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Heidelberger Familienblätter — 1886

DOI Kapitel:
Nr. 18 - Nr. 26 (3. März - 31. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.53862#0096

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don keiner Beſeitigung der Körperfülle die
Rede ſein konnte — der Fürſt war ja abgemagert
und heruntergekommen in der bedenklichſten Art —, ſon-
dern daß Alles darauf ankam, den Körper zu ernähren,
die Kräfte zu heben, die zerrütteten Nerven wieder zu be-
leben. Ich habe mit Gleichmuth ertragen, was über mich
als Entfetter, Waſſerentzieher, Milchkur⸗Doctor, Herzmuskel-
ſtärker ꝛc. gefabelt wurde, und mir an der Freude genügen
laſſen, daß es gelungen iſt, wie Sie von der Gicht, ſo den

Fürſten von der allgemeinen Ernährungsſtörung mit ihren

ſchlimmen Begleitern zu befreien. Ein ganzes Syſtem,
eine ganze Kurmethode hat man mir nachgeſagt und mich
ſchließlich zum Specialiſten für Fettleibige geſtempelt. So-
weit dieſe Aufgabe an mich herangetreten iſt, habe ich die-
ſelbe mit der Energie und Thatkraft des ſtets individnali-
ſirenden Arztes erfüllt. Aber ich bin nie in eine Schablone
verfallen, an der alle Regime bis dahin krankten und wohl
auch zu Grunde gingen — ſondern ich habe unbekümmert
um die Lehren der heutigen Therapie, meine Wege mir
ſelbſt gebahnt auf Grund der individuell gewonnenen An-
ſchauungen und im Zuſammenhalt mit den wirklich brauch-
baren Etappen einer ſtreng wiſſenſchaftlichen Forſchung.
Ich habe mich nie mit der Bekämpfung läſtiger Symptome
aufgehalten, ſondern dieſe, wo es anging, nach Möglichkeit
als Wahrzeichen des zu Grunde liegenden Uebels beſtehen
laſſen, um nach der Beſeitigung des letzteren zu ſehen, wie
die von ihm bedingten Symptome von ſelbſt verſchwinden.
Ich war mir bewußt, wie wenig dazu medikamentöſe Hülfen,
die ich mir indeß nach Bedarf wählte, beitragen können.
Aber ich habe mich nie geſcheut, den wenn auch lang-
wierigen und mühevollen Weg, vielleicht mit brauchbaren
Abkürzungen, wieder zurückzulegen, auf dem die mir Zu-
geführten ihre Erkrankungen aller Wahrſcheinlichkeit nach
acquirirt hatten. So habe ich die Freude gehabt, eine
Reihe von allgemeinen Ernährungsſtörungen, wie verſchie-
dene Formen von Blutarmuth, Herzfehlern, Abmagerungen,
Hämorrhoidalbeſchwerden, Leberanſchwellungen, Magen-
erweiterungen, Aſthmen, Migränen, Darmträgheiten, Ver-
ſtopfungen ꝛc. radical zu hemmen und ſelbſt zu beſeitigen.
So bin ich auch zur ergiebigen Bekämpfung und Beſeitigung
der Fettleibigkeit gekommen, die, wie ein nüchterner Blick
zeigt, unter den mannigfachſten Verhältniſſen und Lebens-
weiſen zu Stande kommt und eben ſo auch beſeitigt werden
kann. Mit Bier und Brod, mit Zucker und Fetten kann

man ebenſo gut dick wie dünn werden, Hämorrhoiden und

Magenerweiterungen bekommen oder nicht, Leberanſchwel-
lungen und Herzerkrankungen veranlaſſen und verhindern —
es fragt ſich nur wie und wann? Sobald dieſe Dinge
für mich ſpruchreif ſind und ich Zeit finde, werde ich da-
mit an die Oeffentlichkeit treten und diejenigen enttäuſchen,
welche Schablonen und ſtarre Kurmethoden erwarten und
das Einfachſte, wie ſo oft, im Suchen nach Spitzfindig-
keiten unter dem Titel ſogenannter Wiſſenſchaftlichkeit über-
ſehen haben. Die abſichtlich oder unabſichtlich in die Welt
geſchleuderten Irrthümer über mich und meine Behandlung
geben mir aber keinen Anlaß, dieſe Publikationen zu be-
ſchleunigen.“

Verſchiedenes.

— (Mo derner Unterricht.) Vater (zr ſiebzehn-
jährigen Tochter): „Aber, Anna, Du kennſt ja nicht ein-
mal die Leinwand⸗, Baumwoll⸗ und Seidenfäden?“ —
Tochter: „Davon, Papa, haben wir in unſerm Inſtitute
gar nichts lernen müſſen: wir haben nur von den Staub-
fäden der Blumen ſo Manches lernen müſſen.“

kellner: „Ich, zum Theater, als was denn?“

— (Schmeichelei.) „Donnerwetter — gefehlt!“ —
„O Herr Graf, das liegt nur am Haſen, denn wenn das
Bieſt um vier oder fünf Zoll länger geweſen wäre, hätten
ihn gräfliche Gnaden ſicher getroffen.“ A

— Gauer und Schauſpieler.) Der ſeiner Zeit

gefeierte Leipziger Schauſpieler Opitz war einmal mit einer

Geſellſchaft aus Leipzig im Gaſthauſe zu Gohlis. Hier hän-
ſelte Opitz einen Bauern, um zu ſehen, was dieſer in ſeiner
Einfalt dazu ſagen oder thun würde. Der Bauer aber

ſagte und that gar nichts, ſo daß Opitz von ihm ablaſſen

mußte. Nachdem der Bauer ſein Bier ruhig ausgetrunken
hatte, trat er an Opitz heran, klopfte ihm vertraulich auf
die Schulter und ſagte: „Weiß Er was, mein lieber Komö-:
diante, ich bin Sein Narr nicht, morgen komme ich aber

nach Leipzig, zahle der Theaterkaſſe einen halben Thaler

und habe das Vergnügen, daß Er den ganzen Abend mein
Narr iſt.“

— (Im Bade.) Dame: „Ich bin über die Talent-
loſigkeit meiner Tochter Malwine ganz verzweifelt. Herr
Doctor, können Sie ihr nicht ein bischen Clavier bei-
bringen?“ — Doctor: Clavier ſpiele ich ſelber nicht.“ —
Dame: „Oder Singen?“ — Doctor: „Ich bin ganz un-
muſikaliſch.“ — Dame: „Oder Aquarellmalen?“ — Doctor:
„Bedaure, ich bin überhaupt ſchon verlobt.“

— (Entſprechen der Berufszweig.) Gaſt: „Sie
Zahlkellner, Sie ſollten zum Theater gehen.“ — Zahl-
— Gaſt:
„Als Schnürmeiſter.“

Diamant⸗Rüthſel.

Elf Worte ergeben, wenn man ſie untereinanderſchreibt und
ihre Mittelbuchſtaben zuſammenſtellt, ſowohl in vertikaler als
horizontaler Richtung, alſo im Kreuz einen Ausruf, der einer
hohen Perſönlichkeit gilt. Die elf Worte bedeuten: 1) Conſonant,
2) Naturprodukt, 3) berühmter franzöſiſcher Schauſpieler, 4)
männlicher Vorname, 5) Hauptſtadt eines europäiſchen König-
reiches, 6) Ausruf, der einer hohen Perſönlichkeit gilt, 7) tadelns-
werthe Uebertreibung einer Tugend, 8) durch eine Obſtſorte be-
rühmte Stadt, 9) deutſche Feſtung, 10) Theil eines Schauſpiels,
11) Conſonant.
(Auflöſung in nächſter Nummer.)

Auflöſung des Räthſels in Nr. 22:
Hellebarde.
Richtige Löſungen gingen ein von M., E. M., D., Oedipus,
B. D., „Achilles“ hier, G. C. in Schriesheim.

Vom Büchertiſch.
—5 Die neueſten Hefte 9 und 10 des Hausfreund (Verlag
von S. Schottlaender in Breslau) enthalten, außer den Fort-
ſetzungen des Zeitromans von Ewald Auguſt König: „Die Tochter
des Commerzienraths“, eine Reihe äußerſt intereſſanter Erzäh-
lungen, ferner biographiſche Skizzen mit Porträts, u. A.: Jules
Grevy, Fürſt Alexander von Bulgarien, Victor v. Scheffel (zu
deſſen ſechzigſten Geburtstag, mit poetiſcher Apoſtrophe an den
Dichter von Karl Teſchner) u. ſ. w., ſowie eine Menge von hu-
moriſtiſchen Kleinigkeiten, Gemeinnützigem, Räthſelſpielen aller Art.

—8 In dem ſoeben erſchienenen 7. Hefte „Vom Fels zum
Meer“ (herausgegeben von W. Spemann, redigirt von Prof.
Joſ. Kürſchner, Stuttgart) findet man neben dem üblichen Reich-
thum des bildlichen Schmuckes auch noch 60, ſchreibe ſechzig An-
ſichten beſuchter Badeorte, die zu einem höchſt amüſanten Spiel
von Juſtinus gehören, welches ſich „Bäderorakel“ nennt. Das
Heft ſelbſt gehört zu den beſten, welche von der Zeitſchrift letzthin
erſchienen ſind. Unter den Kunſtbeilagen zeichnen ſich neben
„Vorfrühling“ und dem luſtigen „Atelierſcherz von W. Berger
beſonders aus das Knaus ſche Bild „Auf der Walſtatt“ und J.
de Vriendts „Heilige Cäcilia“.

Druck u. Verlag von Adolph Emmerling u. Sohn in Heidelberg. Für die Redaction verantwortlich: Fr. Emmerlint
 
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