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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 131 - Nr. 140 (8. Juni - 19. Juni)
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sandte theilnahmen. Te Barry toastete auf den!
König, Graf Merode dankte den Deutschen in!
deutscher Sprache für die Betheiligung an dec
Ausstellung und brachte ein Hoch auf den deutschen
Kaiser aus.
London, 16. Juni. Das Oberhaus ver-
warf mit 129 gegen 120 Stimmen die zweite
Lesung der Bill, welche die Ehe mit der Schwester
der verstorbenen Frau legalisiert. — Der Groß-
fürst Thronfolger wird nach seiner Ankunft
dem Prinzen und der Prinzessin von Wales einen
kurzen Besuch abstatten und dann zu längerem
Aufenthalte nach Walton on Thamse sich begeben.
Badischer Landtag
Karlsruhe, 18. Juni.
98. öffentliche Sitzung der Zweiten Kammer
unter dem Vorsitz des Präsidenten Gönner.
Am Regierungstisch: Staatsminister Geh. Dr.
Nokk und Ministerialrath Hübsch.
Präsident Gönner eröffnet die Sitzung um
Uhr.
Abg. Fischer (Zentr.) verwahrt sich gegen
die Samstagsrede des sozialistischen Abgeordneten
Nüdt; solche Ausführungen seien in einem deutschen
Parlamente noch nicht gehört worden. Was habe
es für einen Sinn, in 15 Jahrhunderten alles
zusammenzusuchen, was gegen die Kloster spreche?
Die liberale Partei solle Gerechtigkeit und Dul-
dung walten lassen und namentlich das israe-
litische Mitglied des Hauses (Ladenburg) habe
allen Grund, keinen Ausnahmegesetzen seine Stimme
zu geben. Das Missionsverbot sei — das habe
ja auch der Staatsminister anerkannt — that-
sächlich undurchführbar und dies würde sich sofort
zeigen, wenn die katholische Bevölkerung, was sie
bisher nicht gethan, zum aktiven Widerstand über-
gehen, d. h. eine Ordensmission vornehmen lassen
würde. (Der Präsident warnt im Lause der Rede
vor Kundgebungen seitens der Gallerte.)
Abg. Kiefer (nat.-lib.) nimmt für die libe-
rale Partei das Recht in Anspruch, ihrer Ueber-
zeugung ebenso entschiedenen Ausdruck zu geben,
wie die andere Seite des Hauses dies thue. Die
Rede des Abgeordneten Rüdt, die auf der liberalen
Seite des Hauses nicht gefiel, sei hervorgerufen
worden durch die überschwengliche Lobpreisung des
Männerordens von der anderen Seite. Bei dem
Centrum sei an die Stelle der politischen Be-
sonnenheit ein gewisser Fanatismus getreten und
die f/ühereu Führer der Partei hätten es erfahren,
wie schwer mit dem Abg. Wacker auszukommen
sei. Auch die Regierung habe es erprobt, daß in
Zeiten des kirchen-politischen Zwiespalts die Ein-
wirkung der Geistlichen, insbesondere auf die länd-
liche Bevölkerung, gewisse Gefahren in sich schließe.
Redner geht sodann näher ein auf die Stellung
der heutigen katholischen Kirchcnlehre zur gemischten
Ehe und auf die eigentümlichen Aeußerungen des
Abg. Wacker über die Bedeutung der bürgerlichen
Eheschließung. In der Thätigkeit der Orden im
Gebiete eines Landes mit konfessionell-gemischter
Bevölkerung liege eine gewisse Gefahr des
Unfriedens, die sich aus dem niemals aufgegebenen
Anspruch der Kirche erklärt, die Protestanten als
abgefallene und wieder zu gewinnende Katholiken
zu'behandeln. Die Unfehlbarkeits-Idee, von der
heute die Kirche beherrscht werde, habe man früher
als eine protestantische Verdächtigung behandelt.
Abg. Neumann (Zentr.) beschwört das Haus,
dem Appell Kieser's uicht stattzugeben. Denn
wenn dieser Geist mächtig würde, dann erbarme
sich Gott unseres Vaterlandes. (Oho! bei den
Nationalliberalen.) Dann würde der frische Kultur-
kampf beginnen, nachdem doch die Zeit begonnen,
wo man bestrebt war die Wunden zu heilen.
Namens einiger Freunde erklärte er, daß er auf
den Ordensantrag mit der Verunzierung durch
Rüdt keinen Werth mehr lege- Man könne auch
von dem zweiten Antrag befriedigt sein. Es
widerstrebe ihm, ein Geschenk aus der Hand des
Abg. Rüdt entgegenzunehmen und könne deßhalb

nicht sür den Gesetzentwurf stimmen. Die Andern,
die das thun, thun es eben, um überhaupt etwas
zu Stande zu bringen. Die Schmähungen gegen
die kath. Kirche nöthigten ihn noch zu einigen
Ausführungen.
Der Präsident erklärt den Ausdruck
„Schmähungen" nicht für zulässig. Es seien von
Seiten der Abgg. Rüdt und Fieser keine Schmäh-
ungen gefallen. Es könne ein Abgeordneter Aeuße-
rungcn subjektiv als Schmähung empfinden, allein
man dürfe das nicht aussprechen.
Abg. Neumann (fortsahrend): Er gebe das
vollständig zu. Das Präsidium habe keinen An-
laß gehabt, einzuschreiten, allein manches Wort
habe doch ties schmerzen müssen. Der Papst hasse
die Protestanten nicht. Die Protestanten seien durch
die Taufe Christen und deßhalb seien sie'auch des
Papstes. RednervertheidigtgsgenüberRüdtdie Mönche,
welche ihre Mußestunden besser zugebracht hätten,
als der Abg. Nüdt. Baumstark, den Kiefer ange-
rufen habe, sei gerade ein Zeuge für die Orden.
Redner verliest ein Lob der Orden durch Baum-
stark. Es sei möglich, daß selbst der zweite An-
trag falle, aber das wäre die beste Wahlparole.
Und wenn auch seine Partei im Hause wieder
zurückgehen sollte, so würden Zeiten kommen, wo
Männer auf Seite der Nationalliberalen die Fahne
wieder aufgreifen, die Sie uns entrissen, Männer
wie Winterer und v. Neubronn im Jahre 1888.
Redner schließt mit einem Zitat aus einer Rede
des Benediklinerabts Sauter von Emaus, gehalten
in einer Rede in Freiburg. (Beifall im Zentrum.)
Abg. Schumann (freis.): Vom Reichsstand-
punkt aus könne man nicht nur den Zentrums-
anträgen zustimmcn, sondern müsse es auch tbun.
Äbg. Reichert (Ztr.) hält den Abgg. Kiefer
und Fieser das Beispiel des Reichstages bei den
Jesuitendebatten vor Augen. Wenn Fieser von
Bändern und Gürteln gesprochen habe, so gebe es
Orden und Kreuzchen, die eine Gesinnungsänderung
hervorbringen, noch ehe der Mann dieselben an
der Brust hängen hat. (Heiterkeit.)
Abg.Fi eser (nat.-lib.): Nomina sunt oäiosu!
Abg. Reichert: Ich habe keinen Namen ge-
nannt. (Heiterkeit.) Jetzt wolle er aber einen nennen.
Es scheine ibm, als ob der Abg. Fieser vom Abg.
Rüdt einen kleinen Stern erhalten habe. (Heiter-
keit.) Redner polemisirt gegen Leimbach und Rüdt
und führt gegen Letzteren ein Urtheil des bekannten
Dr. med. Damm in Wiesbaden, des bekannten
Vorkämpfers gegen die Degeneration und gewisse
Erscheinungen, in welchen Damm die Ursache der-
selben erblickt, in's Feld; was da stehe, wolle er
nicht vorlesen, es lasse sich auch nicht vorlesen.
Wenn das aber wahr sei, was dort von der
Sozialdemokratie gesagt werde, so sei Rüdt am
wenigsten berufen, den Sittenrichter zu spielen.
(Abg. Wacker: Er ist's auch sonst nicht.)
Verletzen müsse es, daß Das, was den Walachen
und Russen in Baden-Baden gestattet sei, den
Katholiken verboten sein solle. Durch die Nicht
Zulassung der Orden setze man sich mit der Reichs-
politik in Widerspruch. Den Vätern vom heil-
Geist seien Niederlassungen gestattet, auch in
Deutsch-Afrika. Die von ihm mitunterzeichnete
Erklärung von 1886 habe der momentanen Lage
entsprochen. Das Entgegenkommen der Regierung
sei aber von den Nationalliberalen vereitelt worden
und da seien ihnen die Augen aufgegangen. Heute
Morgen habe ihm in der Kreisausfchußsitzung in
Baden Lender erklärt, daß er mit den Anträgen,
die jetzt dem Hause volliegen, ganz einverstanden
sei. Man werde es nicht erleben, daß Einer vom
Zentrum sich trenne. (Beifall im Zentrum.)
An der weiteren Debatte bethelligcn sich die
Abgg. Lauck, Gerber, Dreesbach, Birken-
mayer und der Berichterstatter, Abg. Wacker.

Aus Wuy und Jern.
* Mannheim, 18. Mai. Im Konkurse Gebr.
Nadenheim wird der Konkursverwalter im Laufe
des Juli au die Gläubiger 60 pCt. ihres Gut-

habens zur Vertbeilung bringen. Es sind noch
verschiedene kleinere Prozesse im Gange, von deren
Ausgange die Höhe der Restzahlung abhängig ist.
* Mannheim, 18. Juni. Gestern Nachmittag
machten sich einige Knaben in einem im Verbindungs-
kanal angekettelen Nachen zu schaffen. Einer der-
selben, welcher im Alter von 5 Jadren steht, bekam
das Uebergewicht und stürzte in das Wasser. Als
die anderen älteren Spielgenossen dies wahrnahmen,
verließen sie aus Angst den Nachen und sprangen
davon. Ein acht Jahre alter Bruder des ins Wasser
Gefallenen bemerkte diese Szene von der Brücke
des Verbindungskanals aus; er eilte sofort hinab
und es gelang ihm, von dmi Nachen aus das dem
Ertrinken nahe Brüderchen noch zu fassen und so
lange über Wasser zu halten, bis ein Schiffer den
Knaben aus dem Wasser herausgezogen hatte, wo-
zu dem achtjährigen Knaben die Kraft ermangelte.
Immerhin ist die Errettupg des Brüderchens nur
seinem entschlossenen Eingreifen zuzuschreiben. —- In
einer Wirthschaft in 6l 5 warf gestern ein Taglöhner
der daselbst bediensteten Köchin ein Glas an den
Kopf, wodurch dieselbe Verletzungen davon getragen
und ins Allgemeine Krankenhaus ausgenommen
werden mußte.
' Blankenloch, (Amt Karlsruhe), 17. Juni.
Der ledige Emil Schucker von hier, der in Karls-
ruhe in Diensten stand und sich in nächster Zeit
wegen Bedrobung vor dem Gericht verantworten
sollte, entfernte sich dieser Tage, behob in Karlsruhe
einen noch fälligen Arbeitslohn von verhältnißmäßig
hohem Betrage und verschwand dann spurlos. Aus
Langenbrücken ist nun die Nachricht eingetroffen,
daß sich Schucker daselbst erhängt hat. Derselbe
hinterläßt hier eine alte, arme Mutter.
* Philippsburg, 16. Juni. Heute zur Mittag-
stunde stürzte dahier ein Keller und die linke
Giebelwand des Wohnhauses ff Fried. Braun ein.
Das Haus liegt am Ende der Waghäuseler Straße,
ist etwa 1872 erbaut und stand 1877 beim Damm-
bruch bis zu bedeutender Höhe unter Wasser.
* Freiburg, 15. Juni. Ein frecher, räu-
berischer Ueberfall wurde im Aborte des hiesigen
Bahnhofes verübt. Ein Herr «rhielt von einem
schon vorher darin befindlichen Manne von hinten
einen Schlag auf den Kopf, daß er halb betäubt
momentan zu Boden stürzte, aber noch laut um
Hilfe rufen konnte. Der Thäter suchte sofort zu
entfliehen, konnte aber noch angehalten und ver-
haftet werden. Die sofort eingeleitete Untersuchung
ergab, daß der Schlag mit einem etwa faust-
großen scharfkantigen Wacken ausgeführt wurde;
außerdem hatte der Thäter noch eine etwa 2 Cent,
große Wunde auf dem Hinteren Theil des Schädels.
Nur dem Umstande, daß er einen weichen Filz-
hut trug, hatte der Ueberfallene es zu verdanken,
daß er nicht durch den anscheinend mit kolossaler
Wucht geführten Schlag ganz betäubt wurde und
ausgeraubt werden konnte. Der Thäter ist ein erst
kurz vorher aus dem Zuchthaus entlassener
Sträfling
* Bräunlinge» (Amt Donaueschingen), 17.
Juni. Gestern wurde im hiesigen Gemeindewalde
der ledige M. Schrenk von Mistelbrunn im Blute
liegend unter einem beladenen Holzsuhrwerke aus-
gesunden. Durch einen bis jetzt noch unauf-
geklärten Umstand mußte derselbe unter den Wagen
gekommen sein und wurden ihm beide Beine ab-
gefahren. Der Verunglückte befindet sich im hie-
sigen Spitale in ärztlicher Behandlung.
* Aus Oberfranken, 15. Juni. Der 13
Jahre alte Sobn, Rr des Mordes an dem Förster
Birnstiehl zu Brennersgrün verdächtigen Schiefer-
arbeiters Franke, der sich mit seinem Vater in
Untersuchungshaft befindet, hat dieThat eingestanden.
Ec gibt an, er und sein Vater seien von Birnstiehl
beim Wildern überrascht worden. Es kam zum
Handgemenge, wabei Franke unten zu liegen kam.
Er rief seinem Sohne zu, er möge schießen. Der
junge Franke that das aus nächster Nähe und
Birnstiehl wälzte sich schwer verwundet am Boden.
Der ältere Franke schlug den Förster dann mit dem

der Verlobung geriethen wir in Zwiespalt; er war
sehr-ifersichtig und das machte mich kalt und bitter.
Ich glaube jetzt, daß ich ihn nie geliebt Habs, und
ich weigerte mich endlich, eine zweite Ehe ohne
Liebe einzugehen. Habe ich mich nun in Ihren
Augen gerechtfertigt, Herr Tempest, daß ich meine
Verlobung mit Lord Tentamour abgebrochen
habe?" Ich wollte nicht das Unrecht begehen und
zum zweiten Malt ohne Liebe heirathen. Uebrigens
ist Lord Tentamour's Liebe zum mir sehr selbst-
süchtiger Natur und ich bin überzeugt, wenn ich
arm und unbekannt wäre, er würde sich nicht um
mich kümmern."
„Sie sind im Recht, -ady Diana, in jedem
Falle ist es besser, gar flicht zu heirathen, als
dies ohne Liebe zu thun.
Er schwiea nach diesen Worten und sah nach-
denklich vor sich nieder. „
„Ihre vertrauliche Mfltheilung, hob Tempest
nach einer Pause an, „hat mich hochgeehrt, aber
auch zugleich ermuthigt, Ihnen ein Gestandmsi zu
machen, das ich bisher nicht über meine Lippen
brachte." .
Ueberrascht blickte Lady Diana zum dem
Sprecher empor und eine tiefe Röths überzog ihr
Antlitz. ,
„Lady Diana," fuhr Tempest, ihre Hand er-
greifend, fort. „Sie waren stets sehr freundlich
gegen mich. War ich nur das Opfer einer Laune,
oder habe ich mich getäuscht? Ich bin ein ein-
samer, trauriger, verbitterter Mann, aber ich liebe
Sie von ganzem Herzen, wollen Sie meine Gattin
werden?"
Lady Diana erschrack. Trotz ihre Erfahrungen

wurde sie von dieser Erklärung überrascht. Sie
erröthete und erbleichte wie ein junges Mädchen,
dann senkte sie schüchtern und verschämt die Augen.
Tempest's Gesicht leuchtete auf wie verklärt.
Er schlug einen Arm um sie, zog sie an sich und
sagte:
„Diana liebst Du mich?"
„Ja," flüsterte sie sanft und scheu, „ich liebe
Dich mehr als mein Leben!"
„Mehr, als Du Tentamour geliebt hast?"
„Das war eine jugendliche Schwärmerei. Ich
liebe Dich mit der ganzen Kraft meiner Seele,
wie ich nie geliebt habe. Und Du?"
„Du bist mein Leben, meine Seele!" rief
Tempest leidenschaftlich. „Bist Du aber auch
sicher, daß Du mich um meiner selbst willen liebst,
Diana?"
„Du thust mir weh, Du meinst, weil ich Sir
Rupert seines Reichthums halber geheirathet. Doch
dazu wurde ich ja gezwungen! Aber ich, habe ge-
nug für uns Beide, und ich bin glücklich, daß Du
arm bist, da ich Dir so meine Uneigennützigkeit
beweisen kann."
»Du hast mir Dein Geständniß gemacht,"
tagte Tempest nach einer Pause, höre jetzt das
memige. Unsere Geschichten sind einander ähn-
bm verheirathet gewesen."
hörte davon!"
„Auch meine Frau heirathete mich meines
Vermögens halber," fuhr Tempest fort. Ich hörte
ein Gespräch, das sie mit ihrem Geliebten führte,
welches genau so lautete, wie das, welches einst
zwischen Dir und Lord Tentamour stattfand. Ich
hörte meine Frau sagen, daß sie mich Haffe, daß

mich nur meines Geldes halber geheirathet habe,
ich hörte, wie ihr Geliebter ihr den Vorschlag
machte, mit ihm zu entfliehen. Ach, ich glaube,
ich war wahnsinnig! Ich schlich die Treppe hin-
auf, auf mein Zimmer, und schrieb ihr einen
Brief, daß ich Alles gehört habe; ich ging in die
Kinderstube, ergriff mein Kind und entfloh mit
ihm —"
„Barmherziger Gott!" rief Lady Diana in
banger Ahnung.
„Ich verließ England, gab das Kind in fremde
Hände und ging dann in die Tartarei, wo ich
seither geblieben bin. In diesem Jahre kehrte ich
zurück, um meine Tochter zu suchen, fand sie aber
todt; dann sah ich Dich, liebte Dich und gewann
Deine Liebe! Diana, mein wirklicher Name ist
uicht Tempest, mein Name ist Sir Rupert North-
wick!"
Es entstand ein banges, tiefes Stillschweigen.
Lady Diana knickte wie gebrochen vor ihm zu-
sammen. Sie erkannte ihn jetzt, obgleich sie bis
jetzt noch uicht geahnt hatte, wer er sei. Sie
glaubte, daß er ihre Liebe gewonnen habe, um
sie zu verhöhnen, um sich an ihr zu rächen, und
es schnürte ihr das Herz vor namenlosem Weh
zusammen. Sie schaute zu ihm auf, aber sein
Gesicht war streng und furchtbar wie das eines
Richters.
„Diana!" rief er ihr leise zu.
Sie schaute wieder auf. Die Strenge war
aus seinen Zügen gewichen, wie der Schnee vor
der Sonne schmilzt. Er schaute sie an mit einem
Ausdrucke unvergänglicher Liebe und sehnsüchtiger
Zärtlichkeit.

Gewehrkolben todt, worauf Vater und Sohn die
Flinte vergruben. Eine an Ort und Stelle an-
gestellte 'Nachforschung bat die Mordwaffe, eine ab-
geschraubte Stockflinte, zu Tage gebracht, an der
noch Blut und Haare des Ermordeten klebten.
" Crefeld, 17. Juni. Der Luftschiffer L a t t e-
mann ist lt. „Fr. Ztg." heute in der Central-
halle beim Absturz nnt dem Fallschirm verun-
glückt.
* Troppau, 18. Juni. Nach den gestrigen Er-
bebungen ist die Anzahl der toten Bergleute in
Karmin auf 232 flftgestcllt. Bei den Rettungs-
arbeiten gab es, 35 Verunglückte, dann 25 Tote.
128 von den Opflrn waren verheiratet. Das
Leichenbegängnis ist nachmittags. Die Hinterbliebene
erkalten aus den Bruderladen uno außerdem vow
Grafen Larisch Versorgung.
* Troppau, 17. Juni. In zahlreichen Ge-
meinden ist Hochwasser eingetreten. Drei Weichsel-
brücken sind bereits weggerisfen, die Eifenbahn-
brücke bei Teschm ist gefährdet. Das Hochwasser
der Oder erreichte 4 Meter über Null. Die
Brücken in Karusin, Darkau und Konkolna sind
gesperrt und die Kommunikation unterbrochen.
Die Gemeinden Niosek und Rukojetz haben stark
gelitten; zahlreiche Felder sind überschwemmt. Die
Stadt Schwarzwasser, sowie die umliegenden Ge-
meinden sind in höchster Wassersgefahr. Eine
Kompagnie Infanterie, sowie eine Abtheilung
Feuerwehr sind dahin abgegangen. Seit heute
früh hat der Regen nachgelassen, das Wasser füllt.
* London, 17. Juni. Der Dampfer des
„Norddeutschen Lloyd" „Stuttgart", mit 533 Fahr-
gästen seit 14. d. M. auf der Fahrt von Bremen
nach Baltimore, rannte gestern Nacht bei dichtem
Nebel eine halbe Stunde östlich von Star Point
auf. Der auf der Heimreise befindliche Llovddam-
pfer.Gera" befreite heute Abend die „Stuttgart",
die bebufs Untersuchung in Dartmouth eingelaufen
ist. (Nach einem Telegramm des W. T. B- wurde
die „Stuttgart", von dem Schwesterschiff „Gera"
gdschleppt, Nachmittags flott und setzte unbeschädigt
die Weiterreise fort.) __
Wermischtes.
— Der Münchner Radfahrer Fischer, der
Sieger im Rennen Mailand-München, wird seinen
unsinnigen, entarteten Sport uicht mehr lauge
treiben. Während der Fahrt herrschte miserables
Wetter, bisweilen schneite es sogar, die Straßen
waren mitunter halsbrecherisch, trotzdem durch-
leuchte Fischer in der Stunde durchschnittlich 20
Kilometer. Zwischen Kufstein und München
wandelte ibn eine Ohnmacht an. Doch bezwang
er sich und gewann den ersten Preis. Lunge uno
Herz müssen bei solchen Strapazen erkranken und
wenn sie aus Panzerstahl wären.
— Der Simson Abs ist in Mainz von einem
Dänen Bech-Olsen geworfen worden.
— lieber der Jenaer Studentenschaft waltet
im Jahre 1894 ein Unstern. Anfang des Jabres
verlor ein Student aus Berlin, der einzige Sohn
seiner Eltern, infolge einer Mensur durch eine Blut-
vergiftung sein Leben. Ein anderer Student aus
Eisenach, ebenfalls ein einziger Sohn, erlitt vor kurzem
einen qualvollen >erbrennungstod, da er, vom Schlaf
übermannt, das Licht auszulöschen unterließ, das die
Kleider des jungen Mannes in Brand setzte. Am
9. ds. drang dem in Jena studierenden Sohn des
Landgerichtsdirekiors Graf in Eisenach beim Fechten
die Spitze eines Rappiers in das Auge, das sofort
auslief; auch das linke ohnehin schwache Auge ist
gefährdet. Augenblicklich liegt der Sohn des Steuer-
direktors Wolfram von Aachen in Lebensgefahr, da
ihm bei einer Leichensektion in der Anatomie ein
wenig Leichengift in eine kleine Wunde der Hand
gedrungen ist. Die Rettung des schwer gefährdeten
Ledens steht noch in Frage.
— Heuer werden es achtzig Jabre, seit die Näh-
maschine erfunden wurde. Der Erfinder war dec
in Wien aryässige, aus Kufstein in Tyrol gebürtige
Schneidermeister Joseph Marderperger, der nach
siebenjährigen Versuchen ein Triebwerk konstruierte,

„Komm' zu mir, Diana," sagte er noch sanfter,
„komm' zu mir, mein süßes Weib, das ich mic
gewonnen. Komm' in Deine rechtmäßige Hei-
math."
Mit einem lauten Freudenschrei warf sich Lady
Diana an seine Brust.
(Fortsetzung folgt.)

- Mit und ohne „e". Aus Philologenkreisev
war unlügst darauf hingewiesen worden, daß die deutsch^
Sprache zu viel „e" enthielte. Dazu macht der "Ult"'
jetzt folgende Glossen:
Mit lauter e's.
Jeden Menschen schreckt er jetzt.
Federhelden zetern Weh!
Setzer, Leser steh'n entsetzt
Wegen jener Menge „e",
Welche jedes Werk bevecken,
Selbst Gelehrte, Kenner necken. —
Jeder Text stehet verhext,
Jedes Heftchen e-verkleckst.
Wer kennt Reden, denen's fehlt ?
Wer den Versfex, der's verhehlt? —
Welche Regeln, welche Lehren
Werden jenem Krempel wehren?
Schnell versteh' der edle Retter,
Welcher vehement zerschmetter'
Jene schlecht verwendete,
Mehr denn je verschwendete,
Kecke, welsch-vermessene,
Besser jetzt vergessene,
Streng verfemte Letter?!

* Die größte Dummheit. Student (zu
einem Andern): „Du, denke Dir nur, gesteru war
ich angeheitert und hab' eine unglaubliche Dumm-
heit gemacht!" — „Wieso?" — „Ich hab'
Schulden gezahlt!"
 
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