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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 141 - Nr. 150 (20. Juni - 30. Juni)
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Nummer 148. H. Jahrgang.

Aeuer

Donnerstag, 28. Juni 1894.

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Das Kongo-Abkommen,
dürste, wenn überhaupt, nur in arg verstümmelter
Gestalt weiter leben. Sind die Preßnachrichten
genau, so wird Frankreich durch große Gebiets-
abtretungen mn Kongo beruhigt werden; während
Deutschland die vollkommene Beseitigung des viel-
berusenen Artikels 3 durchsetzt. Ueber die, auch
mit Englands innerer Politik zusammenhängenden
Beweggründe zu dem englischen Zurückweichen ver-
öffentlicht die „Polit- Corr." eine höchst interes-
sante Darlegung, die auch jetzt noch Beachtung
verdient, wenn sie sich auch aus ein früheres
Stadium der Angelegenheit bezieht. Es wird der
Polit. Corr." aus London vom 20. Juni ge-
schrieben : _ ..
Wie man in den hiesigen politischen Kreisen
annimmt, dürste der zweite, in London überreichte
englische Protest der deutschen Reichsregierung mit
Bezug auf den Vertrag zwischen dem Kongostaat
und England seine Wirkung auf das britische
Kabinet nicht verfehlen und die Beilegung der
Differenz zwischen den vertragsschließenden Par-
teien und Deutschland beschleunigen. Der deutsche
Standpunkt findet in den maßgebenden englischen
Kreisen nunmehr eine gerechtere Würdigung und
mit dem besseren Lerständniß derselben hat sich
zugleich die Erkenntniß eingestellt, daß eine ent-
gegenkommende Berücksichtigung der deutschen

K e f ü y n t.
Roman von H- von Gabain.
6- (Fortsetzung.)
Die drei Jahre waren seitdem vergangen.
Olga hatte das achtzehnte Lebensjahr erreicht und
war zu einer vollendeten eigenartigen Schönheit
erblüht, theilte jedoch in nichts die leichtfertigen
Lebensanschauungen und hochfahrenden Wünsche
der Mutter. Diese krassen Gegensätze, — Ge-
müthsleere aus der einen Seite, Herzensgüte,
tiefes warmes Empfinden und richtiges Taktge-
fühl auf der andern Seite, — gaben zu manch'
aufregenden Szenen Veranlassung und auch heute
machte sich wieder einmal die gallige Laune der
Baronin in der lieblosesten Weise Luft. Olga
beugte ihr Haupt geduldig unter die moralische
Ruthe schweigend nahm fie Tadel und Vorwürfe
hin, denn sie wußte aus Erfahrung, daß jedes
Dagcgensprechen die Sache nur noch verschlimmerte.
Ohne auszublicken, stichelten die emsigen Finger
an einer im Rahmen gespannten kunstvollen, )a-
panesischen Goldstickerei. ,
Olga schob die Arbeit auf den nfch, strich
die wie aus weicher Seide gesponnenen Goldhaare
aus der Stirn und nahm einen energischen An-
lauf, ihr Herz durch offene Aussprache zu er-
leichtern. Doch schon nach den ersten Worten
stockte sie und die herrlichen, tiefblauen Augen
senkten sich bittend in die der erzürnten Mutter.
„Nun, was bedeutet das Stottern? Seit Du
von Weißling zurück bist, ist mir Dein Wesen
ein Räthsel, hat man Dich dort etwa gelehrt, der

Forderungen dringend geboten ist. Diese Wand-
lung in der ursprünglich schroff ablehnenden Hal-
tung der britischen Regierung gegenüber allen von
auswärts kommenden Einwendungen gegen den Ver-
trag mit König Leopold, befindet sich im Ein-
klänge mit dem Standpunkte der öffentlichen Mei-
nung in England und ist sogar zum nicht geringen
Theil durch dieselbe veranlaßt. Weite und ein-
flußreiche englische Kreise haben die Ueberzeugung
gewonnen, daß den deutschen Ansprüchen auch
vom gegnerischen Standpunkte eine gewisse Be-
rechtigung nicht abzusprechen sei, und daß die
Differenz mit Deutschland durch eine geschicktere
Handhabung der Angelegenheit seitens des Foreign
Office hätte vermieden werden können. Dem-
gemäß hat man in der Presse, wie auch von an-
derer Seite, der Leitung des Foreign Office zu
verstehen gegeben, daß das Land die Beseitigung
des Mißverständnisses zwischen England und
Deutschland gebieterisch wünsche. Die parlamen-
tarische Opposition sah zwar bisher mit patrio-
tischem Takt von einer Kritik der Regierung in
jenem Sinne ab, es herrscht aber in gut infor-
mirten Kreisen kein Zweifel, daß das Kabinet
eines scharfen Angriffes von dieser Seite gewärtig
sein müßte, falls es die guten Beziehungen zum
Berliner Kabinet einer ernsten Trübung aussetzte.
Und da das Kabinet Rosebery in Fragen der
auswärtigen Politik bei dem Widerstande der Ra-
dikalen von der Unterstützung der Opposition ab-
hängig ist, kann es nicht daran denken, sich über
die Ansichten der letzteren hinwegzusetzen. Man
betont englischerseits, daß die Differenz ihre Ur-
sache in einer Ueberschätzung der von England
durch die Pacht des Landstreifens an der Kongo-
staatgrenze erworbenen Rechte habe, und man be-
müht sich infolge dessen, Deutschland durch be-
ruhigende Versicherungen bezüglich des Umfanges
und der Ausdehnung jener Rechte zur Anerken-
nung dieser Pacht — möglicher Weste unter Ver-
legung des gepachteten Streifens von der Grenze
der deutschen Einflußsphäre hinweg in das Innere
des Kongostaates — zu bewegen. Die andere
Alternative einer Gewährung des bloßen Durch-
zugsrechtes durch das Gebiet des Kongostaates
wird von der britischen Regierung als unzureichend
angesehen, da dieselbe zu Verwicklungen mit der
Kongostaatregierung Anlaß bieten würde, falls
England nicht selbst für die Sicherheit der Straße
militärische Maßnahmen treffen könnte. Zwischen
jenen beiden Alternativen dürfte, wie man hier
annimmt, ein Kompromiß getroffen werden, falls
der Vertrag in seinen wesentlichen Zügen auf-
recht erhalten bleibt. Die Verhandlungen mit
Frankreich bezüglich desselben Vertrags befinden
sich noch in wenig fortgeschrittenem Stadium, es

Mutter den ihr gebührenden Respekt zu ver-
weigern? Sollen Deine Worte etwa andeuten:
die Nächte hindurch über der Arbeit sitzen, für
elenden Lohn feine Gesundheit ruiniren sei ein
Götterleben? Pfui, über diefe erbärmlichen, bürger-
lichen Ansichten!"
Mama, was ereiferst und echauffirst Du Dich
so gewaltig. Wenn Du es befiehlst, werde ich
mich beiden lebenden Bildern betheiligen und der
Präsidentin schriftliche Aufforderung nach Tisch«
beantworten. Aber bedenke die enormen Aus-
gaben, die uns daraus erwachsen und alles Er-
denkliche an Toilette «nd Flitterkram mit sich im
Gefolge haben würden. Bei dieser einen Ausgabe
bliebe es alsdann nicht, dem A wird das B folgen,
es würden sich Bekanntschaften anbahnen, Du
übernähmest gesellschaftliche Pflichten, denen unsere
Verhältnisse nicht gewachsen sind.
Vor allem aber bedenke unsere kleine Hof-
wohnung, die mehr wie bescheidene Einrichtung,
an allen Ecken würde es fehlen, um nur einiger-
maßen den Anforderungen gerecht zu werden und
doch, selbst bei der größten Opferwilligkeit brächten
wir es nicht zu Stande, die vielen Lücken zu er-
gänzen. Ist es da nicht besser, wir nehmen all
diesen Einladungen gegenüber eine ablehnende
Haltung an, als'daß wir uns dem Gespickte, dem
mitleidigen Lächeln der Menge aussetzen?" Oh,
wolltest Du noch meinen Bitten und Vorstellungen
nachgeben! So jung ich bin, so wenig Lebenser-
fahrung ich habe, sagt mir doch mein Gefühl,
daß uns von den Bevorzugten unter der Maske
der Theilnahme manch' empfindlicher Nadelstich
treffen wird, wenn Du darauf bestehst, Dich in

wird jedoch versichert, daß auf beiden Seiten eine
ruhigere und sachlichere Beurtheilung der Diffe-
renzen Platz gegriffen habe, so daß auch deren
endgiltige Erledigung im diplomatischen Wege
zugleich mit einer Reihe anderer, zwischen beiden
Ländern mit Bezug auf West- und Zentralafrika
schwebender Streitpunkte zu erwarten stehe.
Die Wendung „von anderer Seite" läßt kaum
eine andere Auslegung zu, als daß die Königin
selbst eine Beilegung der Differenz mit Deutsch-
land gewünscht habe. — Was aber die von dem
Bericht-Erstatter zum Schluß angegebenen Alter-
nativen betrifft, zwischen denen Deutschland zu
wählen hätte, so ist es überflüssig, zu bemerken,
daß sie für Deutschland beide unannehmbar sind
und ein Kompromiß zwischen ihnen außer Frage
steht. Der einzige Ausgang, mit dem Deutsch-
land zufrieden sein darf, ist der Wegfall des
Art. 3, der unter Verkennung der Vertragsrechte
Deutschlands und mit Beiseitsetzung aller diplo-
matischen Courtoisie zwischen England und dem
Kongostaat verabredet worden ist. Von diesem
Standpunkte kann und darf Deutschland sich auch
nicht um Haaresbreite zurückdrängen lassen.
Deutsches Reich.
Berlin, 27. Juni.
— Die Erhebungen, welche alljährlich über den
Bestand der öffentlichen Kassen ange-
stellt werden und über welche keine Veröffentlichung
erfolgt, haben nach Mittheilungen, die in der
Silberkommissivn gemacht wurden, Ende Octcber
1893 Nachstehendes ergeben: An Reichsgoldmünzen
waren vorhanden rund 151418 000 Mark, an
Thalern 13 769 000 Mark, an Reichsstlbermünzen
17 657 000 Mark, an Nickelmünzen 1 158000
Mark, an Kupfermünzen 190 000 Mark, an
Reichskassenscheinen 8 882 000 Mark — Die Be-
standsermittelung umfaßte: 1) die sämmtlichen
Reichs- und Staatskassen in Deutschland; 2) die
sämmtlichen Notenbanken, ausschließlich der Reichs-
bank, und 3) die Gemeindekassen, eine Anzahl
anderer Banken, sowie eine Anzahl sonstiger Insti-
tute, aber nicht für das ganze Reich, sondern nur
für eine Anzahl meist kleinerer Bundesstaaten. In
Preußen haben für die dritte Kategorie von Kassen
Erhebungen nicht stattgefunden, auch in Bayern in
der Hauptsache nicht. Die Gesammtziffern geben
hiernach kein vollständiges Bild des Bestandes der
erwähnten Kategorie von Kassen.
— In der Angelegenheit des Ceremonienmeisters
v. Kotze schreibt, wie die „Nat.-Ztg." mittheilt,
ein Berichterstatter, der zu den Hvfkreisen Bezieh-
ungen hat: „Die Vernehmungen hochgestellter Mit-
glieder der Hofgesellschaft nehmen ihren Fortgang.
Sehr dringlich muß die Vernehmung des Hofmar-

dcn Gesellschaftstaumel zu stürzen. Nach meinem
Dafürhalten stände es am besten an, stolze Un-
nahbarkeit zur Schau tragen." Wie erleichtert
von einer schweren Last athmete Olga frei auf.
Die Baronin nickte mit dem Haupte, ohne
die Augen von der Handarbeit zu heben und
Olga, ermuthigt durch diese scheinbare, kaum er-
wartete Nachgiebigkeit, wagte in bittendem Tone
weiter zu sprechen: „Was Du während meinem
achtmonatlichen Aufenthalt bei Weißling's etwa
erspartest, laß es uns mit dem Verdienst, der mir
für diese mühevolle Arbeit zugesagt wurde, Zu-
sammenlegen, um als dann im Sommer einen
mehrwöchentlichen Ausflug auf das Land zu unter-
nehmen. Frau Oberförster Weißling hat wieder-
holt mit herzlichen Worten Deiner gedacht und
es mir warm an's Herz gelegt, Dich zu über-
reden, mich im Frühjchr zu begleiten. Liza und
ich lieben uns wie Schwestern und, Mama, Du
würdest an Frau Weißling eine wahre Freundin
finden. Sollte es Dich genieren, die angebotene
Gastfreundschaft anzunehmen, fie wohnen kaum
300 Schritt von dem Jagdschlößchen entfernt,
welches der Herzog der Wittwe seines verstorbenen
Beamten als Wohnung eingeräumt hat, Dorfleute
in allerliebsten, säubern Häuschen, in denen wir
für eine geringe Miethe Unterkunft erhalten
könnten."
„Pfui, wie abgeschmackt! Da käme ich freilich
aus dem Regen in die Traufe", unterbrach Frau
von Adrinowitsch die vor freudigem Eifer er-
glühte Rednerin.
„Schmutzige Dielen, abgenutzte Holzstühle und
elendes Essen, nebenbei, als Eratiszulage, blö-

schalls der Kaiserin Friedrich, des Frhrn. vo"
Reischach, gewesen sein, denn kaum war dieser vo"
hier nach Schloß Friedrichsberg abgereist, um dort
zum Geburtstage der Kronprinzessin Sophie von
Griechenland anwesend zu sein, als ihm sogleich
ein dringendes Telegramm nachzesandt wurde, so-
fort nach Berlin zurückzukehren, um vom Auditeur
vernommen zu werden. Gleich nach der Verhaf-
tung des Herrn v. Kotze machte der Schwager des
Frhrn. v. Reischach, Prinz Franz v. Ratibor,
Major im 1. Garde-Dragoner-Regiment, diesem
mittels Militärtelegraphie von der Verhaftung Mit-
theilung. Zwischen dem Grafen Hohenau und
dem Herrn v. Kotze soll in der jüngsten Zeit ein
sehr gespanntes Verhältniß bestanden haben, das
in einer Herausforderung zum Zweikampf den
Gipfel erreicht haben soll. Der Geforderte soll
der Graf Hohenau gewesen sein, und die Forderung
der Anlaß zu seiner Versetzung nach Hannover.
Als nun der Verdacht bezüglich des Urhebers der
annymen Briefe sich auf Herrn v. Kotze lenkte, soll
Graf Hohenau diesen als vermuthlichen Verfasser
der Briefe bezeikmet haben."
— Die Konferenz für internationales P r i v a t-
recht, die heute im Haag zusammentritt, ist die
zweite ihrer Art und die Fortsetzung jener, die auf
Anregung der niederländischen Regierung im Haag
getagt hat. Veitreten sind auf ihr Deutschland,
Frankreich, Oesterreich, Rußland, Italien, die
Schweiz, Belgien, Dänemark und einige andere
Staaten. Der Minister des Aeußeren Jonkheer
van Rctzll wird die Konferenz eröffnen. Die Mit-
glieder sind dieselben wie im vorigen Jahre, nur
daß Deutschland statt des Grafen Arco Valley den
Geheimen Legationsrath von Dirksen entsandt hat.
Zweiter Vertreter ist, wie die „Kr. Ztg." mittheilt,
der Geh. Rath Freiherr von Seckendorfs aus dem
Reichs Justizamt.
Karlsruhe, 27. Juni. Seine König!. Hoheit
der Großherzog ist heute Vormittag 11 Uhr,
Ihre König!. Hoheit die Großherzogin Nach-
mittags gegen 3 Uhr hier angekommen. Von 12
Uhr an nahm der Großherzog die Meldung der
nachverzeichneten Offiziere entgegen: des Haupt-
manns Bassenge, ü In suite des Infanterie-Regi-
ments Herwarth von Bittenfeld (1. Westfälischen)
Nr. 13, des Hauptmanns vonLilienhoff-Zwowitzki,
ä lu suite des 7. Rheinischen Infanterie-Regi-
ments Nr. 69, des Premierlieutenants v. Raumer
vom 6. Westfälischen Infanterie-Regiment Nr. 55,
sowie der Secondelieutenants Freiherr von Kleist
vom 3. Oberschlesischen Infanterie-Regiment Nr. <
62, von Bockelmann II. vom Füsilfer-Regiment
Generalfeldmarschall Graf Moltke (Schlesien Nr.
38), Schotte vom 2. Hessischen Infanterie-Regiment
Nr. 82 und Prang vom 6. Pommer'schen Jnfan-

kende Schafe, brüllende Kühe. Ja freilich, das
wäre etwas für u.eine Nerven!"
„Du vergißt die herrliche, ozonreiche Wald-
luft, den himmlischen Frieden und die auf ein
unzufriedenes Gemüth so wohlthuend wirkende hei-
lige Ruhe."
Die Baronin nickte dieses Mal sehr unge-
duldig mit dem Kopfe:
„Ich weiß genug und habe Mitleid mit
Deinen an Tollheit grenzenden Ideen. Du armes
Kind hast dort im langweiligen Einerlei die Füh-
lung mit der Welt'verloren und ich bereue es
tief, Dich solange ohne meinen mütterlichen Ein-
fluß gerade in einer Zeit gelassen zu haben, in
der die Entwicklung des Gemüthes und die Lebens-
anschauungen in Deinem Innern sich zu klären
anfingen. Unsere unglücklichen finanziellen Ver-
hältnisse einzig waren Schuld daran, daß ich Dich
zu den Leuten schickte. Frau Weißling mit ihrer
naiven Liza mag sich dort Wohler fühlen, allein
eine Baronin von Adrinowitsch würde in der Ein-
öde den Verstand verlieren."
„Mama," warf Olga vorwurfsvoll ein, „Frau
Oberförster Weißling ist eine geborene Gräfin
Kork, die Schw.'ster des reichen Rittergutsb sitzers."
„War, liebes Kind. Im Laufe der Jahre hat
die Frau sicher jede feinere Umgangsform abgestreift,
wie es eben nicht anders zu erwarten ist. Mit
den Wölfen muß man heulen, das heißt in diesem
Fall so viel wie: Unter Bauern werde ich selbst
ein Tölpel."
„Aber Mama, wenn die feingebildete, 'gütige
Frau Deine Ansichten hörte!" rief Olga fast er-
 
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