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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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2. Heft
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Erasmus, Kurt: Ein Frühwerk von Frans Hals: (Eine Fälschung nach einem Dirck Hals)
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0067

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Heft 2

Ein Frühwerk von Frans Hals

53

liebt, so finden wir fast stets eine Pfeife, viel
seltener eine Flöte und nur hin und wieder
eine allein zum Schmuck dienende Feder, einen
Löffel aber nirgends.

Ferner erwähne ich die Bezeichnung, die aus
den unverbundenen Buchstaben f h besteht.
Sie ist fein säuberlich abgezirkelt auf der Lieh-
tenhainer Kanne angebracht. Wohl kommt in
einer Signatur von Frans Hals, wie wir dies
aus dem Casseler Bilde wissen, ein kleines „h“
vor. Jedoch haben wir es hier mit einem flott
hingestrichenen Namenszuge zu tun und mit
keinem so subtil ausgeführten Buchstaben. Doch
dies nur nebenbei, weil, wenn auch die Signatur
gefälscht ist, das Gemälde selbst echt sein
könnte.

Neben diesen abgesehen von der Bezeich-
nung rein gegenständlichen Merkmalen, die
allein schon eine Fälschung nach jenem Louvre-
bilde unumstößlich sicher machen, kommt nicht
zum mindesten die für Frans Hals viel zu
schlechte Zeichnung und Malweise in Betracht-
Von der ersteren seien nur der ganz verzeich-
nete rechte Oberarm des früheren Geigers er-
wähnt, der im Verhältnis zum Unterarm viel
zu kurz ist und nicht an der Schulter sondern
viel zu nahe an der Halsgrube ansetzt, und
zweitens der zu lang geratene Ballen der rechten
Hand der Frau. Für die Qualität der Malweise
verweise ich auf den linken Ärm der Frau.
Hier sind die Lichter mit ganz zäher — eine
charakteristische Eigenschaft moderner Mal-
mittel — Farbe aufgetragen, und die Häufung
der parallelen weißen Striche wirkt furchtbar
langweilig, aber sie sind dem Vorbilde getreu
nachgebildet. Höchst einfach und plump ist die
Naht des Ärmels markiert. Ferner ist aus der
Halskrause des linken Mannes ein unerklärliches
Farbengemenge geworden. Über die Farbe selbst
kann ich nichts sagen, da mir das Gemälde nicht
im Originiale bekannt ist, sondern nur aus jener
großen Photographie von Braun.

Meine Ausführungen haben, so glaube ich,
meine oben aufgestellte Behauptung bewiesen,
und ich wiederhole: „Die lustige Gesellschaft
beim Mahle“, angeblich ein Original von Frans
Hals, ist eine vergrößerte und etwas abgeän-
derte Kopie nach einem Ausschnitte aus dem
Gemälde „Fete champetre“ von Dirck Hals im
Louvre, also in bezug auf Frans Hals eine
Fälschung.

Sollte anfangs der eine oder der andere
vielleicht den Einwand machen, warum kann
denn nicht Dirck Hals die lustige Gesell-
schaft von Frans Hals zu seinem ländlichen Feste
benutzt haben, und somit beide Gemälde doch
Originalarbeiten dieser beiden Künstler sein, so

bedarf dieser Einwurf wohl keiner besonderen
Widerlegung, die zur Genüge aus meinen Aus-
führungen zu entnehmen wäre. Wenn aber
jemand auch für die lustige Gesellschaft die
Autorschaft des Dirck Hals in Anspruch nehmen
will, so spricht dagegen rein äußerlich das für
Dirck Hals viel zu große Format mit lebens-
großen Figuren, was wir bis jetzt in den
Werken dieses Meisters nicht antreffen. Zweitens
aber würde selbst ein Maler zweiten Ranges,
wie Dirck Hals, aus seiner netten Genregruppe
auf dem „Fete champetre“ keine so unglücklich
verstümmelte Komposition gemacht haben; denn
daß das großfigurige Bild später als das Ge-
mälde im Louvre sein muß, geht woiil schon

DIRCK HALS, Ausschnitt aus
„Fete champetre“ □
□ Louvre in Paris

aus der Weglassung der die Gesten erst erklä-
renden Attribute — Geige und Weinglas —
deutlich genug hervor.

Den jetzigen Besitzer des gefälschten Frans
Hals will ich aus leicht erklärlichen Gründen nicht
nennen.

Nur auf etwas möchte ich noch hinweisen.
Unsere Fälschung tritt zum ersten Male im
Jahre 1S74 auf, in der Ausstellung im Palais
du corps Iegislatif in Paris. Es ist eigen-
tümlich, daß man die Provenienz von Ge-
mälden, deren Originalität einen nicht völlig
überzeugen will, nie sehr weit zurückverfolgen
kann. Sie sind wie die Pilze nach einem warmen
Regen auf einmal da. Kein Mensch weiß wo-
her. Dabei muß doch der erste Besitzer — ge-
wöhnlich ein Kunsthändler —, in dessen Samm-
lung man das Bild zum ersten Male antrifft, es
von jemandem erworben haben. Und zweitens
 
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