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Heidelberger Familienblätter — 1886

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Nr. 1 - Nr. 9 (2. Januar - 30. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.53862#0028

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wahrgenommen hatte, unterließ es nicht, ſich perſönlich bei
der Königin über dieſe Angelegenheit zu erkundigen und —
ſiehe da! — die Königin wußte von dem täglichen Erdbeer-
teller nichts und hatte überhaupt nie einen ähnlichen Wunſch
geäußert. In Folge der nun vorgenommenen Unterſuchung
wurde ein höherer Hofküchenbeamter, ſowie einer der Hof-
obſtlieferanten mit möglichſter Beſchleunigung entlaſſen.

— (Ein fideler Kaiſer.) Als der leutſelige und
luſtige Kaiſer Siegmund im Jahre 1414 den Rhein hinab
nach Straßburg kam, nahm er ſeine Wohnung im Lohn-
herrnhof in der Brandgaſſe. Ein gleichzeitiger Chroniſt
erzählt von ſeinem Aufenthalt daſelbſt: „In der Fruh zur
Mettzeit kamen die Weiber in dieſen Hof; und als der
Kaiſer ſolches gewahr geworden, iſt er ufgeſtanden, einen
Mantel um ſich geworfen und barfuß mit den Weibern
durch die Stadt gedanzt. Und da er in die Korbengaſſen
gekommen, haben ſie ihm ein Paar Schug um ſieben
Creutzern gekauft, ihm ſolche angethan, und hat der König
als weiſer, ſchimpflicher (galanter) Herr zugelaſſen, wie die
Weiber mit ihm gehandlet, kam zum Hohenſtege, danzte
und fügte ſich in ſeine Herberg und rugte (ruhte). Am
Zinstag (Dienstag) nach St. Margarethen Tag, als der
König war ſechs Tage zu Straßburg geweſen, da gab er
den Edlen Weibern auf guldene Ring, deren zweyer auch

anderthalb Gülden Werth war und fure im Schif hinweg

den Rhein hinab. Und die Frauen furen mit, wol eine
halbe Meyll Wegs in einem Wördt, und zereten mit
einander.“

— (Ein geriebener Bauer.) Ein amüſantes
Geſchichtchen wird aus Californien gemeldet. In der
letzten Sitzung der Geſetzgebung brachte ein biederer Land-
onkel den Antrag ein, derjenige, der zuerſt im Staate 500
junge Maulbeerbäumchen aus dem Samen ziehe, ſolle eine
Belohnung von 100 Dollars haben. Der Antrag ging
durch und wer erhielt die Belohnung? Unſer „Onkel“
vom Lande, der die 500 Maulbeerbäume längſt in ſeinem
Garten ſtehen hatte. ů

— In einem Bade beklagt ein Kurgaſt ſich beim Bade-
diener, daß er von der gerühmten Wirkung der Heilquelle
noch immer nichts ſpüre. „O, da müſſen Sie Geduld
haben, lieber Herr,“ erwiderte der Diener eifrig, „ſo raſch
geht das nicht; wir haben hier eine Dame gehabt, die
erſt nach vollen ſechs Monaten geſtorben iſt.“

— (Nach den Schulprüfungen im erſten
Semeſter.) Vater: „Der Wievielte biſt Du, Karl?“ —
Karl: „Der Sechsundvierzigſte!“ — Vater: „Wie viel
ſeid Ihr in der Klaſſe?“ — Karl: „Sechsundvierzig.“ —
Im zweiten Semeſter. Vater: „Der Wievielte biſt
Du diesmal, Karl 2“ — Karl: „Der Siebenundvierzigſte.“
— Vater: „Wie iſt das möglich? Ihr ſeid doch Sechs-
undvierzig.“ — Karl: „Mittlerweile iſt Einer dazugekommen.“

— (Recht tröſtlich.) Schuſter (zu ſeinem Kunden):
„Es wäre doch ſchon an der Zeit, daß Sie mir die 15
Mark endlich bezahlen würden; ich kann doch nicht wegen
einer derartigen Kleinigkeit ſo oft den weiten Weg machen.“
— Schuldner: „Na tröſten Sie ſich; im nächſten Monat —
zieh ich in Ihre Nähe.“

— (Gategoriſch.) „Mein Fräulein, ich liebe Sie.“
— „Aber, Herr Hauptmann
das muß ich beſſer wiſſen.“

. ..“ — „Schweigen Sie,

e Gein Kunſtſtüd.) „Im Cirkitg, ſag'ich Ihnen,

da machen ſie merkwürdige Sachen. Neulich hat doch ein

Clown mit einem dreſſirten Pudel Sechsundſechzig geſpielt.“
— „Wenn's weiter nichts iſt! Wie oft hab ich mit einem
Kater Skat geſpielt!“

— (Doppelt ſtrafbar.) A.: „Warum wurde der
Herr Duſeler nicht wieder in das Stadtverordneten⸗Colle-
gium gewählt?“ — B.: „Weil er in den Sitzungen derart
ſchnarchte, daß der Herr Oberbürgermeiſter darüber —
aufwachte.“ ͤ

Räthſel.
Mit i iſt's ein Stein,
Und mit a iſt's ein Stein,
Mit i nur iſt's groß
Und mit a iſt es klein.
(Auflöſung in nächſter Nr.)

Auflöſung des Diamanträthſels in Nr. 5:

„Obgleich wir die Löſung zualeich in der Aufgabe brachten,
liefen doch nur vier Löſungen ein, von denen jedoch keine den
Intentionen der Aufgabe ganz entſpricht. Die Löſung lautet:

2 28—
4
———482 2
4 2—
4 · 9 „. B6 HL
8 —EAE-ESia
σ
— +
EE * en-
884
E



E

Auflöſungen ſandten ein:

Eliſabeth K., K. E., Oedipus,
Friedr. K. hier.



Der Vöglein Bitte.
Sie flattern herab vom beſchneiten Dach
Und bitten durch bebenden Flügelſchlag: ö
„O Frau'n, ſeid barmherzig, thut auf Eure Hände
„Und macht unſerm gräßlichen Hunger ein Ende.
„In Waſſer erweicht nur die trockenſten Rinden,

„Dann ſtreut ſie umher, wir werden ſie finden.
„Wie Euch auch — geſchaffen hat uns der Herr gott,
„Ihr dienet Ih m, lindert Ihr Hungersnoth.
„Ihr Kinder, die Ihr Euch des Schnees ſo erfreut,

„Gedenket der Vögel, ſeid fröhlich bereit
„Zu decken ein Tiſchlein auf eiſiger Banklk
„Das ſei für die Freude des „Glennens“ Eu'r Dank,
„O gäb' für der Schellenfahrt großes Vergnügen,
„Ein jedes ein Brödchen, ſo würd' es genügen.

„Es ſteht in der Bibel (und lautet gar fein)
„Ein goldener Spruch, der beherzigt ſoll ſein,
„Er lautet: „„Was Ihr dem Geringſten gethan,
„„Das nehm ich als ſelbſt mir erwieſen an.““

„Sind wir auch nur Vögelein, dürftig und klein,
„Es hauchte der Schöpfer den Odem uns ein,
„Glaubt's Alle, Ihr Menſchenkinder,
„Gott liebt ſeine Vögel nicht minder,
„Er ſchaut auf ſie nieder durch Nebel und Schnee
„Und mahnt Euch, zu mildern der Hungernden Weh'.

„Sind wir auch Geſchöpfchen, nur dürftig und klein,
„Gott kennt uns — Ihr dürft deſſen ſicher wohl ſein,
„Es blicket von oben aus himmliſcher Höh'
„Sein Auge auf aller Erſchaffenen Weh'.
„Kommt Frauen, kommt Kinder, vermindert die Noth!
„Ein Jeder geb' willig von ſeinem Brod.“ Gilb x
ilbert.

ö Druck u. Verlag von Ad.olph Emmerling u. Sohn in Heidelberg. Für die Redaction verantwortlich: Fr. Emmerling.
 
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