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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 131 - Nr. 140 (8. Juni - 19. Juni)
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Kummer 187. H Jahrgang.

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Freitag, 15. Juni l894.

General-WAnreiaer

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für Heidelberg und Umgegend
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werden von allen Postanstalten, Landbriefträgern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgezengenommen.

Altersversicherung der Hausgewerbe-
treibenden.
Am 2. Juli dieses Jahres tritt der Bundes-
rathsbeschluß vom 1. März 1894 in Kraft, wo-
nach auf Grund des 8 2 des Jnvaliditäts- und
Altersversicherungsgesetzes die Versicherungspflicht
auf Hausgewerbetreibende der Textilindustrie aus-
gedehnt worden ist. Es unterliegen somit von
dem erwähnten Zeitpunkte ab der erwähnten Ver-
sicherungspflicht solche selbständige Gewerbetreibende
(Hausgewerbetreibende, die in eigenen Betriebsstätten
im Auftrage und sür Rechnung an derer Gewerbe-
treibenden, Fabrikanten, Fabrikkaufleute, Handels-
leute) mit Weberei und Wirkerei beschäftigt
werden, und zwar auch dann, wenn diese Haus-
gewerbetreibenden die Roh- oder Hilfsstoffe selbst
beschaffen und auch für eigene Rechnung arbeiten.
Zur Wirkerei gehört auch die Maschinenstrickerei.
Die Versicherungspflicht erstreckt sich auch aus die
zur Herstellung der Gewebe und Wirkwaaren er-
forderlichen Nebenarbeiten — Spulerei (Treilerei),
Scheererei, Schlichterei re. — sowie auf die weitere
Bearbeitung oder Verarbeitung — Appretirung,
Konfektion rc. — der Gewebe und Wirkwaaren,
soweit diese Arbeiten in den Betriebsstätten der
Hausweber oder Hauswirker nebenher ausgeführt
werden. Diese Bestimmungen finden keine An-
wendung auf Personen, welche das Geschäft regel-
mäßig für eigene Rechnung betreiben und nur
gelegentlich von anderen Gewerbetreibenden für
deren Rechnung beschäftigt werden; auf Personen,
welche in dem Betriebe des Hausgewerbes nur
gelegentlich, oder zwar in regelmäßiger Wieder-
kehr, aber nur nebenher und in so geringem Um-
fange thätig sind, daß der hieraus erzielte Ver-
dienst zum Lebensunterhalt nicht ausreicht und zu
den Versicherungsbeiträgen nicht in entsprechendem
Verhältnis steht; auf Personen, welche in einem
anderen, die Versicherungspflicht begründenden
Arbeits- oder Dienstverhältniß zu bestimmenden
Arbeitsgebern stehen und, ohne dieses Verhültniß
zu unterbrechen, das Hausgewerbe nur nebenher,
sei es regelmäßig sei es nur gelegentlich betreiben.

Die marokkanische Angelegenheit
beschäftigt die meistbetheiligten europäischen Ka-
binete ziemlich lebhaft, und Frankreich, Spanien
und Italien haben sofort Schritte gethan, um bei
den infolge des Thronwechsels zu erwartenden Un-
ruhen ihre Staatsangehörigen zu beschützen und
ihre Rechte zu wahren. Das unter Admiral
Bourgeois stehende französische Geschwader ist zwar,
wie eine offiziöse Note ankündigt, nicht nach
Tanger, sondern zu Manöverzweckcn an die alge-
rische Küste beordert; indessen ist es dort rasch
zur Hand und in der Lage, unmittelbar hinter
einem englischen Geschwader, das etwa von Gibraltar
aus erscheinen würde, an der marokkanischen Küste
aufzutauchen. Der spanische Vorschlag, daß sich alle
Mächte den Status guc> aufrechtzucrhalten ver-
pflichten sollen, findet allgemeine Zustimmung.
Italienische, spanische, französische und englische
Schiffe werden für den Schutz der Europäer auf
dem heißen Boden Marokkos sorgen, und somit
darf man der Entwicklung der Dinge im Reiche
der Sherifischen Majestät mit verhültnißmäßiger
Ruhe entgegensetzen.
Deutsches Reich.
Berlin, 14. Juni.
— Die „Post" sagt zu der Meldung des
„Berl. Tagebl." bctr. Errichtung eines
selbst ständigen ReichsfinanzMiniste-
riums, Miquel habe sich im Landtage nament-
lich bei der Generaldebatte über den Etat, zu der
Ausfassung bekannt, die Errichtung eines Reichs-
finanzministeriums sei vollkommen ausgeschlossen.
— In unterrichteten Kreisen wird bestritten,
daß betr. der Frage einer Aenderung der be-
stehenden Branntweinbesteuerung zwischen
den Bundesregierungen bereits bestimmte Ab-
machungen getroffen sind.
— Nachdem die Versuche, das Fahrrad in
militärischen Gebrauch zu nehmen, während der
letzten Herbst-Manöver befriedigend ausgefallen
sind, soll nunmehr das Fahrrad definitiv in die
Armee eingeführt werden. Für diesen Zweck sind
im laufenden Etat 100 000 Mk. ausgeworfen.
— D?r Verband deutscher Kriegsvete-
ranen von 1870/71 hat beschlossen, Bittschriften
an den Kaiser und die deutschen Bundesfürsten zu
richten, in denen ersucht wird, dahin zu wirken,
daß die Bestände des Reichsinvalidenfonds aus-
schließlich zur Unterstützung nothleidender Invaliden
verwandt werden. Die verbündeten Regierungen
batten bekanntlich dem Reichstage während der letzten
Tagung vorgcschlagen, 67 Millionen aus diesem
Fonds für allgemeine Reichszwecke zu entnehmen.
Die dem Reichstage zugegangene Novelle zum

Reichs Jnvalidenfonds-Gesetz ist in der Budgetkom-
mission einstimmig abgelehnt worden, obgleich der
jetzige Direktor im Reichsschatzamte Aschenborn nach-
weisen konnte, daß die vorhandenen Aktiva des Jn-
validenfonds anschlagsmäßig den Kapitalwerth der
Verbindlichkeiten um 116 968 374 Mk. übersteigen,
so daß es ohne Beeinträchtigung der Zweckbestim-
mung des Fonds angängig erscheine, dem Ueber-
schusse 67 Millionen zu entnehmen. Obwohl in
der ersten Plenarberathung wie in den Kommissions-
verhandlungen kein einziges Reichstagsmitglied für
die Regierungsvorlage eingetreten ist, scheint man
deren Wiedererscheinen in den betheiligten Kreisen
doch zu fürchten und bat sich offenbar deßhalb zu
den Gesuchen an die Bundesfürsten entschlossen.
— Der Geschäftsbericht der Deuts^-Ostafri-
kanischen Gesellschaft pro 1893 weist einen Gewinn
von 28 000 Mk. auf, wovon die Inhaber der
Versuchsantheile eine fünfprozentige Dividende er-
kalten. Der Handelsbetrieb weist dem Berichte zu
Folge eine bemerkenswerthe B ess erun g auf. Der
Stand der Kulturen, namentlich des Kaffees, ent-
spricht allen Erwartungen.
— Die am 23. Juni zusammentretende Kom-
mission für Arbeiterstatistik wird sich in
erster Reihe mit der Frage der Regelung der
Arbeitszeit im Bäckerei- und Konditoreigewerbe
befassen, sowie über den dem Reichskanzler zu er-
stattenden Bericht Beschluß fassen. Da die Kom-
mission sich auch mit der Frage der Regelung der
Arbeitszeit in der Mühlenindustrie u. a. be-
schäftigen wird, so dürfte ihre Tagung längere
Zeit dauern.
Karlsruhe, 14. Juni. II. KK. HH. der
Großherzog und die Großherzogin sind
beute Abend 10 Uhr 50 Min. wieder nach Baden
zurückgekehrt.
Karlsruhe, 14. Juni. Die „Bad. Corresp."
gibt der Genugthuung über das Zustandekommen
des Beamtengesetzes in der Zweiten Kammer Aus-
druck und knüpft daran die Hoffnung einer vollen
Berufsfreudigkeit unserer Beamtenschaft. Sie ver-
zichtet darauf, einzelne Aeußerungen in der Ver-
handlung zu kritisiren und erkennt auch die Zu-
rückhaltung jener Abgeordneten an, die angesichts
der Finanzlage Bedenken trugen, dem Gesetz zu-
zustimmen. Die Zustimmung der Ersten Kammer
wird mit Sicherheit erwartet. Eine solche Besser-
stellung rechtlicher und geldlicher Beziehung hätten
sich unsere mittleren und unteren Beamten vor
einem Jahrzehnt nicht träumen lassen. Weiter-
hin tritt die „Bad. Corresp." der Andeutung ent-
gegen, als hätte zwischen der Regierung und der
nationalliberalen Partei eine Frontveränderung
stattgefunden. Immerhin wird dabei einem ge-
wissen Befremden Ausdruck gegeben über die ab-

lehnende Haltung eines Theiles der Partei bei
der Frage der höheren Gehälter für die Amts-
vorstände in den vier größten Städten des Landes.
Freiburg, 14. Juni. Gestern Abend 11 Uhr
ist S. K. H. der Er b gr oß h e r z o g wieder
hierher zurückgekebrt. Heute Morgen wohnte der-
selbe der Vorstellung des 1. Bataillons hiesigen
Regiments auf dem Ererzierplatze an.
Ausland.
Pest, 14. Juni. Die Magnaten, die dem
Wunsche des König s, daß siefürdie Civil-
ehe-Vor läge im Oberhaus stimmen möchten,
nachkommen wollen sind heute zu einer Versammlung
beim Grafen Aladar Andrassy erschienen, um einige
Unteranträge zu besprechen. Sie baten die Regierung
einen Minister zur Beratung zu entsenden, damit
die Regierung wese Anträge kennen lerne.
Vern, 12. Juni. Der Nationalrath ge-
nehmigte einstimmig das neue Telephongesetz
mit bedeutenden Erleichterungen. Die Abonnenten
haben das erste Jahr hundert, das zweite 70,
die weiteren Jahre 40, die Lokal-Abonennten 400
freie Gespräche; die weiteren kosten 5 Centimes.
Gespräche bis 50 Kilometer kosten 30 Cts., bis
100 Kilometer 50, darüber 75 Cts. Bundes-
rath Zemp, Chef des Post- und Telegraphen-
departements, versprach eine weitere Rednzirung
zu beantragen, sobald größere Ausgaben für die
Vervollständigung des Netzes nicht mehr zu machen
sind.
Paris, 13. Juni. Nach einer Meldung des
„Temps" aus Madrid verlautet, der spanisch e
Kriegsminister habe die Bereithaltung von 10 00 0
Mann verfügt, die im Falle von Verwickelungen
nach Ceuta abgehen sollen. Martinez Campos «r-
bot sich, die Oberleitung einer etwanigen Operation
in Afrika zu übernehmen, es herrsche jedoch in
Madrid die Ansicht, daß gegenwärtig nichts zu be-
fürchten, da die Kabylen mit Erntearbeiten be-
schäftigt seien. — Phra Jot, der Mörder des fran-
zösischen Inspektors in Grosgurin, ist, wie der
„Temps" aus Bangkok meldet, zu 20 Jahren
Zwangsarbeit verurtheilt worden.
Rom, 14. Juni. Ministerpräsident Crispi
theilte die Lösung der Ministerkrisis mit und er-
klärte, der Ministerrath schlage folgende Abände-
rungen des Finanzprogrammes vor: Die Regierung
verzichtet auf zwei Zehntel der Grundsteuer, auf
die Steuer für Wechselindossirung, auf die Ein-
kommensteuer und auf die Abänderung des Gesetzes
über Gewichte und Maße. Der Ausfall wird ge-
deckt durch Ersparnisse und durch Reform des Al-
koholgesetzes. Das Ministerium verpflichtet sich,
außer den vom Minister Sonnino angekündigten
45 Millonen für 1894/95 weitere 20 Millionen
für 1895/96 zu ersparen. Die Ersparnisse sollen

Das Gespenst der Marquise.
Roman von Hermine Frankenstein.
64) (Fortsetzung.)
„Gott verhüte," sagte der kleine Kuchenbäcker
feierlich, „daß wir das in uns gefetzte Vertrauen
verrathen. Kein Preis der Welt wäre im Stande,
mir das Geheimniß zu entlocken, daß Miß Gwyn
einstweilen unter meinem Dache Schutz gesucht
hat. Seien Sie ruhig, Miß Gwyu, Ihre Sicher-
heit ist uns heilig."
Der Ton dieser etwas pathetischen Worte war
sehr ehrlich und aufrichtig, und Bernice fühlte,
daß sie Fisiue's Eltern vertrauen konnte. Es er-
füllte endlich ein wohlthuendes Gefühl der Sicher-
heit ihre Seele. Furcht uud Zweifel schwanden
— sic batte Schutz und Freude gefunden ; sie war
sicher vor ihren Feinden.
Fifine machte frischen Kaffee für ihre Eltern
Und ein einfaches Abendbrot» wurde eingenommen,
an welchem Lady Chetwhnd theilnahm. Nach dem
Avcndefsen führte sie Fisine in ein kleines Zimmer
im ersten Stockwerk, welches, wenn sie zu Hause war,
von ihr bewohnt wurde.
„Meine Lady," sagte sie bescheiden, „Sie
werden mir die Ehre erweisen, meine Kleider als
die Ihrigen zu tragen. Im Uebrigen sind Sie
hier geborgen. Ich will meine Eltern nochmals
dor Ihren Feinden warnen. Und nun, gute
Nacht!"
Sie nahm Lady Chetwynds weiße Hand und
küßte sie; aber Bernice neigte sich zu ihr und
küßte Fisine's Wangen so dankbar, daß das Mäd-
chen darüber weinte.

Fisine ging bald darauf fort, uud Lady Chet-
wynd legte sich zu Bette und schlief bald dar-
auf ein.
Es war schon spät, als sie am andern
Morgen erwachte. Sie stand auf und zog die
Kleider an, welche Fisine sür sie zurecht gelegt
hatte. Sic hatte ihre Toilette kaum beendet, als
Madame Bongateau leise an der Thür klopfte.
Die Frau begrüßte ihren Gast sehr freundlich,
fragte, wie Bernice geschlafen habe und wie sie
sich diesen Morgen befinde. Nachdem die Mar-
quise diese Fragen befriedigend beantwortet hatte,
sagte die Frau: „Es ist unten viel angenehmer
als hier, Mademoiselle. Wenn Sie Ihr Früh-
stück eingenommen haben, so kommen Sie zu uns
hinab. Es ist sehr kühl und regnerisch und da
habe ich Feuer gemacht, um es behaglicher zu
machen."
Bernice versprach zu kommen, und ihre Wirthin
entfernte sich. Sie aß darauf ihr Frühstück und
ging dann in das kleine Zimmer hinter dem Laden
hinab, welches wirklich sehr behaglich und freund-
lich war. Es herrschte eine zierliche Nettigkeit in
dem Zimmer und Bernice setzte sich mit zufriedener
Miene an den Ofen.
Sie las in den Zeitungen, welche man ihr
brachte und war viel allein, denn Madame Bon-
gateau wurde sehr häufig in den Laden hinaus-
gerufen.
Gegen Mittag servierte dieselbe ein einfaches
Gabelfrühstück, welches Bernice mit großem Appe-
tit verzehrte.
Nach der Mahlzeit saß Bernice wieder allein
mit der Zeitung in der Hand, als die Ladenglocke

ertönte und ein Herr in den Laden eintrat, der
in diesem Augenblicke fast ganz leer war. Es
waren nur Fisine's Eltern da, welche hinter einem
Ladentisch standen, und Bernice hörte, wie der-
selbe sich demselben näherte und das würdige
Paar mit einer Stimme anredete, die sie aus's
Heftigste erschreckte.
Es war die Stimme Gilbert Monks.
„Guten Morgen," sagte Monk höflich. „Sie
sind die Eltern einer gewissen Fisine Bongateau,
die früher in Chetwynd-Park in Sussex lebte?"
Madame Bongateau bejahte höflich.
„Ist Fisine zu Hause?" fragte Monk mit
einem scharfen Blick gegen das Nebenzimmer.
„Nein, Monsieur," entgegnete Madame Bon-
gateau in überraschtem Tone. „Wir sind nicht
reich und Fisine zieht es vor, sich ihr Brot selbst
zu verdiene», sie ist Kammermädchen bei einer
noblen Dame."
„Bei welcher Dame?" fragte Monk.
„Verzeihen Sie, mein Herr, aber welches In-
teresse haben Sie an unserer Fisine?" fragte
Monsieur Bongateau.
„Ich bin Lord Chetwynds Stiefbruder," sagte
Monk, „ich möchte Fisine unverzüglich sehen."
Es entstand eine kleine Pause, während welcher
Monk es versuchte, seine Enttäuschung zu ver-
bergen. Dann sagte er in leisem, vorsichtigem
Tone, aber dennoch deutlich genug, daß Bernice
Alles hören konnte:
„Ich kann Ihnen wohl sagen, was mich hier-
her führt, Monsieur. Ich suche eine junge Dame,
die ihren Angehörigen entflohen ist. Da sie kein
Geld hat, glaubte ich, sie sei vielleicht zu Fisine

geflüchtet, die sie früher bedient hat. Ist sie
hier?"
„Wen suchen Sie denn, Monsieur?" fragte
Madame Bongateau vorsichtig.
Monk zögerte mit der Antwort:
Bernice lauschte mit angehaltenem Athem.
Wie, wenn ihre neuen Freunde sie Monk über-
lieferten ?
„Ich will lieber sterben, als mit ihm gehen,"
sagte Bernice verzweifelt zu sich selbst.
Monk fuhr fort zu überlegen. Er war nicht
vorbereitet, seine ganze Geschichte zu erzählen,
noch zu gestehen, wer Bernice war. Mit ge-
heuchelter Offenheit sagte er endlich:
„Die junge Dame ist als Miß Gwyn be-
kannt. Sie hat vielleicht einen anderen Namen
angenommen oder gibt sich für eine noble Dame
aus. Sie war krank und ist noch nicht ganz klar
im Kopfe. Es ist nothwendig, daß -ich sie gleich
finde und nach Hause bringe. Ist sie hier bei
Ihnen?"
„Wir nehmen keine Miethsleute, Monsieur,"
sagte Madame Bongateau etwas hochnrüthig.
„Wir bedauern, daß wir Ihnen keinen Aufschluß
über Miß Gwyn geben können; aber Sie werden
Sie schon anderswo suchen müssen."
„Ist sie wirklich nicht hier im Hause, Ma-
dame?" fragte Monk scharf.
„Ei, Monsieur, unterfangen Sie sich, so mit
meiner Gemahlin zu sprechen?" schrie der kleine
Kuchenbäcker in seinem wildesten Tone. „Sie
sind hergekommen, um einem Kreuzverhöre
zu unterwerfen? Wir sind hier in einem
freien Lande woselbst der verbannte Flüchtling
 
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