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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0566

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berichtet, wäre Freiherr Axel von Varnbüler ſchon

jetzt zum württembergiſchen Geſandten in Berlin beſtimmt.
Straßburg, 18. Nov. Der Kreisdirector in Weißen-
burg, Herr v. Stichauer, iſt zum Bezirkspräſi-
denten des Unterelſaß ernannt.
Oeſterreichiſche Monarchie.
ö Wien, 18. Nov. Entgegen Berliner Meldungen über
die von allen Mächten bereits acceptirte Kandidatur
des Prinzen von Mingrelien iſt es als poſitive
Thatſache zu konſtatiren, daß bis zur Stunde Oeſter-
reich ſeine Zuſtimmung in Petersburg noch nicht noti-
ficirt hat.
Peſt, 18. Nobbr. Im Heeresausſchuß der un-
gariſchen Delegation beendete der Kriegsminiſter ſeinen
Vortrag über das Repetirgewehr und erklärte am Schluſſe
der hierüber eröffneten Erörterung die Bereitwilligkeit der
Regierung, einen Theil der Repetirgewehre in Ungarn an-
fertigen zu laſſen, falls die zu errichtende Waffenfabrik den
Anforderungen entſprechen würde. Dieſe Erklärung wurde
in den Bericht aͤufgenommen und der Poſten über Repetir-
gewehre wurde angenommen. Nächſte Sitzung morgen.
— Im Budgetausſchuß der öſterreichiſchen
Delegation ſprachen Mattuſch Namens der Czechen,
und Hausner Namens der Polen ihre Zuſtimmung zu
der Orientpolitik des Grafen Kalnoly aus. Sturm
ſtimmte Namens der Linken zu, ſprach aber die Beſorgniſſe
über die Feſtigkeit des deutſch⸗öſterreichiſchen Bündniſſes
aus. Graf Kalnoky, welcher zum Sitzungsbeginn ſeine im
ungariſchen Ausſchuß gehaltene Rede verleſen hatte, erklärte,
dieſes Bündniß ſei ſeit 1879 niemals in irgend einer Weiſe
weder in der Grundlage, noch in der Ausdehnung oder
Wirkſamkeit geändert oder getrübt worden. Er habe dem-
ſelben beſondere Pflege angedeihen laſſen, daher ſei es ſeit
ſeinem Amtsantritt nur gekräftigt worden. Das Bündniß
ſei auf der Ueberzeugung gegründet, daß jeder der beiden
Theile ein vitales Intereſſe an dem Fortbeſtande des an-
dern als unabhängige Großmacht habe. Als er, Kalnoky,
ins Amt getreten, ſeien die Beziehungen zu Rußland un-
freundlich geweſen, es ſei aber nur zu begreiflich, daß
Deutſchland und Oeſterreich ein gutes Verhältniß zu dem
mächtigen Nachbarreiche ſuchten; dadurch ſei das Verhält-
niß Oeſterreich⸗Ungarns zu Deutſchland nicht beeinflußt
worden. Graf Kalnoky theilte mit, daß die Verhandlungen
zwiſchen den Großmächten wegen der Beſetzung des bul-
gariſchen Thrones ſchwebten, leider ſei aber kein geeigneter
Candidat vorhanden.
Ausland.
Paris, 16. Nov. In einer Beſprechung des Buches
von Grand⸗Carteret: „La France jugée par TP'Alle-
magne“ kommt Andre Hallahys im Journal des Debats
zu folgendem Schluſſe: „Es ſind jetzt 15 Jahre her, daß
in Frankreich der Haß gegen Deutſchland zum großen Vor-
theile der Buchhändler, Muſikalienverkäufer, Componiſteu,
Dramen⸗ und Liederverfertiger, Theater⸗ und Tingeltangel-
Direktoren ausgebeutet wird. Viel zu lange waren die
Einſprüche gegen dieſes Treiben ſelten und furchtſam. Aber
heute iſt die Geduld der vernünftigen Männer am Ziele:
Dieſe entehrende Komödie muß ein Ende nehmen! Indem
wir das Volk, durch das wir beſiegt worden ſind, in den
Koth zogen, haben wir die Erniedrigung der Niederlage
vermehrt, ohne etwas zur Ausmerzung unſeres Mißgeſchicks
zu thun. Man kann die Verleumdungen Deutſchlands
beſſer widerlegen, als dadurch, daß man Deutſchland ſelber
wieder verleumdet, und wir können jenſeits des Rheins
andere Dinge lernen, als die Kunſt, pro patria zu
ſchimpfen und zu lügen.“ Dieſes offene Wort iſt gewiß
bemerkenswerth. — Der General Munier iſt zum zeit-
weiligen Commandanten der tonkineſiſchen Diviſion ernannt
worden. General Jamont kehrt nach Frankreich zurück.
Divbiſionsgeneral Munier war bis jetzt Commandant der
36. Diviſion in Bayonne.
Paris, 18. Novbr. Heute Nachmittag um 2 Uhr er-
ſchien am Eingang der Deputirtenkammer eine Frau, welche
den Deputirten Laguerre zu ſprechen verlangte. Auf
die Antwort, ſie möge im Warteſaal warten, zog die
Frau einen Revolver und ſchoß fünf Schüſſe
in die Luft. Die Frau wurde auf der Stelle verhaftet.

Stadttheater.

E Seidelberg, 19. Novbr. Zweites Gaſtipiel der Frau
Albrecht. „Donna Diana, von Moreto. Dieſe klaſſiſche Ko-
mödie der Spanier iſt „Caviar für's Volk“, aber der feinfühlige
Theatergourment genießt ſie mit deſto größerem Behagen, erquickt
ſich immer wieder gern an dem geiſtreichen Witz⸗ und Jutriguen-
ſpiel. Es bedarf freilich einer ſo geiſtvollen Künſtlerin, wie Frau
Albrecht es iſt, wenn die Titelheldin uns als ein glaubhaftes
Weſen, mit dem wir ſympathiſiren können, erſcheinen ſoll. Dieſe
ſpaniſche Turandot iſt nicht aus dem Leben heransgegriffen, ſie
iſt das Gebilde eines ſpeculirenden, witzigen Kopfes. Aber wenn
ihr ſo kräftiges Leben eingehaucht wird, wie es durch Frau
Albrecht geſchah, dann tritt ein Geſchöpf von Fleiſch und Blut
vor uns, deſſen Denken und Fühlen wir begreifen können. Sie
verſtand es, was ſo wenigen Darſtellerinnen gelingt, in ihrem
herben Stolze ſympathiſch zu ſein, von dem erſten Augenblicke an
ahnen zu laſſen, daß hinter dem ehernen Panzer, den ihr Ver-
ſtand und Reflexion angelegt, ein großes leidenſchaftliches Herz
ſchlage. Wie glaubhaft erſchienen all die dialektiſchen Spitzfindig-
keiten aus ihrem Munde, wie ſcharfgeſchliffen waren die Wort-
pfeile, die ſie abzudrücken hatte. Mit der höchſten Spannung
verfolgte man bei der Künſtlerin die Wandlung des Cha-
rakters; erſt das ſo vortrefflich im Ton gehaltene Spiel der
Koketterie und dann die immer heller und lauter angeſchlagenen
Töne der wahren Empfindung. Ein leichtes Vibriren des Or-
gans verleiht bei den Uebergangsſtimmungen der Darſtellung der
Frau Albrecht einen ganz eigenen Reiz. Wie dann von Scene
zu Scene der Schnee der kalten Reflexion unter dem immer
würmer hervorquellenden Gefühle ſchmilzt, bis letzteres in vollen
Ieidenſchaftlichen Flammen hervorſchlägt, das wurde von der
Gaſtin mit künſtleriſcher Vollendung ausgeführt. Das Publikum
wurde nicht müde, die Künſtlerin, die wieder in Toiletten von
exquiſitem Geſchmack alänzte, hervorzurufen. Auch wurde ihr ein
prachtvolles Bonquet üderreicht. Recht warme Anerkennung
möchten wir auch Herrn Robert zollen, der den Perin mit
vieler Feinheit und Schelmerei auszuſtatten und die Pointen
Feiner Reden hübſch auszuarbeiten wußte. Dr. S.

rN
20 0

70%
* 40

hat die ſchneidige Rede

Brüſſel, 17. Nov. Als geſtern im Abgeordnetenhauſe
die Antwort auf die Thronrede behandelt wurde, er-
klärte Bara, die Linke werde ſich an einer Beſprechung
der Einzelſätze nicht betheiligen, weil ſie, wie er etwas bos-
haft hinzufügte, „das Land auf die Erfüllung der politi-
ſchen und wirthſchaftlichrn Verheißungen des Cabinets nicht
warten laſſen wolle“. Die Politik des Miniſteriums kenn-
zeichnete er übrigens mit folgenden Strichen: Mangel an
klarem Verſtändniß der wichtigſten Fragen, Abwälzung der
Verantwortlichkeit auf andere, unheilvolle Behandlung der
Schulfrage, Abhängigkeit von den Wählern und Unter-
würfigkeit unter die Geiſtlichkeit. Miniſter Bernaert er-
widerte darauf nur, daß die Regierung bei der Berathung
des Budgets und der ſonſtigen Geſetzvorlagen zeigen würde,
was ſie denke und wolle. Die Adreſſe wurde darauf
mit 66 gegen 26 Stimmen gutgeheißen.
London, 17. Nov. Der Geheime Legationsrath Dr.
Krauel, der ſeit Mitte October in Sachen der aus innern
oſtaͤfrikaniſchen Beſitzungen entſpringenden Be-
ziehungen zu England und Zanzibar hier verweilte, wird
morgen oder übermorgen nach Berlin zurückkehren, um der
Regierung über die Ergebniſſe ſeiner erfolgreichen Verhand-
lungen Bericht abzuſtatten. Der aus einem deutſchen, eng-
liſchen und franzöſiſchen Vertreter beſtehende oſtafrikaniſche
Grenzausſchuß hat ſich in ſeinen Anſichten über die Be-
ſtimmung des inländiſchen Machtgebietes des Sultans von
Zanzibar im Verhältniß zu unſerm Gebiete bedeutend ge-
nähert. Der oft angekündigte Rücktritt des ſtreitbaren eng-
liſchen Conſuls in Zanzibar, Sir John Kirk, hat ſich noch
nicht beſtätigt und erſcheint jetzt auch von deutſchem Stand-
punkt aus kaum wünſchenswerth, da bei der nunmehrigen
Ausgleichung der widerſtreitenden Anſprüche ſein unleugbar
großer Einfluß beim Sultan ſich im Intereſſe aller Par-
teien wohlthätig verwerthen ließe.
Rom, 17. Novbr. In den hieſigen Regierungskreiſen
des Grafen Kalnoky er-
friſchend gewirkt; ein hochgeſtellter Diplomat verſicherte,
daß er den Räthen der italieniſchen Krone aus der Seele
geſprochen habe. Man bedauert, daß Rußland ſich in
Kaulbars ein Werkzeug auserſehen, deſſen verletzendes Auf-
treten auf das Anſehen der ruſſiſchen Regierung ſchädigend
zurückwirken müſſe. — Der von einem regierungsfreund-
lichen römiſchen Blatte kürzlich veröffentlichten Nachricht,
Italien ſei aufgefordert worden, das im Juni künftigen
Jahres ablaufende Bündniß mit den Centralmäch-
ten zu erneuern, und es würden deshalb nächſtens Unter-
handlungen angeknüpft werden, iſt amtlicherſeits nicht wider-
ſprochen worden. Im Conſulta⸗Palaſt beſtreitet man dieſe
Neuigkeit nicht und verſichert Jedem, der es hören will,
daß der zur Oppoſition haltende Abgeordnete Giolitti,
welcher kürzlich vor den Wählern in Piemont Rechenſchaft
über ſeine parlamentariſche Thätigkeit abgelegt, die Wahr-
heit geſprochen habe, indem er verſicherte, daß Italiens
Glück und Wohlergehen am beſten durch den engen An-
ſchluß an die Centralmächte gefördert werde. ö
Petersburg, 18. Nov.
erklärt, die Re de Kalnokys beweiſe, daß Rußland in
Bulgarien den Intriguen der Nachbarmächte begegne. Die
Nowoje Wremja meint, die Rede Kalnokhs könne paſſend
nur mit dem Urlaub Lobanoffs beantwortet werden,
und die Rede Salisburys mit dem Urlaub Staals.
Gleichzeitig werde Rußland über Oeſterreich und Deutſch-
land hinweg einem näheren Bundes genoſſen die
Hand reichen; im entſcheidenden Moment werde Rußland
keinesfalls allein ſtehen.
Soſia, 18. Nov. General Kaulbars erhielt die ka-
tegoriſche Weiſung, ſammt allen Konſulatsbeamten
unbedingt Bulgarien zu verlaſſen, falls die Regierung
die letzten Forderungen des Generals nicht erfüllt. Falls
Kaulbars abreist, werden die ruſſiſchen Archive und Unter-
thanen unter deutſchen Schutz geſtellt.
Burgas, 18. Nov. Die Rede des Grafen Kal-
noky macht hier den beſten Eindruck. — Der hieſige
ruſſiſche Conſul hat an die hieſigen Behörden eine Note
gerichtet, in der er auf Befehl des Generals Kaulbars
gegen das vom Kriegsgericht gegen den Hauptmann Nabo-
kow gefällte Todesurtheil Verwahrung eingelegt,
ohne Gründe anzugeben. — Um die Ausſchif fung von
Sol daten aus dem ruſſiſchen Kreuzer „Zabiaka“ zu ver-
hindern, hat Major Panitza an der Küſte Truppenabthei-
lungen aufgeſtellt, welche den Befehl haben, Feuer zu
geben, falls bewaffnete Soldaten es verſuchen ſollten, das
Land zu betreten.
Athen, 18. Nov. Die Kammer wurde aufgelöſt
und die Wahlen auf den 16. Januar k. J. anberaumt.
Newyork, 18. Nov. Der ehemalige Präſident
der Vereinigten Staaten, Arthur, iſt geſtorben.

Aus Stadt und Land.
— seidelbrrg, 19. Nov. (Schöffengerichtsſitzung vom 18. d.)
Eliſe Münch und Sophie Münch Wwe. von Eberbach werden
wegen Diebſtahls und Begünſtigung erſtere zu 10 Wochen, letztere
zu 10 Tagen Gefängniß, Bernhard Herdt von Neuenheim wegen
Jagdvergehens zu 1 Woche Gefängniß verurtheilt. Leonhard
Hillesheim und Ludwig Hambrecht von Sandhauſen ſind wegen
Bergehens gegen § 137 R.⸗St.⸗G. angeklagt; Hillesheim wird zu
1 Monat Geſängniß verurtheilt, Hambrecht freigeſprochen. Ph.
Koppert von Rohrbach wird wegen Körperverletzung zu 14 Tagen
Gefängniß, Philipp Dyroff von Schweinheim wegen Körperver-
letzung zu 2 Monaten Gefängniß, Ludwig Adam Schweikart
hier wegen Körperverletzung zu 1 Woche Gefängniß, J. Lamade
Ehefrau in Kirchheim wegen Körperverletzung zu 1 Woche Gefäng-
niß, Ph. Zimmermann von Hohenwettersbach wegen Körperver-
letzung zu 3 Wochen Gefängniß, Wilhelm Wetzel von Mückenloch
wegeit Körperverletzung ebenfalls zu 3 Wochen Gefängniß ver-
urtheilt.
— Heidelberg, 19. Novbr. Heute Vormittag wurde durch die
Schutzmannſchaft dahier ein Dienſtknecht aus Lützelſachſen ver-
haftet, welcher ſeinem Dienſtherrn in Doſſenheim geſtern eine
Taſchenuhr und ein Paar Stiefel eutwendet hat. Die Uhr
hatte der Thäter bereits verkauft und das Geld verbraucht, wäh-
rend er die Stiefel noch an den Füßen trug.

Das Journal Katkoff's, ö

1

* gridelbrrg, 19. Novbr. Die weſentlichſtet Beſtimmungen des
neuen am 15. d. in Kraft getretenen Jagdgeletzes ſind die
folgenden: Der Rehbock, der bisher das ganze Jahr hindurch ge-
ſchoſſen werden durfte, darf in den beiden Monaten Februar und
März nicht mehr erlegt werden. Die Rehgais erhält, ſtatt bis-
her vom 1. Februar bis 24. Auguſt, eine Schonzeit vom 1. Fe-
brnar bis 1. October. Der Haſe darf wie bisher vom 24. Auguſtt
bis 1. Februar geſchoſſen werden. Die Jagdkarten koſten ſtatt
15 Mk. ſowohl für den Jäger als auch für die verpflichteten
Jagdaufſeher 20 M.; dagegen werden Jagdpäſſe gegen eine Taxe
von 5 M., gültig für eine Woche, an Gaſtſchützen ertheilt. Die
Erlangung von Jagopäſſen iſt gegen früher weſentlich erſchwert
und ſollen unbemittelte oder nicht gut beleumundete Perſonen
weder zum Steigern noch zur Ausübung der Jagd zugelaſſen
werden.
O Aus dem Ulfenthal, 17. Nov. Wer die waldgrünen Thäler des
Odenwaldes kennt, der mag bedauern, daß dieſelben nicht noch
mehr als es ſchon der Fall iſt, dem größeren Verkehr erſchloſſen
ſind. Die Bewohner dieſer Gegenden verfolgen daher mit regm.
Intereſſe alle dahin zielenden Beſtrebungen. Gute Straßen und
Poſtverbindungen regeln zwar den Verkehr mit anderen Gegenden,
wenn man aber überallhin mehrere Stunden weit von der Bahn
entfernt iſt, ſo begreift ſich der lebhafte Wunſch nach Erbauung
einer Eiſenbahn auch durch unſer Thal. Es beſteht deßhalb auch
ein Comite, das für den Bau einer ſolchen Bahn zunächſt ein-
mal von Hirſchhorn bis Wald-Michelbach ſchon eifrig thätig ge-
weſen iſt. Die Großherzoglich heſſiſche Regierung ſteht, ſoweit
uns bekannt, dieſem Plane fehr günſtig gegenüber und läßt ſeit
einiger Zeit techniſche Vermeſſungen über die beabſichtigte Linie
vornehmen. um das Ergebniß derſelben ſpäter dem Landtage vor-
zulegen. Um nun über dieſe Dinge die gegenſeitigen Meinungen
auszutauſchen und ſich über weitere Schritte zu berathen, fand vor
kurzem eine größere und gut beſuchte Verſammlung der Inte-
reſſenten dieſes Projects — wozu u. A. ſämmtliche in dem Thale
angeſeſſenen Induſtriellen und Mühlenbeſitzer gehören — in der
Krone zu Heddesbach ſtatt. Angefehene Männer aus den um-
liegenden heſſiſchen Oriſchaften waren in großer Zahl eingetroffen
und pflogen mit den anweſenden Ortseinwohnern lebhafte Ber-
bandlungen über den in Rede ſtehenden Plan. Herr Fabrikant
Köhler von Wald⸗Michelbach und Herr Müller Johann von da
ſtatteten über den Stand der Angelegenheit Bericht ab. Von Orn.
Geometer Eigenbrod wurden intereſſante Aufſchlüffe über die von
ihm gemachten Vermeſſungen gegeben, Oberſteiger Weber ſprach
über die Vortheile einer Bahn für die in der Gegend begonnenen
Bergwerksunternehmungen. Herr Rathſchreiber Dörſam von Heddes-
bach erklärte die Geneigtheit der Heddesbacher Gemeinde für den
Bahnbau. Von verſchiedenen Herren aus Wald⸗Michelbach wurde
in beredten Worten die Nothwendigkeit einer Bahn für die In-
duſtrie in der Gegend dargethan, ebenſo für die Landwirthſchaft;
während Herr Pfarrer Sachs von Wald⸗Michelbach mit warmen
Worten die Wichtigkeit einer Bahnverbindung für den Fremden-
verkehr im ſchönen Odenwalde darlegte und dies mit einem Hin-
weis auf den Schwarzwald begründete. Beifällig nahm die Ver-
ſammlung die Ausführungen der Redner eutgegen, ebenſo wie das
kräftige Hoch, welches Herr Lehrer Ruths von Wald⸗Michelbach
auf das Zuſtandekommen des. Vorhabens ausbrachte. Man wi
ſich jetzt durch das zuſtändige Kreisamt mit den badiſchen Be-
hörden in Verbindung ſetzen, um der Verwirklichung des Planes,
dem wir beſtes Gelingen wünſchen, näher zu rücken.
Irtiburg. 18. Nov. Bei der heutigen zweiten Immatriku-
lation wurden zu den bereits Immatrikulirten 178 weiter ein-
geſchrieben: 3 Theologen, 12 Juriſten, 22 Mediziner, 17 Phils,
ſophen, alſo im Ganzen zuſammen 232; vorgemerkt ſind bis jet
weitere 23.
Althorf, 15. Nov. Am letzten Freitag, erzählt die Labrer 316·,
ſandte der iſraelitiſche Schneider Hirſch ſeinen vierzehnjährigen
Lehrburſchen, der ſchon viele Commiſſionen richtig beſorgt hatte,
mit einem Packet und 1000 Mk. zur Poſt des Bahnhofs Orſch-
weier. Das Bürſchchen kam aber nicht mehr heim. Sofort
wurde der Telegraph in Bewegung geſetzt und in Folge deſſen
gelang es, den Flüchtigen in Mainz feſtzunehmen, wohin
derſelbe von Mannheim aus per Dampfſchiff gefahren war.
Aus gader. In Mannheim fiel der bei der Rheinbauinſpektion
beſchäftigte Arbeiter Jakob Schmitt von Altlußheim in d
Rhein und ertrank. — In Freiburg fand eine Verſammlung
ſtatt, die ſich mit der Anlage einer Straßenbahn in dortiger Stadt
beſchäftigte und wurde eine Kommiſſion aus 9 Maun gewählt,
die das Weitere beſorgen ſoll. In der Verſammlung ſelbſt wur“
den 15000 als Anfangskapital (Aktien à 1000.) gezeichnet.
—Verſchiedene Einwohner in Villingen behaupten, am letzten
Dienstag Morgens etwa 2 Uhr ein Erdbeben verſpürt zu haben.
wobei 4 kurz aufeinander gefolgte, heftige Stöße die Fenſter
klirren und die Thüren knattern machten. — In Appenw eier
verunglückte am 17. d. im Bahnhof ein Bahnhofarbeiter beim
Rangiren des Zuges. Derſelbe wollle die Wagen zuſammen“
koppeln und kam unter die Räder. Der Mann iſt Familienvater
und hat 6 Kinder. Er war ſofort todt. — Herr Pfarrer
Ebert in Adersbach iſt am 14. d. Mts. einſtimmig zum Pfarrer
in Aglaſterhauſen erwählt worden.

Vermiſchte Nachrichten.
Berlin, 16. Nov. Unlängſt erblickte der Arbeiter Heinrich Witt
ſtruck in der Potsdamerſtratze auf dem Bürgerſteig ein klein⸗;
Steinchen, welches hell in der Sonne funkelte. Er hob
auf und beſah es ſich genauer. Etwa 100 Schritte mochte er ſilt
entfernt haben, als ihm athemlos eine junge Dame nachgeer
kam, die ihn fragte, ob er nicht ſoeben einen Stein aufgehobe
habe. „Jawohl!“ antwortete der Gefragte, „ich dachte aber, i
wäre ein Stück Glas und habe es wieder fortgeworfen“. Wohe
der Stein geflogen, konnte er nicht annähernd angeben. Nun war
guter Rath theuer, denn das vermeintliche Stückchen Glas we
ein werthvoller Brillant, der einer Dame, die auf dem Baloo
geſtanden, entfallen war. Man hatte den Arbeiter den Edelſte-
aufheben ſehen und glaubte ihm nicht, daß er deſſen Werth ni 5
gekannt und ihn fortgeworfen hätte. Wittſtruck ſtand deshag
geſtern unter der Anklage der Fundunterſchlagung vor der
Abtheilung des Berliner Schöffengerichts. Die Beweisaufnahm
fiel aber für den bisher völlig unbeſcholtenen Angeklagten 10
günſtig aus, daß der Staatsanwalt ſelbſt deſſen Freiſprechung
antragte, auf welche der Gerichtshof erkannte. Der Brillant i
nicht wieder zum Vorſchein gekommen. ⸗
botsdam, 18. Nov. Heute Nachmittag fand die feierliche Grun
ſteinlegung des neuen Offizierkaſinos des Garde⸗Huſaren
Regiments ſtatt. Prinz Wilhelm verlas die Grundſteinurkunbe, ö
Die erſten drei Hammerſchläge that der Kronprinz mit den
ten: „Auf daß in dieſen Ränmen deutſcher Reitergeiſt und 6in
Kameradſchaft für immer gepflegt werde!“ Hierauf folgten Prii
Wilhelm und zahlreiche anweſende Offtziere.

Theaternachrichten.
Stidelberg, 19. Nov. In der heutigen Vorſtellung „Gasparon,
debutirt als „Erminio“ Herr Paul Hilden vom Stadttheater
Halle — ein junger Sänger und Schauſpieler, dem ein günſtic.
Ruf vorangeht, und der über eine anziehende Erſcheinung u.
hübſche Stimmmittel gebietet. Die ſonſtige Beſetzung der Oper
mit Frau Director Heinrich, Frln. Carlo und Frau Lippe, en
Herren Päts, Männel, Höflich und Roloff in den Hauptrollen
iſt die bekanute. 4
6. DBarmſtadt. (Repertoire des Großh. Hoftheaters.) Sonutad,
21. Nov.: „Der Trompeter von Säkkingen“. Dienstag, 23. Nov:
„Die Jungfrau von Orleans ö
Handelsnachrichten. ö
»Borſenbericht. (Effectenſocietät.) Frantjurt, 18. No
Umſätze bis 6¼ Uhr Abends. Creditactien 230/½, ½½, % b⸗
 
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