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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 131 - Nr. 140 (8. Juni - 19. Juni)
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Nummer 14«. H. Jahrgang.

Aeuev

Dienstag, 19. Jnni 1894.

General- G Anzeiger

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Expedition: ^bauptUrertze Mr. 25.

für Heidelberg und Umgegend
(Würger-Zeitung).

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JnsertionSprciö:
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für auswärtige Inserate 10 Pfg., bei öfterer Wieder-
holung entsprechender Rabatt.
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Expedition: ^nuptstrcrße Mr. 25.

Gelesenstes Blatt in Stadt u. Amt Heidelberg und Anrgegend. Grötzter Lrfslg für Inserate.

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Der Verlas des „Neuen General-Anzeigers",
Hauptstraße 25.

Die Gesetzgebung der nächsten Zeit.
Die allgemeine Aufmerksamkeit wendet sich
gegenwärtig der Frage zu, auf welchen Gebieten
in nächster Zeit gesetzgeberische Arbeiten zu er-
warten sind.
Von zwei Bevölkerungsklassen sind in letzter
Zeit Klagen laut und deutlich erhoben worden:
von den Landwirthen und den Handwerkern! Es
ist ganz natürlich, vielleicht eine Pflicht der Re-
gierung, daß sie auf gesetzgeberischem Wege Ab-
hilfe für die beklagten Mißstände zu schaffen
sucht.
Die einleitenden Verhandlungen zur eventuellen
Umgestaltung des Agrarrechtes haben in letzter Zeit
in Berlin bereits stattgesunden. Es war nicht
zu erwarten, daß durch diese Erörterungen tat-
sächliche Beschlüsse herbeigesührt würden, man
hatte im Vorhinein nur in Aussicht genommen,
die Richtungen sestzulegen, in welchen sich die
Umgestaltung des Agrarrechts bewegen sollen. Und
dieser Zweck ist erreicht. Die gesetzgeberische Lei-
stungen zu Gunsten der Landwirthschast werden
sich demgemäß hauptsächlich aus Verschuldung und
Erbfrage zu erstrecken haben.
Was die Gesetzgebung zu Gunsten des Hand-
werkes aubelangt, so ist zu erwähnen, daß sich das
Reich mit dem Plane trügt, eine Organisation
des Handwerkes herbeizusühren. Wenn es auch

Das Gespenst der Marquise.
Roman von Hermine Krankenstein.
67) (Fortsetzung.)
Das hübsche, kleine Zimmer war ganz dunkel,
bis auf das flackernde" Licht in Lady Dianas
Händen. Sie näherte sich dem niedrigen Bett und
neigte sich mit sehnsuchtsvoller Zärtlichkeit über die
Schläferin. Endlich beugte sie sich tiefer hinab,
drückte einen langen Kuß auf Bernice's Stirn und
verließ dann mit unterdrücktem Schluchzen das
Zimmer.
Seltsame Gedanken erfüllten und bewegten sie
während dieser ganzen Nacht, und sie konnte nicht
schlafen.
Den nächsten Tag brachte Lady Diana fast
ausschließlich mit Bernice zu, von deren Gesellschaft
sie ganz entzückt war.
Abends nach dem Speisen saß Lady Diana
in ihrem Salon, mit Lesen beschäftigt, als Herr
Tempest angemeldet wurde.
Lady Diana empfing Tempest mit einiger Ver-
legenheit. Er sah an diesem Abend auffallend
ernst und niedergeschlagen aus.
„Gehen Sie heute nicht auf den Ball zu Lady
Graham, Lady Diana?" fragte Herr Tempest.
„Ich habe gehört, das Fest soll großartig werden."
Lady Diana zuckte mit den Achseln.
„Lady Graham ladet alle ihre Freunde auf ein-
mal ein, um nicht so oft die Mühe zu haben",
sagte sie. „Ich für meinen Theil liebe die ge-
mischten Gesellschaften nicht. Ich ziehe es vor,
den Abend zu Hause zuzubringen, denn ein ruhiger
Abend thut nach so vielen Zerstreuungen wohl.

nahezu ausgeschlossen erscheint, die Jnnungshand-
werker und Nichtinnungshandwerker unter einen
Hut zu bringen, so ist doch begründete Aussicht
vorhanden, daß zwei andere, sür das Handwerk
höchst wichtige Gegenstände den Reichstag bald
nach seinem Zusammentritte zur nächsten Tagung
beschäftigen werden: die Ausdehnung der Nnsall-
versicherung auf das Handwerk und die Novelle zur
Gewerbeordnung.
So werden wenigstens zwei der Gesetzentwürfe,
welche eine Hebung des Handwerkes bezwecken,
unsere Volksvertretung im Reiche beschäftigen.
Wir verkennen durchaus nicht die Nothlage
der Landwirthschast und würden es von Herzen
wünschen, wenn jenem Theile der Bevölkerung, die
den gesunden Kern des Landes bildet, aus ihrer
jetzigen Kalamität herausgeholfen würde.
Wir verkennen aber auch nicht die große Noth-
lage des Kleinhandwerkers und finden es an der
Zeit, daß auch dieser Gruppe der Bevölkerung,
die nicht minder den Kitt des Staatswesens bildet,
hilfreich unter die Arme gegriffen werde, wenn
das Kleinhandwerk überhaupt nicht von der Bild-
fläche des öffentlichen Lebens verschwinden soll ....
Mögen deßhalb die verbündeten Regierungen
Licht und Schatten im gleichen Maße auf die
nothleidende Landwirthschast, das darniederliegende
Handwerk und den um seine Existenz ringenden
kleinen Mann Vertheilen!
Deutsche- Reich.
Berlin, 18. Juni.
— In Gegenwart des Kaisers und der Kaiserin,
der Prinzen, der Generalität, des Staatsministe-
riums, sowie der Spitzen der Behörden fand
gestern Vormittag halb 12 Uhr die Grundstein-
legung des Domes statt. Nach einer Fest-
ansprache verlas Hausminister Wedel die Stif-
tungsurkunde. Es folgten die üblichen Hammer-
schläge. Generalsuperintendent Faber sprach das
Schlußgebet und den Segen. Es folgte ein ge-
meinsamer Gesang der Gemeinde und schließlich
intonirte der Bläserchor das „Heil Dir im
Siegerkranz."
— Die Nativnalliberale Korrespondenz fordert
die Regierung auf, einen Handelsvertrag
mit den Vereinigten Staaten abzu-
schließen. Das gegenwärtige, auf zweifelhaftem
Rechtsboden stehende Verhältniß, gereiche in jeder
Beziehung zum Vortheile Amerikas, das der
Schmarotzer sei auf Ko st en von ganz
Europa. Ferner erinnert die Nationalliberale
Korrespondenz an die Ausbeutung der litterarischen
und künstlerischen Erzeugnisse durch die Vereinigten
Staaten.
— Die am 23. d. Mts. zusammentretende

„Gehen sie zu dem Feste?"
„Nein, Lady Diana", sagte Tempest ernst.
„Ich werde wohl auf gar keinen Ball mehr gehen.
Ich habe in London genug genossen, bin geehrt
und ausgezeichnet worden und will jetzt eine Ver-
änderung vornehmen, ich denke daran, in die Tar-
tarei zurückzukehren."
Er schaute sie durchdringend an und sah, daß
sie Plötzlich erbleichte.
„Ist das nicht übereilter Entschluß, Herr Tem-
pest?" fragte die Lady mit halbabgewandtem Ge-
sichte.
„O nein, Madame. Ich bin schon länger in
England geblieben, als ich eigentlich beabsichtigte.
Meine Geschäfte in England sind abgeschlossen.
Ich werde London wahrscheinlich noch diese Woche
verlassen und nie wieder zurückkebren. Mich fesselt
nichts an Großbritanien, ich werde mein Leben der
Wissenschaft weihen."
„Und glauben Sie darin ihr Glück zu finden?"
fragte Lady Diana etwas bitter.
„Glück nicht, Madame, aber Arbeit", antwortete
Tempest. „Mein heutiger Besuch bei Ihnen ist
vielleicht der letzte, den ich ihnen machen werde,
und ich fühle mich glücklich, Sie allein zu treffen.
Ich werde mich stets Ihrer Freundlichkeit erinnern
Lady Diana, und hoffe, daß Ihre Heirath mit Lord
Tentamour Sie glücklich machen wird."
Lady Diana's blasses Gesicht wurde glühend
roth.
„Sie sind von einem seltsamen Jrrthum be-
fangen, Herr Tempest", rief sie aus. „Ich denke
nicht an eine Heirath mit Lord Tentamour."
„Aber es wurde mir doch von vielen Seiten

Kommission für Arbeiter st ati st ik wird,
wenn sie an d>e Regelung der Arbeitszeit in den
Bäckereien herantritt, sich auch über die Frage
schlüssig zu machen haben, ob diese Regelung im
Wege des einfachen Bundesrathsbeschlusses erfolgen
kann oder ob es vor Erlaß der betreffenden Be-
stimmung der Zustimmung des Reichstags, also
eines förmlichen Gesetzentwurfs bedarf. Nach dem
Ergebnisse der amtlichen Erhebungen, welche sich
auf über 6000 Bäckereien erstreckten, ist es ja
fraglos, daß die in diesem Gewerbezweige herr-
schenden Zustände dringend ver Abhilfe bedürfen.
Zweifelhaft ist nur der formale Weg, der dabei
einzuschlagen sein wird. Nach 8 120s der Ge-
werbeordnung von 1891 hat der Bundesroth das
Recht, für solche Gewerbe, in welchen durch über-
mäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesund-
heit der Arbeiter gefährdet wird, Dauer, Beginn
und Ende der zulässigen täglichen Arbeitszeit und
der zu gewährenden Pausen vorzuschreiben und die
zur Durchführung dieser Vorschriften erforderlichen
Anordnungen zu treffen. Dem Reichstage ist bei
seinem nächsten Zusammentritt hiervon Kenntniß
zu geben. — Nun haben wohl die Erhebungen
ergeben, daß die Arbeitszeit in Bäckereien über-
mäßig lange ist, aber es sind besondere Nachtheile
für die Gesundheit nicht direkt konstatirt worden,
im Gegentheil bat ein schlechter Gesundheitszustand
nicht konstatirt werden können. Andererseits aber
muß zugegeben werden, daß die Arbeit der Bäcker
insofern eine besonders anstrengende ist, als sie in
die Nachtstunden fällt. Ein Vergleich mit der
Großindustrie, in welcher Tag- und Nachtschicht
eingeführt ist, wäre an und für sich schon unzu-
treffend ; es kommt aber noch hinzu, daß bei der
Industrie ein Wechsel der Arbeitschicht eingeführt
ist, sodaß nach jeder wöchentlichen Nachtschicht eine
Woche Tagesschicht folgt. Dieser Wohlthat können
die Bäckereiatbeiter, deren Beschäftigung jahraus
jahrein die Nacht hindurch währt, niemals zu
Theil werden. Es kann aus solchen Zuständen
ganz wohl geschlossen werden, daß auf die Dauer
„die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird", so-
mit dem Bundesrathe die Befugnisse aus 8 120s
der Gewerbeordnung hier zustehen. Wie gesagt,
wird die Kommission über diese formelle Seite der
Frage sich gleichfalls schlüssig zu machen habcn.
Ausland.
Wien, 17. Juni. Gegenüber einer Deputation
des katholischen Lehrerbundes äußerte Minister-
präsident Windischgrätz den Wunsch, daß die
Mitglieder des Vereins innerhalb ihres beruflichen
Wirkungskreises auf Erhaltung und Beförderung
des konfessionellen Friedens und Pflege der christ
lichen Nächstenliebe bedacht sein und sich von anti-
semitischen Bestrebungen fernhalten mögen.

gesagt, daß Sie Lord Tentamour heirathen würden,
Lady Diana?"
„Da Sie so viele Jahre in der Tartarei lebten,
Herr Tempest, will ich es entschuldigen, daß Sie
solchen Gerüchten Glauben schenkten. Zwar war
ich mit Lord Tentamour verlobt, aber ich entdeckte,
daß w r nicht zusammenpaßten und gab ihm seine
Freiheit wieder zurück."
„Nachdem Sie die Hingebung seiner besten
Lebensjahre angenommen hatten?" fragte Tempest
strenge.
„Hat Tentamour Sie zu mir geschickt, um für
ihn zu unterhandeln?" rief Lady Diana zornig
erröthend. „Ich habe Lord Tentamour's Hin-
gebung angenommen, mein Herr, nicht, weil ich
ihn liebte, sondern weil ich ganz allein auf der
Welt stand und Niemand batte, der sich um mich
kümmerte. Ich kannte ihn, als ich noch ein kleines
Mädchen war; damals liebte ich ihn, aber ich hei-
rathete Sir Rupert Northwick auf den Befehl meiner
Mutter und habe ihn, die gebührende Achtung und
Ehrerbietung nie versagt!' Aber Lord Tentamour
war es, der mein und meines Gatten Leben zer-
störte. Sir Rupert hatte keine Ahnung, daß meine
Mutter so verschuldet war und mich deßhalb ge-
zwungen hatte, ihn zu heirathen; ja, daß ich ihm
eigentlich wie eine Sklavin an den Meistbietenden
verkauft worden war, er hat das nie — nie er-
fahren — und doch —"
„Und doch, Lady Diana?"
„War ich schon mehrere Jahre verheirathet, als
Lord Tentamour kam, um mich zu sehen. Er war
schön und vornehm. Bei seinem Anblicke erwachte
die kindische Schulmädchenliebe für ihn wieder in

Pest, 17. Juni. Für den Posten des Acker
bauministers soll Staatssekretär Gromon aus
ersehen sein. Seine Ernennung steht angeblich
bevor. — Die Regierung acceptirte im Princip
den Tunnelbau unter der Donau behufs
Verbindung Pest und Ofens. — Der Minister
Andrassy behält das ihm angebotene Budapester
Abgcordneten-Mandat bei.
Rom, 17. Juni. Der „Italia" zufolge erhielt
Crispi zahlreiche Depeschen, in denen er zu der
glücklichen Errettung beglückwünscht wurde, aus
Paris, London, Madrid, Wien, Berlin. Der
deutsche Botschafter stattete dem Minister-
präsidenten einen Besuch im Namen des Kaisers
Wilhelm ab, um ihm dessen Bedauern über das
fluchwürdige Attentat und die Glückwünsche zur
Errettung auszudrücken. Ueberdies beglückwünschte
Lord Rosebery den italienischen Botschafter
in London zur Errettung Crispis. Reichskanzler
Graf Caprivi sandte Crispi ein Telegramm
folgenden Inhalts: „Ich habe mit größter Erregung
die Nachricht von dem Attentate erhalten, weites
ein ruchloser Mensch gegen Jbr Leben begangen
bat. Ich bin glücklich, zu hören, daß die gütige
Vorsehung Ihr für das Wohl Italiens und für
den Frieden Europas so kostbares Leben erhalten
hat. Ich bitte Sie, meine wärmsten Glückwünsche
entgegenzunehmen." Auch FürstBismarck hat
in seinem und im Namen seiner Familie der Ent-
rüstung über das Attentat Ausdruck gegeben und
die aufrichtigsten Glückwünsche übersandt.
Rom, 17. Juni. Der Attentäter, ein
anständig gekleideter, untersetzter Mensch, ist dem
„B. T." zufolge durch die Mißhandlungen der
Menge am ganzen Körper zerschunden ; sein Gesicht
ist mit Beulen bedeckt. Im Uebrigen ist er ein
wahrer Verbrechertypus mit niederer Stirn und
vorspringenden Backenknochen. Mit blödsinnig
blickenden Augen erklärte er bei seiner Vernehmung,
er habe Crispi tödten wollen, weil derselbe das
Haupt der die Armen mit bedrückenden Gesellschaft
sei. Er bedauere, daß die Todesstrafe aufgehoben
sei, da er gern für die Anarchie in den Tod ginge.
Brüssel, 18. Juni. Heute früh 3 Uhr fand
im Hause Rue Royal eine gewaltige Erplosion
statt. Das gesammte Innere wurde zerstört, die
Nachbarhäuser beschädigt, die Straßen mit Trümmer-
stücken bedeckt. Die Polizei und Feuerwehrmann-
schaften suchten mittels Leitern in das Innere des
Hauses unzudringen. Es ist noch nicht festge-
stellt, ob Menschen durch die Erplosion verun-
glückt sind.
Antwerpen, 18. Juni. Der Präsident der
deutschen Abtheilung der Ausstellung
De Barry gab gestern Abend ein Diner, an dem
der Minister Graf Merode und der deutsche Ge-
mir. Er machte mir Vorwürfe, daß ich Sir
Rupert nur seines Reichthums und seiner Stellung
halber geheirathet, und daß ich bald wahnsinnig
vor Verzweiflung sei. Ich kann Ihnen gar nichr
sagen, Herr Tempest, was Tentamour und ich in
unserer Verzweiflung Alles sprachen; aber endlich
erwachte das Pflichtgefühl in mir, und ich schickte
ihn fort mit der Erklärung, daß er nie wiedet
kommen dürfte — und daß ich dem Gatten dem
ich verkauft, treu bleiben wolle. Er redete mir zu
mit ihm zu entfliehen — aber ich wies die Be-
schimpfung entrüstet zurück. Er ging fort, und ich
ging auf mein Zimmer, und da entdeckte ich, daß
mein Gatte inzwischen nach Hause gekommen war,
mein Gespräch mit Tentamour gehört batte, daß
er fortgegangen war und unser Kind mit sich ge-
nommen hatte. — Ich verdiente diese Strafe, aber
— sie war schrecklich! Mein liebes, armes Kind!
Ich habe seit jenem Tage darum getrauert und
konnte bis heute noch keinen Trost finden!"
„Und haben Sie um Ihren Gatten auch ge-
trauert?" fragte Mr. Tempest.
„Nein, nein — ich habe ihn nie geliebt, aber
ich bemitleidete ihn wirklich von ganzem Herzem.
Er starb bald darauf; seine Schwester Frau Mol-
queur, welche seither auch gestorben ist, erzählte mir
es, und das Kind — mein armes, armes Kind,
starb gleichfalls; ich weiß nicht einmal, wo es be-
graben liegt. Ein Jahr war bereits seit dem Ver-
schwinden meines Kindes und meines Gatten ver-
flossen, ehe ich Lord Tentamour wieder sah. Nach-
dem ich erfahren, daß Sir Ruppert gestorben, ver-
lobte ich mich mit ihm, um ihn für das, was er
für mich gelitten, zu entschädigen. Aber bald nach
 
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