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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0042

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„Evangelischen BlLttern" hat die Untersuchung
'gegen Prof. Noack in Gießen wegen seiner
Läugnung und Bestreitung der Auferstehmig
Christi (in seiner Zeilfchrist „Psychc", 186l,
Bd. 4, H. 3 u. 4) iyre Erlevigung vahin
gefunden, vaß das Miiiisterium dem Profeffor
Noack durch den Rector der Landesuniverstlät
einc Erklärung uugefähr bcs JnhaltS hat zu<
gehen laffen: Vaß zwar dle Krage üder bie
Auferstehung zu den historisch-kritifchen Unter-
suchungen gehöre, welche ihrer Natur kiach
der Wiffenschaft frei gegeben werven müßten,
daß aber die spötlische und vielfach frivole
Aik, in welcher er die Frage behanbelt habe,
die eritstlichste Rüge verbiene. Dem Verneh«
men nach hatte daS Conststorium in Darm-
stadt nach einer Anregung in ber Allgemeinen
„Kirchenzcitung" vou Leipjig aus Vie Unter-
suchung beantragt. (F. Z.)

Mainz, 10. Jan. Der von der Polizei-
behorve ais Verfaffer ver Broschüre über die
barmherzigen Schwestern im hlestgen Jnvali-
denhausc arretirie Herr Warburg hat sich un-
ümwunden zur Auiorschaft bekannl uud ist
übrigens gestern schon vou bem Herrn Staats-
prvcuator wiever in Freiheit gesetzt worden.

Kafsel, 11. Zan. Ueber die nächsten Ur-
sachen ver Entlaffuug des Ministers v. Dehn-
Rolfelscr hört man, berselbe hade bie Wieber-
anknüpfung der biplomatischen Beziehungen
mit Preußen, bie Genehmigung des HandelS-
verlrags unb der Halle-Norvhäuser Bahn zur
Cabinetsfrage gemachk. Auch ber Minister v.
Stiernberg hal nach ver erfolglen Enllaffung
des Hrn. s>- Dehn - Rotfelser seinen Äbschieb
geforbert.

Aus Rheinpreußen. He r von Bis-
marck irrl sich sehr, wenii er glaubt, burch
seine leichtfectlgen Bewcgungen auf bem Ge-
biete ver Eisen- unv Blut-Polilik bic Auf-
merkfamkeit von ben jämmerlichen inneren
Zustäuben Preußcns ablenken zu können.
Daß solche Frivoliläten zu keiner Erschülter-
ung ves Weltsriedcns führen werden, glaubt
man hier wohl dnrchzufuhlen. Eine preußische
Politik, sei sie auch noch so specifisch, bie zu-
gleich mit Oesterreich und mit Jtalien anbin-
bet, kaun schwerlich gcfähriich, wohl aber
schließllch nativ werben. Ntchlsdestoweniger
machr sich eine steigende Ecbitlelung barüber
demerkbar, baß Hanbel unv Znbustrie, vie
vhnehin vurch den amerikanischen Krieg so sehr
leiben, nun auch noch durch ein svlches Spie-
len mit dem Feuer bes Bruberkrieges in
Deutschland beeinlrächtigt werden solle», unb
zu welchcm Zweck? — »ur um den wachsen-
. den innern Verlegeiihklltn bes budgetlosen
Regiments zu entgehen! — Dies ist ber
Hauptzweck bei ber Sache und es ist in bie-
srm Augenbllck von der größten Wichligkeit,
baß bie österreichijche Diplomatie den wahren
Grund bieser krampfhaflen Zuckungen erkennr.
Sie kann offenbar nicht kluger operiren, als
wenn sie bas ganze Gebahren ignorirt. Einige
Reserven mehr in Mainz werden doch schwer-
lich ins Gewicht faüeu; wohl aber wird das
ganze Strohfeuer balb erlöschen, wenn man
ihm kelne Nahrung gibt. Kein Mensch in !

er burch die ganze Brüberstraße .und gelangte in
der Kürstenstraße noch bis hinter das St. LazaruS-
Spital; dort wandtc cr stch um, schvß zwei Mal
aus den nächsten Polizeibcamten, ohne ihn jedoch
z» treffen. llnterwegö wars cr seine Nhr, seine
Börse und ÄUcS, waö er bei sich hatte, von sich.
Seine Papiere warf er übcc die daö LuzaruSspital
umgebcndc Mauer, wo sie gefunden worden sind.
Sie sollen sehr wLchtigen ZnhalteS sein. ES ergab
sich, daß der' Verhaftcte ein gewiffcr Schwarz war,
der in Frankrctch geborenc Sohn eincs polnischen
Emigranten, etn an der Warschau-Petersburger
Eisenbahn angestellter Bcamter, auf dcn dtc Poli-
zei schon feit drci Wochcn fahndctc. Er muß wohl
ctne bedeutcnde Rollc dci der Vcrschwörung spielen,
dcn» Leute, dle ihn cinigc Stundcn nach seiiM
Verhaftung besuchtcn, fanden ihn in Ketten, wäh-
rend man allc anderen polttischen Gcfangenen sehr
geltnd bchandelt. Zndeß diese vom KricgSgcricht
abgeurtheilt werdcn, ist jcncr bereits von St. Pe-
teröburg aus requirirt «orden und in Ketten untcr
Escorte per Eisenbahn dahin gegangen.

Preußen will von einem Kriege mit Oester-
reich und ven süddeutschcn Staaten wissen,
und zewäune bie Sache eilien gcfährlichcren
Anstrich, so würbe bie Volksvertretnng sehr
balo eln ernstes Wort bazwischen reden. Nie-
manb hält es für ein deutsches Znlereffe, baß
VaS junkerhaft rcgierte Preußen auch nur eine
einzige Quadratmeile nördlich vom Main an-
ncktire. Wir können zwar die östcrreichischen
Verfaffungszustände in Wahrheit kaum für
beffer halten, als die unsrigen, so lange in
Wien die Wählerversammlungen verboten wer-
den und so lange bie Zournalisten im Kerker
schmachteu; indeffcn müßte eö sonderbar mit
der Logik zugehen, wenn solche Erwägungen
die Volkspartei in Preußen zum Haber in
Deutschland geneigt machten, um durch Ver-
wicklungen das biwgetlose Ministerium aus
ber Vcrlegcnheit zu befreie». (R. F. Z.)

Hannover, 7. Januar. Den Herrn von
Borries Erccllenz a. D. haben die Bürgcr-
vorfteher mit allen gegen 1 Stimme von der
Liste ber zu GesHworenen zu berufenden Per-
sonen gestrichcn, cheil er baS öffentlichc Ver-
trauen nichl besttze. (Rh. Z.)

Wien, ö. Zanuar. Jn Bezug auf meine
letzte Mikthellung, bie Erhöhung ber Regimen-
terzahl ber Jnfankerie von 80 auf 100 be-
treffend, kann ich noch folgende weitere Einzel-
heiten geben: Um die ncue EiNtheilung ins
Leben zu rufen, wird die Monarchie eine neue
Conscrlptions-Eintheilung ln hundert Ergän-
zungsbezirke bekommen, an dcren Abgrenzung
im Kriegsministerium bereitS gearbeitet wird.
Die Durchführung dieser Maßregel wird eine
Slandesherabsetzung der Znfanterie im Frie-
den um 20 Bataillone, b. h. beiläusig um
Z2,000 Mann, zur Fvlge haben, indcm wäh-
renb bes Friebens die brilten Bataillone der
Reglmenter in ben betrefsenben Ergänzungs-
bezirken bislocirt werben, wo sie die Geschäste
Ves Depols besorgen. Depot - Abtheilungen
werven nur sur ben Kriegsfall ekrichtet, in
welchem sämmtliche brei Bataillone mobilisirt
unv auf den Kriegsfuß gesetzt werben. Durch
die Aufstellung von 20 neucn Regimentsstäben
werben bic Staböofficicrsstelleii, welche durch
Herabsetzung vvn 320 guf 300 Balaiüone
überzählig entfallcn würden, wieder eingebracht,
dagegen wirv eine Anzahl von Hauptleuten
und Subaltermstsiciercn burch diesc Maßregel
neucrdingö supernumerär entfallen. Die Maß-
nayme ist zwar noch nichk sanktionirt, doch
ist, wie versichert wirb, an ihrer Annahme
au maßgebendster Stelle kein Zweifel mehr.

(Allg. Z.)

Wien, 8. Zan. Die vierzehn anf heutc
einberusenen Lanblagc sind heute in regelmä-
ßiger Weise eröffnct worden. Ziemlich gleich-
mäßig hat auf allcn bie Regierung bie Gc-
srßeniwürsk zur Gemeinde-Ordnung, zur Ord-
nung ver Klrchencvncurrenz, zur Regelung ves
Schulpatronais und über bas Straßenwesen,
nebst bcii Anträgcn auf Nachwahlen zum
Reichsrath als Regicrungsvorlagcn eingedracht.

Prag, 8. Jan. Der Landiag wupve heutc
ohne alle Feierlichkeit und unler möglichst ge-
ringer Lheilnahme der Bevölkerung eröffnet.

Der verhängnißvolle Wcspenstich.

Vom Pollzei-a)ircctor Dr. Stieber.

Jch hatte dic UnivcrfitätSstudien als Jurist be-
endigt und mich bcreitS einigc Zeit in einem der
klcineren deutschcn Staaten als ActuariuS in den
Anfangsgründen der juriftischen PrariS eingeübt.
Eine bcsonderc Neigung trieb mich zur Lrtminal-
Justiz. Auf meincn Wunsch wurde ich einem der
berühmtcsten practischen Eriminalistcn der dama-
ligen Zeit, dem Criminal-Director L., zu metncr
AuSbildung zugeordnct, welcher vorzugsweise in der
polizcilichcn Entdeckung schwercr Verbrechen eincn
weitverbrciteten Ruf genvß. Längerc Zcit wartetc
tch vcrgebltch auf einen pikanten Rechtsfall. End-
lich wuroe mein Wunsch «rfüllt. Eines AbendS
wurde mein Lehrmeistcr plötzlich zum Minister be-
rufen. Eine Stafette «ar aus einer benachbarten
kleinen Stadt angekommen. Dort war einer dcr
Rathsherren, etn allgcmcin geliebter und ange-
schener Mann, scit zwet Tagen tn einer räthselhaf-
ten Wcise spurlos »erschwunden. Dte Kamtlte deS-
felben und zuletzt die ganze Stadt befanden fich in

Der Regierungscommi'ffär, Baron Kellersperg,
drückie in wenigen kernigen Worten den Wunsch
auS, Laß der Böhme init der glühenden Licbe
für dic Helmath ben Eifer für die Förderung
der Machtstelluug des Kaiserreichs veretnlgcn
möqe.

Prag, 7. Jan. Bki den hente vorgenom-
menen Nachwahlen der Großgrundbesitzer
zum böhmischen Lanvtage habeu die Versas-
sunqsfreunde gesiegt.

Reichenberg. (Böhmen.) Nach den
Erhebungen vcr Handelskammer war die Zahl
beschäftigungsloser Weber noch immer im
Steigen. Von den 86,000 Bauinwollwebstüh-
len des Kammerbezirks stehen jeßt bereilS
36,000. (F. A.)

S» ch w e i z.

Genf, 7. Zanuar. Man erzählt mir auS
sicherer Quelle, Prinz Napoleon habe seinem
Schwiegcrvater Victor Emanuel einen Brief
geschrieben, worin er stch über bie Lage aus-
spreche und neyerdiiigs constatire, daß von
Frankreich vorerst nichts für Jtalien zu hoffen
set. Der Prinz kündigt bem Könige seinen
Entschluß an, eine größere Reise zu machcn.
Er beschwört Victor Emanuel, alle Kräfte dcs
Landes aufzubieten, um bie Organisirung des
LandeS im Jnnern zu fördern, und spricht
schließlich die Ueberzeugung aus, der gegen-
wärtige Zustand könne ja doch nicht mehr
lange daueru. (K. Ztg.)

Z t a l ie n

T«ri», 11. Zan. Das „Diritlo" ver-
öffcntlicht eine Abreffe des neuen römischen
Komite's, welche Garibalbi den Vorsttz an-
trägt. Garibalbi hat angenommen, mit ber
Alifforberuiig an bie Röme'r, Vertrauen auf
sich selbst zu haben. — Die „Opinione" weist
nach, vaß dic Fiüanzlage vie Verschiebung
der Aufnahme einer Anleihc bis 1864 gestatte,
fordert abcr nichtsbestoweniger, baß die Re«
gierung die Ermächtigung bazu sofort ver-
lange.

SVanien

Akadri^, 9. Jan. Zu der Deputirtcn-
kammer hat heute der Abgeordncte Rovero bic
französische und spanischc Politik angegriffen
und hat ben Grundsaß der Nichtintervcntion
aufrecht erhalten. Der Rebner hat das Pro-
gramm der demokratischen Partei entwickelt.

A n» e r t k a

Mehrere Mal hat Struve, Hauptmann im
8. New-Vorker Regiment, boch immcr vergeb-
lich, seine Entlaffung eingereicht, weil Prinz
Felir Salm-Salm, vormals preußischer Lieu-
'tenant, gegen allen Brauch statl bes Obersten
Hedterich zum Regimentschef ernannt worben.
Der jetzt 57jährige Struve, welchcr trotz
strenger, ausschließlich beibehaltener Pflanzen-
kost, nach Heckers Ausbruck „fett wie ein
Aal" sein soll, hat cublich Enbe November
dcn Abschied erhalten und über biese Geschichte
einc Broschüre veröfsentlicht. Das neue Hecker-
Regiment steht jetzk unter Sigel und glaubt

einer immer ftcigenden Aufregung. Die Familic
hatte cndlich die Bittc an den Mintster gerichtet, v
dcn Lriminal-Director dcr Hauptstadt zur Unter-
suchung des völlig unerklärlichen Falles abzuscndcn.

Wir reisten noch an demselben Abendc ab und
kamcn gcgen daS Enbe der Nacht in dem Städt-
chen an. Die beiden liebenswürdtgen Töchter dcs
Vcrschwundenen, mehrerc Vcrwandte und verschie-
dene Honorativrcn cmpstngcn uns im Posthause,
namentlich trat uns ein anderer Rathsherr, ein
langer hagercr Mann mit knochigen muSkulöftn
Gliedern, sehr freundlich entgegen, der sich ebcn so
sehr durch ftine fuchsrothen Haare als durch großcn
Diensteifer auSzcichnctc. Er war einer der intim-
sten Freundc LeS Vermißten gewefen und war be-
sonders untröstlich übcr deffen Verlust.

(Kortfttzung folgt.)

Zn Krankfurt a. M. ließen die Schuldg efan-
gencn auf der Mehlwage durch Dienstmänner ihren
Gläubigern ein glückltches Reujahr wünschen.
 
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