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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 111 - Nr. 120 (15. Mai - 26. Mai)
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Nummer 118. H. Jahrgang.

Aerrsv

Mittwoch, 23. Mai 18S4.

Genera

Anzeiger

für Heidelberg und Umgegend




«

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für Heidelberg und Umgegend
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Heidelberg und Umgegend"
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fortwährend angenommen.

Die Schwierigkeiten des englischen
Ministeriums.
Ueber die täglich sich verschlechternden Aus-
sichten des Kabincts Rosebery schreibt man aus
London : Das sntunt torribls der radikalen
Partei Mr. Labouchdre meint in der neuesten
Nummer seiner „Wahrheit" mit der ihm so wohl
anstehenden Offenherzigkeit: „Es geht mit uns
immer mehr bergab; das Ministerium gleicht ein m
lecken Schiff, das überladen und von den Wellen
hin- und hergcworfen ist, ohne vorwärts zu
kommen" und weiter: „Ein Parlament, das ge-
wählt wurde, um Mr. Gladstone zum Premier
zu machen und Homerule zu gewähren, kann un-
möglich zum Nutzen des Landes fortdauern, wenn
Mr. Gladstone nicht länger Premier ist und Ho-
merule nicht länger aus seinem Programm steht."
Labouchdre spricht damit nur aus, was Jeder-
mann empfindet; die jetzige Regierung hat kein
Mandat von der Wählerschaft, nnd sie bleibt der
Mächtigen Opposition gegenüber solange ohn-
mächtig, als sie sich nicht ein solches in der Feuer-
probe einer allgemeinen Wahl ersiegt hat. Ueber
diese wahre Sachlage können auch die zuversicht-
lichsten Reden von Kabinetsministern nicht Hin-
wegtäuschen. Der sehr befähigte Staatssekretär für

Indien, Fowler, versicherte seinen Wählern in
Wolverhampton großartig: „Die neue Regie-
rung wird alle Versprechungen der alten erfüllen,
alle Versprechungen, die Gladstone im Namen der
liberalen Partei Irland, Schottland, England,
Wales und dem Vereinigten Königreich als einem
Ganzen machte." Zum Beweis wies er dann
triumphirend auf die vielen Bills hin, welche die
Regierung diese Session eingebracht hat; Bills,
von denen aber, wie Mr. Fowler Wohl weiß,
kaum eine über die zweite Lesung hinauskommen
kann. In solch zweiten Lesungen kann aber zum
mindesten die Jung Walespartei keine Zahlung,
sondern nur ein erneutes Zahlungsversprechen sehen,
das ihr nicht genügen will. Darüber haben die
fünf walisischen Radikalen, die der Regierung die
Gefolgschaft aufgesagt haben, in einer großen
Versammlung ihrer Wähler in Bangor keinen
Zweifel gelassen, Mr. Lloyd-George erklärte, die
Zeit sei gekommen, wo es gelte, etwas mehr zu
thun als drohende Resolutionen zu fassen. Wales
werde schlecht behandelt, statt der „Entstaatlichungs-
bill" den zweiten Platz in ihrem Gesetzgebungs-
programm zu geben, habe ihr die Regierung den
zehnten angewiesen. Die erste Lesung sei nur eine
„Blende"; nur eine unabhängige Haltung könne
etwas helfen. „Wales wird aus dem Marsch in
die Wüste als eine Nation zurückkehren, die keine
politische Partei mit gebrochenem Versprechen wird
beleidigen dürfen."
Die Progresfionsteuer in der Zweiten
badischen Kammer.
Viele unserer Leier dürfte es interessieren
einige weitere wichtige Punkte aus den
sich an unseren gestrigen Bericht über den Landtag
anschließenden Verhandlungen zu erfahren. Fünf
Stunden beiläufig hat unser „Volkshaus" ge-
braucht, um — einstimmig zu finden, daß das,
was die Regierung, beziehungsweise die Finanz-
verwaltung hinsichtlich der fortschreitenden
Einkommensteuer gethan, gut war. Zwölf
Stimmen erhielt, wenn wir nicht irren, der An-
trag Wittmer und Genossen, welcher die Fort-
schreitung schon mit 10000 Mk. beginnen lassen
wollte. Auch diejenigen Abgeordneten, welche für
einen schärferen Zugriff waren, ließen sich doch
durch die bestimmte Erklärung des Finanzministers
abhalten, daß dann das Gesetz fallen werde. Dr.
Buchenberger wies übrigens auch in der ihm
eigenen ruhig überzeugenden Wissenschaftlichkeit,
welcher der Zweifel erregende Parteihintergrund
fehlt, nach, daß einestheils ein kleineres Land,
wie Baden, sich nicht beliebig und leichtfertig los-
lösen kann von den Steuerrechtsbegriffen der Nach-
barstaaten, daß aber auch anderseits die Ein-

kommensverhältnisse der Bevölkerung nicht dazu
angethan sind, um auf diesem Wege beliebig Mil-
lionen aufzubringen. Im Ernst kann man doch
auch nicht davon reden daß einige Tausende „obere
Steuerzahler" staatlich und gesetzlich verpflichtet
werden können, den Aufwand für die Militärvor-
lage oder auch nur für die Erhöhung der Be-
amtengehälter in Baden aufzubringen !! Wir haben
unter beiläufig 380 000 Einkommensteuerpflichtigen
nicht ganz 10 000, welche über 5000 Mk. Ein-
kommen beziehen. Ihnen kann man doch nicht
eine so hohe Steuer auferlegen, daß sie nach der
Darlegung des Ministers einer „sanften Ver-
mögensconfiscation" gleichkommt! Eine
längere Verhandlung im kleineren Stil entspann
sich noch über die erhöhten Steuerstrafen, die nun
bis zum 50fachen Jahresbetrag der Einkommen-
und Aota. Lane auch noch zum gleichen Betrag
bei der Kapitalrentensteuer ansteigen. Wir mar-
schiren damit, um ebenfalls mit den Worten des
Ministers zu reden, entschieden an der Spitze der
Civilisation. Aber auch ganz schuldlose Erbnehmer
müssen (auch dann, wenn sie ihrerseits sofort richtig den
Nachlaß angeben, doch den 10-fachen Jahresbetrag,
das heißt das Doppelte innerhalb der fünfjährigen
Verjährungspflicht entrichten. Das ging einiger-
maßen gegen die juristischen Gewissen. Aber man
stellte keine Anträge in der Hoffnung, daß die
allgemeine Steuerrevision s. Zt. die
Härten glätten werde. Die Sozialisten nahmen
Abstand davon, Sonderanträge zu stellen und
nahmen, was geboten war, sachdienlich an. Kommen
bessere Zeiten, so wird nach den Andeutungen des
Ministers jedenfalls versucht werden, in der Frei-
lassung der unteren Stufen der Ein-
kommensteuer weiter zu gehen, als jetzt (bis
500 Mk. Einkommen). Die Zeit dazu wäre viel-
leicht vor zwei Jahren gewesen, als man den
Steuerfuß von 2^ Mk. auf 2 Mk. herabsetzte.
Vorerst bringt man mit der „Progression" etwa
300 000 Mk. jährlich herein, und manche Leute
glauben, daß die stark erhöhten Strafen doch dazu
beitragen werden, auch in den Steuererklärungen
Erhöhungen herbeizuführen.
Deutsches Reich.
Berlin, 22. Mai.
— Der „Voss. Ztg." zufolge hat das Kriegs-
ministerium angeordnet, daß die Gewichtserleich-
crung der Jnfanterieausrüstung 2 Kilo
535 Gramm beträgt. Weitere Erleichterungen
um 2 Kilo sind anzustreben. Dazu kommen noch
durch Verringerung der Taschenmunition und des
Schanzzeuges, sowie durch die Einführung eines
neuen Seitengewehres eine Verringerung zusammen
um 2 Kilo 385 Gramm hinzu, so daß der In-

fanterist künftig in feldmarschmäßiger Ausrüstung
fast 7 Kilo weniger zu tragen hat.
— Der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge ist das
deutsch-russische Uebereinkommen vom
10. Februar, nach welchem sich beide Theile ver-
pflichtet haben, ihre Angehörigen, soweit dieselben
keine andere Staatsangehörigkeit erworben haben,
auf Verlangen des anderen Theiles zu übernehmen,
am 7. Mai in Kraft getreten. Der Minister
des Innern hat am 6. Mai dazu eine Reihe von
Ausführungsbestimmungen für die zuständigen Be-
hörden erlassen.
Karlsruhe, 21. Mai. Der Großherzog hat
sich auf ärztlichen Rath seit dem Aufenthalt zu
Schloß Baden einer allgemeinen Massagebehand-
lung des Professors Zedersköld unterzogen, welche
von dem besten Erfolge gewesen ist und auch
fernerhin fortgesetzt werden wird. Die sehr sorg-
fältige Massagcbehandlung dieses vorzüglichen
Spezialisten hat schon vielen Patienten zum Wohle
gereicht und bietet den großen Vorzug, daß Pro-
fessor Zedersköld große Erfahrung mit reichen
wissenschaftlichen Kenntnissen verbindet.
Karlsruhe, 22. Mai. Zur Mittagstafel er-
schienen heute bei den Großherzoglichen Herrschaften
Ihre Kaiserlicken Hoheiten der Großfürst und die
Großfürstin Peter von Rußland, sowie der
Herzog und die Herzogin Georg von Leuchtenberg.
Morgen Mittag erwarten Ihre Königliche Hoheiten
den Besuch Seiner Durchlaucht des regierenden
Fürsten von Waldeck und Pyrmont, welcher im
Großherzoglichen Schlosse absteigen wird. Ihre
Königliche Hoheit die Erbgroßherzogin wird morgen,
von Schloß Hohenburg kommend, wieder in Frei-
bürg eintreffen.
Karlsruhe, 22. Mai. In der gestrigen Sitzung
des Landwirthschaftsraths kamen bedeut-
same Fragen ersten Ranges zur Sprache. Ins-
besondere handelte es sich u. a. um die Veran-
staltung genossenschaftlicher Frucht-
märkte, gegen welche noch ein Vorurtheil be-
steht. Es wurde darauf aufmerksam gemacht
(Oberregierungsrath Dr. Lydtin), daß der Markt
für Getreide sich verringert hat, während der
Fleischverbrauch gewachsen ist. Dies weisedie
Landwirthschaft auf die Viehzuchthin
unter Verwendung des Getreides zur Fütterung.
Eine eingehende Feststellung fand statt über die
Verwendung der Budgetmittel sür die Landwirth-
chaft. Beim Beginn erstattete der Präsident des
Landwirthschaftsraths, Landtagsabgeordneter Klein-
Wertheim, den Jahresbericht; der Regierung wurde
warmer Dank für die geleistete Hilfe in der Futter-
noth dargebracht. Eingehende Erwähnung fanden
die Bittgesuche und das ganze Vorgehen gegen
die nun zu Grabe getragene-Reichsweinsteuer und

Das Gespenst der Marquise.
Roman von Hermttrc Frankenstein.
46) (Fortsetzung.)
„Es war nur eine feinere Familie auf dieser
Insel," fuhr Chetwynd fort, „die eines Walisers,
Namens David Gwellan. Er war ein einfacher,
schüchterner Mann von ruhigem Temperamente,
friedliebend und mit seltenen Charaktereigenschaften
ausgestattet. Er hielt es für seine Pflicht, alle
Vequcmlichkcitcn des zivilisierten Lebens aufzu-
steben, um seine Bauern zu unterrichten und auf
ffne höhere geistige Stufe zu bringen. Er war
Ein Märtyrer und der Himmel hat ihn belohnt."
Chetwynd schaute aus dem Wagen heraus, be-
müht, feiner heftigen Erregung Herr zu werden.
^>er Detektiv verwandte keinen Blick von ihm,
!°nst hatte er es sehen müssen, daß Tempest's
auch vor Erregung bebten.
Dann begann der Marquis wieder:
„Herr Gwellan ist kürzlich mit seiner Frau
^uf einer Seereise von St. Kilda nach Glasgow
^trunken. Ich kann noch nicht ruhig über ihr
ft^uriges Geschick denken. Frau Gwellan war
fläe Dame von Geburt, eine feingebildete, sanfte,
Zbenswürdige Frau, ebenso anspruchslos als ihr
^sckte, den sie so liebte, daß eine Wüste, mit ihm
Astheilt, ihr wie ein Paradies erschienen wäre.
M ihx traute Heim und in ihre edlen Herzen
Mten sie ein Mädchen von geheimnißvoller Ab-
luft als kleines Kind empfangen und als ihre
Me Tochter adoptiert, der sie den Namen Ber-
Ek Gwellan gaben. Als ich Bernice vor nicht

ganz zwei Jahren zum ersten Male sah, war sie
kaum 17 Jahre alt und von ihren Pflegeeltern
so verschieden, wieder junge Adler von der Taube."
„Wie sah sie aus, mein Lord?" fragte
Tempest, dessen Seele im bitteren Schmerze zuckte,
mit heiserer Stimme.
Ach, es traf ihn schwer, von den Lippen eines
Anderen die Geschichte seiner eigenen Tochter zu
hören, die er als hilfloses Kind der Sorgfalt
Fremder überlassen hatte.
Er erinnerte sich jetzt mit bitterem Weh jenes
letzten Tages, wo das Kind an seiner Brust ge-
legen, des letzten Males, wo er die geschlossenen
Kinderaugen, die Rosenwänglein und das blühende
Mädchen geküßt. Er hatte sie nie wieder gesehen,
seit er sie der Obhut der Gwellan's übergeben,
und er konnte sich gar nicht vorstellen, wie sie in
holder Jungfräulichkeit oder als Braut ausgesehen
haben mochte.
In seiner Wuth und Verzweiflung hatte Tem-
pest seine Gattin verlassen und sein Kind mit sich
genommen. Zusall oder Vorsehung hatten ihn
nach St. Kilda geführt, und dort ließ er das
hilflose Wesen in guter Obhut zurück, in der Ab-
sicht, es in fünf Jahren wieder abzuholen. Aber
die Zeit war vergangen — vierzehn Jahre rollten
vorbei, ehe sein schlummerndes Pflichtgefühl ihn
zur Rückkehr mahnte.
Und er war nur gekommen, um Bernice
todt zu finden. Mit Mühe unterdrückte er ein
Aechzen, als alle diese Erinnerungen ihn über-
wältigten. Aber sein Gesicht war kalt und ruhig,
als Chetwynd ihm antwortete:
„Sie fragen mich, wie sie aussah? Bernice

war nicht schön, aber sie war edel, fein, wohl-
erzogen, zart und holdselig und mit wunderbarer
Anziehungskraft begabt. Kurz, sie war das
reizendste Geschöpf, das ich je erblickte. Vor
zwanzig Monaten heirathete ich sie in der kleinen
Kirche zu St. Kilda und nahm sie in meiner
Dacht mit mir fort. Sie besuchte die Armen des
Dorfes, erbte in einer Hütte ein böses Fieber und
starb zwei Monate nach unserer Ankunft im
Schlosse."
„Sie starb, mein Lord?" sagte Bisset.
Lord Chetwynd nickte mit dem Kopfe.
Tempest seufzte tief auf und ein verzweifelter
Ausdruck malte sich in seinen Mienen.
„Sie starb," sagte der Marquis kurz, seine
Erzählung wieder aufnehmend. „Ich sah, wie
man sie begrub. Sechs Tage laug lag sic in
Chetwynd-Park auf dem Paradebette. Nach dem
Begräbniß ging ich auf Reisen und kehrte vor
einigen Wochen zurück. Am ersten Abend meiner
Rückkehr saß ich mit meiner Stiefschwester, Fräu-
lein Monk, im Salon und erblickte auf der
Schwelle des anstoßenden Wintergartens eine Er-
scheinung — ein scheinbares Gespenst! Es war
meine verstorbene Gattin!"
Bisset's Lippen verzogen sich unwillkürlich zu
einem schwachen Lächeln. Er hatte nicht erwartet,
bei Lord Chetwynd solchen Aberglauben zu finden.
Sogar Tempest schaute verwundert zu ihm auf.
Ohne ihre Blicke zu beobachten fuhr der Mar-
quis ernst fort:
„Ich sprang auf die Erscheinung zu und sie
verschwand; aber ich habe sie wieder gesehen.
Eines Abends, als ich durch den Park von mei-

nem Verwalter nach Haufe kam, sah ich sie wieder.
Sie stand im Hellen Mondlichte; ich erblickte jeden
Zug ihres Gesichtes und erkannte sie. Es war
meine verstorbene Gattin!"
„Haben Sie einen Arzt befragt, mein Lord?"
fragte der Detektiv-Offizier.
„Ja, er sagte mir, daß es nur eine Täu-
schung, ein Ausfluß krankhaft erregter Phantasie
sei, und daß meine Leber krank sein müsse."
„Er isteinvernünstigerMann," murmelte Bisset.
„Aber hören Sie das Uebrige. Erst vor-
gestern Abend sah ich sie zweimal wieder. Ich
war das zweite Mal mit Fräulein Monk im Kla-
vierzimmer, als ich von der zum Wintergarten
führenden Thür her ein tiefes Schluchzen und
Seufzen hörte und hinschauend erblickte ich dort
durchaus kein Gespenst, sondern nieinc verstorbene
Chetwynd athmete schwer; er war leichenblaß
und seine blauen Augen hatten einen sehnsüch-
tigen Ausdruck.
„Eine seltsanie Täuschung," sagte Bisset ruhiger.
„Ich hörte einmal von einem Manne, der
sich einbildete, ein Theckessel zu sein, und der
von seinem Wahne nur geheilt wurde, indem man
ihn auf einen heißen Ofen fetzte. Und Sie, mein
Lord, glauben sich von einem Gespenst verfolgt!
Dieser Wahn ist nichts Neues. Tausende von
Menschen haben schon darunter gelitten. Doch
nicht wahr, mein Lord, dieses Frl. Monk ist Ihre
Verlobte?"
„Ja wir sollten nächsten Monat heirathen",
erwiderte Chetwynd düster.
„Es ist also Wünschenswerth, daß Sie sich von
 
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