Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

DOI Kapitel:
Nr. 141 - Nr. 150 (20. Juni - 30. Juni)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44554#0595

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nummer 144. H Jshrgaug.

Neue v

Samstag, 23. Juul 18S4

General-WAmeiger

* . —-----
AdonnementSpreis r
mit Sleitigem iüukrirtem Sonntagsblatt: monatlich
40 Pfennig frei in's Haus, durch die Post bezogen
vierteljährlich 1 Mark ohne Bestellgeld.

Kxpeüitiorr: Kcrirptktr-aße Wr. LS.

für Heidelberg und Umgegend
(Mürger-Zeitung).

JnsertionöprciSr
die Ispaltige Petitzetle oder deren Raum 5 Pfg»,
für auswärtige Inserate 10 Psg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.
* — > - .- - > > ' l
Krpediiion: Hauptstraße Ztr. LS.

Gelesenstes Blcrtt in Stadt rr. Anrt Heidetbe^g und Llnrgegend. Gvötztev GvfsLg fnv Inserate

MA- Telephon-Anschluß Nr. 102. -WW

Abonnements
für das HI. Quartal 1894
auf den
rr e 1t e ir
General--rlnzeiger
für Heidelberg und Umgegend
uedst 8seitig. illustr. Sonntagsblatt
nehmen alle Postanftnlten, Land brief-
träger und unsere Agenten entgegen.
Abonnements- 4 am Postschalter
preis nur abgeholt.
(Vom Briefträger ins Haus gebracht 40 Pfg. mehr.)
Für Heidelberg und nähere Umgebung
werden von unseren Trägern und Trägerinnen B er-
st ell ringen zum Preise von
IN Pf»), monatlich,
frei ins Haus, entgegengenommen.
Ker Verlag des „Ueuru Genrral-AMigkrs",
Hauptstraße 25.

Das englische Oberhaus
bildete den Hauptgegenstand der Besprechung für
die vorgestrige Konferenz des Verbandes englischer
Liberaler. Leider hatte das Oberhaus, dem
mancherlei Verdienste um das parlamentarische
Leben Englands nicht abgefprochen werden können
und dessen Weitcrbestehen aus vielen Gründen
wünschenswerth erscheint, gerade kurz vorher eine
Debatte, geführt und einen Beschluß gefaßt, die
ganz geeignet waren, es in den Augen der ge-
summten Welt lächerlich zu machen und Denen
Recht zu geben, die in ihm nur fossiles Petre-
fakt erblicken. Die abermalige Verwerfung der
Bill, die eine Heirath mit der Schwester der ver-
storbenen Frau legalisiren soll, durch einen Schwarm
eifernder Bischöfe und frommer Hochtories läßt
es verzeihlich erscheinen, daß man mit einer
Körperschaft, die so thörichtes Zeug ernsthaft schwatzt
und beschließt, die Geduld verliert. Der Beschluß
der Lords gerade in dieser Zeit, wo „Abschaffung
des Oberhaus" zum Feldgeschrei der Liberalen zu
werden droht, war auch politisch unklug. Wenn
gleichwohl der liberale Verband eine die Besei-
tigung der Lords empfehlende Resolution verwarf,
so hatte er dazu seine guten Gründe, denn mit
Annahme der beiden ersten Resolutionen, die dem
Oberhause das Recht, Beschlüsse des Unterhauses
zu amendiren oder zu verwerfen, nehmen wollen,

K e s ü b n t.
Roman von H. von Gabaiu.
2) (Fortsetzung.)
„Aber mein Gott, Georg, alterire D'ch nicht
so unmenschlich, spare Deine Kraft für größeres
Leid. Sarge die Vergangenheit ein, wie man
einen geliebten Todten in den tiefen Schrein bettet
und hoffe auf die Zeit, sie wird die Wunde
heilen." Georg nickte stumm; die Zähne gruben
sich tief in die Unterlippe ein und nur das hef-
tige Zucken seines Antlitzes zeigte die leidenschaft-
liche Aufregung des so graufam Zurückgewiesenen
und in seiner Mannesehre Beleidigten. Georg
war aufgesprungen und durchmaß das Zimmer
in unruhigen Schritten, während Lendang, den
Kops in die Hand gestützt, vor dem Schreibtisch
saß und sinnend in das aufgeschlagene Rechnungs-
buch schaute. Nach einer Weile des Schweigens
blieb Georg vor dem Vater stehen und fragte in
Völlig verändertem Ton:
„Hattest Du Besuch, Vater?"
Ohne seine Stellung zu ändern, nickte der alte
Mann.
„Also doch?" Er brachte Dir eine Hiobspost,
ist's nicht so?"
„Warum fragst Du Georg? ist's nicht genug
an Deinem Kummer! Wie erfuhrst Du es?"
Der Gefragte lachte laut auf, aber das Lachen
klang nicht natürlich und Lendang schaute be-
troffen empor.
„Du meinst wohl, Vater, ich hätte den Ver-
stand verloren? Hab' keine Angst. Es wird wohl

wird derselbe Zweck erreicht und es sieht nicht
so radikal aus. Ein Oberhaus, das nur noch die
eine Aufgabe hätte, die Beschlüsse des Unterhauses
zu registriren, wäre eine Ruine — und nicht ein-
mal eine ehrwürdige — an deren Weitererhal-
tung die Lords und Bischöfe selbst keine Interesse
haben würden. Es wüßte gewissermaßen von
selbst vom Erdboden verschwinden.
Deutsches Reich.
Berlin, 22. Juni.
— Der von dem Reichstags-Abgeordneten von
Schöning gelegentlich der Berathung des Reichs-
haushalts-Etats 1894/95 eingebrachte Antrag,
den Reichskanzler zu ersuchen, daß den Offizieren,
Sanitäts-Offizieren, Beamten und Mannschaften
des Heeres und der Marine, die in Folge einer
im Kriege 1870/71 erlittenen Verwundung oder
sonstigen Dienstbeschädigung behindert waren, an
den weiteren Unternehmungen des Feldzuges theil-
zunehmen, und dadurch der Anrechnung eines
zweiten Kriegsjahres bei der Pensionirung verlustig
gegangen sind, der Pensions-Ausfall erstattet werde,
ist vom Reichstag am 23. Februar einstimmig an-
genommen worden. Die betreffende Novelle zum
Militär-Pensionsgesetz konnte in der damaligen
Tagung des Reichstages nicht mehr eingebracht
werden. Es ist überhaupt noch nicht bekannt ge-
worden, welche Stellung der Bundesrath zu dem
Antrag einnimmt und ob überhaupt die beregte
Novelle schon zur Ausarbeitung gelangt ist. Eö ist
nun in den betreffenden Kreisen vielfach die
Meinung verbreitet, als ob mit dem Antrag von
Schöning die Sache schon perfekt sei und die Aus-
zahlung der Beträge bald erfolgen werde. Dem ist
aber nicht so, und wenn auch der Bundesrath den
Antrag, obwohl er ein Prinzip durchbricht, sich zu
eigen machen wird, wie wir nicht zweifeln, so wird
doch — wie die „Post" meint — vor Sommer
künftigen Jahres nicht an die Auszahlung des
Mehrbetrages der Pension zu denken sein.
— Der „Re i ch sanz ei g er" veröffentlicht
den Gesetzentwurf betreffend die Erweite-
rung der Unfallversicherung, der die Ver-
sicherung ausdehnt auf Arbeiter, Gesellen, Ge-
hilfen und Lehrlinge, Betriebsbcamte, Werkmeister
und Techniker, die nicht bereits auf Grund anderer
Gesetze der Versicherungspflicht unterliegen. Der
Gesetzentwurf umfaßt nicht weniger als 140 Para-
graphen und füllt mit seiner Begründung 14 Seiten
des „Reichsanzeiger". Er ist in der heutigen
Sitzung des Bundesraths an die Ausschüsse
verwiesen worden. Dasselbe geschah mit dem Ge-
setzentwurf für Elsaß-Lothringen über die
Licenzgebühren für die Abgabe geistiger Getränke.
Dem Entwurf einer Verordnung zur Ausführung
eine Zeit hier innen in Kopf und Herz wühlen,
aber dann wird es doch endlich klar werden
in mir."
Lendang reichte dem Sohne die Hand. „Das
ist schon ein Schritt zur Heilung, lieber Junge,
über das Andere beunruhige Dich nicht weiter.
„Beunruhigen ist das richtige Wort nicht,
immerhin muß die Angelegenheit besprochen werden,
bevor ich von hier abreise. Hier, nimm die
Pfeife." Georg reicht dem Bekümmerten ein langes
Rohr, steckte einen Fidibus in Brand und bald
wirbelten dicke Rauchwolken zur Zimmerdecke em-
por ; hingegen er einem Lederetui eine Cigarre
entnahm, sie scheinbar gelassen anzündete, und
während er den unterbrochenen Gang wieder auf-
nahm, sagte er ohne Umschweife:
„Man hat Dir also den Stuhl vor die Thüre
gesetzt! Das ist freilich so die richtige Art, ehr-
liche Leute zu belohnen, die länger als ein Viertel-
jahrhundert den Grund und Boden, gehegt und
gepflegt haben, anstatt ibn wie die meisten Ge-
wissenlosen auszusaugen und sich zu bereichern.
Aber ich weiß es, daß dahinter Graf Hans Ullrich
steckt, der beherrscht den Reichsgrafen vollständig,
er gibt Befehle hinter dessen Rücken und wenn
der alte Graf es dennoch erführe, würden nichts
dagegen thun, denn er führt den armen, ge-
brochenen Greis vollständig am Gängelbands. Das
nennt man in der That ritterlich gehandelt! Du
fragtest mich vorhin, Vater, woher ich diese inte-
ressante Neuigkeit, über die Alle die Köpfe zu-
sammenstecken und wejß Gott was dahinter suchen
werden, erfuhr?" Georg räusperte sich einigemale,

des Gesetzes zum Schutz der Warenbezeichnungen
und des Gesetzes betreffend den Schutz von Ge-
brauchsmustern wurde die Zustimmung ertheilt.
Die Resolution des Reichstages betreffend die Ver-
öffentlichung einer Konkursstatistik wurde dem Reichs-
kanzler überwiesen.
Karlsruhe, 22. Juni. Auslegung des 8 37
Abs. 2 der badischen Versa ssungsurkun de.
In der ersten öffentlichen Sitzung der zweiten
Kammer vom 23. November 1893 wstrde gelegent-
lich der Berathung über die Giltigkeit der Neu-
wahlen durch die Abgeordneten Fieser, Klein-
Wertheim und Koelle der Antrag gestellt, „die
Frage, ob Kreisschulräthe, Landgerichtsräthe,
Landeskommissäre und dergl. Beamte unter die Be-
stimmung des 8 37, Abs. 2 der Verfassung fallen,
der Geschäftsordnungskommisfion zu überweisen."
Dieser Antrag wurde von der Kammer einstim-
mig angenommen. — 8 37 Abs. 2 der badischen
Verfassunosurkunde bestimmt: „Landes-, standes-
und grundherrliche Bezirks-Beamte, Pfarrer und
Physici und andere geistliche oder weltliche Lokal-
diener können als Abgeordnete nicht von den
Wahlbezirken gewühlt werden, wozu ihr Amts-
bezirk gehört." — Die Geschäftskommission hat
die Frage in verneinendem Sinne beantwortet
und stellt den Antrag an die zweite Kammer,
dieser Auffassung beizutreten.
München, 20. Juni. Die bayerische Regierung
beabsichtigt ErhebungcnüberdenSchulden-
stand der Bauern und zwar vorerst in einer
kleineren Zahl von Versuchsgemeinden in allen Re-
gierungsbezirken anzustellen. Die Erhebung wird auf
Veranlassung des Ministeriums des Innern vom Justiz-
m>nister'um <ruS d: rch die zu demselben reffortircndcn
Behörden ausgeführt werden. Auch über die
Geschäftsgebahrung der in Bayern zugelassenen
Feuerverstcherungsgesellschaften werden, einer Resolu-
tion des Landtags entsprechend, Erhebungen angs-
stellt. Dieselben werden durch das Ministerium des
Innern betrieben. Die DistriktSverwaltungsbehör-
den — es werden etwa 151 sein — sollen in
ihren Gemeinden Nachschau halten, wie die Ver-
sicherungsgesellschaften mit den Versichernden arbeiten.
Das so gesammelte Material haben dann die ein-
zelnen Kreisregierungen zu sichten und mit erläutern-
den Berichten an das Ministerium einzusenden.
Hier wird dann zusammengestellt, was sich etwa
an Klagen, Ungehörigkeiten rc. ergiebt. Ueber die
Punkte, in denen Wandel geschaffen werden soll,
werden dann Verhandlungen zwischen dem Ministe-
rium und der gemeinsamen Verbandsrcpräsentation
sämmtlicher in Bayern zugelassener Versicherungsge-
sellschaften stattfinden. Die Enquete wird ziemlich
umfangreich werden.

als fehlten ihm die Worte, dann klang aber feine
Stimme wieder eben so ruhig wie vorhin.
„Als ich auf den Berg stieg, um im Schloß
Ulestein einen Besuch zu machen, wollte eZ
unglückliche Zufall, daß ich Hans Ullrich in Ge-
meinschaft sogenannter guter Freunde im Garten
neben der Sphinxgrotte zu einem grauenerregen-
den Gelage versammelt antraf. Es sah so wüst
um die Gesellschaft aus, daß mich ein Eckel er-
faßte und, mich Deiner warnenden Worte er-
innernd, den Besuch lieber zu unterlassen, wollte
ich Kehrt machen, als Hans mich zu Gesicht be-
kam und dem aufwartcnden Lakaien mit schwerer
Zunge zurief:
„Heda, Martin, sehen Sie einmal scharf hin,
ist das nicht der Grünspecht, der junge Lendang?
Ha, ha, ha, bei Gott, meine Augen sind noch
klar und silberhell, wie ein Waldbächlein," lallte
er als Antwort und schlug mit der Faust ans die
mit Gläsern und Flaschen besetzte Tafel, daß der
schäumende Inhalt über die blendend weiße Damast-
Decke floß. So gern ich's gewollt, konnte ich nun
der Begegnung nicht gut ausweichen, ohne den
Weinseligen als Gespött zu dienen. So trat ick;
gelassen näher, grüßte die Reihe herunter und bot
Hans Ullrich wie ehedem die Hand. Ohne sich
von seinem Sitz zu erheben, ohne die ausgestreckte
Rechte zu beachten, stützte er die beide Ellenbogen
auf den Tisch und sagte mit einer souverainen
Herablassung, die mir das Blut siedend heiß in's
Gesicht trieb:
„Na, Lendang, wie geht'L? Sind Sie noch
immer solch ein Büffler und langweiliger Pedant,
wie in Ihren Kinderjahren? Sapperment, Sie

Ausland.
Rom, 22. Juni. Der „Italia" zu Folge
finden zwischen einem Theil der Kammer und der
Regierung Besprechungen statt, die eine Zinsreduk-
tion durch eine allgemeine Erhöhung der M o-
bi larsteuer auf 16 pCt. bezwecken. Die Re-
gierung soll geneigt sein, darauf einzugehen, wenn
der Vorschlag von einer großen Zahl Abgeordneter
unterstützt wird. Demselben Blatte zu Folge ist
in der Frage des Spiritusmonopols eine völlige
Uebereinstimmung erzielt und steht die Unterzeich-
nung des Vertrages bevor.
Petersburg, 21. Juni. In der gestrigen
Schlußsitzung der Konferenz wegen Ermäßigung
der Getreideäusfuhrtarife sprach sich der
amtlichen „Handels- und Jndustriezeitung" zu-
folge eine unbedeutende Mehrheit für die Noth-
wendigkeit der Tarifermäßigung aus. Die Minder-
heit gab der Ueberzeugung Ausdruck, daß durch
eine Ermäßigung die ökonomische Lage der Ge-
treideproduzenten keineswegs gebessert würde, eine
Ermäßigung vielmehr für die Landwirthschast
unerwünschte Folgen haben dürfte. Der Finanz-
minister erklärte, die Regierung werde sich zur Tarif-
ermäßigung nur entschließen, wenn die Neper-
zeugung sich durchaus festige, daß die unvermeid-
liche Herabminderung der Eisenbahn-Einnahmen
wirklich der Getreideproduktion nützen werde.
Badischer Landtag
Karlsruhe, 22. Juni.
101. öffentliche Sitzung der Zweiten Kammer
unter dem Vorsitz des Präsidenten Gönner.
Am Regierungstisch: Ministerialpräsident Geh.
Rath Eisenlohr und Ministerialrath Dr. Glöckner.
Präsident Gönner eröffnet die Sitzung um
VUO Uhr.
Die Kammer setzte heute die gestern unter-
brochene Berathung der Anträge wegen Abände-
rung der Verfassung d. h. des Wahlverfahrens
und der Wahlbezirkseintheilung (Anträge Heim-
burger und Genossen, sowie v. Buol und Ge-
nossen) fort. Die Kammer ist jetzt an ihrer 101.
Sitzung angelangt. Sie hat, abgesehen von den
sonstigen Geschäften, eine thatsächliche Sitzungs-
tagung von drei Monaten und 11 Tagen.'
Der Berichterstatter He im bürg er beschäf-
tigt sich mit der Wiederlegung der in der gestrigen
Sitzung von dem Minister geäußerten Bedenken.
Wo der Mittelstand seine Kraft noch besitze,
würden auch bei dem direkten Wahlrecht seine
Vertreter gewühlt, andernfalls geschehe dies auch
nicht bei der mittelbaren Wahl. Mannheim sei
schon jetzt durch zwei Sozialisten vertreten. Die
Regierung unterstütze auch nicht immer die Ver-
treter des Mittelstandes (zweiter Reichstagswahl-
haben sich rausgemacht," fuhr Hans lsllrich iro-
nisch fort, indem er mich beim Aermelausschlag
faste und herumdrehen wollte. Ein homerisch-«
Lachest folgte dem erbärmlichen WA des Gast-
gebers. Ich ubrr zog mich einige Schritte zurück,
keinen Schein üußerer Erregung zeigend, wenn es
auch innerlich kochte und zählte. Ich wollte ohtte
Eklat gehen und sagte mir, bei dem unwürdig
berauschten Zustand der Herren könne dieses nur
geschehen, wenn ich ruhig bliebe und alle Be-
leidigungen durch frostige Zurückweisungen einiger-
maßen verhinderte. So entgegnete ich denn, auch
die Hand aus den Tisch stützend, mit kühler Förm-
lichkeit :
„Herr Graf, ich muß bitten, nicht zu ver-
gessen, daß Sie einen Mann vor sich haben, der
dem Staate eben so wie Sie seine Dienste widmet,
im Uebrigen empfehle ich mich gehorsamst." Ich
lüftete den Hut und wandte der Gesellschaft den
Rücken.
„Bei Gott, meine Herren, ist Ihnen schon ein
ähnlicher Philister in den Weg gekommen?" hörte
ich Hans Ullrichs aufbrausende Stimme hinter
mir her, „vorwärts, Martin, schaffen Sie mir
den Herrn Forstkandidaten zur Stelle, ich bin mit
meiner Abrechnung noch nicht fertig! Reichen Sie
dem jungen Manne ein Glas Champagner, viel-
leicht klärt der perlende Gischt etwas den um-
schleierten Geist des Braven."
Martin trat zögernd an mich heran, um dem
Befehl nachzukommen. Der alte, den ich noch
aus meinen Kinderjahren gut kannte, sprach leise
einige bittende Worte, ich möchte doch nur
ruhig bleiben, der Herr Graf würde morgen
 
Annotationen