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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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22. Heft
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0741

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Literatur

Deutschland die Buchkunst in ihrer erstaunlichen
technischen Vollkommenheit bereits vorange-
kommen ist. Mit sicherem Blick und einem be-
wundernswerten psychologischen Feingefühl hat
O. Fischel die Auswahl des Materiales besorgt,
und ebenso bewundernswert ist die Anlage und
Ausführung des Textes, der in prägnanten Linien
das Gebäude einer Kulturgeschichte auf Grund
erstaunlicher historischer Belesenheit vor uns
aufbaut, bei dem jedes Wort unmittelbar in den
Geist der Zeit einführt. Ob das Unternehmen
noch weiter nach rückwärts in der Behandlung
seines Themas gehen wird? Ich möchte es
wünschen, wenn ich es auch nicht zu hoffen
wage. Wäre es der Fall, so würden wir in
diesen Bänden eine Kulturgeschichte bekommen,
die zum erstenmal handgreiflich den schon
mehrfach ausgesprochenen Satz wahr macht, daß
die Kunstgeschichte ihre höchste Aufgabe erst
im innigen Zusammenhang mit der allgemeinen
Menschheitsgeschichte erfüllen kann. G. B.

* *

*

Eine neue englische Kunst Publikation. Der
Ärundel Club hat soeben sein Portfolio für
1909, bestehend aus zwanzig trefflichen Photo-
gravüren an seine Mitglieder verschickt. Die
reproduzierten Werke stammen aus den Samm-
lungen des Earl Amtierst, Earl Beauchamp, Mr.
Otto Beit. Lord Berwick, Earl of St. Germans.
Sir Hubert Parry und John G. Talbot. Auch der
König hat eines seiner Bilder aus Windsor
Castle, einen Jan Steen „Häusliche Szene“ für
den Klub reproduzieren lassen. Außer diesem
Jan Steen sind u. a. vertreten: Piero di Cosimo
„Allegorie abgewiesener Liebe“, eine Leinwand
■361/4X82 inches groß (Otto Beit): Frans Hals
mit zwei Porträts (Earl Ämherst); Rembrandt
mit zwei, wie es heißt, noch völlig unbekannten
Porträts, das eines Mannes mit breitkrämpigem
Hut und Halskrause, 26b„x21 inches, datiert
und signiert 1634, und das einer Frau in weißer
Haube und Halskrause von gleicher Größe, eben-
falls datiert und signiert 1634, wahrscheinlich die
Frau des voriqen; beide Bilder entsprechen in
vielen Beziehungen den Porträts der Cornelia
Pronck und ihres Mannes in der Collection
Henri Pereire, Paris (Bode 88 und 89); die Bil-
der gehören Earl Beauchamp. Ein dritter Rem-
brandt (Earl St. Germans) gehört einer noch
früheren Zeit, dem Jahre 1631 an. Er stellt,
wie der Eigentümer meint, Nebukadnezar und
das goldene Götzenbild dar, und erinnert im
Stil, im Typus und Kostüm der Hauptfigur an
„Belsazars Fest“ in der Sammlung des Earl of
Derby (Bode 209). Das Bild ist auf Holz ge-

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-/

malt, 9x11 Vs inches groß und signiert und
datiert 1631. Ein Porträt aus der Sammlung des
Earl Ämherst, Holztafel 143/4Xll inches groß,
soll Gonsalvo da Cordova darstellen und von
einem deutschen Meister, der stark italienisch
beeinflußt war, gemalt worden sein. Aus des
Earl Ämherst Sammlung stammt auch ein köst-
licher „Flötenspieler“ von der Hand des Brescia-
ner Meisters Giovanni Girolamo Savoldo, der
starken Giorgionesken Einfluß verrät. VonVit-
tore Carpaccio findet sich Lord B^rwicks „Hei-
lige Familie mit knieenden Stiftern“, die jetzt
in den Grafton Galleries ausgestellt ist. Das
hochbedeutende, bisher noch unveröffentlichte
Bild trägt den Namen des Malers, und ist da-
tiert 1605. Aus Sir Hubeit Parrys Samm-
lung stammt Mariotto Älbertinellis Holztafel,
221/4x64‘/2 inches groß. „Schöpfungstage und
Versuchung“, ein Bild aus des Florentiners mitt-
lerer Periode, das den starken Einfluß des Fra
Bartolommeo erkennen läßt. Zum Schluß sei
noch erwähnt die Porträtgruppe: „Zwei Kinder
mit Hund“, die Lord Beauchamp, der Besitzer,
dem Albert Cuyp zuschreibt. — Die Zuschrei-
bungen stammen immer von den Eigentümern
der Bilder selber. Wenn diese ihren Notizen
einige Angaben über die Geschichte der Bilder
sowie ihre Farben hinzufügen wollten, würde
das für Forscher von höchstem Werte sein. Der
Ärundel Club setzt in gewissem Sinne die Tätig-
keit der alten Ärundel Society fort (nur daß
diese farbige Reproduktionen lieferte). Er hat
jetzt schon sein sechstes Portfolio veröffent-
licht und zusammen 110 zum großen Teil hoch-
bedeutende Bilder meist aus englischem Privat-
besitze den Kunstliebhabern und Forschern zu-
gänglich gemacht. Der Club nimmt gern Mit-
glieder auch von auswärts auf, wie mir mitgeteilt
wird. Der Jahresbeitrag bet ägt eine Guinea
(21 Schillinge), jedoch muß man wenigstens
für zwei Jahre als Mitglied beitreten. Man
wende sich an den Hon. Secretary, Herrn Robert
Roß, per Adr. Professor Sidney Colvin, British
Museum, London. Wenn auch in den anderen
Ländern ähnliche Klubs zur Publizierung wich-
tiger Werke aus Privatbesitz gegiündet würden,
und alle diese Klubs miteinander in Verbindung
träten, so würde das für die Kunstforschung un-
zweifelhaft von größtem Nutzen sein. Aut jeden
Fall muß man dem Ärundel Club für die Pionier-
arbeit, die er leistet, sehr dankbar sein. F.

Hanfstaengls Maler-Klassiker. In der be-
kannten Serie von Sonderpublikationen über die
Galerien Europas ist kürzlich ein neuer Band
erschienen, der der Eremitage gewidmet ist.
 
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