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Neuer General-Anzeiger: für Heidelberg und Umgegend ; (Bürger-Zeitung) (2) — 1894

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Nr. 91 - Nr. 100 (19. April - 30. April)
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Richt mehr gezwungen sein, bei gewissen Gelegen-
heiten als einfacher Prinz von Kobnrg in Zivil-
kleidung aufzutreten. Sein Stolz sei namentlich
durch die Ausschließung von der Hochzeitsgesellschaft
gekränkt worden.
Badischer Landtag.
Karlsruhe, 26. April.
71. öffentliche Sitzung der Zweiten Kammer.
Am Regierungstisch: Ministerialpräsident Dr.
Buchenberger, Ministerialdirektor Seubert
und Ministerialrath Schoch.
Präsident Gönner eröffnet die Sitzung um
41/4 Chr.
Vor Eintritt in die Tagesordnung erklärt Mi-
nisterialdirektor Seubert mit Bezug auf die
seinerzeitigen Ausführungen des Abg. Dreesbach
(Soz.) über die Verhälnisse im Mann-
heimer Zollhafen u. s. f.: Die von der Re-
gierung eingeleitete Untersuchung sei in Bezug auf
dir Lagerhausgesellschaft und ihren Direktor voll-
ständig abgeschlossen und habe die Ueberzeugung
gebracht, daß nichts vorliegt, was als Gefährdung
von Zollinteress-n oder gar als Hinterziehung an-
gesehen werden könnte. Er freue fich dessen mit
Rücksicht sowohl auf die Handelstätigkeit in Mann-
heim, wie auf die Organe der Regierung. Was
den früheren Angestellten der Zollverwaltung be-
treffe, so habe sich dessen völlige Schuldlosigkeit be-
züglich aller der Punkte herausgestellt, die als eine
Hinterziehung oder auch nur als Versuch einer
solchen angesehen werden könnten. Der Betreffende
habe es nur mit der Handhabung der formellen
Vorschriften der Zollverwaltung nicht ganz genau
genommen und deßhalb habe man ihn nicht mehr
behalten. Daß ihn die Lagerhausverwaltung ver-
wendet, ist ihr Recht. Bezüglich der Beschul-
digungen gegen die Arbeiterobmänner sei die Unter-
suchung noch nicht ganz abgeschlossen. Die Zeugen
seien tbeilweise vernommen. In einigen Fällen
seien Verfehlungen gegen formale Vorschriften fest-
gestellt worden, in keinem Fall aber eine. Hinter-
ziehung von Zoll auch nur der Versuch einer
solchen. Die Untersuchung, an der die Regierung
selbst das größte Interesse habe, werde fortgesetzt.
In die Lohnverhältnisse stehe der Zollverwaltung
eine weitgehende Einmischung nicht zu. Doch sollen
sie eingehend geprüft werden. Jedenfalls sei der
Wunsch der Arbeiter berechtigt, in die Art der
Akkordberechnung Einblick zu bekommen. Das
Hauptzollamt werde mit der Handelskammer in's
Benehmen hierüber treten.
Abg. Dreesbach (Soz.): Er habe die Lager-
bausgesellschaft nicht direkt beschuldigt. Bei den
Vernehmungen der Arbeiter habe man die Arbeit-
geber zugezogen und nun sei am Samstag eine
Anzahl Arbeiter entlassen worden. Er hoffe, daß
in Zukunft die Arbeitgeber nicht mehr zugezogen
werden. (Schluß folgt.)

Aus WcrH unö Jenr.
Amtliches.
Nachbenannte Zöglinge des 3. Kurses des Lehrer-
seminars II in Karlsruhe wurden nach bestandener Ab-
gangsprüfung unter dre Volksschulkandidaten ausge-
nommen: Bähr, Adam, vonSpechbach, Geiß, Peter,
von Zeuthern, Hagmaier, Otto, von Waldangelloch,
Mattern, Emil, von Sandhausen, Noe, Albert, von
Neckarwimmersbach, Salzgeber, Wilhelm, vonDais-
bach, Schellmaier, Georg, von Altenbach undWalck,
Ludwig, von Helmstadt. Henninger, Oskar, Ge-
werbeschulkandidat an der Gewerbeschule in Mannheim,
wird Gewerbelehrer (Gehaltskl. H) an dieser Anstalt.
Volksschulen. Versetzungen und Ernennungen:
Bender, Damian, Unterlehrer, von Mörsch nach
Schatthausen, A. Wiesloch, Ernst, Edmund, Unter!.,
von Schriesheim nach Mannheim, Fettig, Karl Fried.,
Unterlehrer in Reichenbach, A. Offenburg, als Hilfs-
lehrer nach Schönau, A. Heidelberg, Küth er, Max,
Schulkandidat, als Hilfslehrer nach Eberbach, Lutz,
Hugo, als Unterlehrer nach Neuenheim, Säuer, Otto,
Hilfslehrer nach Altlußheim, Amt Schwetzingen.
Diensterledigungen: Acht Hauptlehrerstellen an
der erweiterten Volksschule zu Mannheim, bezüglich deren
das Recht der Besetzung dem Stadtrath in Mannheim
zusteht. Hauptlehrerstellen an den Volksschulen zu:

Fahrenbach, A, Mosbach (eine Stelle); Waldshut,
(eine Stelle.) Hauptlehrerstellen für Lehrer katholischen
Bekenntnisses an den Volksschulen der Gemeinden:
Beenden, A. Bonndorf, Dundenheim, A. Lahr, Geschwend,
Amt Schönau, Halberstung, Amt Baden, Hattingen,
Amt Engen, Heudorf Amt Stockach, Hierbach,
A. St. Blasien, Inzlingen, A. Lörrach, Kleinherrischwand,
A. Säckingen, Klengen, A. Villingen, Kürzell. A. Lahr,
Littenweiler. A. Freiburg, Mauchen, Amt Bonndorf.
Oedsbach, A. Oberkirch, Roth, A. Wiesloch, Stockach,
Unzhurst, A. Bühl, Urach, A. Neustadt, Zastler, A.
Freiburg. Hauptlehrerstellen für Lehrer evangelischen
Bekenntnisses an den Volksschulen der Gemeinden:
Allmannsweier, A. Lahr, Gochsheim, A. Bretten, Hed-
desbach, A. Heidelberg, Ittersbach, A- Pforzheim,
Münzesheim, A. Bretten, Oberkiruach, A- Villmgen,
Rheinau, A. Schwetzingen, Sitzenkirch, A. Müllheim,
Spöck, A. Karlsruhe, Waldkatzenbach, A. Eberbach,
Waldwimmersbach, A. Heidelberg.
* Karlsruhe, 25. April. Eugen R ichter wird
hier in der Festhalle am 20. Mai einen poli-
tischen Vortrag halten.
* Karlsruhe, 26. April. 53 Schmiede, welche
sich der unlängst an den Hufbeschlagschulen des
Landes abgehaltenen Prüfung unterzogen haben,
sind für bestanden und demgemäß von großh.
Ministerium des Innern zur Ausübung des Ge-
werbes als Hufbeschlagschmiede sür befähigt erkärt
worden. Anter Anderem sind es: Scherzinger,
Joh., in Rohrbach. Bläß, Jakob, in Ladenburg.
Dittler Adam und Ley, Jakob, in Laudenbach.
Flick, Jakob, in Reilingen. Grimm, Johs., in
Untergrimpern. Kießer, G. I., in Hoffenheim.
Klingmann, Ernst, in Dallau. Kocher, Joh. Gg.,
in Kirchheim. Mayer, F. H., in Ehrstädt- Pfau,
Jakob, in Sinsheim. Herrmann, I. I., in Weiler.
* Mannheim, 26. April. Der hiesige erste
Staatsanwalt Dietz wurde zum Reichsgerichts-
rath ernannt.
* Mannheim, 26. April. In dem Konkurse
Salomon Maas sollen bis jetzt 800 000 Mk., in
dem Konkurse Nadenheim ca. 250 000 Mk. ein-
gezangen sein. Da bei Nadenheim die Passiven
etwa 330 000 Mk. betragen und die meisten
Differenzen mit den Schuldnern durch Vergleich
beglichen sind, so wird alsbald nach dem Anfangs
Mai stattfindenden Prüfungstermin eine erhebliche
Quote an die Gläubiger zur Auszahlung gelangen.
* Tauberbischofsheim, 25. April. Gestern
Abend stürzte der 41 Jahre alte Maurer Achstetter
von Königheim vom Gerüst und starb sofort. Er
hinterläßt eine Wittwe und 9 unversorgte Kinder.
" Kehl, 25. April. Zum Mord auf der
Nheinstraße. Gestern Nachmittag hat am Thatorte
an der Rheinstraße selbst das gerichtliche Verhör
des unter dem Verdacht der Thäterschaft inhaftirten
Knechts Alois Blatt aus Asbach bei Weißenau
stattgefunden. Unter dem zahlreich anwesenden
Publikum hörte man nur das einstimmige Urtheil,
daß dieser Angeschuldigte die ruchlose That nicht
begangen haben könne, namentlich der Dienstherr
des Blatt stellte demselben das beste Zeugniß aus.
Gestern Nachmittag wurde Blatt wieder freigelassen.
* Offenburg, 26. April. Im Laufe des
gestrigen Tages hat ein Schüler der Ober-Prima
des Gymnasiums, aus hiesiger Familie, im Stadt-
wald einen Selbstmordversuch gemacht. Derselbe
schoß sich in den Kopf und wurde noch lebend
aufgefunden. Wie man hört, ist das eine Auge
verloren, das andere schwer verletzt, so daß fraglich
ist, ob wenn auch der Unglückliche das Leben be-
hält, er nicht der Sehkraft beraubt bleibt. Wie
man hört, zog sich der junge Mann durch sein
Verhalten Tadel zu. Nach anderen Angaben habe
sein Vater ihn aus der Anstalt genommen. Auch
hier liegt wieder ein Fall vor, daß junge Männer
aus verhältnißmäßig unbedeutendem Anlaß aus
dem Spiel mit Revolver und Drohungen gegen das
eigene Leben oder das Anderer, blutigen Ernst machen.
* Eichstetten, (A. Emmendingen), 25. April.
Heute Nacht 1 Uhr entstand hier Feuerlärm. Die
Wohnung der Wittwe Danzeisen und die Scheuer
des Joh. Ruß standen in vollen Flammen und
sind abgebrannt. Die Wittwe Danzeisen konnte
nicht mehr gerettet werden und ist mitverbrannt

Oallenweiler, 26. April. Gestern ist ein
Wohnhaus nebst Scheuer und eine weitere Scheuer
abgebrannt.
* Schopfheim, 26. April. Ein 14 Jahre
altes Bürschchen Namens Hagin verletzte am
Sonntag in Schopfheim einen 28 Jahre alten
Glasergesellen lebensgefährlich durch einen Stich
in den Unterleib.
" Neustadt a. H,, 25. April. Prinz-Regent
Luitpold von Bayern wird von Villa Ludwigshöhe
aus die Städte Speyer, Landau, Zweibrücken,
Kaiserslautern und Ludwigshafen besuchen. Auch
eine Fahrt längs der Haardt über Neustadt bis
Dürkheim ist in Aussicht genommen. Die Rück-
reise nach München wird am 10. Juni Abends
oder am 11. Juni Vormittags erfolgen.
* Aus der Pfalz, 26. April. In Neiden-
fels fiel in der Maschinenfabrik von Gebrüder
Hemmer dem Fabrikarbeiter I. Schroer ein 50
bis 60 Ztr. schwerer Formkasten auf den Kopf.
Schroer war sofort todt. — Der zu Maudach
verstorbene Pfarrer und Distriktsschulinspektor Se-
bastian Keller hat aus seinem nicht unbedeuten-
den Privatvermögen Legate von 13 000 Mark zu
kirchlichen Zwecken bestimmt; hiervon treffen auf
die Pfarrgemeinde Maudach 8000 Mk., auf den
Diözesenfond 4000 Mk. und 1000 Mk. auf die
Pfarrkirche zu Weilerbach, wo er bis vor 10
Jahren als Pfarer wirkte. — In Neustadt
wurde dem etwa 77 Jahre alten Herrn Dr.
Laforet durch Herrn Prof. Czerny ausHeidel-
berg der linke Arm amputirt. Herr Dr. La-
soret hatte sich, nach der „Pf. Pr." vor vielen
Jahren eine lokale Blutvergiftung (gelegentlich
einer Sektion) zugezogen, welche in den letzten
Jahren schon mehrere operative Eingriffe und
schließlich die Amputation des Armes erforderlich
machte. Die Operation erfolgte ohne Narkose.
* Stuttgart, 25. April. Dem „Neuen Tag-
blatt" zu Folge ist der Schneiderstreik durch gegen-
seitige Konzessionen der Prinzipale und Arbeiter
beendet und die Arbeit heute allgemein wieder aus-
genommen wurden.
* Stuttgart, 25. April. Prozeß Hegel-
mai er. Die Beweisaufnahme erstreckt sich heute
auf Kap. III, Streit- und Beschwerdesucht, Wider-
sucht, Widersetzlichkeit, Disziplinlosigkeit und Unge-
bühr. Es liegen 53 einzelne Beschwerden des An-
geklagten vor, 23 allein gegen Strafverfügungen.
Der Angeklagte Hegelmaier gibt zu, daß er viele
Beschwerden und Klagen eingereicht habe, daß er
aber biezu durch Beleidigungen namentlich Seitens
der „Heilbr. Ztg." (Dr. Lipp) gezwungen worden
sei. Auf Intervention der kgl. Regierung habe er
dann etwa 25 Klagen zurückgenommen. Er sei in
seiner Eigenschaft als Reserveoffizier doppelt gehalten
gewesen, auch gegen die geringste Beleidigung zu
reagiren. — Ueber den Vorwurf der Widersetzlich-
keit gibt H. an, daß er sich dagegen verwahre; er
habe der kgl. Regierung nie Schwierigkeiten gemacht.
Eingehend könne er sich in öffentlicher Verhandlung
kaum vollständig aussprechen. Er sei bis 1889
mit dem Minister v. Schmid sehr gut gestanden,
dann aber habe sich die Sache geändert. Er habe
sehr scharfe Verweise erhalten. Im Juni 1890 sei
Reg.-Prästdent v. Häberlen nach Heilbronn gekom-
men. Er kielt auf dem Rathhause eine sogen,
nichtöffentliche Sitzung, in welcher die Amtsführung
des H. in einer Weise gebrandmarkt wurde, daß
H. sagte, er könne nach solchem Vorgehen nicht
mehr im Amte bleiben; ob die Absicht bestehe, ihn
zum Rücktritt zu zwingen. Reg.-Prästdent Häberlen
antwortete, daß das der Zweck seines Kommens sei;
er spreche im Namen des Ministers v. Schmid.
H. solle sein Amt niederlegen, sonst werde ihm ein
Beamter an die Seite gesetzt werden, so daß er
nicht mehr mit den bürgerlichen Kollegien arbeiten
könne. Er (H.) habe aber beschlossen, nicht frei-
willig zu gehen und nun seien die Verfügungen
der Regierung rasch gefolgt, gegen welche er dann
die Beschwerden in jedem einzelnen Falle erhob.
Dies sei seine Beschwerdesucht. Zum Vorwurf der

Widersetzlichkeit und Disziplinlosigkeit theilt H- mit,
daß bei Gelegenheit des Schwäbischen Lieberfestes
in Heilbronn (Juli 1886) und der Anwesenheit
des jetzigen Königs und der Königin hohe Gerichts-
personen nicht geladen worden sein sollten; er habe
sie aber geladen und als man ihm dann einen
Vorwurf daraus machte, antwortete er, die seien
Flegel, welche auf eine Einladung nicht antworten.
Die Sache sei später durch Erklärungen des H-
aus der Welt geschafft worden.
* München, 26. April. In einem hiesigen
Gasthofe erschoß sich vorgestern Abend ein Fabrik-
besitzer aus Württemberg; seine Persönlichkeit
konnte bis jetzt noch nicht ganz genau festgestellt
werden.
* München, 26. April. Bei der Räumung
einer Abortgrube im hiesigen Schlachthaufe sind
3 Arbeiter erstickt.
" Frankfurt, 26. April. Gestern Abend
wurden in der Brauerei von Henninger in Sachsen-
hausen 4 Arbeiter beim Dampfablassen des Sud-
kessels arg verbrüht und dadurch lebensgefährlich
verwundet.
* Mainz, 25. April. Gestern hat sich im
Hofe eines hiesigen Wagners ein schrecklicher Un-
glücksfall zugetragen. Ein Soldat der 2. Com-
pagnie des 118. Regiments wollte einen Baum-
stamm nach einer anderen Seite des Hofes tragen,
fiel aber zu Boden und wurde von dem Slamm
erschlagen. — Heute Nacht wurde ein Hausbursche
aus Frankfurt hier verhaftet, der dort eine Summe
von 900 Mk. gestohlen hatte und mit dem Gelde
flüchtig gegangen war.
* Kassel, 24. April. In dem benachbarten
Dorfe Spangenberg tödtete ein als jäbzornizer
Mensch bekannter Einwohner seine Ehefrau im
Verlaufe eines Zwistes durch Schläge und Messer-
stiche. Der Mörder wurde verhaftet.
* Düsseldorf, 24. April. Gestern wurde in
der Nähe der Stadt dis Leiche eines Soldaten des
hier garnisomrenden Infanterie-Regiments Nr. 39
an einem Baum erhängt vorgefunden. Der Selbst-
mörder war bereits seit Freitag voriger Woche ver-
mißt worden. Wie es heißt, soll er die bedauer-
liche That verübt haben, weil ihm wegen der
Ueberschreitung eines vierwöchentlichen Urlaubs
eine dreitägige Arreststrafe zudiktirl worden war-
* Berlin, 24. April. Ein Revolvcrattentat
wurde am 22. d. Mts. um halb I Uhr Mittags
an Fräulein Rosa D. in der Schwedterstraße ver-
übt. Als sie sich vor dem Hause 36a befand,
erhielt sie von hinten einen Schuß in den linken
Oberschenkel, offenbar von drei Burschen, die ent-
flohen, als ein Kriminalbeamter auf sie aufmerksam
wurde. Das Geschoß konnte aus dem Schenkel
noch nicht entfernt werden, da es tief in der Muskel
steckt. Doch ist der Knochen nicht verletzt.
* Hamburg, 25. April. Die Polizeibehörde
inhibirte gestern die vierte öffentliche Versammlung
des Freidenker-Bundes und verbot gleichzeitig die
fünfte, für morgen angemeldete Versammlung trotz
ihrer harmlosen Tagesordnung. Man hat den Be-
schwerdeweg bestritten.
* Nom, 22. April. Heute früh versuchte ein
Individuum den Zugführer des zwischen Rom und
Genua verkehrenden Eisenbahnzuges im Tunnel bei
Zoagli zwischen Chiavari und Rapallo zu ermorden,
während der Zugführer in einem Gepäckwagen schließ
in dem sich 15,000 Lire befanden. Der Zugführer
erwachte, und gab, obwohl er zahlreiche Verwundungen
erhielt, Alarmzeichen, woraus der Attentäter entfloh.
Der Zustand des Verwundeten ist sehr bedenklich-
Die Werthobjekte sind gerettet.

WermifchLes.
— Ein unerschrockener Schulmeister war der
seiner zeit in Grüneberg in Schlesien seines Amtes
als Volksschulehrer waltende „alte Püschel", der
am 15. September 1860 im Ruhestand gestorben
ist. Dieser Mann — so lesen wir in der „Brest-
Ztg." — hat Zeit seines Lebens mit seiner vor-
gesetzten Behörde auf dem Kriegsfuße gestanden und

zu empfangen. Bernice, bin ich nicht Dein bester
Freund? Habe ich Dich nicht gerettet? Bin ich
Dir und Deinen Interessen nicht ergeben? War
ich nicht eben in London, um Rog zu suchen?
Versprich mir, daß Du nicht einmal Rog das Ge-
heimniß verrathen willst, daß Tu noch lebst und
bis ich Dir sage, daß es Zeit ist. Beweise mir
durch dieses Versprechen Deine Dankbarkeit."
„Aber Gilbert!"
„Du vertraust mir also nicht — mir, der ich
Dein Retter war?"
„Ich verspreche Dir's, Gilbert."
„Ich verlange mehr als das, Bernice. Ich
werde nicht glücklich sein, ehe ich Dich nicht Deinem
Gatten wiedergegeben habe. Ich werde Leute aus-
senden, ihn zu suchen, aber ich habe keine Hoffnung,
ihn zu finden. Er wird schon wiederkommen zur
rechten Zeit. Die einzige Belohnung, die ich ver-
lange, ist, Dich Deinem Gatten entgegenführen zu
dürfen, wenn er kommt, lind so versprich mir,
Bernice, daß, selbst wenn Du ihm gegenüberstehst
von Angesicht zu Angesicht, ihm Deine Identität
nicht zu verrathen. Versprichst Du mir das?"
Bernice gab in seltsamer Weise das Ver-
sprechen.
„Schwöre es, Bernice", sagte Gilbert Monk
beharrlich. „Schwöre mir, daß, wenn ich lebe, Du
mir erlauben wirst, der Erste zu sein, der erklärt, daß
Du dieselbe Marquise von Chetwynd bist, welche
. vorige Woche in der Familiengruft der Chetwynds
beerdigt wurde — schwöre, daß Du lebst, bis ich
Dir die Erlaubniß gebe. Das ist die ganze Be-
lohnung, die ich dafür verlange, daß ich Dich Deinem
Gatten rettete."

„Ich schwöre es, Gilbert", sagte Bernice, mit
vertrauensvoller Miene in sein dunkles Gesicht
schauend. „Es ist nur eine geringe Vergeltung
für Deine große Güte gegen mich, Dir die Freude
zu gestatten, mich und Rog wieder zusammenzu-
führen. Und ich schwöre Dir daher, was Du ver-
langst, und möge Gott mich strafen, wenn ich je-
mals meinen Eid breche."
„Es versteht sich natürlich von selbst", sagte
Monk leichthin, „daß der Eid null und nichtig
ist, wenn ich außerhalb Englands bin. Nur wenn
ich auf Englands Boden weile, werde ich mich
königlich belohnt fühlen, Bernice, wenn Du mir
gestattest, Dich und Rog zusammenzubringen. Und
jetzt zu Deinen persönlichen Angelegenheiten. Ich
habe Dir Bücher und andere Kleinigkeiten zur
Unterhaltung mitgebracht. Kann ich noch irgend
etwas für Dich thun?"
„Du glaubst, Rog wird ein Jahr abwesend
sein?"
„Fünfzehn Monate wenigstens."
„Ich bin keine geschickte Klavierspielerin",
sagte Bernice gedankenvoll, „auch mein Französisch
ist im Vergleiche zu Rog sehr mangelhaft. Gilbert,
wie wär's, wenn ich dieses Jahr fleißig studiren
und mich besser für meine Stellung als Marquise
von Chetwynd ausbilden würde?"
»Du könntest das sehr leicht thun. Es ist
eine gute Idee, Deinen Geist beschäftigen zu wollen.
Soll ich Dir eine französische Lehrerin verschaffen,
Bernice, die Dich in ihrer Muttersprache, in Musik
und allen schönen Künsten weiter ausbildet?"
„Ich wünsche es; Rog soll mich über seine
Erwartungen hin ausgebildet finden, wenn er k^mmt.

Er wollte mir ohnedies diesen Winter noch Musik
und Zeichenstunden geben lassen."
„Wenn die französische Lehrerin kommt, wäre
es vielleicht besser, den Namen Gwellan ganz bei
Seite zu lassen", sagte Monk. „Wie wär's, wenn
Du Dich Fräulein Bernice Gwyn nennen wolltest?"
Bernice willigte ein und das so entworfene
Programm wurde ausgeführt.
Eine französische Erzieherin, eine hochgebildete,
feine Dame, die Wittwe eines ehemaligen Grafen,
der aber als politischer Flüchtling blutarm gestorben
war, wurde als Lehrerin für Fräulein Bernice
Gwyn ausgenommen und nach Mawr-Castle gebracht.
(Fortsetzung folgt.)
Kleines JeuMeuton.
* Einem Verzeichmß der Hochzeitsgeschenke
für die junge hessische Großherzogin Viktoria Me
litta entnimmt die „Darmstädter Ztg." folgende
Einzelheiten : Halskette von Perlen und Smaragden,
Armband mit großen Smaragden und Brillanten,
Diamantenherz mit Türkis und Brillanten, Diadem
von Brillanten und Smaragden, Anbänger, (Bril-
lanten und Saphir) I Paar große Brillantohringe
vom Herzog und der Herzogin von Koburg. Parüre
(farbige und weiße Diamanten) Diadem, Hals-
schmuck und Brosche vom Großherzog von Hessen.
Diamantanhänger von der Königin von England.
Anhänger, Diamant und Saphir, von dem Kaiser
von Rußland. Anhänger, Smaragd und Diamant,
vom Großfürsten und der Großfürstin Wladimir
und Großfürsten Paul. Brosche (Smaragd und
Diamant) vom Großfürsten-Thronfolger und der

Großfürstin Xenia. Fächer mit Diamanten vom
Großfürsten und der Großfürstin Sergius. Brosche
(Rubin und Diamant) von der Herzogin-Wittwe
von Koburg, Alexandrine. Kasten mit vergoldetem
Silberzeug und Porzellan-Service vom Sultan von
Johore. Miniaturbild in Goldrahmen von der
Prinzessin Alexandra.
* Kaiserin Charlotte, die wahnsinnig gewordene
Er-Kaiserin von Meriko, muß jeden Tag ein neues
Paar Glacehandschuhe mit zwei Knöpfen erhalten,
sonst weint und klagt sie den ganzen Tag. Das
erste, was sie thut, ist, die Knöpfe abzuschneiden.
Dann zieht sie die Handschuhe auf jeden Finger
einzeln an und ist glücklich über ihren schönen Schmuck-
* Englisch. Aus Madrid schreibt man dem
„B. T.": Als das Feuer, welches den Dachstuhl
des Hotels „Washington" in Granada in Asck^
legte, ausbrach, befanden sich die meisten Gäste im
Speisesaal beim zweiten Frühstück. Beim ersten
Alarm entstand eine große Verwirrung und Jeder
eilte auf sein Zimmer, um seine Effekten zu retten-
Ein Engländer machte hievon jedoch eine Aus-
nahme. Er ergriff seinen photographischen Apparat
und nahm die vor seinen Blicken sich entwickelnden
Szenen mit der größten Kaltblütigkeit auf. Einer
der Kellner theilte ihm mit, daß sein Zimmer ver-
schlossen und sein Reisegepäck in Gefahr sei, ein
Raub der Flammen zu werden. Trotzdem sich N»N
in seiner Reisetasche eine nicht unerhebliche Summe
Geldes befand, antwortete der Sohn Albions iu
gebrochenem Spanisch: „Gut, gut, ich gehe gleich '
und fuhr mit seinen potographischen Aufnahmen
ruhig sott, trotzdem brennende Holzstücke um ihn
herum zur Erde fielen.
 
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