phansfeld hatte er den Zug verlaſſen, und ſeinen leichten,
mit vier Pferden beſpannten Wagen beſtiegen. Hier wie

in Brumath nahm der Kaiſer zunächſt die jubelnden Hul-
digungen der Einwohnerſchaft entgegen. Von allen Seiten
wurden ihm Blumenſträuße gereicht, ſo daß ſein Wagen
ſchließlich einem einzigen großen Strauße glich. Von Bru-
math fuhr der Kaiſer nach Weitbruch. Mit nicht enden
wollendem Jubel wurde auch hier der Kaiſer empfangen,
dem im offenen Wagen ſeine Tochter, die Großherzogin
von Baden, folgte. Der Kronprinz und die übrigen
Fürſtlichkeiten begleiteten den kaiſerlichen Wagen zu Pferde,
erſterer in der Uniform ſeines ſchleſiſchen Dragonerregiments
auf der prächtigen ſchwarzen engliſchen Stute Warenna. Der
Kronprinz gab hier einen Beweis ſeines außerordentlichen
Gedächtniſſes, das ihn Perſonen, mit denen er einmal auch
nur oberflächlich zu thun hatte, nie vergeſſen läßt. Unter
den aus weit und breit herbeigeeilten Landleuten ſtand auch
ein ſchöner großer Mann aus Niederſchäffolsheim in erſter
Reihe. So wie ihn der Kronprinz erblickte, ſtutzte er, rief
ihn heran und ſagte: „Sie muß ich kennen.“ „Ja wohl,
Kaiſerliche Hoheit, ich habe Ihnen wohl zehnmal aufge-
wartet.“ — „Wo war das?“ — In Potsdam im Offi-
ziercaſino des Garde du Corps⸗Regiments, wo ich vor 6
Jahren gedient habe, und wo ich eine Zeit lang als Be-
dienung commandirt war.“ Der Kronprinz unterhielt ſich
noch längere Zeit mit dem vor Glück und Freude ſtrahlenden
alten Garde du Corps, erkundigte ſich nach ſeinen Ver-
hältniſſen und drückte ihm zum Abſchied herzlich die Hand.
Von allen Seiten wurde der Glückliche umringt, und es
fehlte wenig, ſo hätten ihn ſeine Landsleute auf die
Schultern gehoben und umhergetragen. — Hier findet viel-
leicht eine andere kleine Geſchichte ihren Platz, die allerdings
nicht beim Manöver paſſirt iſt, ſondern geſtern in der
Stadt. Ein junger hieſiger Arzt iſt Reſerve⸗Aſſiſtenzarzt
im 14. Corps. Während er geſtern früh in Uniform in
der Stadt umhergeht, ſieht er auf einmal unmittelbar vor
ſich den Kronprinzen und iſt ſo überraſcht, daß er Front-

machen und Grüßen, überhaupt jede ſchuldige miltt ö
Ehrenbezeugung vergißt. Der Kronprinz grüßt aber „ ö
Erſt hinterher fällt dem Unglücklichen ſein Verſehen O98
über das er ſich gar nicht beruhigen kann. Seine Freur.
— denen er ſein Pech mittheilt und denen er die Beſon,
niß ausſpricht, der Kronprinz könne ſich ſeiner am Eug
erinnern, grade weil er die badiſche Kokarde getragen 10 ö
doch nur wenige badiſche Aerzte hier ſeien, er würde 001
wohl noch zur Verantwortung gezogen werden — lach ö
ihn aus, ſoll der Kronprinz einen einfachen Aſſiſtenzard
den er nur ſo flüchtig geſehen und jedenfalls gar nicht
achtet hat, wieder erkennen. Am Abend beſuchte der gr
prinz die Loge; nun iſt unſer junger Arzt auch Mar
und war natürlich auch erſchienen, aber diesmal in Cin.
Ihm war zufällig der Auftrag geworden, dem Kronprin
das Einſchreibebuch vorzulegen. Mit klopfendem Heri,
thut ers und bittet den hohen Herrn, ſeinen Namen einz
tragen. „Wir haben uns heute auch ſchon geſehen“, 0 6
lächelnd der Kronprinz und droht mit dem Finger. Da
war die Strafe für das Nichtgrüßen. 09
Doch nun zurück zum Kaiſermanöver. Zuerſt gela
es dem rechten Flügel der 31. Infanterie⸗Diviſion,
des Dorfes Weitbruch zu bemächtigen, während der 1
Flügel der 30. Diviſion Kriegsheim mit ſtürmender Ha 116
nimmt. Hiermit iſt der Sieg entſchieden, die Infanter-
des Nordcorps muß zurück. Noch aber hat der Comaſg
deur des Corps ſeine Kavallerie, und als die feindl
Infanterie auf der erſtürmten Höhe weiter vorrückt, die +
hier zu einer nur leicht von ſanften Erhebungen un
brochenen Ebene geſtaltet, da ſtürmen auf einmal 36 Esce
drons heran, um zum zweiten Male das Gefecht 10
Stehen zu bringen und die eigene Infanterie zu rette
Die Attacke wurde vom Generalmajor Graf Haeſeler 4
mandirt und geradezu glänzend ausgeführt; ſie ging daat ö
beim kaiſerlicheu Wagen vorbei. Mittlerweile war es
1 Uhr geworden, und es herrſchte eine Hitze wie ſonſt .
im Juli, die durch den dicken Staub faſt unerträglich
macht wurde. Die Truppen hatten noch weit in 6
Quartiere, ſo befahl der Kaiſer den Schluß des Manöe .
Der Kaiſer fuhr nach Stephansfeld zurück und kam
beſten Wohlſein etwa um 2 Uhr wieder in Straßburg 4
Hente gegen Mittag beſuchten der Kaiſer, die Kaiſerin, e⸗
Kronprinz und zahlreiches Gefolge die Münſterkirche. 2 W·
ſelben wurden vom Coadiutor Monſeigneur Stumpf 0
pfangen und im Münſter herumgeführt; Kanonikus St1
erklärte insbeſondere die figürlichen Bildwerke der Kogi
Unterdeſſen ſpielte eine Altſtraßburger⸗Muſik⸗Capelle. den ö
eigentliche kirchliche Feier fand aber nicht ſtatt. Nach un
der Kaiſer noch die berühmte Uhr angeſehen, fuhr er aul.
Statthalterpalaſt zurück, wo um halb zwölf Uhr der 69
Sonntag aufgeſchobene Empfang des Miniſteriums, 6„
Staatsraths, des Biſchofs, des Präſidenten des Dire-
toriums der proteſtantiſchen Kirche ꝛe. ſtattfand. Jcde-
Einzelnen ließ ſich der Kaiſer vorſtellen, darauf hielt ,
eine kurze Anſprache und empfing ſodann den Landescag-
ſchuß und das Bureau des Bezirkstages. Der Stattha 4
nannte die Namen der Vorzuſtellenden dem Kaiſer, del
Staatsſecretär Hofmann der Kaiſerin. Darauf wurde 1
Gemeinderath von Straßburg empfangen. Der Kach
unterhielt ſich mit jedem Gemeinderathsmitgliede und 0
nach der Vorſtellung eine kleine Rede, in welcher Khml
ſehr befriedigt über die Fortſchritte, die er in Straß +
wahrgenommen, über die Wiedereinſetzung eines Gemeden
raths und über den Empfang, der ihm zu Theil gewo gel-
ausſprach. Ferner erwähnte der Kaiſer, er werde dazl. 60
tragen, daß in Bezug auf die Zahlung der Milliot g
welche Straßburg für das militärfiskaliſche Terrain ahn
Reiche ſchulde, der Stadt möglichſte Erleichterungen gen ger
werden. Der Reichstagsabgeordnete Kablé und einige an ſ
der Proteſtpartei angehörige Mitglieder des Gemeindern
waren nicht erſchienen. Bei x
Gegen ½1 Uhr nahm die kaiſerliche Familie im eh
ſein ihrer fürſtlichen und anderen Gäſte im Garten der
Statthalterpalaſtes die Huldigung von Landgemeinden 6⁵
Kreiſe Straßburg, Erſtein und Weißenburg entgegen. 309
war ein buntfarbiger, an hübſchen Epiſoden reicher daen
der am Palais vorbeidefilirte und dann verſchiedene ugfen
der Stadt paſſirte, um ſich am Kleberplatze aufzul
Faſt jede der betheiligten vierzig Gemeinden hatte if
Reitertrupp geſtellt und einen aufgeputzten Wagen, in
welchem ſich zehn bis zwanzig Mädchen und Frauen ⸗
ihrem beſtem Sonntagsſtaate, wie er am Heimathsor ö
ſelben getragen wird, befanden. Ihre Hüte ſchwen
ritten die Bauernburſchen, meiſt in moderner Kleidung/
Trabe und mit Hurrah am Kaiſer vorbei, die Mädchen ai
hoben ſich im Vorüberziehen von ihren Sitzen, wehten 0
den Tüchern und warfen ihre Sträuße dem Kaiftg
Füßen. Wenn auch das Elſaß nicht ſo viele charakteriſ 190
von einander verſchiedene Volkstrachten aufzuweiſen O50
der Schwarzwald, allen vielmehr ein gewiſſer Grunf
eigen iſt, an dem ſich mehr Verſchiedenheiten in Bezua
die Farbe der Kleidungsſtücke und der Kopfbedeckunge adel
der Form bemerkbar machen, ſo gewährte die Nebenein i.
ſtellung derſelben, namentlich dem kundigen Auge, orůbe
jeder Einzelheit feſſelndes Bild. Als der Zug un
war, zeigte ſich der Kaiſer, von den Hochrufen de 90
ſtehenden Menge begrüßt, wiederholt an der Brüſt. 00
Gartenmauer und ſchritt dann mit der Kaiſerin den 0
Gartenſaal, um die Deputationen der Landgemein den
empfangen. Beide unterhielten ſich längere Zeit wrichteh
ſelben; die Mädchen überreichten Sträuße und lehl
Anſprachen und Gedichte an das Kaiſerpaar. Scher-
wurden Elſäſſer Schaumweine und Backwerk herum ö
und ſodann die Deputationen, unter welchen Whefan
Bürgermeiſter der im Zuge vertretenen Gemeinden
den, entlaſſen. 0 de
Die Kaiſerin Aguſta, welche Nachmittags Jarte.
Huldigung der Landleute zur Blumenausſtellung des —

linle
 
Annotationen