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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0408

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1888; die Ernennung von Actuaren; der Transport der Ge-
fangenen auf der Eiſenbahn im Winterdieuſte 1886/87; ferner
des Miniſteriums des Innern, die Beſetzung der berufsgenoſſen-
ſchaftlichen Genoſſenſchafts⸗und Sectionsvorſtände und der Schieds-
gerichte; die Oldenburger Feuerverficherungsgeſellſchaft in Olden-
burg und Apothekerausſchuß betreffend; o. die Anzeige von
Todesfällen.

„Ernannt und kirchlich eingeſetzt wurden: auf die katho-
liſche Pfarrei Gremmelsbach, Decanats Triberg, der Caplanei-
verweſer Eduard Fahrländer in Stühlingen, auf die katholiſche
Pfarrei Oensbach, Decanats Ottersweier, der bisherige Pfarrver-
weſer in Müllheim, Joſef Birk, auf die katholiſche Pfarrei Nie-
derwaſſer, Decanats Triberg, der Caplaneiverweſer Albert Rieſer
in Triberg; deſignirt und kirchlich eingeſetzt auf die ka-
koliſche Pfarrei Ketſch, Decanats St. Leon, der bisberige Pfarrer
in Burbach, Franz Joſef Frank; ernannt der Pfarrverwalter
Oscar Arnold in Sindolsheim zum Pfarrer in Mahlberg und
der Stadtvicar Otto Friedrich Kaufmann in Mannheim zum
Hiftrier in Rußheim. — Die erledigte Notarsſtelle für den
iſtrict Adelsheim iſt dem Notar Karl Naber in Neunkirchen
übertragen.

Berlin, 6. Oct. Die neuen militäriſchen Ver-
ordnungen, welche in den eben beendeten Manövern
zum erſten Male in der Praxis verwerthet ſind, und welche
ſich hauptſächlich auf den Vorpoſtendienſt beziehen,
haben ſich, wie die Elberf. Ztg. erfährt, durchaus bewährt.
Eine der wichtigſten Neuerungen iſt der Fortfall von Lo-
ſung und Feldgeſchrei, deren Abfrage nach den Erfahrungen
der letzten Feldzüge als bedeutungslos erkannt iſt. Der
Poſten hat die Pflicht, die durchlaßſuchenden Perſonen,
falls er ſie als deutſche Soldaten erkennt, ohne weiteres
durchzulaſſen, im anderen Falle, namentlich bei Nacht, ſie
anzurufen und an einen beſonderen Poſten zu weiſen,
welcher ihre Führung bis zur Feldwache übernimmt. Statt
Loſung und Feldgeſchrei kommt nur im Feſtungskriege, und
auch nur für den Nachtverkehr, eine „Parole“ zur Anwen-
dung. Die Vorpoſten gliedern ſich jetzt in das Vorpoſten-
gros, die Vorpoſtencompagnie und die Vorpoſtencavallerie.
Dieſe Neuerung, bei welcher die alten Replis und Pikets
wegfallen, bezweckt eine ungebundenere Form, erweitert aber
auch die Selbſtſtändigkeit der Compagnien. Der „Exa-
minir⸗Trupp“ iſt einem „Durchlaßpoſten“ gewichen, was
als ein Zugeſtändniß an die deutſche Sprache nicht ver-
ſchwiegen werden ſoll. Den Vorpoſten iſt es zur ſtrengen
Aufgabe gemacht, das Gefecht nicht zu ſuchen, da ein un-
nöthiges Scharmützel die Ruhe des Ganzen gefährde, und
zu Gefechten führen könne, deren Begrenzung nicht mehr
in der Hand der Vorpoſten liegt. Die Verordnung ſchließt
mit den Worten: „Ein Angriff aber muß die Vorpoſten
jederzeit in voller Bereitſchaft finden, um alle Kräfte ein-
zuſetzen und die Führer aller Grade müſſen zu jedem Opfer
bereit ſein für die verantwortliche Aufgabe, das Gros zu
decken.“ Die Stellung des Vorpoſten⸗Commandeurs und
des Feldwachhabenden ſind weſentlich verändert; nament-
lich ſind dem letzteren erweiterte Befugniſſe zugeſtanden, er
kann beſtimmen, ob die Wache ſich in gedecktem Raume auf-
halten darf, ob das Gepäck „umgehangen“ werden ſoll oder
nicht, ob Feuer angemacht und gekocht werden darf, ob ein-
oder zweiſtündlich abgelöſt wird, ob auf Poſten geraucht
werden darf — häufig ein probates Mittel, um die Leute
wach zu halten — und ob mit Gewehr bei Fuß, im Arm
oder mit „Gewehr über“ Poſten geſtanden werden ſoll —
alles Beſtimmungen, zu welchen bisher nur ein höherer
Commandirender competent war. Auch eine neue Marſch-
ordnung iſt bei den Manövern mit Erfolg in Anwendung
gebracht, indem die Sectionen ſtets in Viererreihen einge-
theilt werden und die Unterofficiere nicht neben der Section
marſchiren, ſondern hinter ihr eintreten. Bei der Avant-
garde iſt die altehrwürdige Form der Spitze, die ſonſt un-
weigerlich aus drei Mann beſtand, beſeitigt worden. Bei
der Reiterei wird dieſelbe aus 1 Officier und 4 —6 Mann
gebildet, während die neue Infanterieſpitze aus einem Of-
ficier mit einer Section beſteht.
Berlin, 7. Oct. Zwei hier vorgeſtern eingetroffene
Engländer, deren einer von den Blättern als Lord R.
Churchill unter einem angenommenen Namen bezeichnet
wird, ſind heute früh nach Dresden abgereiſt. Die An-
gabe, daß einer derſelben die engliſche Botſchaft beſucht
habe, iſt irrthümlich, und auch ihr Incognito ſelbſt bedarf
aus mehreren Gründen jedenfalls der Beſtätigung.
Kiel, 6. Oct. In einem dritten Briefe an die Kiel.
Ztg. ſagt der bekannte Herr Amtsgerichtsrath Francke:
„In erſter Linie mußte mir daran liegen, die Behauptung
eines „unerhörten Wahlbeſtechungsverſuchs“ auf ihren wahren
Werth zurückzuführen, die Nichtbetheiligung irgend eines Mit-
gliedes des conſervativen Vereins daran darzuthun und die

Grundloſigkeit der Bezichtigung, welche in dem Satze „mit welchen
Mitteln die Freiſinnigen von conſervativen Leuten in angeſehener
Lebensſtellung bekämpft werden“, zum Ausdruck gebracht war,
aufzudecken. Die für die liberale Preſſe und Partei weniger
intereſſirende Frage der angeblichen Brieffäl-
ſchung c trat für mich, der ich in dieſer Richtung mich
ſchuldlos () wußte, ganz in den Ointergrund ... Anlangend
den „mit Stillſchweigen übergangenen „Geldpunkt“, ſo bin ich
leider nicht in der Vermögenslage, ſo erhebliche Summen,
wie ich als erforderlich vorausſetzte, aus meiner Taſche zu
beſtreiten, zweifelte aber auch nicht daran, daß, wenn die
Forderung des Herrn Molkenbuhr für die Caſſe der
Socialdemokratie nicht zu exorbitant ausgefallen wäre, ich den
Vorſtand des conſervativen Vereins zur Bewilligung
derſelben vermocht haben würde. Hätte ich mich darin getäuſcht
— nun, dann wäre mein Verſuch eben geſcheitert geweſen.
Die „nicht genannte Perſönlichkeit“ hat die Geldmittel zu jenem
Verſuche weder direkt noch andeutungsweiſe angeboten, auch
teinen Druck auf mich ausgeübt, ſondern nur Gründe vorgebracht,
deren Berechtigung ich nicht verkennen konnte. Dieſelbe in der
reſſe zu nennen, muß ich, zumal ich ſchon genügend verun-
glimpft bin, mir verſagen; an zu ſtändiger Stelle — und
ich werde früh genug dazu in die Lage kommen — werde ich
auch darüber ſchon Aufklärung geben

Die Hinweiſung auf die „zuſtändige Stelle“ ſcheint die
Beſtätigung dafür zu enthalten, daß nunmehr die Dis-
ciplinarunterſuchung eingeleitet iſt. Das wäre jetzt doppelt
geboten, denn Herr Francke ſpricht von „ſo erheblichen
Summen“, die nach ſeiner Vorausſetung zu dem
Wahlſtimmengeſchäft nöthig geweſen wären, daß die Abſicht
eines Wahlſtimmen kaufs unmöglich mehr abgeſtritten wer-
den kann.

müßten.

Münſter i. W., 7. Oct. Zu Oſtern 1887 wird hier
ein katholiſches Miſſionshaus zur Ausbildung
von afrikaniſchen Miſſionären errichtet; eine ſchöne Beſitzung
iſt zu dieſem Zwecke bereits erworben worden. Das
Unternehmen wird Rector Arnheim, zur Zeit in Reichen-
bach in Bayern, leiten.
Oeſterreichiſche Monarchie.
Wien, 7. Oct. Es wird beſtätigt, daß in Wien in
den letzten Tagen Verhaftung en von Anarchiſten
ſtattgefunden haben, welche durch verbrecheriſche An-
ſchläge die Bevölkerung in Schrecken ſetzen wollten.
Wien, 7. Octbr. In Trieſt erkrankten 13 und ſtarben
2, in Peſt erkrankten 13 und ſtarben 7, in Szegedin er-
krankten 20 und ſtarben 9 Perſonen an der Choler a.
Ausland.
Paris, 7. Octbr. Der Gaulois empfiehlt, die Aus-
ſtellung ſtatt auf 1889 auf 1890 anzuſetzen. Erſt bis da-
hin ſeien die ſchwierigen Arbeiten für die Metropolitan-
bahn, welche die Straßen von Paris mit Trümmern,
Staub und Schmutz bedecken, fertig, und dann: „Hat Herr
v. Freycinet in ſeiner Toulouſer Rede nicht zugeſtanden,
daß ein Drittel von Frankreich conſervativ iſt? Streiten
wir mit ihm nicht über die Zahl. Wie viel ſie aber auch
betragen mag, die republikaniſche Mehrheit hat nicht das
Recht, aus der Aeußerung eine Parteiſache zu machen.
Mögen die Republikaner 89 nach Belieben feiern, aber ſie
dürfen nicht verlangen, daß ihr Jakobinerfeſt ein allge-
meines werde, welches drei Viertel Frankreichs abweiſen
Und dieſes Fernhalten wird vom Auslande
nachgeahmt werden, wo, abgeſehen von dem radikalen Ele-
mente, man begreift, daß 1889 höchſtens als „National-
feſt“ wie der 14. Juli begangen werden, aber 1890 allein
ein internationales Jubelfeſt zu Stande kommen kann.“ —
Welchen Blödſinn die Sucht, Aufſehen zu machen, in unter-

geordneten Pariſer Blättern zu Tage fördert, lehrt wieder

einmal ein pomphafter Artikel der France. Bismarck,

der Held des geſunden Menſchenverſtandes, der politiſche

Realiſt vom Wirbel bis zu den Zehen, wird als „der
Hamlet von Varzin“ behandelt und mit dem Manne der
„Bläſſe der Gedanken“ verglichen! Bismarcks ganze poli-
tiſche Weisheit ſoll darin beſtehen, daß er die Pyramide
auf die Spitze geſtellt hat und dieſes Spiel ihm jetzt ſo
ſchlimm bekommt, daß er eigentlich am Abgrunde ſteht.
„Wenn Rußland wollte, wahrhaftig die Einöde würde ſich
ſchnell um Deutſchland bilden; aber ſeine Generalsdiplo-
maten ſcheinen ſich's zur Aufgabe geſtellt zu haben, ihm
Feinde zu machen. Herr Katkow hat es verſtanden, des
franzöſiſchen Bündniſſes ſich als Meduſenhauptes zu bedie-
nen, um den Kanzler zu erſchrecken“ u. ſ. w.
Paris, 7. Oct.

ſchuſſes für Einführung der Einkommenſteuer ge-
ſchaffene Finanzlage. Ein Beſchkuß wurde jedoch nicht ge-
faßt, da Freycinet zuvor mit dem Vorſitzenden und dem
Berichterſtatter des Ausſchuſſes verhandeln will. Sodann
beſtätigte Freycinet, daß Hoffnung auf Beſeitigung der
auf Madagascar erhobenen Schwierigkeiten vorhanden
ſei und eine für Frankreich befriedigende Löſung in naher
Ausſicht ſtehe; es habe den Anſchein, daß der Miniſter-
Präſident der Königin ſich verpflichtet habe, den Vertrag
getreulich auszuführen. Der Miniſter des Innern Sar-
rien zeigte an, daß es in Vierzon wieder ruhiger zu-
gehe; 50 Arbeiter ſeien Vormittags unbehindert wieder in
die Werkſtätten gegangen. Die Zahl der von den Unruhe-
ſtiftern Verwundeten betrage 15; die 16 Verhaftungen
würden trotz der Einreden der Deputirten Maret und
Basly, die in Vierzon anweſend ſeien, aufrechterhalten;
unter den Verhafteten befinde ſich kein Striker, ſondern es
ſeien ſämmtlich Arbeiter aus anderen Fabriken. — Miniſter-
Präſident Freyeinet beſuchte heute den König Geor-
gios von Griechenland. — Die franzöſiſchen Behörden
an der Grenze gegen Spanien haben Weiſung er-
halten, Jeden zu verhaften, der bewaffnet die Grenze über-
ſchreitet. Schon ſind einige zwanzig bewaffnete Spanier,
die auf franzöſiſches Gebiet übergetreten waren, feſtge-
nommen und in Angouléme internirt worden.
Newyork, 7. Oct. Bei den Wahlen zu den Staats-
ämtern in Georgia ſiegten die Demokraten; ihr Candi-

dat, General Gordon, wurde zum Gouverneur gewählt.

Außerdem haben die Demokraten auch die Mehrheit in der
Staatslegislatur.

Aus Stadt und Land.
85 Hridelberg, 8. Octbr. (Schubert⸗Abend.) Gegen Eude
dieſes Monats wird der rühmlichſt bekannte Concerttenoriſt Herr
Franz Litzinger aus Düſſeldorf auf ſeiner Tournée auch
in hieſiger Stadt einen ſogenannten „Lieder⸗Abend“ veran-
ſtalten, auf welchen wir unſer kunſtſinniges Publikum ſchon jetzt
aufmerkſam machen wollen. Herr Litzinger ſingt in vier Abſätzen
den ganzen Cyelus der „Müllerlieder von Fr. Schubert
und Herr Pianiſt Theodor Pfeiffer aus Mannbeim,
ein Schüler Hans v. Bülow's, welcher das Accompagnement
dazu ausführt, leitet die Vorträge mit Schubert'ſchen Klavier-
piecen ein. Aus allen Städten Norddeutſchlands, in welchen Hr.
Litzinger im Verein mit Orn. Muſikdirector Jul. Tauſch aus
Düſſeldorf im vorigen Winter conzertirte, liegen uns die glän-
zendſten Berichte vor. Wir dürfen deßhalb einem genußreichen
Abend mit Beſtimmtheit entgegenſehen. Daß Herr L. auch als
Oratorienſänger angeſehen iſt, beweiſt die Thatſache, daß derſelbe
in voriger Saiſon allein die Evangeliſten⸗Partie in den Bach'ſchen
Paſſionsmuſiken in Düſſeldorf, Duidburg, Rotterdam, Königsberg,
Eſſen, Dortmund, Erfurt und Aachen mit ganz außergewöhnlichem
Beifall zum Vortrag brachte. Herr Pfeiffer iſt uns von früher
her als vomiuchmfe Pianiſt bekannt, es bedarf alſo deßhalb
keiner weiteren Empfehlung. Das Arrangement des Concerts hat
Herr Eugen Pfeiffer übernommen.
I◻heidelberg, 8. Oct. (Schöffengerichtsſitzung vom 7. d.)
Johann Schwarz von hier wird wegen Sachbeſchädigung zu 3
Tagen Gefängniß, Melchior Beßler von Kleingemünd wegen

Widerſtands und Sachbeſchädigung zu 6 Tagen Gefängniß, Jakob
Goldſchmidt dahier wegen Sachbeſchädigung zu 1 Woche Ge-
fängniß, Georg Philipp dahier wegen Diebſtahls zu 12 Tagen
Gefängniß, Philipp Julius Koch dahier wegen desgl. zu 3 Tagen
Gefängniß, Nikolaus Fehringer von Handſchuchsheim wegen Sach-

ö In dem nach Freycinets Rückkehr
gehaltenen Miniſterrathe ſchilderte der Finanzminiſter
Sadi Carnot die durch Beſchluß des Budgetaus-

beſchädigung zu 6 Tagen Gefängniß, Leonhard Schneckenberger
in Eppelheim wegen Bedrohung zu 14 Tagen Gefängniß, Peter
Herion von Schönau wegen Körperverletzung zu 12 Tagen Ge-
fängniß, Emil Senk dahier wegen Betrugs zu 1 Monat Gefäng-
niß, Peter Heß dahier wegen Körperverletzung zu 5 Geldſtrafe,
Nikolaus Rühle Ehefrau von Eppelheim wegen Beleidigung Iu
6 ¾. Geldſtrafe, Jakob Waltz hier wegen desgl. zu 3 . Geld-
ſtrafe verurtheilt.
** geidelberg, 8. Oetbr. Auch Seitens der altkatholiſchen
Gemeinde wird kommenden Sonntag wieder der Gotttesdienſt
in der Heiliggeiſtkirche abgehalten. Derſelbe beginnt 8 /.
Uhr Morgens. — Der Abendgottes dienſt der evangeli-
ſchen Gemeinde findet ebenfalls wieder in der Heiliggeiſtkirche ſtatt.
X Sahwehingen, 7. Oct. Heute Morgen um 4 Uhr wurden die
hieſigen Einwohner durch Feuerlärm aufgeſchreckt. Es brannte
in der erſt vor wenigen Jahren neu erbauten Cigarrenfabrik des
Herrn Fabrikanten Nuber. In kurzer Zeit ſtand das ganze
Gebäude in Flammen. Die Feuerwehr, welche raſch zur Stelle
war, konnte nichts weiteres thun, als das Feuer auf ſeinen Heerd
beſchränkeu.
frei ſtand und daß völlige Windſtille herrſchte, ſonſt hätte das
verheerende Element bei der Trockenheit leicht größere Dimenſionen
annehmen können. Das Feuer iſt durch einen Füllofen entſtan-
den, welcher ſich im oberen Stock befand und zum Trocknen der
Waaren jeden Abend angezündet wurde. Herr Nuber iſt ver-

ſichert.
Vermiſchte Nachrichten.
Berlin, 6. Oct. Seit geſtern tagt bier die zehnte Hauptver-
ſammlung des deutſchen Vereins für das höbere Mädchen-
ſchulweſen. Die Zahl der Theilnehmer und Theilnehmerinnen
beträgt über 470. Rector Dr. Keller eröffnete die Verhandlungen
mit einer kurzen Anſprache, in der er u. A. darauf hinwies. daß
der Verein zur Zeit bereits 2800 Mitglieder zähle. Im Namen
der Staatsregierung begrüßte ſodann der Staatsminiſter Dr. v.
Goßler die Verſammlung etwa mit folgenden Worten: Es iſt
mir eine lebhafte Freude, daß es mein Amt mir geſtattet, heute
früh im Glanze der nordiſchen Sonne in des Reiches Hauptſtadt
Sie zu begrüßen. Ich brauche an dieſer Stelle nicht erſt das
Intereſſe zu betonen, welches ich allen Zweigen der Unterrichte-
verwaltung pflichtmäßig zuwende: was mich hierher treibt, iſt
das Bedürfniß und der Wunſch, Ihnen meine Sympathie und
Hochachtung auszuſprechen. Ihre Beſtrebungen find mir bekannt;
ich habe verſucht, aus Ihren Protokollen mir ſelbſt ein Urtheil
zu bilden, nicht allein Uber die Fragen, welche Sie beſchäftigen,
ſondern auch über die Art, wie Sie an deren Löſung gegangen.
Je mehr die Fragen des Unterrichts und der Erziehung auf der
Tagesordnung ſtehen, um ſo mehr iſt es nothwendig, jene Grenz-
linien vor Augen zu haben, welche nothwendig ſind, um ein Ueber-
ſpringen zu Unmöglichkeiten zu bermeiden. Unter den Schwierig-
keiten des Mädchenſchulweſens bat. Ihr Verein, und ich freue mich
deſſen, die goldene Mittelſtraße zu halten ſich bemüht. Die
Schwierigkeiten und Uebergriffe fiude ich weſentlich in zwei Ex-
tremen: erſtens gibt es noch immer eine große Zahl von Männern
und Frauen, die ſich nicht darüber klar werden, daß die Mädchen
berufen find, nicht bloß nach ihrer gemüthlichen und ſittlichen
Seite, ſondern auch nach der intellektuellen gefördert zu werden;
auf der andern Seite find die Erwerbsverhältniſſe ſo ſchwierig
geworden, daß die Frage: „Was wird aus unſern Töchtern?“ in
der That eine ſolche iſt, welche die Herzen der Eltern und der
Freunde des Volkes aufs tiefſte bewegt. Bei einer gewiſſen ſcha-
blonenhaften Handhabung kommt man leicht dazu, dem Mädchen-
ſchulweſen etwas aufzudrängen, was ihm nicht gebührt: die Gleich-
ſtellung der Mädchen mit den Knaben. Wir müſſen ja allerdings
auf Grund unſerer germaniſchen und chriſtlichen Weltanſchauung
daran feſthalten, daß das Weib gleichwerthig iſt dem Maune;
anderſeits aber dürfen wir doch nicht verkennen, daß in phyſiologiſcher
Hinſicht das Weib doch weſentlich andersartig geſtaltet iſt; Aufgabe
der Erziehung muß es ſein, die Eigenartigkeit beider zu erkennen.
Dabei muß jedoch auch daran feſtgehalten werden, daß das Mäd-
chen kürzere Zeit der Schulen gehört und gehören kann als der
Knabe. Es beruht das zum Theil auf der natürlichen Differen-
zirung der Geſchlechter anderſeits auf Sitte und Gewohnheit.
Die Grundlagen, auf denen die deutſche Frau erwachſe, müſſen
wir unverändert, ja, wenn Gott will, vermehrt, den nachfolgen-
den Geſchlechtern überliefern. Unſere deutſche Frau, die Trägerin
aller wahrhaften, chriſtlichen, humanen und idealen Gedanken,
wird bei uns mit Recht als die Trägerin des Hauſes und der
Familie betrachtet. Es fehlt nicht an Ausſprüchen ſolcher, welche
Richtchriſten und Nichtdeutſche ſind, ich denle nur an Tacitus und
Napoleon, welche darin gipfeln, daß der Werth einer Nation auf
der Familie, dem Hauſe, der Frau beruht. Wir müſſen dahin
ſtreben, daß dieſe Fülle von Eigenſchaften der deutſchen Frau unver-
kümmert unſern kommenden Geſchlechtern überliefert werde. Der
naturgemäße Wirkungskreis der Frau wird und muß auch ferner
das Haus bleiben, die Bethätigung der Frau in Kunſt und Wiſſen-
ſchaft darf daher nicht als Hauptaufgabe betrachtet werden.
Unſere deutſche Frau, ſchloß Redner, iſt eine der edelſten
Schöpfungen. Dieſes Ideal aufrecht zu erhalten, iſt die Aufgabe.
die Sie ſich geſtellt haben: die Zukunft wird es Ihnen danken.
— Im Namen der badiſchen Schulbehörde begrüßte Ober-
ſchulrath v. Sallwürk die Verſammlung, im Auftrage der
württembergiſchen Schulverwaltung der Vorſitzende, Rector Keller,
im Auftrage Hamburgs Director Noth, im Namen des branden-
burgiſchen Prinzialcollegiums Provinzialſchulrath Müller. Namens
der Stadt Berlin Stadtſchulrath Fürſtenau.
Serlin, 6. Oct. Vorgeſtern wurde hier im Grunewald ein Stu-
dent aus Thüringen, Namens Gerlach, von einem Officier im
Piſtolenduell getödtet.
Wien, 7. Octbr. Wieder ein Eiſenbahnunglück. In
Cunowitz in Mähren auf der Staatseiſenbahn ereignete ſich
geſtern in Folge falſcher Wechſelſtellung ein Zufammenſtoß
des Perſonenzuges mit dem Laſtzuge. Ein Wagen des
Perſonenzuges wurde zertrümmert, die Maſchine arg beſchädigt.
Der Maſchinenführer und Heizer ſind ſchwer, der Kondukteur und
mehrere Paſſagiere leicht verletzt.

Theater⸗Nachrichten.
hridelberg, 8. Oct. Sonntag den 10. d. M. hält im Stadt-
theater die Operette ihren Einzug und zwar mit der erſten
Aufführung des „Don Ceſar“ von Dellinger. Von allen
Operetten, welche nach dem unverwüſtlichen „Bettelſtudent“ das
Licht der Lampen erblickten, haben „Don Ceſar“ und „Der
Zigeunerbaron“ den größten Erfolg gefunden, und ſind allüberall
mit wahrem Enthuſiasmus aufgenommen worden. Beide Operetten
hat Director Heinrich erworben, und bringt die erſtere — eben
„Don Ceſar“ — Sonntag zur Aufführung. Die prickelnde und
liebliche Mufik dieſer Operette wird unterſtützt von einer wahr-
haft intereſſanten, hochdramatiſchen Handlung, welche den Künſt-
lern Gelegenheit bietet zu dankbarſten ſchauſpieleriſchen Aufgaben-
Die Munificenz, mit welcher Director Heinrich Operetten aus-
zuſtatten pflegt, iſt bekannt — und wird in dieſer Beziehung
Alles bisher in Heidelberg Geſehene übertroffen werden. Ganz
beſonders wird es intereſſiren zu erfahren, daß eine große An-
zahl vom Feſtzuge herrührender prächtiger Coſtüme, Rüſtungen
und Waffen dabei verwendet werden, ein anderer Theil der nen
hergeſtellten Coſtüme — namentlich die kleidſamen Anzüge der
„Falkoniere“ — ſind vom Obergarderobier Müller neu ange-
fertigt. — Als „Don Ceſar“ und „König“ debütiren die Tenor“
Herren Päts und Willian, die drei komiſchen Hauptrollen 915
in den Händen der Herren Roberti, Männel und Höflich.
Maritana tritt Frln. Möbus auf, welche jüngſt in dem Schwante
Großſtädtiſch“ ſo freundlichen Erfolg geßunden, und als „Pueblo
debütirt Frin. Carlo vom Carltheater in Wien. Außer den Ge
nannten iſt nahezu das geſammte Perſonal des Theaters in mehr
oder minder wichtigen Partien beſchäftigt. Die Vorſtellung findet

Ein Glück war es. daß das abgebrannte Gebäude
 
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