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Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 6,1): Die Kunstdenkmäler der Amtsbezirke Breisach, Emmendingen, Ettenheim, Freiburg (Land), Neustadt, Staufen und Waldkirch (Kreis Freiburg Land) — Tübingen u.a., 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.1225#0064

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50 KREIS FREIBURG.

unzweifelhaft zu gleicher Zeit erstellten Bautheile des nördlichen Querhausarmes und der
Thürme. Aber auch die Thatsache, dass 1162 nach der Zerstörung Mailands, an der
unter ihrem Herzoge Breisacher Schaaren selbst thätig Antheil genommen hatten, die
eben in Sant' Ambrogio erbeuteten Reliquien der heiligen Gervasiüs und Protasius nach
Ereisach gekommen sind, mag hier mitsprechen. Denn wenn einerseits der Umstand,
dass man die Reliquien nach Breisach brachte, mir darauf hinzudeuten scheint, dass
daselbst bereits ein grosses und berühmtes Gotteshaus gestanden hat, an dessen Aus-
schmückung die Söhne der Stadt auch in der Ferne dachten, so scheint es doch anderer-
seits sicher zu sein, dass das Verweilen der Reliquien am Platze ähnliche Verhältnisse
schuf, wie sie nach Ankunft der mit ihnen aus Italien verbrachten Reliquien der heiligen
Drei Könige in Cöln entstanden. Die Wunder, die sie wirkten, der sofortige Andrang
der Betenden und Opfernden Hess wohl bald das alte Münster nicht mehr gross und
prächtig genug erscheinen und da zugleich durch die Opferwilligkeit der Gläubigen auch
bedeutendere Mittel rasch sich werden angesammelt haben, so schritt man zum Umbau
der Kirche. Und in stolzem Selbstbewusstsein beschloss man, den Reliquien kein
schlechteres Haus zu erbauen, als sie dereinst in Mailand bewohnten, und zog lom-
bardische Baukünstler zu, was man um so leichter konnte, als in der anderen grossen
Stadt der Zähringer, in Zürich, schon seit Jahrzehnten lombardische Architekten an einem
grossen und weiten Münster bauten. Die für Breisach ruhige Regierung Bertholds V
begünstigte das Unternehmen, das langsam aber sicher seiner Vollendung entgegenging.

Erst darnach mag der Bischof von Basel beschlossen haben, auch seine Bischofs-
kirche umzubauen, wozu er die in seiner Stadt Breisach thätigen Werkleute und Meister
nach Basel berief. Wenn wir demnach den Beginn der Ueberwölbung unseres Münsters
in die Jahre bald nach 1162 setzen und annehmen, dass gegen 1185, in welchem Jahre
das Basler Münster begonnen wurde, bereits die Haupttheile vollendet waren, so erhalten
wir auch eine einleuchtende Erklärung für den oben bemerkten wahrscheinlichen Wechsel
in der Bauleitung zu Breisach und das damit verbundene Auftreten neuer Detail-
formen.

Hierzu nur noch wenige Bemerkungen.

Dass 1162 die Reliquien der Stadtpatrone nach Breisach gekommen
seien, ist Ueberlieferung und urkundlich nicht nachzuweisen, ja nach dem Urtheil Pins IX
befinden sich die wirklichen Ueberreste der beiden Heiligen noch immer in Mailand, wo
man sie i. J. 1864 wieder gefunden zu haben glaubt (vergl. den Bericht Biraghi's vom
19. Jan. 1864 im Osservatore cattolico d. J. No. 14, abgedruckt bei De Rossi Bull, di
Arch. crist. II 6 f.), wie denn auch D e R o s s i die Ansicht aussprach, dass Breisach keinen
Anspruch auf den Besitz der Reliquien der h. Gervasiüs und Protasius erheben könne
(a. a. O. IT 22—24; vergl. eb. II 6 16 29 VI 80 II 48 V 73). Aber die überraschende
Thatsache des so engen baulichen Zusammenhangs zwischen dem Münster zu Breisach
und der ehemaligen Ruhestätte der heiligen Gebeine verleihen der Ueberlieferung doch
einige Wahrscheinlichkeit, wozu noch kommt, dass der Historiker noch nicht entschieden
hat und mannigfache beglaubigte Nachrichten für die Translation zu sprechen scheinen
(cf. Rosenberg p. 79). An und für sich hat die Uebertragung der Reliquien nichts
Unwahrscheinliches, wenn auch die Sage ihrer Ueberführung durch Bischof Rainald von
Cöln und ihre gezwungene Zurücklassung in Breisach kaum den Thatsachen entsprechen
dürfte. Viel wahrscheinlicher erscheint es, dass die Breisacher selbst oder Berthold V
 
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