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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 81 - Nr. 90 (7. April - 18. April)
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Nummer 89. H Jahrgang.


Dienstag, 17. April 1LS4.


General-WAnieiger

*

Expedition: Kcruptltraße Wr. 25.

Krpedition: ^Lcrrrptstrcrtzo Wr. 25.

elesenstes BLestt in Stadt u» Anrt HeideWeug uird L-iMsegend. Guosztev GvfsLg fnv Inser ate.

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holung entsprechender Rabatt.

für Heidelberg und Umgegend
(Würger-Zeitung).

VM" Telephon-Anschluß Nr. 1V2. "MA

FrvtiVätzveird

«erden von allen Postanstalten, Landbriefträgern
unseren Agenten und Trägerinnen Abonnements
entgegengenommen.


Tie Frage der Militär-Ausgaben
in Italien.
Die schon gemeldeten abfälligen Urtheile Crispi's
über den Zustand der Wehrkraft der Monarchie
und die Verwahrung des früheren Kriegsministers
Pelloux gegen den Argwohn, daß ihm und seinen
Ersparungen jener Zustand zur Last falle, haben
den Abgeordnein Ciomeni bewogen, den General
zu interviewen. Dieser verwarf die durch seinen
Nachfolger Mocenni vorgeschlagenen Ersparungen
am Haushalte 1894/95, da mit weniger als 246
Millillionen Militärausgaben nicht auszukommen
sei. Was erspart werden könne, müsse durchaus
anderweitigen Heeresbedürsnissen zu Gute kommen
rind dürfe höchstens ganz vorübergehend und als
letztes Zugeständniß an die schlimme Lage des
Staatsschatzes zum Bestell desselben verwendet
werden. — Pelloux bedauert, daß im März ds.
Js. 30 000 Rekruten weniger als im vorigen
Frühjahr einberufen worden sind. Er nimmt an,
daß hierdurch der Ausfall gedeckt werden solle,
den die MMlarmatznahmen in Sizilien verursacht
haben, und er will dies nicht tadeln, da man
eben leider mit der Finanznoth des Staates
rechnen müsse; aber eine Wiederholung der be-
schränkten Rekruten-Einstellung würde das Heer
bedenklich schwächen. — Natürlich leugnet der Ex-
Kriegsminister auch die Möglichkeit der von der
Fünfzehner-Kommission geforderten Herabsetzung
des Militäretats um weitere 14 Millionen. Er
stimmt also dem Ministerpräsidenten in der Ab-
lehnung jeder weiteren Verminderung der Heeres-
bedürfnisse vollkommen bei. Hingegen^ verwahrt
er sich gegen dessen Behauptung, daß Italien
in 34 Jahren nicht verstanden habe, sich ein Heer
und eine Flotte zu schassen. „Ich glanbe, in
diesen Dingen ein Urtheil zu haben und auch
mitreden zu dürfen," sagte der Exminister. „Ich
bin überzeugt, daß bezüglich der Ausbildung der
Bewaffnung, der Cadres-Verhültnisse, der schnellen
Mobilisirung, der Vorräthe, der Schlagfertigkeit
unserer Armee den andern großen europäischen
Heeren — abgesehen vom Zahlenverhältnisse —
nicht viel nachgibt. Ja in einigen Punkten ist
sie zweifellos aus dem Wege, die letzteren zu über-
flügeln. Was die Landesgrenzen betrifft, so

können die, welche in der Sache bewandert sind,
zwar der Meinung sein, daß noch Manches zu
thun bleibe, aber keinen Grund zur Besorgniß
haben, vorausgesetzt, daß man fortdauernd die
Augen offen hält. Es ist nicht Alles vollkommen,
das versteht sich, aber es ist keine Gefahr im
Verzüge." — Die Durchführung der vom Fünf-
zehner-Ausschuß verlangten Heeres - Ersparungen
hält Pelloux für verderblich, da sie die Wehrkraft
schwächen müßte; unter 246 Millionen dürste ab-
solut nicht hinabgcgangen werden, wenn man nicht
das Heer unfähig machen wolle, die Landesgrenzen
und Küsten Italiens zu vertheidigen.
Deutsches Reich.
Berlin, 16. April.
— Der Verein deutscher Z el l st o f ffa b r i-
ka nten, welcher von dem Reichskanzler aufge-
fordert worden ist, zu der am 5. Mai im Reichs-
tagsgebäude stattfindenden Konferenz über die
Regelung der Sonntagsruhe in der Papier-In-
dustrie 8 Vertreter zu entsenden, wiro am vorher-
gehenden Tage im Hotel Continental eine Sitzung
abhatten, in welcher die von der Regierung in
Aussicht genommenen Bestimmungen vorberathen
werden sollen. An der Sitzung werden auf Ein-
ladung des Vorsitzenden, Kommerzienrat!; Philipp
Dessauer in Aschaffenburg, Geh. Regierungsrath
Dr. Wilhelm! und Regierungsrath Werner aus
dem Reichsamt des Innern theilnehmen.
— Das Gesetz, betreffend den Schutz der
kehr im Kriege lautet nach den Kommissionsbe-
schlüssen: § 1. Die Vorschriften der Landesgesetze,
nach welchen das Recht, Tauben zu halten, be-
schränkt ist, und nach welchen im Freien betroffene
Tauben der freien Zueignung oder der Tödtung
unterliegen, finden auf Militärbrieftauben keine
Anwendung. § 2. Insoweit auf Grund landes-
gesetzlicher Bestimmungen Sperrzeiten für den
Taubenflug bestehen, finden dieselben auf die
Reiseflüge der Militärbrieftauben keine Anwendung.
Die Sperrzeiten dürfen für Militärbrieftauben
nur einen zusammenhängenden Zeitraum von
höchstens je zehn Tagen im Frühjahr und Herbst
umfassen. Sind längere als zehntägige Sperr-
zeiten eingeführt, so gelten für Militärbrieftauben
immer nur die ersten zehn Tage. 8 3. Als
Militärbrieftauben im Sinne dieses Gesetzes gelten
Brieftauben, welche der Militär- (Marine-) Ver-
waltung gehören oder derselben gemäß den von
ihr erlassenen Vorschriften zur Verfügung gestellt
und welche mit dem vorgeschriebenen Stempel ver-
sehen sind. Privatpersonen gehörige Militärbrief
tauben genießen den Schutz dieses Gesetzes erst
dann, wenn in ortsüblicher Weise bekannt gemacht

worden ist, daß der Züchter seine Tauben der
Militärverwaltung zur Verfügung gestellt hat. § 3.
Für den Fall eines Krieges kann durch Kaiserliche
Verordnung bestimmt werden, daß alle gesetzlichen
Vorschriften, welche das Tödten und Einfangen
fremder Tauben gestatten, für das Reichsgebiet ober
einzelne Theile desselben außer Kraft treten, sowie
daß die Verwendung von Tauben zur Beförderung
von Nachrichten ohne Genehmigung der Militärbe-
hörde mit Gefängniß bis zu drei Monaten zu be-
strafen ist.
Karlsruhe, 15. April. S. M. derKaiser
traf heute früh 8 Uhr mit kleinem Gefolge mit-
telst Sonderzuges über Pforzheim hier ein. Am
Hauptbahnhof waren zum Empfang erschienen:
S. K. H. der Erbgroßherzog, II. GG. HH.
die Prinzen Wilhelm und Karl von Baden.
Ferner waren daselbst anwesend: Ihre Exzellenzen:
der Großh. Oberststallmeister v. Holzing, der
kgl. preuß. Gesandte v. Eifendecher, der Chef
des Zivikabinets Seiner Maj., Geheimrath v.
Lucanns, sowie der Staatssekretär des Aus-
wärtigen Amts, Frhr. v. Marschall. Der
Kaiser fuhr mit dem Erbgroßherzog im offenen
Wagen zum großherzoglichen Residenzschlosse. Um
10 Uhr 16 Min. traf der Chef des Militär-
kabinets, General vonHahnke, Exzell., hierein
und »ahm Wohnung im Kttchenbau des groß-
herzoglichen Schlosses. — Nach der Tafel nahm
S. Maj. der Kaiser die Vorträge der erwähnten
Würdenträger entgegen, aus welchem Grunde
Höckcktderselbe vermuthlich auch den beabsichtigten
Besuch n«-- ans dem Exerzierplatz sich
versagen mußte. Dem Rennen wohmen
KK. HH. der Erbgroßerzog und die Erbgroßher-
zogin bei. — Um 5 Uhr 50 Min. fuhr S. M.
der Kaiser in Jägerkleidung in Begleitung
S. K. H. des Erbgroßherzogs mit Sonderzug
nach Gernsbach, um von da aus zur Auerhahn-
jagd nach Kaltenbronn sich zu begeben.
Karlsruhe, 16. April. Dem Vernehmen nach
soll die Ernennung des Erbgroßherzogs zum
Kommandeur des 14. Armeekorps demnächst zu
erwarten sein. Der derzeitige Corpskommandeur,
General v. Schlichting, hatte am Samstag eine
längere Audienz bei dem Großherzog.
Koburg, 15. April. Nach der Ankunft des
Kronprinzen und der Kronpressin von Rumänien
erfolgte um 3 Ubr Nachmittags die Ankunft des
Großherzogs von Hessen und der Prinzessin Alix
von Hessin, sowie des Prinzen und der Prinzessin
Ludwig von Battenberg. Der Herzog, der Erb-
prinz und die Prinzessinnen erschienen am Bahnhof,
in gleichen die Hoststaaten, die Staatsminister, der
Magistrat, eine Ehrenkompagnie mit Fahne, die
Regimentsmusik, der Krieaerverein. Der Ober-

bürgermeister hielt eine Ansprache. Bei der fest-
lichen Einfahrt wurden die Gäste von der Volks-
menge lebhaft begrüßt. Die ganze Stadt ist festlich
geschmückt.
Ausland.
Pest, 14. April. Die Opposttionsblätter rügen,
daß sich Ministerpräsident Dr. Wekerlc während
des Aufenthaltes des deutschen Kaisers nicht
in Wien befunden habe. Bei solchen Besuchen sei
der Platz des ungarischen Ministerpräsidenten, der
gesetzlich einen maßgebenden Einfluß auf die äußere
Politik ausübe, an der Seite des Monarchen. Eine
Interpellation wegen dieses Falles soll bevorstehen.
Paris, 15. April. Die Handelskammer von
Bordeaux hat unter Hinweis darauf, daß die
Lage für den französischen Handel in der Schweiz
bei dem gegenwärtigen Zollkrieg unerträglich ge-
worden sei, an das Handelsministerium das Er-
suchen gerichtet, dieAnbahnnng eines U eber-
ei «kommens mit der Schweiz zu ver-
anlassen.
Rom, 16. April. In der Basilika des Va-
tikans fand gestern die feierliche Seligsprechung
des Juan Davila Diego statt. Die Ceremonie
dauerte über zwei Stunden. 7000 spanische
Pilger, 20 spanische Bischöfe, der spanische Bot-
schafter und das Personal der Botschaft, sowie
Tausende von Zuschauern wohnten der Feier bei.
Am Nachmittag begab sich der Papst in die Peters-
kirche, um vor dem zu Ehren Diego's errichteten
Altar ein Gebet zu sprechen.
L0N-0N, t«. April. Der italicnische Anarchist
P»I t i ist vvrg'lstr'cn. Abend in der
City verhaftet worden. -in Sprengge-
schoß bei sich. In seiner Wohnung sostm chemische
Stoffe und anarchistische Schriftstücke vorgefunden
worden sein. Polti war ein Freund des "bei dem
Greenwicher Sprengverbrechen umgekommenen Anar-
chist Bourdin.
Petersburg, 16. April. Der Großsürst-
Thronfolger, sowie die Großfürsten Wladimir
und Sergius mit ihren Gemahlinnen, und der
Großfürst Paul sind am Samstag Abend nach
Koburg abgereist. Es handelt sich um die Be-
theiligung an der dort in Gegenwart des deut-
schen Kaisers zu feiernden Hochzeit des Groß-
herzogs von Hessen. D. R.j
Teheran, 15. April. Infolge der Hungers-
not!) sind Unruhen inMesched ausgebrochen.
Die Lüden mußten geschlossen werden.
Badischer Landtag.
Karlsruhe, 16. April.
63. öffentliche Sitzung derZweiten K a m m e r
unter dem Vorsitz des Präsidenten Gönner.

Das Gespenst der Marquise.
Roman von Hermine Frankenstein.
19) (Fortsetzung.)
Monk hatte die Woche, während Bernice krank
war, nicht vergeblich in der Stadt zugebracht. Die
Zeit sollte es zeigen, wie fleißig er in den ver-
gangenen Tagen war. Er schaute vorsichtig m
alle Winkel und Nischen, schloß dann leise die
Fensterläden und zog die Vorhänge zu. Dann
Endete er eine Kerze an und trat an einen mas-
siven xingemauerten Schrank, der hinter einsachen
Holrtbüreit Erborgen war. Er hatte, ehe er zum
Uten Mal in du Stadt gegangen war, Wachs-
abdrücke von den Schlösser..'^nommen und brachte
jetzt mehrere Schlüssel zum Vor;OHM von denen
einer die Holzthüren vor dem Schraub öffnete.
Mit seinen Schlüsseln gelang es Monk leicht,
massiven Eisenthüren des Schrankes zu öffnen,
und mit nervöser Hast durchstöberte er das Innere
desselben. Die inneren Laden und Fächer waren
meist verschlossen, aber das Glück begünstigte ihn.
In einem offenen Fache fand er mehrere
Schlüsselbünde und mehrere sonderbar geformte
Schlüssel, unter denen ein großer, alter rostiger
war, den er hastig ergriff, denn es war der- oen
er brauchte. Er steckte ihn in die Tasche, schloß
den Schrank wieder zu, so wie er ihn gefunden hatte,
und öffnete dann geräuschlos die in die Halle
hinausführende Thüre. Er lauschte einen Augen-
blick. Es rührte sich nichts draußen, und er ver-
ließ die Bibliothek mit heftig pochendem Herzen.
Er ging zum Wagen hinab, stieg ein und
fuhr durch die Allee gegen Hüll zu.

s Es dunkelte bereits und der schwere Dezember-
nebel lag auf dem Lande und über dem Wasser.
Auch Gilbert Monk wurde plötzlich gedrückt und
ängstlich. Er fing an, Furcht wegen Berniee in
ihrem Schlafe zu empfinden. Die Wirkung des
Giftes mußte nun bald vorüber, sie mußte dem
Erwachen nahe sein. Wie, wenn Lord Chetwynd
noch in der Gruft wäre — wäre sie nun erwachte
und Lord Chetwynd sie aus den Klauen ihrer
Feinde befreite!
Dieser Gedanke allein trieb Monk schon den
kalten Schweiß auf die Stirne. Seine Ungeduld
wurde fast unerträglich.
Als er in die lange Straße von Chetwynd
am See einbog, fuhr Lord Chctwhnd's Wagen
auf der Rückkehr zum Parke an ihm vorbei.
Durch's Fenster erhaschte er einen flüchtigen Blick
von Lord Chetwynds gebeugter Gestalt und dem
ehrwift'jügen alten Pfarrer, der neben ihm saß,
dann trennte.'! sich die Wagen und jeder rollte
seiner Bestimmung zu.
„Diese Gefahr ist abgewendet," sagte. Monk,
mit dem rostigen Schlüssel in seiner Tasche spielend.
„Die Kirche ist gewiß schon geschlossen ; und wenn
Berniee jetzt erwacht, dringt selbst ihr lautestes Ge-
schrei an kein menschliches Ohr.
Der Wagen fuhr rasch durch das Dorf, bis
er endlich an der alten grauen Steinkirche vorbei
kam. welche bereits zugeschlossen war und öde und
verlassen dalag.
Gilbert Monk war während der weiteren Fahrt
nach Hüll sehr ruhig, aber seine Finger spielten
unaufhörlich mit dem großen Schlüssel, der ihm,

wie er glaubte, zu einem unermeßlichen Vermögen
verhelfen sollte,
In der Stadt angelangt, fand Monk den Zug
schon zur Abfahrt bereit. Er hatte kaum Zeit,
sich eine Fahrkarte nach London zu lösen, und in
ein leeres Koupee zu springen, das ihm der Kon-
dukteur aufmachte. Kaum saß er auf seinem
Platze, als sich der Zug auch bereits in Be-
wegung setzte.
Monk schaute aus dem Fenster und sah, daß
viele Leute auf dem Bahnhof waren, welche seine
Abreise gesehen hatten und er lächelte.
Es dunkelte bereits stark, als der Zug hinter
Hüll an Wiesen, Feldern und Farmhäusern vor-
bei kam, worüber Monk sehr froh war. Als der
Zug stuf der ersten Station hielt, stand Monk
auf, öffnete die Kvupölshüre mit einem Schlüssel,
den er immerzu diesem Zwecke bei M trug, Und
stieg auf der entgegensetzten Seite von der Station
aus. Dann schritt er mit seinem Mantelsacke in
der Hand durch die Dunkelheit, ohne von Je-
manden bemerkt worden zu sein, einen Feldweg
entlang. Er ging rasch, wie einem bestimmten
Ziele zu. Der Zug dampfte langsam weiter, und
als er um eine entfernte Ecke verschwand, trat
Gilbert auf eine zu beiden Seiten mit Hecken be-
grenzten Landstraße hinaus.
Hier stand ein geschlossener Wagen, vor welchen
zwei Pferde gespannt waren. Ein Kutscher saß
rauchend, und wie es schien, sehr wachsam umher-
schauend, auf dem Bocke.
„BistDu es, Flack?" fragte Monk näher tretend.
Der Kutscher bejahte und sprang vom Bocke
herab. Er öffnete den Wagenschlag, ergriff Monks

Mantelsack, steckte ihn unter den Sitz und wartete
dann, daß Monk in den Wagen steige.
„Hast Du alles Nothwendige in Bereitschaft?"
fragte Monk. „Wo hast Du die Blendlaterne?"
Flack nahmunter dem Wagensitze eine Laterne
hervor. Er schob die Blende zurück und ein rothes
Licht erhellte den Wagen. Man sah den Vorder-
sitz mit Shawls, Mänteln und Kleidungsstücken
bedeckt. Auch ein kleiner Korb mit Wein, Brannt-
weinflaschen und Biscuit gefüllt, stand zum Ge-
brauche bereit.
„Das ist gP," Märte Monk. „Ich glaube.
Wir haben alles Nöthige."
Er wandte die Laterne so, daß ihr Schein in
das Gesicht des Kutschers fiel, Es war eine rechte
Spitzvubenphhsiognomie, gemein und thierisch, wuö
man sie oft in Gerichtshöfen sieht.
Tiefl- LksM war auch vor GeriRs
Die niedrige, eingedrückte Stirn, das kurz ge-
schorene Haar, die großen abstehenden Ohren, der
vorspringende Kiefer, der breite Mund und die
kleinen, schielenden Auge« — alle diese dem
Manne eigenen Züge waren der Londoner Polizei
wohlbekannt. Der Bursche hatte bereits zwei Ge-
fängniß- und eine Galeerenstrafe durchgemacht.
Erst kürzlich hatte er wieder etwas angestellt, das
ihn mit den Gerichten in Berührung brachte, und
Flack hatte bei seinem Freunde um seine Verthei-
digung nachgesncht. Auf diese Art hatte Gilbert
Monk von ihm gehört.
Monk hatte sich mit dem Vorleben dieses
Mannes bekannt gemacht und so viel darüber er-
fahren, daß Flack, welcher seinem Vertheidiger mehr
anvertraute, als für seine Zukunft, wenn er
 
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