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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0392

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Hotel einen Beſuch ab und empfing ſpäter einen längeren
Gegenbeſuch von ihm. Am Dienstag wird König Al-
bert von Sachſen erwartet.
Wien, 2. Oct. An der Cholera erkrankten in Trieſt
2, in Iſtrien 2, in Peſt erkrankten 10 und ſtarben 4
Perfonen. ö
Peſt, 2. Oct. Apponyis Tageblatt will wiſſen, das
öſterreichiſch-deutſche Bündniß ſei bereits, auf
weitere ſieben Jahre verlängert worden.

Ausland.
Paris, 2. Oct. Freyeinet wird von ſeiner Rund-
reiſe Montag in Paris zurückerwartet und Dienstag einen
Miniſterrath halten. — Geſtern wurden die Arbeiten
für die Ausſtellung von 1889 auf dem Marsfelde
begonnen. Bis jetzt haben England, Rußland, Oeſterreich
und Deutſchland auf die vorläufige Anfrage wegen Be-
theiligung an der Ausſtellung noch keine Antwort ertheilt.
Die amtlichen Einladungen werden noch im Laufe dieſes
Monats erfolgen. — Eine offiziöſe Havas-Meldung er-
klärt, daß keine Schaar Aufſtändiſcher von Frankreich
in Spanien eingerückt ſei. — Temps berichtet: Der Mi-
niſter des Auswärtigen hat geſtern vom Generalreſidenten
von Madagascar eine lange Depeſche erhalten, in welcher
er eine merkliche Beſſerung im Stande der Dinge — welche
zum Theil ſeinen letzten Weiſungen zuzuſchreiben ſei — ge-
meldet wird.
London, 2. Oct. Wie die Pall Mall Gazette erfährt,
hat der oberſte Leiter der hieſigen Polizei, Warren, die
zum Schutze der öffentlichen Gebäude in London ſeit einiger
Zeit getroffenen Maßregeln wieder eingeſchränkt. Die hier-
durch verfügbar werdenden Poliziſten, etwa 1000 an der
Zahl, ſollen zur Ueberwachung verdächtiger Perſonen ver-
wandt werden.
Madrid, 2. Octbr. Der Kundgebung des Herzogs
von Sevilla wird hier keine Bedeutung beigelegt, da
derſelbe weder auf die Bevölkerung, noch auf das Heer
Einfluß hat. Die Zeitungen führen ſein Vorgehen auf die
Entziehung einer Geldunterſtützung zurück, welche ihm König
Alfonſo gewährt hatte.
Petersburg, 2. Oct. Das Journal de St. Peters-
burg ſchreibt: Das ungariſche Abgeordnetenhaus hat
in weiſer Befolgung des vom engliſchen Parlament und
dem deutſchen Reichstage gegebenen Beiſpiels darauf ver-
zichtet, die Interpellation betreffend Bul garien zum
Gegenſtande von Verhandlungen zu machen, welche ohne
Zweifel ebenſo erregt wie unzeitgemäß und unfruchtbar ge-
weſen wären.
Sofia, 2. Oct. Die Antwort der bulgariſchen
Regierung nimmt die durch den General v. Kaulbars
geſtellten Forderungen betreffs Aufhebung des Belagerungs-
zuſtandes und der wegen des Staatsſtreichs verhafteten
Perſonen an, erklärt aber die Hinausſchiebung der Wahlen
zur großen Sobranje für unthunlich.
Sofia, 2. Oct. In der vorgeſtrigen Unterredung theilte
der ruſſiſche Vertreter General v. Kaulbars an Stam-
bulow eine Depeſche vom Miniſter b. Giers mit, wel-
cher erklärt, daß der ru ſſiſche Kaiſer nicht beabſichtige,
der bulgariſchen Verfaſſung zu nahe zu treten. Im übrigen
verlief die Unterredung ergebnißlos. Aus der Provinz,
wo Kaulbars' Rundſchreiben gleichfalls veröffentlicht wurde,
treffen Proteſte und Telegramme ein. In Philippopel und
anderen Orten fanden Kundgebungen gegen das Rund-
ſchreiben ſtatt; namentlich gegen die Freilaſſung der Offi-
ziere. In der geſtrigen Sitzung des Kriegsgerichts
wurde beſchloſſen, zwanzig Offiziere wegen Hochverraths
vor das Kriegsgericht zu ſtellen, dreißig andere theils dis-
ciplinariſch, theils durch Zurückſetzung im Avancement zu
beſtrafen.
Madras, 2. Oct. Dem Journal Mail zufolge haben
in dem Bezirk Godavery verheerende Ueberſchwem-
mungen ſtattgefunden. Eine große Anzahl von Bewoh-
nern der von der Ueberſchwemmung heimgeſuchten Dörfer
wollte den Damm durchſchneiden, um dem Waſſer nach der
entgegengeſetzten Seite einen Abfluß zu ſchaffen. Die Be-
wohner der jenſeits des Dammes liegenden Ortſchaften

Zuſammenſtoß, wobei gegen 100 Perſonen getödtet
wurden.

Aus Stadt und Land.
+ Heidelberg, 4. Oct. Die geſtern vorgenommene Neuwahl
des altkatholiſchen Kirchengemeinderaths hatte im Großen
und Ganzen dasſelbe Ergebniß wie die durch Herrn Biſchof Dr.
Reinkens für ungültig erklärte Wahl vom 5. September. Der
mit 74 Stimmen gewählte Kirchengemeinderath wählte den Pfarrer
zum erſten, Herrn Profeſſor Gern zum zweiten Vorſitzenden, Hrn.
Gerichtsſchreiber Braungart zum Schriftführer und Hrn. Fabrikant
Eugen Wißler zum Rechner.
—= gridelberg, 4. Octbr. Vorgeſtern Nachmittag wurde in der
Bergheimerſtraße von einem Fuhrkuecht, z. Zt. im Dienſt bei
Mühlenbeſitzer Werner u. Nicola in Neckargemünd, ein 2½ Jahre
altes Kind, Töchterchen des Cementarbeiters Helwerth dahier,
ſo unglücklich überfahren, daß dasſelbe auf der Stelle todt
war. Das jedenfalls unbeaufſichtigt geweſene Kind ſoll unter die
Räder gelaufen ſein. — Zwei Hausbewohner dahier kamen am letzten
Samstag mit einander in Streit, welcher dermaßen ausartete, daß
der Eigentbümer des Hauſes dem Miether mit einem Scheit Holz
auf den Kopf ſchlug; zwar hat die Mißhandlung keine ſchlimmen
Polgen gehabt, der Thäter wird ſich jedoch wegen ſeiner Bruta-
lität zu verantworten haben. — In der Rohrbacherſtraße wurden
in der Nacht vom Samstag auf Sonntag mehrere Zierbäume
beſchädigt, ohne daß bis jetzt ein Thäter bekannt geworden iſt.
— Geſtern Nachmittag mußte ein Schreinergehilfe in einer Wirth-
ſchaft dahier wegen fortgeſetzten Unfugs auf die Straße geſetzt
werden, wobei derſelbe einem Soldaten, der dem Wirthe beiſtand.
mit der Fauſt ins Geſicht ſchlug, ſo daß der Geſchlagene aus
Mund und Naſe blutete. Der betr. Schreiner wurde von der
Schutzmannſchaft zur Ruhe aufgefordert, leiſtete aber keine Folge
und mußte verhaftet und in das Amtsgefängniß verbracht wer-
den. Hierbei ſträubte und widerſetzte ſich derſelbe aber derart,
daß er auf einen Karren geladen und ſo nach Numero Sicher
befördert werden mußte.

5 Heidelberg, 4. Octbr. Der Zudrang von jungen Leuten zur
Abdienung des Freiwilligen⸗Jahres war bei dem hieſigen
Bataillon am 1. October ein ſehr großer — die Meldungen be-
liefen ſich auf einige vierzig. Sechsunddreißig der ſich
Meldenden wurden als Einjährigfreiwillige eingeſtellt, und zwar
neun bei jeder Compagnie. Am Samstag hat bereits die Be-
eidigung der jungen Soldaten ſtattgefunden.
88 Heidelberg, 4. Octbr. Der Sommer iſt zu Ende und der
Herbſt hat ſeinen Einzug gehalten. Und wenn auch warmer
Sonnenſchein und ſommerlich laue Lüfte darüber täuſchen möch-
ten, man erkennt den Wechſel der Jahreszeit an onderen, untrüg-
lichen Zeichen. Die Saiſon der Vorträge beginnt! Und wir
begrüßen es mit lebhafter Freude, daß diesmal ein Redner den
Reigen führt, der rühmlichſt im deutſchen Vaterlande und weit
darüber hinaus bekannt iſt als ein Mann, der ſeltene Fahrten
und Entdeckungsreiſen nicht nur glücklich gewagt, ſondern ſie auch
trefflich beſchrieben hat und der davon nicht minder ſchön zu er-
zählen weiß. — Stets hat es einen eigenen Reiz, den über die
Ereigniſſe berichten zu hören, der ſie ſelber erlebt und der mit
eigenen Augen die Dinge geſehen hat. Und zumal wenn es ſich
um einen Gegenſtand handelt, der an und für ſich das allgemeine
Intereſſe auf das lebhafteſte erregt. Und das iſt gewißlich der
Fall bei dem Vortrag von Gerhard Rohlfs, der morgen
Abend über ein überaus zeitgemäßes Thema, die Zuſtände in
Sanſibar und die deutſche Coloniſation an der Oſtküſte von
Afrika aus eigenſter Anſchauung und aus einem reichen Schatze
der intereſſanteſten Erfahrungen berichten wird. — Hoſien wir,
daß der berühmte Reiſende ein ſo zahlreiches Publikum finden
wird, wie es der Ruf des Vortragenden und die Wahl ſeines
Themas in gleicher Weiſe verdienen.
* Heidelberg, 4. Oct. Der Octobermonat führt ſich in der au-
genehmſten Weiſe ein. Die eben verfloſſenen Tage waren durch
herrliches Wetter ausgezeichnet. Am geſtrigen Sonntage insbe-
ſondere hatten wir einen ſchönen, ſonnigen Sommertag, wie mau
ihn ſich nicht beſſer wünſchen kann. Das herrliche Wetter hatte
denn auch Viele in's Freie hinausgelockt, die ſich in Feld und
Wald ergingen. Da die Witterung beſtändig zu bleiben ſcheint,
ſo haben wir alle Ausſicht auf einen regelrechten langen Alt-
weiberſommer.
+ Heidelberg, 4. Octbr. (Stadttheater.) Im Stadttheagter
wird heute der beliebte Schwank von Schweitzer „Großſtädtiſch“
gegeben, um dem erſten Komiker, Herrn Roberti, Gelegenheit zum
Debüt in einer überaus wirkſamen und dankbaren Partie zu
bieten. Herr Roberti wird die Rolle des „Adolar Liebetreu,
Rentier aus Selters in Naſſau“ darſtellen. Als „Hulda“ debütirt
Frln. Möbus vom Hoftheater in Deſſau. Außer den beiden
Debütanten ſind in den Hauptrollen des luſtigen Stückes beſchäf-
tigt die Damen Albinus, Bark, Immiſch und Lippe und die
Herren Fichtler, Höflich, Lettiuger, Robert und Koſter.
Maunnheim, 1. Octbr. (Strafkammer II.) Vorſitzender:
Landgerichtsdirektor Müller; Vertreter der Großh. Staatsbe-
hörde: Staatsanwalt v. Duſch. Der ledige Unterlehrer Carl
Müller von Walldorf, gebürtig von Emmendingen, iſt bezich-
tigt, ihm unterſtellte Kinder — Mädchen von acht Jahren — für
geringe Vergehen auf eine ganz rohe Weiſe körperlich gezüchtigt
zu haben. Durch die heutige Beweisaufnahme werden zwar zwei
der ſchwerſten Anklagepunkte hinfällig, doch iſt feſtgeſtellt, daß der
Angeklagte ſeine Befugniß in bedeutendem Maße überſchritten.
Er erhält gemäß dem Autrage des Staatsanwalts eine Geld-

ſtrafe von 100 J¾ event. 10 Tage Gefängniß. — In der Kunſt-

wollefabrik der Herren Gebr. Reis in Heidelberg iſt an vel-
Fabrikgebände ein ſogenannter Aufzug angebracht, mittels w⸗
chem die Waaren ꝛc. in jedes beliebige Stockwerk
fördert werden können. Am 25. Auguſt ds. Js. nun machte
ſich der in der Fabrik beſchäftigte 15jährige Phil. Berger von
Plankſtadt in der Mittagsſtunde an dem Seile des Aufzuges z
ſchaffen. Der letztere ſetzte ſich in Bewegung und ſenkte ſich in
Folge deſſen der 7 Centner ſchwere, außerdem noch mit 2 Ballen
beladene Fahrſtuhl, welcher beim Nichtgebrauch des Aufzuges ſi
ſtets, und ſo auch zu jener Zeit, 6,.—70 Ctm. über dem Erdboden
befindet, auf den letztern nieder, wodurch einem 12jährigen Knabeu,
welcher mit noch anderen Kindern an dem Aufzug ſpielend, ſi ört
fällig unter dem Fahrſtuhl befand, derart der Kopf zerſchmetter
wurde, daß der Tod ſofort eintrat. Es wurde uunmehr gegen den
15jährigen Ph. Berger Anklage wegen fahrläſſiger Tödtung erhoben.
Das Gericht erkannte gegen den Angeklagten auf eine Gefängnib-
ſtrafe von 6 Wochen, wovon 4 Wochen Unterſuchungshaft abge-

rechnet werden. — Der 25jährige Taglöhner David Naßner

von Bruchſal iſt geſtändig, in Heidelberg aus einem Kleiderſchrank
mehrere Kleidungsſtücke geſtohlen zu haben; der Angeklagte 1
wegen gleicher Reate ſchon öfters mit dem Gefängniß Bekaunt
ſchaft gemacht und erhält mit Rückſicht hierauf 1 Jahr 4 Mon
Gefängniß und Verlnſt der bürgerlichen Ehrenrechte auf 3 Jahr.
— Der 26jährige Dienſtrnecht Peter Roth von Mauer iud.
ſeinem Bedürfniß nach dem Beſitze einer Uhr einfach dadurch alte
zuhelfen, daß er diejenige ſeines Nevenknechtes annectirte; er hat
aber das Unglück, ertappt zu werden; um nun ſeinen we
Diebſtahls ſchon oft gebrandmarkten Namen nicht nochmals 1
Schande preisgeben zu müſſen, gab er dem ihn verhaftenden
Poltzeicommiſſär gegenüber einen falſchen Namen an. Er wir
zu einer Geſammtſtrafe von 6 Monaten Gefängniß und 14 Taſſt
Haft, welch' letztere durch die Unterſuchungshaft als verbüßt gul-
und zum Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte auf 2 Jahre ven
urtheilt. — Die Berufung des 47 Jahre alten Hauſirers Micha.
Rückert in Heidelberg gegen das Erkenntniß des dortige
Schöffengerichts, welches ihm wegen Bedrohung 4 Tage Gofeut-
niß zudictirte, wird als unbegründet verworfen. — Der Dien
knecht Peter Michael von Doſſenheim wurde wegen erſchwerte
Körperverletzung vom Heidelberger Schöffengericht zu 2 Monate
Gefängniß verurtheilt, die von ihm hiergegen eingelegte Berufung
wird als unvegründet verworfen. — Der ledige Kaufmann K
Heinrich Wittmann wurde wegen Unterſchlagung vereinnahwitz
Gelder vom Heidelberger Schöffengericht zu 19 Wochen Gefängri-
verurtheilt; die vom Angeklagten eingelegte Berufung wird thei
weiſe für begründet erachtet und von obiger Strafe 8 Wochen
Unterſuchungshaft abgerecht. (Nach Mannh. Bl.) ö

Maunheim, 2. Oetbr. Herr Rechtsanwalt v. Feder erklärte
dem Stadtrath mit Schreiben vom 29. v. Mts., daß er ſich t⸗
geſundheitlichen Rückſichten genöthigt ſehe, die Stelle eines Sta 3
verordneten und damit die eines Stadtverordneten⸗Vorſtan er
niederzulegen. Gegenüber dieſer Erklärung glaubte den
Stadtrath im Hinblick auf die langiährigen, gerne anerkannten
Verdienſte des genannten Herrn um das ſtädtiſche Gemeinwel d
dieſen um Beibehaltung ſeines Mandates erſuchen zu ſollen un
beſchloß demgemäßes Erſuchſchreiben.
Eberbach. 2. Okt. Geſtern fand auf der heſſiſchen Ludwigsbah-
bei Unter⸗Erbach — Strecke Frankfurt⸗Eberbach — die Enr
gleiſung eines Güterzuges ſtatt, wobei die Maſchine und 1⸗
zelne Wagen Schaden litten. Leider erhielt auch der Statio der
vorſtand durch einen unglücklichen Sprung über eine Brücke o. 3
einen Damm nicht unbedeutende Verletzungen. Die Urſache de
Unglücks iſt vorerſt unbekannt.
Harberg, 2. October. Die hier veranſtaltete tandwirth-
ſchaftliche Ausſtellung hat mit dem geſtrigen Abend i 1
Ende erreicht. Entſprechend der Schönheit der ausgeſtellten
Thiere iſt der Verkauf ein reger geweſen. Hierzu hat freili
auch beigetragen, daß der Farrenmarkt, der in Tauber“
biſchofsheim ſtattzufinden gehabt hätte, zur Belebung der Aus-
ſtellung mit derſelben berbunden war. Daß unſere Viehzucht
auch im Nachbarlande Bayern in gutem Rufe ſteht, beweist,
daß verſchiedene Exemplare dorthin verkauft wurden. Der Ab.
ſatz landwirthſchaftlicher Geräthe und Maſchinen war wenigi-
lebhaft. Hierzu mag laut Bad. Ldztg. wohl der Umſtand be
getragen haben, daß zur Zeit die Früchte im Preiſe zurückſtehen
nach Hopfen in der Gegend nur geringe Nachfrage iſt und 5
Weinberge faſt nichts einbringen. Da hält natürlich der Barag
auch mit ſeinen Ausgaben zurüc. Der zweite Ausſtellungite,
diente der Austheilung der Preiſe: Für Halm⸗ und Hülſait
früchte 8 Preiſe mit zuſammen 40 Mark, Weinbau 6 Pr. nte
zuſammen 32 M., Obſt 10 Pr. mit zum. 32 M., Hackfrücht,
8 Pr. mit zuſ. 29 M., Futterbau 5 Pr. mit zuj. 19 M., Gartei
bau 8 Pr. mit zuſ. 25 M., Handelsgewächſe 4 Pr. mit zuſ⸗ D
M. und Molkereiweſen und Haushalt 3 Pr. mit zuſ. 18 M. uen
landwirthſchaftliche Geräth 10 Pr. mit zuſ. 55 M. Am dritte-
Tag wurden Seitens der Jugend Boxbergs und einiger Nachb.
orte ländliche und Vaterlandslieder vorgetragen, ſowie dem Larth
wirth noch Belehrung durch einenVortrag gegeben. Der Landwir
hat Lohn und Anerkennung gefunden und Grund, ſich der er
zielten Erfolge zu freuen. Aler
1 Hardhein, 3 Het. Am 20. d. Mts. wird die Familie Mülle
in der Stein⸗Mühle bier ein Feſt feiern, das ſelten zu nenne,
iſt. An dieſem Tage ſind es nämlich 203 Jahre, daß ein Ahen
der Familie dieſes Anweſen von Biſchof Martin, Herzog 1⸗
Franten, käuflich erwarb. Das Auweſen iſt bis heute unun

leiſteten indeſſen Widerſtand; es kam zu einem heftigen

Stadttheater.

Y geidelberg, 4. Oktbr. (Eröffnungsvorſtellung.)
„Der Weg zum Herzen“ von l'Arronge. Die erſten Theater-
abende und namentlich die Eröffnungsvorſtellung haben einen
eigenen Reiz, und werden von Allen, die dem Theater In-
tereſſe entgegenbringen mit großer Spannung verfolgt. An dieſen
Abenden wird eine Saiſonfrage gelöſt, wird Antwort auf das
neugierige: „wie wird es werden 2“ ertheilt. — Den neugewon-
nenen Mitgliedern iſt dabei die wichtige Aufgabe geſtellt, ſich
in der Gunſt des Publikums den Boden zu erobern, auf dem ihr
Talent reifen und Früchte tragen kann. Der geſtrige Abend nun
hat in jeder Beziehung ein ſehr zufriedenſtellendes Reſultat ge-
liefert. Herr Director Heinrich hat mit den Eugagements, wie
es ſcheint, mehr Treffer als Nieten gezogen. Durchweg junge,
bildungsfähige Kräfte ſind uns entgegengetreten, deren Können
ſchon jetzt ein ſehr reſpectables iſt und von deren Werden ſich das
Beſte erwarten läßt. — Als erſter Autor figurirte der vielgeliebte
PArronge auf dem Zettel. Sein geſtern hier zum erſten Mal ge-
gebenes Stück wurde, wie all' feine Arbeiten, von dem Publikum
belacht und beklatſcht, und wird bei einer Wiederholung, wie wir
überzeugt ſind, dieſelbe freundliche Aufnahme finden. Laſſen wir
es bei dieſem Faktum bewenden; das Publikum hat eine ausge-
Heſſen Bii Neigung für l'Arronge und findet ſeine Rechnung bei
eſſen Stücken; erſparen wir es uns daher, einen kritiſchen Maß-
ſtab an eine ſo ſchwache Arbeit zullegen, wie der „Weg zum Her-
zen, es iſt. Auch auf eine Andeutung des Inhalts können wir
verzichten, denn wer ein l'Arronge'ſches Luſtſpiel kennt, der kennt
ſie alle, der weiß, daß ſie ſich gleichen, wie ein Ei dem andern.
er, ob nun die Biedermänner mit der rauhen Schale und dem
gie B Lern Doktor Klaus oder Ferdinand Kern heißen, ob ſich
die L und witwiſchen dem zweiten oder dritten Akte, oder dem
dritten 9. „vierten im Handumdrehen bekehren, ob die Bühne
zum Schluß mit vier oder acht Paaren garnirt iſt, immer findet
I'Arronge, wie der geſtrige Abend es zeigte, Gunſt vor den Augen
des Publikums. — Eine angenehme Ueberraſchung bot geſtern
das Auftreten des Herrn Director Heinrich. Derſelbe hat in
der letzten Saiſon dem Publikum nicht allzuoft Gelegenheit ge-

boten, zu erfahren, welch' vorzüglichen Schanſpieler der Director
Heinrich an ſich ſelbſt beſitze. Hoffentlich liegt in ſeinem Auf-
treten in der Eröffnungsvorſtellung das ſtillſchweigende Verſprechen,
in der kommenden Saiſon das im letzten Winter Verſäumte nach-
zuholen. Als Ferdinand Kern hat ſich Herr Heinrich zum erſten
Mal in einer ausgeſprochen komiſchen Rolle gezeigt, und be-
wieſen, daß er auch in einer ſolchen der vollendete Künſtler iſt,
als welchen man ihn bisher kennen gelernt. Sein Commerzienrath
war ein vortrefflich durchgeführter, mit künſtleriſchem Maße ab-
gemeſſener Charakter. Da war Alles natürlich und ungekünſtelt,
nirgends ein Zuviel, bei aller kräftigen Farbengebung doch nichts
von einem aufdringlichen Humor, nirgends ein brüsker Effekt.
Mit einem behaglichen Lächeln konnte man der kunſtvoll gezeich-
neten Figur durch das Stück folgen. Das Publikum nahm die
Leiſtung enthuſtaſtiſch auf und ließ keine Scene vorübergehen,
ohne durch mehrfachen Hervorruf ſeine Anerkennung kundzugeben.
Bei ſeinem Erſcheinen war Herr Heinrich mit einem Lorbeerkranz
begrüßt worden. — Auch Frau Lippe erfuhr bei ihren kurzen
Auftritten, daß ſie in der Gunſt des Publikums noch den alten
Platz einnehme. Von den früheren Kräften war außerdem noch
Herr Höflich beſchäftigt, der ſeinen Sanders flott und liebens-
würdig ſpielte. Ueber das neue Perſonal heute ſchon ein ent-
ſchiedenes Urtheil fällen zu wollen, wäre eine Voreiligkeit und
vielleicht Ungerechtigkeit. Wir wollen den erſten Eindruck, wie
wir ihn geſtern empfangen, mit aller Reſerve wiedergeben. Eine
ſehr ſympathiſche Erſcheinung iſt Fräul. Im miſch, die ein an-
geuehmes Organ beſitzt und ſehr gut ſpricht. Ob ſie für das
Fach, das ſie geſtern ausfüllte, auch die entſprechende äußere Hal-
tung hat, wird ſich zeigen. Frl. Albinus ſcheint eine ſehr gute
Schule genoſſen zu haben und eine denkende Schauſpielerin zu
ſein — wie es uns geſtern vorkam, faſt zu ſehr denkend. Sie
muß ſich bemühen, einfacher, natürlicher zu ſein und mehr Wärme
hervortreten laſſen. Eine ſehr glückliche Acquiſition dürfte Frl.
Bark ſein. Sie entwickelt eine liebenswürdige Natürlichkeit und
trifft einen ungeſuchten naiven Ton. Etwas mehr Färbung und
Nüancirung im Spiel wird ſich ſicher noch einſtellen. Fräulein
Banein iſt offenbar im Luſtſpiel noch nicht zu Hauſe und be-
wegt ſich noch etwas ſteif. Unter den Herren machte bis jetzt

66r
Herr Fichtler den beſten Eindruc. Derſelbe ſpielt mit viele.
Routine, ſpricht ſehr gut und weiß ſich ungezwungen au 16
Bühne zu bewegen. Ueber Hru. Robert iſt nach der unglüce
lichen Partie, die ihm zugefallen, ſchwer urtheilen. Es iſt ke
Leichtes, einen Dümmling und Pantoffelbelden zu verkörpern, dr
ſich in einem Zwiſchenakt in einen ſtolzen Mann von Charakta
verwandelt. Herr Robert ſpricht deutlich und mit gutem Aun
druck, aber etwas ſchwerfällig; er ſcheint in ſeiner Charakteriſtrund
ſich des Richtigen bewußt zu ſein, es aber noch nicht mit der nöth
gen Leichtigkeit zum Ausdruck bringen zu können. Hr. Lettinge.
macht keine üble Figur; er muß nur für das Luſtſpiel in 96
anderer Weiſe lebendig werden. Das Zuſammenſpiel war „
wenn auch noch in einzelnen Scenen das Tempo etwas verſchlelge
wurde — bereits ein recht braves. Man merkte, daß eine kund 00
Hand das Ganze gefügt und gefeilt. — Das Publikum, we ete
das Haus nahein volltändig fülkte war ſehr animirt und ſnentich
lebhaften Beifall. Möge es das Wohlwollen, das es ſo ſichthe-
dieſer erſten Vorſtellung entgegengebracht, auch fernerhin be n
halten, und möge mit dieſem Abend bei ihm der „Weg 3
Herzen“ gebahnt ſein. Dr. S·

Vermiſchte Nachrichten.

München, 3. Oct. Bei der geſtrigen Vorſtellung in dem aus
Holz aufgeführten Cirkus brach der Fußboden des zw i,
ten Ranges durch, in Folge deſſen zahlreiche Beſucher hinee,
ſtürzten. Der allgemeinen Verwirrung, welche zu entſtehen drohe
beugte beſonders die mitanweſende Prinzeſſin Giſela uine
indem ſie dem Publikum zurief: „Seien Sie ruhig, es iſt kei
Gefahr'. Der Herzog Iud wig ſorgte für die Verwundeteen
unter denen ſich zwei junge Mädchen mit ſchweren Verletzung
befanden. er
Ziel, 2. Oetbr. Der allgeme ine Commers deutſcht,
Corpsſtudenten hat heute hier unter reger Betheiligung ſta
gefunden. Die Stadt prangte in reichem Flaggenſchmuck.

———
 
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