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Heidelberger Familienblätter — 1886

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Nr. 27 - Nr. 34 (3. April - 28. April)
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https://doi.org/10.11588/diglit.53862#0112

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ſie über einen die Treppe hinabſteigenden angeheiterten
Studenten ſo erſchreckte, daß ſie rücklings hinabſtürzte und
mit gebrochenem Genick augenblicklich todt liegen blieb.
Der Student — er entſtammt einer angeſehenen Beamten-
familie in Perpignan — war von dem Unglück, das er
unbewußt angerichtet, ſo erſchüttert, daß er in eine Gehirn-
krankheit verfiel. Seine Mutter eilte herbei, ihn zu pflegen.
Vergeblich iſt alle ärztliche Kunſt. Er ſtirbt, und die ver-
zweifelnde Mutter ſtürzt ſich aus dem Fenſter, wobei ſie
ebenfalls den ſofortigen Tod findet.“
Fällen iſt die Sauberkeit, mit der die Verfaſſer arbeiten,
durchaus anzuerkennen. Da iſt keine halbe Arbeit, ſie ſind
entſchloſſen, ihre Leſer zu erſchüttern, und weiſen deßhalb
alle Sentimentalität weit von ſich. Man hätte ja der
italieniſchen Geliebten ein Gegengift geben oder die troſt-
loſe Mutter mit einem zerbrochenen Arm davonkommen
laſſen können, aber dann wäre die Trilogie der Unglücks-
fälle zerſtört und die erſchütternde Wirkung zweifelhafter.
— In dieſem Sommer tritt in Berlin der Naturforſcher-
Congreß zuſammen. Dieſes Ereigniß überhebt uns, ſo
hoffen wir, der Aufgabe, ſelbſtſtändig nach Gründen für
die von uns beregte ſeltſame Erſcheinung zu ſuchen. Das
Thatſächliche haben wir feſtgeſtellt und für die Richtigkeit
der Beobachtung volle Bürgſchaft übernommen. Aber über
die Urſachen befinden wir uns im Unklaren. Es wäre
dankenswerth, darüber etwas zu erfahren, wie die „Enten-
zucht“ bei 10 Grad Kälte ebenſo gedeiht wie bei 25
Grad Wärme.

Verſchiedenes.

— Fürſt Talleyrand lag im Sterben, während
eine Menge von Aerzten ſein Lager umſtanden. — „Ver-
ſuchen Sie, ob Sie nicht noch huſten oder pfeifen können,
mein Prinz!“ ſagte der Leibarzt. — „Ich kann nicht huſten
und das Pfeifen erlaſſen Sie mir, damit man nicht ſage,
ich habe Sie, meine gelehrten Herren, zum Schluß der
Comödie ausgepfiffen, obgleich Sie es verdient hätten; Adieu!“

— (Zerſtreut.) Richter: „Hier iſt das Portemonnaie.
Sie haben es alſo doch geſtohlen?“ — Angeklagter: „Ich
ſchwöre Ihnen, ich weiß nichts davon.“ — Richter: „Nun,
wie kommt es denn in Ihre Taſche?“ — Angeklagter:
„Wenn es in meiner Taſche war, dann hab' ich's rein aus
Zerſtreutheit eingeſteckt. Sie wiſſen's doch, wir Spitzbuben
ſind ja auf der ganzen Welt zerſtreut.“

— (Im Salon.) Der Gaſt: „Sie ſollten Ihre Fräu-
lein Tochter doch auch in der Muſik unterrichten laſſen.“
— Der Vater: „Ich beabſichtige das auch zu thun. Ich
werde ſie die große Trommel lernen laſſen.“ — Der Be-
ſucher: „Aber, mein Verehrteſter, das verurſacht ja einen
viel größeren Lärm als das Klavier!“ — Der Vater:

„Ganz richtig, man ſpielt aber auch viel weniger darauf.“

— (Ab geführt.) A.: „Ich ſag' Ihnen, die Mathe-
matik iſt eine unanfechtbare Wiſſenſchaft, die Logik ſelbſt!
Ein Beiſpiel: Wenn in 12 Tagen ein Arbeiter dieſe Mauer
baut, ſo bauen ſie 12 Arbeiter in einem Tag.“ — B.:
„Gewiß, 288 in einer Stunde, 17280 in einer Minute,
und faſſen gar 1036 800 Mann an, ſo ſteht ſie in einer
Sekunde da, d. h. ehe noch einer einen Stein hat hinlegen
können.“

In dieſen beiden

Doctor Biedermann und ſein Zögling.

EGariatio delectat.) „Sagen Sie um Gottes-
willen, Herr pon Hlavaeeck, dreißig Jahr' ſind S' ſchon
im Poſtdienſt, wie haben S' das ausg'halt'n? Dieſes
ewige Einerlei — i glaub', da müßt' i verrückt werd'n!“
— „Ja, das is nit ſo ſchlimm. Heute ſtempelt ma' Acht-
undzwanzigſten ab, morgen Neunundzwanzigſten, übermorgen
Dreißigſten — biſſ'l Abwechslung iſt immer noch dabei.“

E (Triftiger Grund.) A.: „Weßhalb mag nur
der Herr Schütz, der doch ein ſo gutes Eiſengeſchäft hatte,
dies aufgegeben haben, um ein Sargmagazin anzulegen?“
— B.. „Einen Grund hierfür wüßte ich wohl. Sein
Bruder hat nämlich vor Kurzem ſeine Studien beendet und
gedenkt ſich in unſerer Stadt als Arzt niederzulaſſen.“

— (Immer ſchneidig.) Gardelieutenant A. (u
dem eben aus dem Ballet kommenden Kameraden): „Amüſirt,
Kamerad?“ — Gardelieutenant B.: „Ausgezeichnet; Prima
heute ſchneidig bei Fußſpitze jeweſen!“

— (Uebertrumpft.) Dame: „Ihr Hund iſt doch
geradezu unausſtehlich, er heult die ganze Nacht.“ — Herr:
„Dafür ſpielt er aber auch am Tage kein Klavier.“

— (Schlechtes Geſchäft.) Wirth: „Herr Spritz-
meier, es ſtehen vom vorigen Jahre her noch 16 Glas
Bier.“ — Spritzmeier: „Schütt ſe weg, altes Haus; ſie
müſſen ja längſt ſauer ſein.“ ö

Räthſel.
Zwei Silben künden Dir des Alters höchſten Grad,
Ein Zeichen fort und ein Gebirge ſich Dir naht.
(Auflöſung in nächſter Nummer.)

Auflöſung der räthſelhaften Inſchrift in Nr. 26:
Wia duck de, dass de net à renna thuast, Otto.
(Schau, duck dich, daß Du nicht anrennen thuſt, Otto.)

Vom Büchertiſch.

H. Dürſelen in Leipzig erſchien:
Riong dis
Büchern von Guſtav Schalk. Eine Lektüre, welche durch die
dielfachen ſpannenden Situationen des Romans und die gewählte
Darſtellung allgemeine Beachtung finden dürfte. Das Buch darf
um ſo mehr auf eine warme Aufnahme in den weiteſten Kraſen
rechnen, als ein Theil der Erzählung an eine vor längerer Zei
in dem preuß. Oberkirchenrath geführte Unterſuchung gegen mert.
hervorragenden Geiſtlichen der evangel. Landeskirche ngenheit
nicht minder an Zuſtände und Kämpfe der jüngſten Vergangen!
der rheiniſchen Kirche, in welchen es ſich um Gsggiſſe ſchaft
ſchroffen Richtung gegen einen um die Kirche un R iſſen auf-
hochverdienten Theologen handelt. — Alle in dem bmant 801.
tretenden Charaktere ſind in ſcharfen Umriſſen gezeichne tlich e
ſondere auch der pflichttreue Dr. Biedermann mit köſtlichem
Humor dargeſtellt.

ei i i tſche
—S Mit dem ſoeben erſchienenen Heft 14 beginnt die Deutſe
Iunſtrirte Zeitung ihren vierten Halbjahrsband. Der nedhe
Inhalt des Heftes zeigt von neuem. das ernſte Streben er
Redaction, die Zeitung literariſch wie künſtleriſch auf's beſte Uem
zuſtatten. Aus der Fülle des Gebotenen heben wir vor allem
den neuen Roman „Götz und Giſela“ von Wilhelm Jenſen her-
vor. Außerdem enthält das Heft eine Reihe allerkiebſrer er
zählungen und Novellen von anerkannten Schriftſtellern. .
Bildertexte, Miscellen, Notizblätter und die reich gefüllte inn-
ecke machen den Beſchluß des textlichen Theiles. Demſelben eben-
bürtig iſt die künſtleriſche Ausſtattung.

—58 Im Verlage von

Druck u. Verlag von Adolph Emmerling u. Sohn in Heidelberg. Für die Redaction verantwortlich: Fr. Emm erlin 6.
 
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