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Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 6,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Breisach, Emmendingen, Ettenheim, Freiburg (Land), Neustadt, Staufen und Waldkirch (Kreis Freiburg Land) — Tübingen u.a., 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.1225#0058

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44 kreis freibügr;

Von den damals erbauten basilikalen Anlagen Deutschlands sind nur ganz wenige
noch erhalten; doch wenn wir deren Aufnahmen zum Vergleiche beiziehen, fallt sofort
die ausserordentliche Aehnlichkeit der Breisacher ältesten Bautheile mit den entsprechen-
den Grundrisspartien der Einhardsbasilika zu Michelstadt (827) auf, bei der in ganz den-
selben Verhältnissen die oblonge Vierung seitlich von schmäleren rechteckigen Feldern be-
gleitet wird, die ebenfalls mit östlichen Apsiden ausgestattet sind, bei deren Anlage, gleich
wie bei der Breisacher Südconche, die Grundrissform eines hochgestelzten Halbkreises
benutzt wurde. Ebenso ist das Breitenverhältniss von Mittel- zu Seitenschiff hier wie dort
dasselbe, nämlich ungefähr 2 :1, was mich veranlasst, auch die südliche Seitenschi ffaussen-
mauer zu Breisach, wenigstens der Anlage nach, mit zu den ältesten Theilenzu rechnen.

Von gewisser Wichtigkeit ist ferner festzustellen, dass die Vierung, die heute nicht
mehr völlig ein Quadrat darstellt, ursprünglich genau als solches angelegt gewesen ist
und erst während des späteren Umbaus zum Rechteck verändert wurde. Denn die Aus-
dehnung des mittleren Querhausfeldes von Nord nach Süd gleicht genau derjenigen
des südlichen Armes an der Südmauer, gemessen von Ost nach Westen, und würde die
Westmauer des Querhauses an der Südwestecke im rechten Winkel anstossen, ergäbe
sich eine genau quadratische Vierung. Doch wahrscheinlich zur Zeit der Wölbung und
Errichtung der Vierungskreuzpfeiler kamen Ungenauigkeiten vor, die nachher Veran-
lassung waren, sowohl die Westmauer des südlichen Querhausarmes in spitzem Winkel
an die Giebelwand anschliessen zu lassen als auch den quadratisch beabsichtigten nörd-
lichen Querhausarm, dessen Nordmauer wohl schon genau in der Weite der Vierung
errichtet war, gleich dem Mittelfelde zu gestalten, um nicht abermals zu Verschiebungen
gezwungen zu werden.

Wie der mittlere Chorbau aussah, ob nur eine Apsis sich anschloss oder ob bereits
die kreuzförmige Grundrissgestalt ausgesprochen und ein Vorchor angelegt war, lässt sich
nicht mehr bestimmen. Doch erscheint es mir in Rücksicht auf den an der Querhaus-
ostwand zwischen den Seitenapsiden mangelnden Raum zum Ansatz der Umfassungs-
mauern einer mittleren Conche wahrscheinlich, dass bereits damals vielleicht in der Tiefe
des heutigen ein Vorchor bestand, der nach Osten apsidal endigte.

Wir hätten demnach für das älteste Breisacher Münster folgendes Schema. Eine
flachgedeckte, dreischifhge Säulenbasilika, deren Mittelhaus in Breite der Vierung und
deren Seitenschiffe in halber Breite des Mittelschiffs angelegt sind, schliesst an ein Quer-
haus an, das aus der quadratischen-Vierung und zwei seitlichen, schmäleren rechteckigen
Theilen sich zusammensetzt und im Osten in drei Apsiden, zwei seitlichen kleineren und
nach einem Vorchor in einer mittleren, grösseren abschliesst.

Es ist dies eine Anlage, die vorgeschrittener als die der Kirchen zu Strassburg,
Hersfeld (bg. 768} und auch Michelstadt erscheint, gleichwohl aber noch nicht die voll-
ständige Ausbildung des sogenannten gebundenen Systems aufweist. Denn während die
Michelstädter Basilika (ebenso wie die nach Dehio Bd. I p. 165 wahrscheinlich mit ihr
in engem Zusammenhang stehende Kirche S. Kastor zu Koblenz), in der Vierung noch
das oblonge Rechteck zeigt, war man in Breisach hier bereits zum Quadrat übergegangen,
in den seitlichen Querhausarmen aber gleich Michelstadt bei dem rechteckigen Grundriss
der Felder geblieben.

Es wäre somit in dem ältesten Breisacher Münsterbau ein interessantes Mittelglied
der ungemein bedeutungsvollen wesentlich deutschen Ausbildung des basilikalen Grund-
 
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