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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 1 - Nr. 10 (2. Januar - 12. Januar)
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spielsweise der Landwirthschaftsrath, welcher u.
A. ein ständiges Generalsekretariat in Berlin hat.
— Dem in Kamerun bei dem Ausstande
der Polizcisoldaten gebliebenen Assessor Niedow
widmet das „D. KM." einen ehrenden Nachruf,
an dessen Schluß es heißt: „Durch sein ver-
dienstvolles Werk: „Die deutsche Kolonial-Ge-
setzgebung" hat sich Riebow einen bleibenden
Namen gemacht. Als Beamter pflichtgetreu und
gewissenhaft, war er auch im außerdienstlichen
Verkehr allgemein geschätzt. Sein früher Tod
von der Kolonial-Abtheilnng aufs tiefste beklagt.
Ehre feinem Andenken!"
Aus Württemberg, 5. Januar. Am
Schlüsse eines Artikels über Reichs- und
württembergische Finanzfragen sagt der
„Schwäb. Merkur: „An der Stelle von-Üeber-
schüfsen wird daher der nächste (württembergische)
Etat wahrscheinlich mit Fehlbeträgen aus früheren
Jahren zu rechnen haben, welche ebenfalls Deckung
erheischen. Wenn dann die Steuerpflichtigen in
Württemberg, ganz abgesehen von der erfahrungS
mäßigen Steigerung der eigenen Staatsausgaben
nicht blos biefür, sondern auch für die laufenden
Mehrausgaben des Reichs mit direkten Einkommens-
und Ertragssteuern aufzukommen haben werden,
dann mögen sie sich bei denjenigen ihrer Ver-
treter im Reichstage bedanken, weiche die Deckung
jener Mehrausgaben des Reichs durch
erhöhte Matrikularbeiträge herbeigeführt haben."
Die „Frkf. Ztg." bemerkt hiezu: Das dürfte doch
nicht die richtige Adresse sein. Der Dank gebührt
vielmehr Denen, die jene Mehrausgaben leichten
Herzens bewilligten und dabei versprachen, daß die
minder bemittelten Klassen nicht belastet werden
sollten.
Ausl-mV.
Vern, 5. Jan. Der Bundesrath stimmte
dem Vorschläge der deutschen Regierung zu, wo-
nach die Vereinbarungen über erleichternde Vor-
schriften für den wechselseitigen Verkehr zwischen
den Eisenbahnen Deutschlands, der Niederlande,
Oesterreich-Ungarns und der Schweiz, sowie
zwischen Deutschland und der Schweiz am 1. Februar
in Kraft treten sollen.
Pest, 5. Jan. Finanzminister v. Plen er
wird bei seiner hiesigen Anwesenheit verschiedene
Angelegenheiten besprechen; in erster Linie die
Frage der Höhe der Summe der in diesem Jahre
einzuziehenden Staatsnoten. Die vorjährige
Vereinbarung darüber gilt als überholt, da beide
Staatskassen über Summen verfügen sollen, welche
die Einlösung von 200 Millionen Staatsnoten
statt 100 Millionen ermöglichen.
Pest, 5. Jan. Die autonome ortho-
doxe Judenschaft Ungarns hat dem Justiz-
minister eine Druckschrift eingereicht, worin die
Civilehe gebilligt, jedoch bei der Ehescheidung von
den Juden ein Scheidungsbrief der Kirche ver-
langt wird, dessen Mangel bei einer neuen Ehe-
schließung ein Hinderniß sei.
Aus Wuv und Jern.
* Karlsruhe, 5. Jan. Der Großherzog hat,
wie aus Straßburg gemeldet wird, dem württem-
bergischeN Jnsantexieregiment Nr. 126, dessen
Ches er ist, für dessen Erbauung eines Osfizier-
kassinos einen Beitrag von 2000 Mk. gewährt.
* Mannheim, 5. Jan. Pünktlich auf Neu-
jahr ist der Jahresbricht rcr Handelskammer für
den Kreis Mannheim fertigzestellt worden. Er
wird demnächst im Druck veröffentlicht werden.
Einem bereits erschienenen Auszug ist zu entnehmen,
daß das abgelaufene Geschäftsjahr unter der Futter
noth, der Silberentwerthung, dem Ausbruch des
deutsch-russischen Zollkrieges, der Unterbrechung des
spanischen und des serbischen Handelsvertrags, ver-
einzelten Anzeichen für eine Fortsetzung der Cholera-
Epidemie und schließlich den neuen Steuerprojekten
zu leiden hatte. Mögen auch diese Thatsachen
dem einen oder anderen Betriebe zu gut gekommen
sein, die Resultate des Geschäftsjahres im Allge-
meinen wurden jedenfalls um so empfindlicher ta-

durch beeinflußt, als auch schon die Ergebnisse des
vorausgegangenen Jahres günstige nicht zu nennen
waren.
' Mannheim, ü. Jan. Der Eisgang auf
dem Rheine ist heute ein so starker, daß man hier
tündlich die Festsetzung des Eises erwartet, um so
mehr, als sich sowohl bei St. Goar, als bei Düssel-
dorf und bei Caub das Rheineis bereits gestellt
hat. Hier liegen im Rhein noch nne Anzahl
Schiffe, denen es infolge des niedrigen Wasser-
'tandes und des stark-n Eisganges noch nicht ge-
lungen ist, den Hafen zu erreichen, trotzdem alle
nur erdenklichen Anstrengungen gewacht wurden.
Wenn es den Schiffen nicht bald möglich ist, in
den Hafen flüchten zu können, dürfte sich ihre Lage
zu einer gefährlichen gestalten. Der Neckar ist auf
seinem ganzen Laufe zugefroren und wird hier
bereits von zahlreichen Personen überschritten. Auf
dem Rhein sind nunmehr sämmtliche Schiffsbrücken
abgefahren worden. Auch der Trajectverkehr ist theilS
ganz eingestellt, theils eingeschränkt worden.
* Mannheim, 5. Jan. Einer Deputation
des freisinnigen Vereins gegenüber erklärte sich der
Rcichstagsabgeordnete Bassermann gegen die Fracht-
brief- und Quittungssteuer. Der Abgeordnete von
Buol sprach sich unbestimmt aus.
* Sinsheim, 3. Jan. Das n. nmehr auch in
Wasserleitung und innerer Einrichtung fertiggestellte
städtische Schlachthaus wurde gestern durch Be-
Betriebsübergabe an dis Metzger eröffnet. Die
ersten Todesopfer in der neuen Anstalt waren ein
Rind und zwei Schweine, welche die Herren
Stiefelhöfer und Ochsenschläger gemeinsam zur
Schlachttank lieferten.
* Neckarsteinach, 4. Jan. Die hiesige Schiffer-
schule ist eröffnet worden und zahlt bis jetzt 20
Schüler.
* Eberbach,5. Jan. EinenlanggehegtenWunsch
unserer Einwohnerschaft und der ganzen Umgebung,
eine Neckarbrücke zu besitzen, ohne daß an maß-
gebender Stelle. welche sich für diese Frage gar
nicht erwärmen kann und dieselbe immer abfällig be-
urtheilt, etwas gethan wurde, hat die kalteWitterung
der letzten Tage erzeugt. Gestern Morgen stellte
sich auch hier das Eis und einige Stunden später
wurde schon der Verkehr zwischen dem diesseitigen
und jenseitigen User auf diesem natürlichen Wege
hergestellt. Natürlich ist die Dauer dieser Brücke
keine dauernde und die alte Klage, den Besitz einer
Brücke zu entbehren, wird bald wieder laut werden.
Wann wird der Staat, der Kreis und die einzelnen
Gemeinden diesem Verbindungswege einmal näher
treten und die Verwirklichung vor sich gehen. An
persönlichen Opfern würde es gewiß nicht fehlen.
* Bruchsal, 5. Jan. Ein von Karlsruhe
zugereister Handwerksbursche, der gestern im Kon-
tor der „K. Z." vorsprach, berichtete, daß er am
Morgen unweit Karlsruhe, an der Durlacher
Chaussee, einen erfrorenen etwa 30-jährigen
Menschen gefunden und in den Wartesaal der
Straßendamvfbahn getragen habe. Seinen Pa-
pieren nach ist es ein Böhme mit Namen Jostt
Schöllet.
* Bruchsal, "5. Jan. Als Merkwürdigkeit
wird der „K. Z." von einem hiesigen Jäger mit-
gctheilt, daß die Saalbach auf der Strecke von
Karlsdorf bis zum Neutharder Steg zugefroren
und die Eisdecke für Fußgänger oder Schlittschuh-
läufer vollkommen tragfähig sei. Die Saalbuch
friert sonst der zahlreichen Quellzuflüsse wegen,
welche Sommers und Winters fast die gleiche
Temperatur haben, nicht zu und ist der Wasser-
spiegel bei Frvstwetter stets mit einer dampfenden
Luftschicht bedeckt.
* Brötzingen, 4. Jan. Gestern Abend kam
es unter einer bei hiesigem Orte lagernden Zigeuner-
bande, die über 20 Köpfe zählte, zu einer Schlägerei.
Einer der Zigeuner ergriff seine Frau, welche ein
kleines Kind auf den Armen trug, schlug sie zu
Beden und trat sie mit Füßen. - Als sie sich
flüchtete, verfolgte sie der Unhold und schlug sie
wieder zu Boden, wobei die Aermste aus melreren
Wunden blutete. Als einige benachbarte Ben ohner
zur Abwehr einschritten, zog der Zigeuner ein

äbelartiges Messer und drohte jeden niederzustechen,
welcher sich ibm nähere. Die Gendarmerie schritt
chließlich ein, nahm dem rohen Kumpan das
Messer weg und verbrachte ibn in Nummer Sicher.
Der Krawill dauerte über eine Stunde.
* Bom Lande, 5. Jan. Gegenwärtig kommt
häufig die Klage vor, daß an vielen Orten das
Vieh an Darmverstopfung leide. Von bewährter
Seite erfahren wir, daß die Ursache dieses Nebels
einestheils in der Berfütterung von Salz, andern-
theils in der Versüttcrung des in allzu trockenem
Zustand ausgewachsenen Heues und Oehmdes be-
sehe. Die Thiere kommen mit einem riesigen
Durst zum Brunnen, namentlich wenn ihnen noch
vorher Salz gefüttert ward, und ziehen sich in
Folge des zu schnellen Sausens leicht eine Darm-
erkältung zu, welche oben angeführtes Nebel ver-
ursacht. Gut wird jeder Viehbesitzer thuu, wenn
er bei der Berfütterung von Salz das richtige
Quantum nnd beim Tränken die nöthige Tempe-
ratur des Wassers beobachten wird.
* Aus Baden, 5. Jan- Bei der Christ-
baumverloosung eines Vereins in Schweinberg
A. Buchen entstand eine Keilerei, bei der ein
erst seit einigen Wochen vsrheiratheter Wirth
schwer verletzt wurde. Untersuchung ist eingeleitet.
— InLöffingen stürzte der 8 Jahre alte Knabe
des Handelsmanns M. Wölfle vom Heustock in
die Scheuertenne und erlitt einen Schädelbruch,
an dem er starb. — Der Heizer in Furtwangen,
durch dessen Unachtsamkeit am Weihnachtsabend
eine Lokomotive bis zur Kohlbrücke spazieren-
fahren konnte, hat sich der Untersuchung durch
Flucht nach der Schweiz entzogen. — Rvbinson-
geschichtcn hatten dem 14 jährigen Buben Bro-
samer in W e lsch e n st ei n a ch bei Wolfach den
Kopf verwirrt. Am 19. September war er plötz-
lich verschwunden. Wohin? Er wollte „auf eine
Insel des Weltmeeres"; er stromerte durch Bayern
und Oesterreich bis Ungarn und wurde hier end-
lich fcstgenommkn. Polizeilich wurde er zurück-
gebracht und am Wsihnachtsbend wurde den Eltern
die gemischte Freude zutheil, ihren unternehmenden
Sprößling wieder bei sich zu sehen.
* Speyer, 4. Jan. Der 19-jährige Sohn
eines hiesigen Einwohners kam auf seiner Wander-
schaft im August v. I. nach Marseille, woselbst er
krank wurde. Er kam in das Hospital und verblieb
in demselben vier Wochen. Während dessen war
sein letzter Sparpfennig oufgezehrt und er schrieb
vom Spital aus an seine Eltern um Reisegeld in
die Heimatb. Beide Briefe wurder aber, laut „Pf.
Kur.", unterschlagen, denn sie gelangten nicht an
ihre Adresse. Hungernd irrte der Arme in Mar-
seille umher, und in diesem Zustand ließ er sich
von einem Elsässer überreden, mit ihm in die
französische Fremdenlegion einzutreten, was dieser
in der Verzweiflung auch that. Von Afrika aus
schrieb er nun wieder an seine El ein und theilte
ihnen seinen schweren Schritt mit. Der Vater
wandte sich hierauf mit Hilfe der kgl. Regierung
an das Ministerium bezw. die französische Gesandt-
schaft um Befreiung seines Sohnes. Dieser Tage
wurde nun Ersterem mitgetbeR, daß dem Gesuche
keine Berücksichtigung zu Tbeil werden könne. Aus
dem letzten hier eingetroffenen Briefe des jungen
Legionärs ist zu entnekmen, daß die Mehrzahl seiner
Leidensgenossin aus Deutschen bestekt.
* Germersheim, 5. Jan. Ein höflicher Mann
ist der Obermälzec der Silbernagel'fchen Brauerei
im nahen Bellheim. Ec ließ durch die Ortsschelle
bekannt geben: „Der Herr Obermälzer K . . .
wünscht allen Freunden und Bekannten ein glück-
seliges Neujahr!" — „Uno ich auch" fügte der
Ausscheller hinzu.
* Bon der Brrg, 4. Jan. Leider hat die
strenge Kälte in der verflossenen Nacht schon ein
Opfer gefordert. Ein Soldat, welcher sich in
Urlaub zu se nen Angehörigen begeben wollte, ist
heute Vormittag auf der Straße zwischen Hüfingen
und Dögzingen erfroren aufgefunden worden.
In seiner Hand fand sich noch ein Neujahrsring
(Gebäck), mit dem derselbe jedenfalls seinen Leuten
eine kleine Freude bereiten wollte.

gebeten hast, Dir nicht erzählen können, nähme
ich nicht an, daß es Dir keinen Schmerz bereitet;
denn sicher kannst Du sie nicht mehr sieben, —
die Frau welche an Deine Schuld glaubte und sich
auf die Seite Deiner Feinde stellte. Sie war für
Dich verloren von dem Moment an, als das Un-
glück über Dich hereinbrach, und es muß Dir daher
gleich sein, ob sie als Lady Wolga Clyffe oder als
Lady Montheron für Dich verloren ist."
Sie sprach noch ihre Hoffnung auf das Ge-
lingen ihrer Pläne und den Erfolg ihres Unter-
nehmens aus und schloß dann den Brief. Dies
war kaum geschehen, als leise an die Thür ge-
klopft wurde und auf ihr „Herein" Felice eintrat.
„Mylady hat sich zurückgezogen", sagte sie,
„und beauftragte mich, zu Ihnen zu gehen, um
Ihnen behilflich zu sein. Soll ich Ihr Haar für
die Nacht ordnen, Mademoiselle?"
„Wenn es Ihnen gefällt, Felice, ja", ant-
wortete Alera mit einer Freundlichkeit welche das
Her; der Dienerin vollständig gewann.
„Sie sind Mylady in vielen Stücken ähnlich,
sagte Felice, welche ganz besonders zum Plaudern
aufgelegt schien. „Ich sagte Mylady heute Abend,
daß Sie den Kopf genau so tragen und einen eben
solchen Gang haben, wie sie. Und Sie erinnern
mich auch an sanft Jemanden —"
Sie brach rasch ad. Alera's Herz schlug rascher;
sie wußte wer dieser „Jemand" mar.
„Mylady bat die Aehnlichkeit mit diesem
Jemand auch bemerkt", fuhr Felice nach kurzem
Zögern fort, „und zwar ehe ich mit ihr davon
gesprochen, hatte. Es ist ein wunderbarer Zu-
fall, sebr^ wunderbar, aber bie Welt ist voller

Aehnsichkeiten. Manchmal sehen Menschen von
verschiedenem Blut und Rang einander so ähnlich,
wie Zwillinge. Es würde ja auch sonderbar sein,
wenn unter all' den Millionen Menschen nicht
einmal zwei sich ähnlich sehen sollten."
„Gewiß," stimmte Alexa bei. „Aber an wen
erinnere ich Sie denn, Felice?"
„An einen, dessen Schicksal schrecklich war,
der aber nun todt ist," antwortete die Dienerin,
und ihr Gesicht trübte sich. „Sein Name wird
weder von Lady Wolga ausgesprochen, noch von
denen, die sie umgeben."
„Ich weiß, wen Sie meinen," sprach Alera
ganz ernst. „Ich hörte diese traurige Geschichte
im Gasthofe zu Mont Heron."
„Erzählen die Leute den Gästen die Ge-
schichte noch immer?" fragte Felice unwillig. „Es
sind schon mehr als l8 Jahre vergangen seit
jenem schrecklichen Ereizniß! Aber solche Dinge
scheinen nie alt zu werden; man wird die Ge-
schichte nach 100 Jahren noch erzählen, glaube
ich. Sprechen die Dorfbewohner etwa UebleS über
Mylady? Doch das ist nicht möglich. Sagen
Sie mir, Mademoiselle, was die Dorfbewohner
reden."
„Sie sprechen mit der größten Achtung von
Lady Wolga und sagen, daß sie sich bald mit
dem Marquis von Mont Heron verheirathen wird."
„S e sprechen, was sie wünschen," sagte Felice.
„Sie möchten sie gewiß gern im Schloß Mont
Heron als Herrin sehen?"
„Mrs. Goss sagte das."
„Nun ihr Wunsch mag in Erfüllung gehen.
Ich hoffe, Mylady wird den Marquis von Mont

Heron heirathen. Nnd was sagen Sie sonst,
Mademoiselle, von dem Drama von Mont Heron?
Wir sind so lange von hier fortgewesev, daß ich
fast nicht mehr weiß, wie die Leute über dieses
Ereignis) denken."
„Mrs. Goss sagte, daß es keinem Zweifel
unterliege, daß Lord Stratford Heron der Mörder
seines Bruders war," bemerkte Alexa mit un-
glaublicher Ruhe. Sie war entschlossen, die Ge-
legenheit zu benutzen und die Dienerin auszu-
forschen. „Niemand in der ganzen Welt glaubte
jemals an die Möglichkeit seiner Unschuld —"
„Da ist Mrs. Goss im Jrrihum," untercrach
die Französin Alera's Worte. „Eine glaubt
nicht an seine Schuld, ungeachtet der überwältigen-
den Beweise gegen ihn. Eine war stets von seiner
Unschuld überzeugt, obwohl sich alle seine Freunde
gegen ibn wandten."
„Sind Sie es, Felice?"
„Ich meine mich selbst nicht; denn Pierre
Renaro beseitigte von Anfang an meine Zweifel.
Er erklärte Lord Stratford für schuldig. Diejenige,
welche an des jungen Lords Unschuld glaubte, war
seine eigene Gattin!"
Alera erschrack und wurde todtenbleich.
„Sie hatte Vertrauen zu ihm?" flüsterte sie.
„Stets," antwortete Fesice bestimmt. „Es ist
sonderbar. Aber Leute welche sich lieben, glauben
sich auch gegenseitig All s. Mylady liebte ihren
Gatten aus tiefster Seele, und er war ihrer Liebe
werth, ungeachtet jener schrecklichen That, welche
für ihn und bie Seinigen zum Verderben wurde
und werden mußte. Er war so gut und sanft-
müthig, Mademoiselle, so schön, so edel, und er

Nennt schtes.
— Alte Bauernregeln für den Monat
Januar. Ein schöner Januar bringt uns ein
gutes Jahr. — Januar warm, daß Gott erbarm!
— Wenn Gras wächst im Januar, wächst es schlecht
das ganze Jahr. — Nebel im Januar macht ein
nasses Frübjahr. — Sind die Flüsse klein, gibt
es guten Wein. — Am 10. Jan. Sonnenschein,
bringt viel Korn und Wein. — Wie das Wetter
an St. Vinzent war, wird es sein das ganze Jahr.
— Schönes Wetter bringt Gewinn, merk Dir das
in deinem Sinn. — Sankt Paul schön mit Sonnen-
schein dingt Fruchtbarkeit an Getreid und Wein.
— Ist der Januar naß, bleibt leer das Faß. —
Januar muß vor Kälte knacken, wenn die Ernte
soll gut sacken. — An Vincenzi Sonnenschein,
bringt viel Korn und Wein. — Morgenroth am
1. Januar deutet auf viel Gewitter im Sommer.
— Ist der Januar warm und naß, bleibt leer
das Faß- — Ein gelinder Januar bringt Kälte
im Februar. — Morgenroth am I.Tag, Unwetter
bringt uns große Plag'. — Wie das Wetter an
Mecarius war, so wird's im September trüb oder
klar. — An Fabian und Sebastian soll auch der
Saft in die Bäume gähn. -— Ist Pauli Be-
kehrung hell und klar, so hofft man auf ein
gutes Jahr. — Wenn die Tage langen, kommt
der Winter gegangen. — Tanzen im Januar die
Mucken, muß der Bauer nach dem Futter gucken.
— Ist der Januar nicht naß, füllt sich des
Winzers Faß.
— Legt Eisgruben au, empfiehlt Reallehrer
Mang in Heidelberg in seiner „Häuslichen
Wohlfahrtspflege." „Ein herrliches Heilmittel ist
das Eis. Bei Diphtheritis z. B- in läng-
lichem Eisbeutel um den Hals gelegt und so oft
erneuert, als das Eis durch die Fieberhitze schmilzt,
verbunden mit häufigen Gaben von kleinen Eis-
stückchen oder Eiswasser, hat sich daS Eis stets bei
rechtzeitiger Anwendung als souveränes Heilmittel
bewährt und schon viele Diphtheritiskranken das
Leben gerettet. In allen Gemeinden selbst auf
dem Land, sollten daher Eisgruben angelegt werden
Das Eis läßt sich auch im Kleinen bei der Kranken-
pflege lange aufheben, wenn man es mehrfach in
Teppiche einschlägt. Statt zu schmelzen gefrieren
letztere sogar mit dem Eis zusammen." Möchten es
deshalb alle die beherzigen denen das Wohl und
Wehe ihrer Gemeinden anvertraut ist und Eisgruben,
anlezen. Die Ausgaben sind auf den Einzelnen
nicht groß, der Vortheil aber, bei eintretender Krank-
heit Eis zur Verfügung zu haben, ungeheuer. Ge-
rade auf dem Lande ist es im Sommer oft schwer,
Eis beizubringen. Legt deshalb Eisgruben an und
schafft Vorrat für den Sommer!
— Schützengruß. Ein Schützengruß soll
eingeführt werden, ähnlich dem „Gut Heil" der
Turner. Von ernsthaften Vorschlägen kommen be-
sonders in Frage: „Gut Ziel" und „Halt fest."
Die Zahl der scherzhaften Vorschläge ist weit größer,
als die der ernstgemeinten.
— Villet-Automate», d. h. Apparate, denen
man gegen Einwurf von bestimmten Geldstücken
eine Fahrkarte oder eine Perronkarte entnehmen
kann, gelangen in Berlin immer mehr zur Ein-
führung. Auf der dortigen Stadt- und Ringbahn
gelangen Neuestens auch Billete zweiter Klasse zum
Preise von 15 Pfg. durch Automaten zum Verkauf.
Der Verkauf dieser Karten geschieht durch Einwerfen
von zwei Zehnpfennigüücken, worauf der Apparat
die Karte verabfolgt und 5 Pfennig wieder heraus-
gibt. Der tägliche Verkauf von Fahr- und Perron-
karten in Berlin beläuft sich auf etwa 22 000
Karten.
— Ei» neues Opfer der Spielhölle. Wi der
hat Monte Carlo ein Opfer gefordert: ein junger
Spanier versuchte sein Glück und verlor sein ganzes
Vermögen, 150 000 Francs. Aus Verzweiflung
hierüber schnitt er sich die Pulsadern durch und
stürzte sich dann zum Fenster des Gasthofes hinaus.
Der Unglückliche hinterläßt drei kleine Kinder.
— Zar Alexander III. von Rußland ist
nicht nur einer der mächtigsten, sondern auch einer

liebte sein junges Weib und sein Kind so zärtlich!
O, er muß in dem Augenblick, als er die That
beging, wahnsinnig gewesen sein! Jedermann
glaubte, daß er seine Sinne verloren haben
mußte."
„Aber ich hörte, daß Lady Wolga sich von ihm
zurückzog, als er in Noth kam."
„Das haben Sie gehört? Nun ja, ich weiß,
daß man es sagt, aber es ist nicht wahr."
„Nicht wahr?"
„Wenn Sie den verstorbenen Herzog, Mylady's
Vater, gekannt hätten, würden Sie verstehen, was
ich Ihnen nicht klar machen kann. Er war sehr
stolz und hochmüthig und regierte seine Familie
mit eisener Strenge. Lady Wolga fürchtete ihn.
An dem Morgen nach dem Morde, als Lord Strat-
ford verhaftet worden war, fiel sie aus einer Ohn-
macht in die andere. Es wurde zu Ihrem Vater
geschickt, welcher sogleich kam und sie mit sich nach
Clyffebvurne nahm. Hier wurde Mylady sterbens-
krank. Ich dachte jeden Augenblick, sie würde
sterben; aber sie genas allmählich wieder. Dann
kam die Gerichtsverhandlung. Sie machte sich
auf, um zu ihrem Gatten zu gehen, aber ihr
Vater hob ihre Anordnung durch Gegenbefehle auf
und schloß sie in ikrem Zimmer ein, schwörend,
daß seine Tochter nichts mit einem Mörder zu
thun haben sollte. Er hielt in grausamer Weise
seine Tochter wochenlang in ibrem Zimmer gefang.n,
Besuchern erklärend, daß sie sich weigere Jemanden
zu sehen."
(Fortsetzung folgt.)
 
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