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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0400

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nahme der Arbeit zu verhindern. Die Gendarmerie trieb
die Aufrührer zurück und nahm zwölf Verhaftungen vor,
darunter die des Generalraths Baudin, der Sorcialiſt iſt,
und als Haupt der Aufrührer auftrat. Das Volk machte
den Verſuch, Baudin zu befreien, wurde jedoch zurückgetrie-
ben. — Der Kriegsminiſter Boulanger ſtellt in Abrede,
daß das geſtern zum erſten Male erſchienene Blatt
„I'Etoile“ ſein Organ ſei, wie die Zeitungsverkäufer aus-
zurufen ſich erlaubt hatten. — Emilio Caſtelar iſt hier
angekommen.
London, 5. Oct. Schatzkanzler Lord Randolph
Churchill iſt geſtern Abend von hier abgere iſt, und
zwar, wie es heißt, nach Berlin. — Ein Telegramm
aus Melbourne meldet einen vulkaniſchen Aus-
bruch auf der zur Tonga⸗Inſelgruppe gehörigen, von etwa
500 Menſchen bewohnten Inſel Niapa. Zwei Drittheile
der Inſel ſeien mit vulkaniſcher Aſche bedeckt. Es ſei ein
Dampfer abgeſandt worden, den Bewohnern der Inſel
Hilfe zu bringeu.
Madrid, 5. Oct. Die zum To de verurtheilten
Aufrührer ſind begnadigt worden. — Ueber die Ver-
haftung des Generals Villacampa und über deſſen

Perſönlichkeit wird der Pol. Corr. aus Madrid geſchrieben:
General Villacampa hat ſeine Leute, als dieſelben von den
Regierungstruppen bei Ocana erreicht wurden, in der feigſten
Weiſe im Stiche gelaſſen. Als er die königlichen Truppen heran-
rücken ſah, ließ er die wenigen Getreuen, die ihm geblieben waren,
gedeckte Stellungen einnehmen und auf die Verſolger feuern. Er
ſelbſt aber ſuchte unter dem Vorwande, eine Flankenbewegung
zu machen, das Weite und verbarg ſich in einer Mühle in der
Nähe von Noblejas, wo er ſpäter im Keller aufgefunden und in
Haft genommen wurde. Villacampa hat die Vergangenheit eines
echten Abenteurers. Zur Zeit der Erhebung Serranos trat er
als Freiwilliger in das der Königin treu gebliebene Heer des Ge-
nerals Novaliches, ging aber nach der Niederlage von Alcolea zu
den Republikanern über. Später war er abwechſelnd Carliſt und
Alfonſiſt. Ganz zuletzt, und zwar gleich nachdem er vom Könige
uiten ann General befördert wurde, ſchloß er ſich den Zoril-
liſten an. ö

Petersburg, 5. Octbr. In den hieſigen Regierungs-
kreiſen hofft man jetzt, daß es General Kaulbars
gelingen werde, alle ſeine Forderungen durchzuſetzen und
die Ruhe im Lande zu erhalten. Doch iſt die Lage des
Generals weit ſchwieriger, als die amtlichen Nachrichten,
welche der Telegraph veröffentlicht, vermuthen laſſen. An
eine Beſetzung denkt man jetzt nicht, auch läßt man vor-
läufig die geplante Zurückberufung der ruſſiſchen Offi-
ciere in ihre früheren Stellungen in der bulgariſchen Armee
auf ſich beruhen. Sollten nicht alle rufſiſchen Forderungen
erfüllt werden, ſo wird man das Land ſich ſelbſt, das
heißt, wie man hier glaubt, der Anarchie überlaſſen,
wobei man von der Anſicht ausgeht, die Bulgaren würden
dann ſelbſt um die ruſſiſche Hilfe zur Beſeitigung der
Anarchie bitten. Eine große Wichtigkeit legt man dem Um-
ſtande bei, daß ein Theil der bulgariſchen Armee für die
ruſſiſchen Forderungen, namentlich für die Freilaſſung der
verrätheriſchen Officiere gewonnen iſt.
Petersburg, 5. Oct. Wie die hieſigen Blätter mel-
den, widmete das kaiſerliche Gefolge dem morgen abreiſen-
den bisherigen Militärbevollmächtigten General v. Wer der
als Andenken ein werthvolles Schreibzeug mit der Inſchrift:
„Ihrem hochgeehrten v. Werder die ruſſiſchen Kameraden
von der kaiſerlichen Suite 1869 — 1886.“
Konſtantinopel, 5. Ottbr. Der Commandant des
franzöſiſchen Levantegeſchwaders, Marqueſſac, iſt zur
Begrüßung des Sultans geſtern Nachmittag hier ein-
getroffen und ſofort von dem Sultan in Privataudienz
empfangen und mit einer Einladung zur Tafel beehrt wor-
den. Marqueſſac wird drei Tage hier verbleiben.
Sofia, 5. Okt. Die bulgariſchen leitenden Perſönlich-
keiten behaupten den neueſten ruſſiſchen Forderungen
gegenüber, ſie wollten unter keinen Umſtänden nachgeben.
Aus der Provinz, namentlich aus Schumla und Ru ſt-
ſchuck, wird von einer lebhaften ruſſiſchen Bewegung ge-
meldet. Heute wurden hier zwei Ruſſen verhaftet, die ſich
in Gendarmerieuniformen umhertrieben. Diejenigen Männer,
die in den letzten Tagen zu Schlägereien Anlaß gaben, er-
hielten von dem ruſſiſchen Conſulat ruſſiſche Päſſe. — Die
Regierung wird nach den bisherigen Beſtimmungen die
Wahlen zu der großen Sobranje am nächſten

Sonntag ſtattfinden laſſen. — General Kaulbars wird

noch vor ſeiner Abreiſe der Regierung gegenüber die Er-
klärung wiederholen, daß Rußland die Wahlen zur Sobranje
als nichtig und die etwaigen Beſchlüſſe derſelben als nicht
beſtehend betrachten werde.

Aus Stadt und Land.

R. geidelberg, 6. Octbr. In nächſter Zeit wird hier ein
Cuwſ eitag abgehalten werden, dem Herr Oberbürgermeiſter
chuſter in Freiburg präſidiren wird. Es wird ſich hierbei
zunächſt um Beſprechung wünſchenswerther Aenderungen in unſerem
Fiſchereigeſet handeln, überhaupt aber über Maßnahmen zur
Hebung der Fiſcherei und Beſeitigung der Mißſtände, welche
leider noch vielſeitig wahrnehmbar ſind. Einen weiteren Gegenſtand
der Beſprechung wird das Verhältniß des in der Gründung be-
bilden. pfälzer Zweig⸗Fiſchervereins zum badiſchen Hauptverein
bilden.
§ heidelberg, 6. Octbr. Mit dem geſtern Abend im großen
Saale des Muſeums von dem Afrikaforſcher Herrn Dr. Gerhard
Rohlfs gehaltenen Vortrage über Sanſibar, Oſtafrika
und die Coloniſation daſelbſt iſt die Saiſon der Vorträge
in vielverſprechender Weiſe eröffnet worden. Der berühmte Name
ſowie das zeitgemäße Thema hatten ihre Anziehungskraft ausge-
übt — der Saal war voll beſetzt. Zu den Anweſenden zählten
auch viele Damen, die mit lebhaftem Intereſſe dem Vortragen-
den folgten. Derſelbe begann mit einigen allgemeinen Betrachtungen
über die Bedingungen der Coloniſation und führte im Ganzen
etwa Folgendes aus: Eine Colonie iſt der Ausdruck, die Wieder
Iuuß das des heimiſchen Gewerbefleizes. Um ſie zu gründen,
hab as Mutterland ein einiges ſein, eine Nationalität gewonnen
Ha 15 N dieſe Bedingung vorhanden, ſo gehört als weitere
dazu die lich krrnerung, Eine Colonie iſt ohne Auswanderung
nicht möglich, freilich iſt dies umgekehrt ſehr wohl der Fall, wie

gebiet.

Gegend hängt von Zuſtänden rein lokaler Natur ab.

von 1820—80 3 Mill. Menſchen abgegeben; dieſelben ſind nach
den Vereinigten Staaten Nordamerikas ausgewandert und gingen
uns politiſch verloren. Ganz anders liegt die Sache bei den
Mächten, die ſich im Colonialbeſitz befanden. So wanderten in
dem genannten Zeitraum etwa 5 Mill. Engländer nach den bri-
tiſchen Colonien in Oſtindien, die dem Mutterlande politiſch er-
halten blieben und wirthſchaftlich nützten. Ebenſo verhält es ſich
mit der Auswanderung nach den holländiſchen und franzöſiſchen
Colonien. Vorläufig haben wir noch wenig Ausſicht. daß wir in
eine ähnliche Lage wie die alten Colonialmächte kommen; der
große Auswanderungsſtrom von Deutſchland wird ſich noch
lange Zeit, nachdem bereits die Gründung deutſch⸗afrikaniſcher
Colonien in Angriff genommen, den Vereinigten Staaten
zuwenden. Aber gerade deshalb iſt es Pflicht, unermüdlich auf
die dentſchen Colonien hinzuweiſen und für deutſche Co-
loniſation zu wirken. Die deutſche Oſtafrikaniſche Geſellſchaft,
welche ſich zu dieſem Zwecke gebildet, verdient daher die größte
Unterſtützung. Es iſt nur ſchade, daß nicht bereits mehr derartige
Geſellſchaften beſtehen. Aber es darf ſicher angenommen werden,
daß der colonialpolitiſche Gedanke in Deutſchland immer größern
Anklang finden, die Einſicht von dem Werth des Colonialbeſitzes
immer weitere Kreiſe erobern wird. In den 70er Jahren tauchte
einmal das Gerede auf, daß England ſeiner Colonien überdrüſſig
ſei. Daran war ſelbſtverſtändlich kein wahres Wort. Im Gegen-
theil, England hat beſtändig nach Vermehrung ſeines Colonial-
beſitzes geſtrebt und bekauntlich gerade in neueſter Zeit große Ge-
bietserwerbungen vorgenommen. Daſſelbe iſt mit Frankreich,
Holland ꝛc. der Fall. In einem Punkte, der in kultureller und
humaner Beziehung beſonders hervorzuheben iſt, unterſcheiden ſich
die deutſchen Colonialbeſtrebungen vortheilhaft von denen anderer
Nationen. Während dieſe, wie England beiſpielsweiſe in Birma
und Frankreich in Tonkin, ihre Erwerbungen auf kriegeriſchem
Wege machen, geht Deutſchland friedfertig vor. Redner läßt nun eine
Schilderung der allmähligen Entwickelung und Kräftigung des colo-
nialen Gedankens in Deutſchland durch die deutſche Literatur einflie-
ßen und führt als Werke, welche bahnbrechend gewirkt, Hübbe⸗Schlei-
dens „Ueberſeeiſche Politik“ und Jung's „Deutſche Coloniſation“
an. Das Verdienſt aber, den deutſchen Colonialgedanken in die
Praxis überſetzt zu haben, gebührt vor allem dem Bremer Kauf-
mann Lüderitz. Er hat 1883/84 durch ſeine Gründungen in
Angra⸗Pequena und Groß-Namaqueland gezeigt, welchen Weg
man dabei einzuſchlagen habe. Von dieſem Zeitpunkte ab ſind
die colonialen Erwerbungen Deutſchlands ſtetig fortgeſchritten,
zunächſt an der Weſtküſte Afrikas, dann aber in Oſtafrika, worauf
Deutſchlands Augenmerk vor Allem gerichtet ſein muß. Wie hat
ſich das unter deutſchem Schutz ſtehende Gebiet, ſeitdem man die
oſtafrikaniſchen Erwerbungen begonnen, dort ausgedehnt! Es iſt
gegenwärtig ungefähr dreimal ſo groß als ganz Deutſchland und
enthält 10 Stationen. Das über das ganze Gebiet ſich aus-
breitende Stationennetz iſt ein vortreffliches und überhaupt ſind
die vorbereitenden Maßnahmen bereits ſo weit fortgeſchritten, daß
mit der eigentlichen Coloniſation begonnen werden kann. Kein
Gebiet iſt nach des Redners Meinung ſo erſprießlich und ſegens-
reich für die Coloniſation wie das oſtafrikaniſche. Redner zieht
dann im Weitern einen Vergleich zwiſchen der geographiſchen
Lage und Beſchaffenheit von Afrika und Südamerika, die ſehr
viel Gemeinſames habe. Indeſſen iſt der Oſten Afrikas hinſicht-
lich ſeines Fluß- und Seenreichthums viel günſtiger geſtaltet als
der Oſten Südamerikas. Beſonders der Reichthum an Seen,
unter denen der Tanganjikaſee der größte, iſt ein ganz außer-
ordentlicher; ſie nehmen in ihrem Umfange wohl zuſammen ſo
viel ein wie Zweidrittel von Deutſchland. Die Beſchaffen-
heit des Bodens hinſichtlich ſeiner wirthſchaftlichen Aus-
nutzung iſt in den Tropen ganz gleichgültig; ob er aus
Lehm, Lette oder Humus beſteht — die Sonne in Gemeinſamkeit
mit Waſſer erzeugen immer eine üppige Vegetation. Die ganze oſt-
afrikaniſche Küſte von Port Ratal bis zum Cap Guardafui —
etwa 2500 Kilometer lang — iſt ein vortheilhafted Coloniſations-
Die nördliche Hälfte dieſer Strecke hat ein trockenes
heißes, die ſüdliche Hälfte ein feucht⸗heißes Klima. Es iſt aber
ein Irrthum, wenn man annimmt, jeded tropiſche Klima ſei un-
geſund, denn heiß und ungeſund ſind keineswegs ſich deckende
Begrihe. Die geringere oder größere Geſundheit irgen 3ü
as die
Akklimatiſationsfähigkeit der Europäer in heißen Gegenden an-
langt, ſo iſt dies eine eigene Frage. So leicht iſt die Akklimati-
ſation nicht. Der Europäer wird hinſichtlich ſeiner Kleidung ſehr
ſtrenge den klimatiſchen Verhältniſſen Rechnung tragen müſſen
und ſich innig an die Lebensweiſe der Eingeborenen anzuſchmiegen
haben. Der Herr Vortragende ſchilderte hierauf in feſſelnder
Weiſe. was die Küſte an mineraliſchen Schätzen, ſowie in der
Pflanzen⸗ und Thierwelt hervorbringt. In letzterer Beziehung
betont Redner, daß namentlich die Rindvieh⸗ und Straußenzucht
mit Leichtigkeit viel erfolgreicher betrieben werden könne, wie es
heutzutage ſeitens der Neger geſchieht. Und doch iſt das, was
die Neger hierin leiſten, nicht mehr ſo unbedeutend. So ſind
im vergangenen Jahre vom Cap der guten Hoffnung aus für
ca. 24 000 000 Mark Straußenfedern in die Welt hinausge-
ſandt worden. Herr Dr. Rohlfs konnte den Damen die tröſtliche
Verſicherung geben, daß es an Straußenfedern, ſo viele ihrer auch
verbraucht werden, nie mangeln wird, wie dies hinſichtlich des
Elfenbeins bei der planloſen Jagd auf Elephanten nur eine Frage
der Zeit ſein kann. Die an der Küſte wohnenden Negerracen, von
denen Redner insbeſondere die Suaheli, Betſchuana u. Somalivölker
ſchilderte, ſind durchaus nicht ſo uncultivirt, wie man außerhalb
des dunklen Continents vielleicht annimmt. Einige der Völker-
ſchaften ſind noch Menſchenfreſſer, das Merkwürdige aber iſt, das
dieſe nicht ſelten civilifirter ſind, wie andere, die ſich ohne
Menſchenfleiſch behelfen. Sämmtliche Völkerſchaften wohl haben
eine Art ſtaatlicher Organiſation und gewiſſe Rechtsbegriffe.
Im Ganzen ſind ſie auch meiſt eifrig und arbeitswillig,
aber doch plan⸗ und ziellos, und Aufgabe der deutſchen Coloni-
ſation wird es ſein, ſie zu einem ſtetigen und arbeitſamen Volke
zu erziehen. Schließlich wendete ſich Redner den ſpeziellen Ver-
hältniſſen in Sanſibar und deſſen vielgenanntem Sultan zu.
Derſelbe hält ſich ein Heer von 60 000 Sklaven und bezieht aus
den Zöllen eine Einnahme von 2 Mill. ½. Der Sultan iſt ein
ſehr autokratiſch fühlender Herr und alle Maßregeln, die in
ſeine vermeintliche Machtſphäre greifen, erbittern ihn ſehr. So
hat ihn das Fußfaſſen der Deutſchen au der Küſte ungemein auf-
gebracht. Als er (Redner) dem Sultan das deutſche Protectorat
über Uſagara ankündigte, gerieth derſelbe außer ſich. Auch heute
iſt er noch nichts weniger als freundlich gegen Deutſchland ge-
ſtimmt. Nachdem der Herr Vortragende ſich noch über den Werth
ausgeſprochen, welchen das Kilimandſcharogebiet für Deutſchland
hätte, ſchliemßt er mit dem Wunſche, daß Deutſchland in ſeinen
colonialen Beſtrebungen mit aller Energie fortfahren möge.
Sebhafter Beifall dankte für den hochintereſſanten Vortrag.
gurlsrnhe, 5. Oct. Die amtliche Darſtellung des bedauerlichen
Unfalles im Kaltenbrunner Forſte deckt ſich in allen
weſentlichen Punkten mit der ſeit Samstag in den Geſellſchafts-
kreiſen umlaufenden Erzählung des Hergangs. Das Mißgeſchick
ereignete ſich gegen 6 Uhr Abends, alſo wohl bei ſchon angehen-
der Dämmerung. Eine Armbewegung des Oberförſters Müller
aus dem Dickicht her ſoll der nächſte Anlaß zu dem Schuſſe ge-
weſen ſein. Da der Oberförſter der Fährte des Hirſches folgte,
ſo kam dieſe Bewegung von der Stelle her, wo man das Wild
vermuthete. Sein Befinden war dem Vernehmen nach geſtern
ein zufriedenſtellendes.
Baden, Oct. Zu der hierſelbſt tagenden Generalver-
ſammlung der Vereinigung der Kur⸗ und Mineralquellen-
Intereſſenten Deutſchlands, OeſterreichUngarns und der
Schweiz ſind bis jetzt 32 Theilnehmer aus den bedeutendſten und
wichtigſten Kurorten und Quellen beſitzenden Orten erſchienen,

wir an Deutſchlaud ſehen. Ohne Colonien zu beſitzen, hat es I nämlich: Direktor Lenne⸗Neuenahr, Direktor Quehl⸗Ems, Franz

Ed. Kilp⸗Mäncher-
W. Cuſtor⸗Köln, Dr. Perniſch, Kurarzt⸗Tarasp, Engadin, Biz n⸗

meiſter Höhn⸗Langenſchwalbach, Dr. Lößner⸗Leipzig, Dr. 3
der⸗Baden. Schweiz, Wnettor Jean Eigel⸗Zollhaus bei Mieif

Förck, H. Kauffmann, Dr. Lehmann⸗Berlin,

Mauſer, fürſtl. Badeinſpektor⸗Salzbrunn, J. Weis⸗Nauheim. Em
Wille⸗Veſt, Leo Mattoni⸗Gießbühl, Direktor Schäfer⸗Töſz. utt-
Ramsberger⸗Baſel, Dr. Beißel⸗Aachen, Hofmann.⸗Berg bei Sher-
gart, Stadtſchultheiß Beutter, Hofrath Suchier⸗Herrenalb, O 6⸗
bürgermeiſter Naſt⸗Cannſtatt, H. Fuebach, Gießer⸗Breslau, zuſtab
rath Freytag⸗Bad Oeynhauſen, Graf Poſtalozza⸗Reichenhall, Gu dt
und Karl Pick⸗Franzensbad, Oberbürgermeiſter Gönner, O
rath Weih⸗Baden, Dr. Grödel⸗Bad Nauheim. Die Verhandlu
gen nehmen programmmäßig ihren Verlauf. n der
Aus Faden. Das Verordnungsblatt der Generaldirectior at-
Großh. Bad. Staats⸗Eiſenbahnen Nr. 48 enthält Berinte „
machungen betreffend das Ausſchreiben von Stellen, den Wir uf
dienſt 1886/87, den Winterfahrplan 1886/87, den Billetverta
in Gaſthöfen, die Beförderungsvorſthriften für den Winterdien
1886/87, die Abfertigung lebender Thiere im Winterdienſte, n0
Abrechnung im deutſch⸗italieniſchen Verkehr, die Verwendu
des Silbergeldes, den Gebrauch der Correſpondenzkarten, en.
Waarenſtatiſtik, Mittheilungen über auswärtige Verwaltung ⸗
Geld wurde aufgefunden: am 16. September im Bereiche lbe
Bahnhofes in Bretten der Betrag von 3 . 20 3. — Daſſe
Verordnungsblatt Nr. 49 enthält eine allgemeine Verfügung Iige
züglich der Auslenkungen neueſter Conſtructionen ꝛc., ſowie ſonſ ub
Bekanntmachungen wegen der Dienſtanweiſung für die Bahn⸗ l,
Weichenwärter und das Verzeichniß der Bahntelegraphenſtation
ferner Dienſtnachrichten und die Mittheilung von Todesfä +
— Der Bierkutſcher einer Heidelberger Brauerei, der am 4. 6
in Mannheim Bier einladen wollte, hatte das Unglück, Ver-
ihm ein ſchweres Faß auf ein Bein fiel. Man mußte den dae-
unglückten, der anſcheinend eine empfindliche Quetſchung davong

tragen hat, nach dem Allgemeinen Krankenhauſe dortſelbſt bring⸗= ö

Vermiſchte Nachrichten. b0
gerlin, 2. Octbr. Ein entſetzliches Seelengemälde entrollte 0e
geſtern vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts L we er
über die zwökfährige Mörderin Maria Schneid

zu verhandeln hatte. Die Angeklagte hatte am 7. Juli d. J. die

3¼jährige Margarethe Dietrichs mit ſich in das Haus, in welchek
ihre Mutter wohnte, gelockt, um ihr dort in dem oberſten Suahe
werk ein Paar Ohrringe abzunehmen und das beklagensweri,
Kind dann aus dem offenen Fenſter zu ſtürzen. Das unglit 16
liche Kind war ſofort todt. Die Ohrringe hatte die Angeklacr,
für 50 Pfeunig verkaufen und den Erlös in Pfefferkuchen ve
naſchen wollen. Als man auf ſie aber Verdacht warf, warf f
Ohrringe fort, damit dieſelben nicht bei ihr gefunden würden.

Auf alle Fragen des Richters gab das Mädchen mit geroher, ö

nun
nd in

grauenhafter Harmloſigkeit Auskunft, beſchrieb genau ſein
fahren bei der entſetzlichen That und zeigte nicht einmal auch
die leiſeſte Regung von Reue. Dagegen erwies ſich das Ki z
der Geſchichte der Mordprozeſſe der letzten Jahre als wohlbewai „
dert. Das mediziniſche Sachverſtändigengutachten ging dahte-
daß die Angeklagte die erforderliche Einſicht zur Erkenntniß ih
Strafb arkeit nicht beſeſſen habe. Nach dem Urtheil des

habe Maria Schneider nur Sinn für Dummheiten und Unar, —

gehabt und ſei in der Schule faul und dumm ieweſen. Zeſſ ö

Vertheidiger führte aus, die Angeklagte gehören in eine 1
rungsanſtalt und nicht in das Gefängniß. Alles, was an ert
an Geiſt und Verſtand vorhanden ſei, ſei vollſtändig überwuch

durch die Perderbtheit der Seele, und das Mädchen wiſſe zuder
9e
3

was ein Mörder iſt und daß wan Conrad hingerichtet hat,
in dem Augenblicke, wo ſie, vom goldenen Schein der Ohrmer
verlockt, die That beging, ſei ſie ſich der Schwere ihres V
brechens ganz gewiß nicht bewußt geweſen. Ge-
lichen durch den Reichthum einer eindesſeele ausgeſtatteten 9⸗
müthsentwicklung babe man hier eines der grauenvollſten Be
ſpiele der Moralkrankheit, eine Idiotin in ſittlicher und ſeeliſcher
Beziehung vor ſich, und die Angeklagte zeige ſich als eine der
elendeſten, aus dem Pfuhl der Großſtadt berausgewachſeneh
Pflanzen. Die in dem Kinde wohnende Brutalität habe di
ſchlechteſten Triebe bei demſelben erzeugt, weil ihm infolge 0
Moralkrankheit jede Ethik fehlte. Der Gerichtshof ſchloß 10
dem nicht an, ſondern beſchloß, dem Recht ſeinen Lauf zu laſſen
Was das Strafmaß anbetrifft, ſo ſei der Gerichtshof nach ſier
fälriger Prüfung zu der Ueberzeugung gekommen, daß bei der hi
bewieſenen Herz. und Gemüthloſigkeit eine kurze Strafe nich „
gebracht erſcheine. Mit Rückſicht auf die Schwere des Verbrechen

die unglaubliche Herzloſigkeit, die Größe des Schmerzes, walge, x

den Eltern der Ermordeten bereitet worden, verurtheilte der
richtshof die Angeklagte zu acht Jahren Gefängniß.

Straubing, 4. Oct. Das hieſige Schwurgericht verurtheilte heu,

den Redacteur Renner vom Deggendorfer Boten wegen Mini
beleidigung anläßlich des Todes des Königs Ludwig
zwei Monaten Gefängniß und Tragung der Koſten; auß
wurde auf Vernichtung der die Beleidigung enthaltenden
mern des Blattes erkannt. O
— Auf der Militärſchießſtätte in Wien iſt dieſer Tage
neues Repetirgewehr geprüft worden, welches der
Wiener Piſtolenſchütze Joſeph Schulhof erfunden hat. Schn
machte zunächſt bei abgeſchloſſen⸗geladenem Magazin, das 10 0
tronen enthält, im Einzelnſchießen nicht weniger als 24 Schuich
in der Minute und erprobte alsdann das Gewehr auf ſeinen du

Num-

Lehrers

Statt der gewöhbn

t a

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erden

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beka 0
4
2

einen leichten Druck im Nu zu öffnenden Nepelir⸗Nechaniste ö

wobei der Schütze einſchließlich des Ladens in der Sc ö

52 Schüſſe erzielte. Die 10 Schüſſe repetirte Herr Schu
jedesmal in ungefähr fünf Secunden heraus, während er Na-
jedesmaligen Laden, d. b. Füllen des Magazins mit den 10

tronen, je 6 Secunden brauchte. *



Handelsnachrichten. 1
Börſenbericht. (Effectenſocietät.) Frantfurt, 5. Hatz;
Umſätze bis 6¼¾ Uhr Abends. Credit 225 /, ½ —0 b. 0

5
bahn 194½, ½, 195½8, 4½, ½, ½ b. Lombarden 86½, 3000 ö

86/, ½, . b. Disconto⸗Commandit 212.30, 400, 30 b. D 10
ſtäbter Bank 140.10, 40 b. Deutſche Bank 165 b. u. G. Deutſg,
Vereinsbank 98.60, 70 b. u. G. Dresdener Bank 136 b. . ⸗
Ungar. Escompte 79½ b. Buſchtherader 169 ¾ b. u. G. Oul
weſt 138, ½ b. u. G. Elbthal 142¾, 43 b. u. G. 10/
Bodenbach 271½, ½ b. u. G. Gotthard⸗Actien 96.10, 400 .

20 b. Schweizer Nordoſt 65.20 b. Union 92.20, 91.8 roe
45Ct. Ungar. Goldrente 85.50, 30 b. Egypter 75.90 b. Huht
Portugieſen 88.15, 20 b. Spanier 62.90 b. ult., 63 b. 7⁰ .

auch kl. Stücke. Sproc. Italiener 100.60 B. 50 G., 100.
compt. Türken 14.25 b. 6⁰⁴i
6½ Uhr: Credit 225½. Disconto 212.30. Galizier 1
Lombarden 87½. mlich
Das Intereſſe des regen Verkehrs concentrirte ſich vorneb riſer
auf Staatsbahn⸗Aktien, deren Cours im Einklang mit Poner-
Notirungen bei belangreichen Umſätzen anſehnliche Steigerung der
fuhr. Auch Lombarden partizipirten ziemlich kräftig au ger-
Coursbeſſerung. Die leitenden Bankwerthe notirten wenig Hal-
ändert. Die ausländiſchen Fonds zeigten überwiegend feſte hnen
tung ohne erhebliche Coursveränderungen. Von Schweizer Ba
notirten Union ſchwächer, dagegen Gotthard⸗Aktien feſter. 7 B.
*»Mannheimer Börſe. 5. Oetbr. Badiſche Bank 11½ g.
Rhein. Creditbank 121.50 b. Rhein. Hypoth.⸗Bank 127.2 ln,
Bad. Anilin⸗ u. Sodafabrik 201 a 201.50 b. u. G. Weſteren. t
Alkali 156 G. Waghäusler Zuckerfabrik 85 B. Heidelbe

Aktien⸗Brauerei 125 G. exel. Coup. rI1I
Berlin, 5. tt. Schlutzcourſe um 3 Uhr. 7217
Credit⸗Actien 45²½. Staatsbahn 384½. LVombarden 1305%6

Disconto⸗Commandit 212½. Galiz. Karl Ludwigsbahn

Tendenz: Feſt.
 
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