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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0629

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genommen.

Drri-

chl. Poſtauf-

Lohn.

elberger

Tagblatt und Verktündiger für die Stadt Heidelberg.

tige Petitzeile oder
ER deren Raum. Für
hieſ. Geſchäfts-
u. Privata igen
4* bedeut. ermäßigt.
Gratis⸗Aufnahme

Inſerfionsgebuhr
15. fürdie 1ſpal-

d. Inſerate in den
Placat⸗Anzeiger.

Montag, den 6. Dezember

1886.

*
I.. 286.
Die Militärvorlage.
Die erſte Berathung der Militärvorlage, welche am
damstag zu Ende geführt wurde, hat beſtimmte Anhalts-
nkte für die Annahme, daß das Geſetz eine Mehrheit im
ichstage finden werde, nicht ergeben. Das Centrum,
ſſſen Entſchließung am zweifelhafteſten, hat ſich ſeiner Ge-
ſohnheit in ſolchen Fällen gemäß ſehr zurückhaltend und
übeſtimmt ausgeſprochen. Herr Windtborſt behielt ſich
Ene Entſcheidung ausdrücklich bis zur Schlußabſtimmung
„Allein es herrſcht doch im Reichstag die allgemeine
Fwartung, daß mit Hilfe des rechten Flügels des Cen-
zums eine Verſtändigung erzielt werden wird. Nach den
eraus ernſten Darlegungen des Kriegsminiſters, die im
zolke ihren Eindruck gewiß noch viel weniger verfehlen
Erden als im Reichstag, möchte man es als geradezu un-
oͤglich bezeichnen, daß eine ihrer hohen Verantwortlichkeit
bewußte Volksvertretung die von ihr geforderten und
ur die Sicherheit unſeres Reichs unerläßlichen patriotiſchen
äbfer verweigern könnte. Sie würde ſich ganz gewiß nicht
Einklang mit der Volksſtimmung befinden und der Op-
Aution würden Neuwahlen unter dieſer Parole ſehr ver-
nanißvoll werden. Die Situation iſt in der That für
den, der nicht die Leichtherzigkeit beſitzt, ſich über die
orte der Thronrede und die Darlegungen der Rathgeber
Krone als über eitel Flunkerei hinwegzuſetzen, ſo ge-
àrlich und bedrohlich, wie ſie nur ſein kann, wenn man
ſcht gerade unmittelbar in der nächſten Stunde den Aus-
zuch des Krieges zu erwarten hat. Die Oppoſttion, die
um die deutſch⸗freiſinnige Partei ſchaart, erklärt ſich zu
u verlangten Opfern bereit, wenn ihr die zwingende
zothwendigkeit nachgewieſen wird. Wie ſie ſich bei der
berechenbarkeit des Weltlaufs einen ſolchen mit

athematiſcher Kunſt geführten Beweis vorſtellt, ſagt
nicht.
eben
de. Der Führer der fortſchrittlichen Oppoſition hat
ſeiner großen Rede ſachlich und maßvoll geſprochen,

Für andere Leute liegt der zwingende Be-
in den offenkundigen Gefahren der Welt-

hat ſogar nicht ſelten patriotiſche Töne angeſchlagen.
zelcher praktiſche Werth auf das Eutgegenkommen der
hutſch⸗freiſinnigen Partei zu legen iſt, warten wir ab.
er Richter verlangt einſtweilen noch zweijährige Dienſt-
und höchſtens dreijährige Bewilligung. Er weiß ſehr
daß davon ernſtlich nicht die Rede ſein kann, er ſtellt
ngungen, von denen er ſelbſt ſehr gut weiß, daß ſie
füllbar ſind. Der Kriegsminiſter hat ſelbſt das Zuge-
niß einer fünfjährigen Bewilligung, auf das man im
um Werth zu legen ſcheint, entſchieden abgelehnt. Wir
n uns nicht denken, daß die in der That doch gering-
zige Frage einer ſo unerheblichen Abkürzung der Giltig-
dauer für die ſonſt der Vorlage geneigten Mitglieder
Centrums eine entſcheidende Bedeutung gewinnen ſollte.
r wollen hoffen und ſind der feſten Zuverſicht, daß eine
hrheit mit dem ernſten Vorſatz und dem patriotiſchen
ben einer Verſtändigung jetzt an möglichſt ſchleunige
zedigung der Angelegenheit herantritt.

ö Deutſches Reich.
Karlsruhe, 3. Decbr. Der Staatsanzeiger für das
oßherzogthum Baden Nr. 42 vom 2. December enthält:
Unmittelbare Allerhöchſte Entſchliezungen Sr.
nigl. Hoheit des Großherzogs, Ordens⸗ u. Medaillen-
eihungen, Erlaubniß zur Annahme fremder Orden und Ehren-

2 —

zeichen und Dienſtnachrichten betreffend); b) Verfügungen
und Bekanntmachungen der Staatsbehörden, nämlich
des Miniſteriums der Juſtiz, des Kultus und Unterrichts, die
Wahl von Dekauen, die Abänderung von Fend; des Min und die
Heinrich Chriſtian Diffené⸗Stiftung betreffend; des Miniſteriums
des Innern über die Ernennung der Bezirksrathsmitglieder für
den Amtsbezirk Stockach; des Miniſteriums der Finanzen über
das Ergebniß der im November ſtattgehabten Prüfung für den
höheren Eiſenbahnverwaltungsdienſt, das Ergebniß der im Octo-
ber ſtattgehabten Staatsprüfung für den höheren Finanzdienſt
und die Tilgung des 3½proc. Eiſeubahnanlehens vom Jahr 1842
betreffend; o. die Anzeige von To desfällen. — Ernannt
und kirchlich eingeſetzt ſind auf das Martin von Mader'iche
Benefizium in Ueberlingen der derzeitige Verweſer deſſelben, Dr.
Auguſt Frhr. v. Rüpplin, auf die katholiſche Pfarrei Helmsheim,
Dekanats Bruchſal, der Pfarrer Joſef Haas in Neuhauſen und
auf die kathol. Pfarrei Buchenbach, Dekanats Breiſach, der der-
zeitige Pfarrverweſer Theodor Weiß in Breiſach. Ernannt ſind
ferner gemäß § 97 a. der Kirchenverfaſſung auf die Dauer von
6 Jahren: Pfarrer Karl Philipp Schmitthenner in Düren zum
Pfarrer in Feudenheim, Pfarrer Friedrich Jakob Zimmermann
in Gutach zum Pfarrer in Altlußheim, Pfarrer Theodor Heinrich
Junker in Lohrbach zum Pfarrer in Britzingen. Auf ſechs wei-
tere Jahre von den betr. evaͤngeliſchen Diözeſanſynoden gewählt
und vom Oberkirchenrathe beſtätigt ſind die Dekane in Wert-
heim und Emmendingen, Stadtpfarrer Müller und Kirchenrath
Dr. Sehringer. — Aus der Heinrich Chriſtian Diffené⸗Stiftung
iſt für das Studienjahr 1886/87 ein Stipendium von 500
für einen Studirenden der proteſtantiſchen Theologie aus dem
Großherzogthum Baden zu vergeben. Bewerbungen ſind binnen
drei Wochen bei dem Miniſterium der Juſtiz u. ſ. w. unter
Anſchluß von Geburts⸗, Vermögens⸗, Sitten⸗ u. Studienzeugniſſen
einzureichen.
Berlin, 3. Dec. Die Reichspartei (freikonſervative)
ſoll einen Steuerplan in Bereitſchaft haben, den ſie noch
geheim halte. Indeſſen erfährt man darüber doch ſoviel,
daß der Antrag nur darauf hinausgehen ſoll, die Steuer-
reform bei dem Punkte wieder aufzunehmen, an welchem
ſie in der vorigen Seſſion ſtehen geblieben war. Ob und

wann man damit vorgehen wird, iſt indeſſen noch nicht be-

ſtimmt. Die Neigung ſcheint auch anderwärts dahin zu

gehen, an die vorjährigen Verhandlungen über die Spiritus-

ſteuer wieder anzuknüpfen. — Die Aelteſten der Ber-

liner Kaufmannſchaft werden eine Verwahrung gegen
die Aeußerung des Finanzminiſters v. Scholz über Stempel-
hinterziehungen veröffentlichen und noch weitere Organe des
Handelsſtandes erklären ſich gleichſalls gegen dieſe Aeuße-
rung des Miniſters.
Lerlin, 4. Dec. Mirrrär- (Fortſetzung der erſten
Berathung der Militär⸗Vorlage.) Abg. Windthorſt
will mit ſeinen heutigen Erklärungen den ſpäteren Abſtimmungen
der Partei nicht präjudicirt wiſſen. Das Centrum werde ſich
über ſeine definitive Stimmabgabe erſt bei der letzten
Abſtimmung entſcheiden. Die Erledigung vor Weih-
nachten ſei wegen der nothwendigen ſorgfältigen Prüfung un-
möglich. Im Bündniß mit Oeſterreich liege die dauernde
Garautie des europäiſchen Friedens. Das Septennat könne
dat Centrum nicht bewilligen, eine dreijährige Bewilligung
werde dasſelbe in Erwägung ziehen. Ob die zweijährige
Dienſtzeit im Augenblick angezeigt, erſcheine fraglich; grund-
ſätzlich könne man nur dafür ſein. Für das abſolut Noth-
wendige werde das Centrum unter allen Umſtänden
ſtimmen. Abg. Graf v. Moltke: Meine Herren! Ich möchte
Ihnen doch die Vorlage der Regierung recht angelegentlich em-
pfehlen; man kann es ja beklagen, daß wir genöthigt ſind, einen
größeren Theil der Einnahmen des Reiches anſtatt auf den Aus-
bau im Innern für die Sicherheit nach außen zu verwenden.
Das wird aber bedingt durch allgemeine Verhältniſſe, die wir
abzuändern ganz außer Stande ſind. M. H., ganz Europa ſtarrt
in Waffen. Wir mögen uns nach links oder nach rechts wenden,
ſo finden wir unſere Nachbarn in voller Rüſtung, die ſelbſt ein
reiches Land auf die Dauer ſchwer nur ertragen kann. Das
drängt mit Naturnothwendigkeit auf baldige Eutſcheidung hin

und iſt der Grund, wesbalb die Regierung ſchon vor Ablauf des
Septennats eine Verſtärkung der Armee verlangt. Aus den die
Regicrungsvorlage begleitenden Motiven erſehen Sie, wie ſehr
wir hinter den Rüſtungen der übrigen Großmächte zurückgeblieben
ſind. Sie erſehen daraus, daß von allen großen Armeen die
unſrige noch die mindeſt koſtſpielige iſt, daß ſie weniger als irgend
eine andere auf der Geſammtbevölkerung laſtet, und daß beiſpiels-
weiſe Frankreich nahezu das Doppelte an ſeine Armee wendet,
wie wir. Noch in dieſen Tagen ſind die ſehr erheblichen Anfot-
derungen des franzöſiſchen Kriegsminiſters in der Kammer an-
ſtandslos bewilligt. Man hat nun die Richtigkeit dieſer Zahlen-
angaben in Abrede geſtellt. Ja, m. H., bier im Plenum können
wir unmöglich die Rechnung aufmachen, das wird ſich in der
Commiſſion finden. Ich halte die Angaben für richtig, deun ſie
gründen ſich auf die beſten Nachrichten, die wir haben können.
Man hat uns nun den Rath gegeben, uns mit Frankreich zu ver-
ſtändigen. Ja, das wäre gewiß ſehr vernünftig, es wäre ein
Segen für beide Nationen und eine Bürgſchaft für den Frieden
in Europa. Wenn es nun aber nicht geſchieht — à qui 1a faute?
So lange die öffentliche Meinung in Frankreich ungeſtüm die
Zurückgabe zweier weſentlich deutſchen Provinzen fordert und
während wir feſt entſchloſſen ſind, ſie niemals herauszugeben
(lebhafter Beifall), ſo lange wird eine Verſtändigung mit Frank-
reich kaum möglich ſein. Man hat dann hingewieſen auf unſer
Verhältniß zu Oeſterreich. Dieſes Bündniß iſt ein ſehr werth-
volles; aber es iſt ſchon im gewöhulichen Leben nicht gut, ſich auf
fremde Hülfe zu verlaſſen. Ein großer Staat exiſtirt nur durch
ſeine eigene Kraft. (Bravo! rechts.) Wenn ich recht verſtanden
habe, ſo wurde behauptet, daß die Vorlage der Regierung ſich
nur auf die Friedenspräſenz, nicht auf die Kriegspräſenz, d. h.
die Kriegsſtärke bezöge. M. H., die Vorlage fordert allerdings
eine Etatserhöhung für gewiſſe Truppentheile, die nahe der
Grenze vielleicht berufen ſind, gleich im erſten Augenblick des
Krieges in Aktion zu treten. Dadurch wird die Kriegsſtärke
in keiner Weiſe vermehrt, es vermindert ſich nur die Zahl
der nachzuſendenden Reſerven; aber die Vorlage fordert ja
ausdrücklich und hauptſächlich die Aufſtellung neuer Cadres,
und die werden allerdings die neue Kriegsſtärke vermehren.
Die Cadres von 31 neuen Bataillonen vermehren die Kriegs-
ſtärke um 31 000 Mann. Dann hat man auch wieder die zwei-
jährige Dienſtzeit in Anregung gebracht. Ja, meine Herren,
ich gehe nicht näher darauf ein; die Sache iſt früher gründ-
lich beſprochen worden. Bei der gegenwärtigen politiſchen Lage
unſer ganzes bisheriges Militärſyſtem über den Haufen zu werfen
und ein neues einzuführen, das würde doch ein bedenkliches Ex-
periment ſein. (Sehr richtig) Zweijährige Dienſtzeit nun haben
wir eigentlich ſchon; da noch eine weitere Herabſetzung herbeis
zuführen, das würde eine Vermehrung der Fiffer und eine Ver-
ſchlechterung der Qualität ſein, und damit iſt uns nicht gedient.

Im Gegentheil, unſere beſte Sicherung beruht eben in der Vor-

züglichkeit unſerer Armte. Es iſt mit vollem Recht auch die
finanzielle Seite der Frage in Betracht gezogen. Ja, m. O., ich
verkenne gewiß nicht die große Wichtigkeit einer guten Finanzlage.
Erſt eigentlich im Kriege, da, wo es ſich um Kämpfe und Ent-
ſcheidung handelt, wo nach dem Ausſpruch des deutſchen Lands-
knechts Patronenhülſen die gangbarſten Papiere ſein werden, da.
m. H., hört die Rückſicht auf die Finanzlage auf, aber außer-
ordentlich wichtig iſt ſie für die Vorbereitung zum Kriege,
für gute Ausrüſtung der Truppen, für Anlage von Befeſtigungen,

für zweckmäßig geführte Eiſenbahnen; ein unglücklicher Krieg zer-

ſtört auch die beſte Finanzwirthſchaft, die Finanz muß eben durch
die Armee geſichert ſein. Meine Herren, ich glaube, daß wir
durch eine Reihe von Jahren ſchon uns haben davon überzeugen
können, daß wir eine umſichtige, redliche und ſparſame Armee-
verwaltung haben. (Sehr richtig!) Auch die jetzt in Rede ſtehende
Vorlage iſt weſentlich durch Rückſichten auf Sparſamkeit beſtimmt,
man hat darauf verzichtet, ſchon im Frieden, wie dies außer-
ordentlich wünſchenswerth wäre, alle unſere Geſchütze beſpannt zu
haben, wie das bei unſeren Nachbarn der Fall iſt. Die Ver-
mehrung bezieht ſich weſentlich auf die Infanterie als mindeſt
koſtſpielige Waffe, die Hälfte der neu aufgeſtellten Bataillone wird
bereits beſtehenden Regimentern angeſchloſſen, um die Stäbe für
Regimenter zu ſparen, kurz, m. H., es iſt nicht das militäriſch
abſolut Wünſchenswertheſte, ſondern das finanziell Erreichbare
dabei ins Auge gefaßt worden, und eben dieſe Forderung, die
an das Land geſtellt wird, ſie wird geſtellt, um den bisher müh-
ſam aufrecht erhaltenen Frieden in Europa, wenn es möalich iſt
—.——.

Stadicheater.

2 seibrrg, 6. Dechr. „Die Räuber“, Trauerſpiel in 5
gen von Friedrich v. Schiller. Wir haben geſtern, leider, die
garige aber feſte Ueberzeugung gewonnen, daß die Auf-
Kung eines klaſſiſchen Stückes an unſerer Bühne unter den
ltenden Umſtänden geradezu eine Unmöglichkeit iſt. Nicht
Darſteller halber, denn die haben uns gerade Rgeſtern
0 ihr Spiel das Gegentheil bewieſen, ſondern eines bekannten
18 des Publikums wegen. Dieſer war gekommen, um ſeinen
zu machen, um die Vorſtellung a tout prix lächerlich zu
en, und man muß ihnen das ehrende Zeugniß ausſtellen, daß
abnen gelungen iſt, dem übrigen Publikum den Genuß voll-
haig und auf's Nachhaltigſte zu verderben. Da wir uns für
de Worte hierüber den Raum frei halten wollen, ſo müſſen
uns bezüglich der Aufführung kürzer faſſen, als es wohl
geſchehen wäre. Wir haben ſchon an gar mancherlei Bühnen
Raäuber in ihren böhmiſchen Wäldern von Pappe und Lein-
belauſcht, und wenn wir, ohne jeden beſondern Maßſtab
legen, die Vorſtellung vollſtändig unparteiiſch beurtheilen
In. ſo müſſen wir ſagen, man hätte an jeder Mittelbühne ein-
Leiſtungen als ſehr gut und die ganze Wiedergabe als ach-
werth bezeichnen muſſen. Hier natürlich, wo ein Theil
uſchauer mit dem feſten Willen kommt, die Darſtellung über
chſeln anzuſehen, iſt das ganz anders. Die kleinen Unfälle,
nmal das Erbtheil aller Räuberaufführungen zu ſein ſcheineu,
en mit wahrer Schadenfreude ausgenützt; im Uebrigen wurde
omal gelacht, wo es vollkommen unbegreiflich erſchien und
acher wohl das Komiſche in ſich ſelbſt fanden. Was die
lleiſtungen betrifft, ſo hat Herr Veit den Karl Moor
und in einer des wärmſten Lobes würdigen Weiſe ge-
Er zeigte eine ſtolze männliche Haltung und wußte jene
Rang von Schwärmerei und feurigem Stürmen und Drängen
Raalich zum Ausdruck zu bringen. Sein Pathos war voll
Neung und faſt durchgehends in den nöthigen Schranken ge-
I. Frl. Im miſch geſtaltete die Amalie ſympathiſch, wenn
ch ihren tragiſchen Leiſtungen an einer gewiſſen innern Kraft
ie einzelnen Räuber (namentlich die Herren Höflich, Roloff
henske) haben ihre Aufgabe mit friſcher Kraft angefaßt
ine befriedigende Charakteriſtik geliefert. Herr Hoyoll hat

die Jammerbolle Figur des alten Moor nach Kräften, wenn auch
in einem etwas zu einförmig klagenden Grabeston durchgeführt,
Herr Lettinger hat als Koſinskty mit Wärme geſprochen, Herr
Fichtler den Hermann mit Verſtändniß repräſentirt. Das
ſzeniſche Arrangement war ein des Stückes würdiges. Herr Ro-
bert ſpielte den Franz Moor. Dieſer gewiſſenhafte Schauſpieler,
der immer die ihm geſtellte Aufgabe ehrenvoll löſt, mag ſich im
Anfang im Pathos und in den Geſten etwas übernommen haben,
er hat jedenfalls der überaus ſchwierigen Partie eine achtung-
gebietende Behandlung zu Theil werden laſſen. Mehr aber noch
als ſeine künſtleriſche verdient heute ſeine rein menſchliche Leiſtung
alle, ja die größte Achtung. Herr Robert hatte in einem Zwi-
ſchenart das Unglück, in eine Verſenkung zu ſtürzen. Herr
Director Heinrich requirirte von der Scene herab einen
Arzt, der den Darſteller ohnmächtig und in einem beſorgniß-
erregenden Zuſtand vorfand. Tro3zdem hat Herr Ro bert,
nachdem er ſich einigermaßen erholt hatte, die Rolle zu Ende, und
in der Schlußſcene ſogar mit unleugbarer Kraft geſpielt. Wenn
das Publikum, wie z. B. in dem vorliegenden Fall oftmals
wüßte, in welchem Zuſtand ein Darſteller auf der Bühne ſteht,
es würde manchmal ein ganz anderes Urtheil fällen; — es würden
wohl auch nicht die oben erwähnten Herren verſucht haben eine
reſpektable Darſtellung zur Farce zu degradiren. Man denke
ſich, was es heißt, Rollen, wie ſie die Räuber bieten, zu ſtudiren
— freilich es giebt Lente, die von Studium und Studiren eine
ſehr ſchwache Vorſtellung haben. — Es kommen dann mühſame,
anſtrengende Proben und endlich treten die Schauſpieler — ihr
Können kommt da gar nicht in Betracht — am Abend mit einer
ſich ſelbſt bei den Routiniers nicht verlierenden Aufregung vor
die Rampen, um ihre beſten Kräfte einzuſetzen. Und nun wird
ihnen aus unmittelbarer nächſter Nähe ins Geſicht gelacht, wer-
den ihm bald von rechts halblaute geiſtvolle Bemerkungen, wie
ſie kein Quintaner auf ſein Conto nehmen würde, zugerufen,
oder hört er von links ſchnalzende Zungenlaute, die bei der
höheren Hundedreſſur recht ſehr am Platze ſein mögen. Der Schau-
ſpieler, der ſeine ganze Aufmerkſamkeit concentriren muß, verliert
die Faſſung, und die Aufregung des Herrn Robert mag zum
Theil die Schuld an ſeinem Unfall gewelen ſein. Man weiß doch,

welche Rolle der Ehrenkodex in gewiſſen Kreiſen ſpielt. Wie iſt

es danach zu beurthellen, wenn man im gewohulichen Leben
einen Menſchen, von dem man weiß, daß er ſich nicht wehren
kann, inſultirt? — ich glaube, das Prädikat für dieſes Betragen
iſt nicht ſchwer zu finden. Wenn man aber einen Schauſpieler
— und es gibt, Gott ſei Dank auf unſerer Bühne Leute genug,
die Anſpruch auf Achtung machen dürfen — der wehrlos daſteht,
inſultirt — ich glaube, dann trifft daſſelbe Prädikat für das Be-
nehmen doppelt zu. Man nehme doch dieſem Theil des Publikums
endlich einmal die Auffaſſung, das Theater ſei dazu da, um ihre
animirte Stimmung zum Austrag znu bringen und laſſe einmal
gründliche Remedur eintreten. Dr. S

E
eidelberg, 5. Dezbr. Die Geſellſchaft der Liliputaner gab
geſtern im großen Muſeumsſaale zwei Vorſtellungen, eine
für Kinder beſtimmte Nachmittags und eine andere Abends. Da
ſchon lange Zeit verſtrichen, in welcher keine ähnlichen Productio-
nen dahier ſtattfanden, ſo übte die Ankündigung auf das Publi-
kum ungewöhnliche Zugkraft aus, denn der grote Saal war, na-
mentlich Abends, gedrängt beſetzt. — In dem Stücke „die kleine
Baronin“ erſchienen die niedlichen, proportionirten Zwerggeſtalten
kurz nach Eröffnung des Vorhanges in ihren verſchiedenen Toi-
letten und begannen ihr gut einſtudirtes Spiel. Wir wollen auf
den Inhalt des Stückes, welcher eine Entführungsgeſchichte zum
Vorwurf hat und im Uebrigen von keiner Bedeutung iſt — nicht
näher eingehen, ſondern nur des höchſt graziöſen Auftretens ge-
denken, wodurch ſich die kleinen Künſtler beſonders auszeichnen.
Dieſelben führen ihre Aufgabe mit einer Eleganz und einer ſol-
chen Präciſion durch, als wenn ſie bei ihrem Zuſammenſpiel durch
einen Draht verbunden wären, und ihre Figuren jeweils a tempo
darſtellen müßten. Die Couplets, welche zum Vortrage gelangten.
erregten allgemeine Heiterkeit und zeichnete ſich beſonders einer
der kleinen Künſtler als tüchtiger Tromoetenbläſer aus und ex-
cellirte als Poſtillon von Lonjumeau als ein vollendeter Peitſchen-
knaller. Den Schluß bildete eine Gruppe Tyroler Sänger in
ihrer kleidſamen Nationaltracht, welche ein heimiſches Lied recht
gelungen zum Vortrage brachten und damit, ſowie mit ihrem
Spiel auf Glasharmonikas, allgemeinen Beifall ſich errangen.

Wegen RNaummangel laſſen wir die Fortſetzung des Feuilletonromans morgen folgen.

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