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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0049

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Freitag, L6. Zanuar

IasertiouSgebührea für die Sspaltige Petit-
zeile wervea mit 3 kr. berechnet.

Bestellungen auf die„Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
grr Familienblätter" fnr das mit 1.
Javuar 1863 begonnene 1. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition.

* Politische Umfcha«.

Die in Königsberg und Danzig so eben
voüzogenen VorstanbSwahlen der Stadiver-
ordneten-Collegien stnb sehr geeignet, der Re«
gierung zu zeigen, welche Gesinnung unter ber
Bevölkerung der größeren Städle herrscht. Zn
beiden Stäbten siud entschlebene Männer der
Fortschrittspartei zuVorsteherh gewähll worhcn.

Die „Cvangelischen Blätter vom Mittel-
rhein" bringen die Rachricht, daß die evan-
Kilische Conserenz sür baS Großherzogthum
Heffen ganz in Kürze mit dem vollstänbigen
Cntwurs einer Versaffung für die evangelische
Kirche hervortreten werde.

Dex Rundschauer, Herr v. Gerlsch, ppxöf-
seatlicht in der Kreuzzeitung ein langxs Pro-
gramm für die preußische Negierung, welches
im Wesenllichen darauf hinauskommt, ohne
Budget lustig weiter zu regicren und Landtag
und Aerfaffung in der oft besprochenen Weise
trocken zu legen. Die Frivolitäk erreichl ihre
Spitze in folgendem Satze: „Eben so w.ird
man dem Aberglauben nun endlich definitiv
den Abschied zu geben haben, alS sei man ge.
bunden an die Verheißungen ohne den gesetz-
lichen Znhalt, welche leiver in die Verfaffuugs-
urkunve und 'in andeie Gesetze Cingaug ge-
sunben haben, oder gar an die Verheißungen
srüherer Minister.«

FZM. v. Bencdek gab, wic dcr „Preffe"
aus Verona berichiet wirb, am Neujahrstage
ein Diner, zu welchem auch ber dortige Rab-
biner gclaben war unb wobei ber General
einen Toast auf „die Gicichberechtiguiig aller
Confeffionen unb auf das brüberliche Zusam-
menleden aller Nalionaiiläteii" ausbrachte.

Die Antwortsadreffe wurve in ver, Sitzung
vom 13. Jan. deS spanifche» Cviigrcffes mit
166 Stimmen (zu Gunsten deS Miaisteriums)
gegen 77 StimMen votirt.

Deutschland

Aus Bayern, 12. Zan. Die zu Paris
befiiivlichen Hofdamen der Königin von'
Neapel hatten ihcer Fürstin in einer ihr
zugeschickten Neujahrsgratulation den Wunsch
auögevrückt, daß sie balv zu Franz II. zurück-

kehren möge. Zhr Antwvrtschreiben (Allg.
Zeikg.), worin es heißt: „Jm Vcrtrauen
auf die götZiche Güte erwarte ich den Augen-
blick, der mich wieder zu meinem königlichen
Gemahl führen und mich sein Unglück und
seine Hoffnungen theilen laffcn wirb," gibt
den BeweiS, daß die Königin seit einiger Zcit
sich in ihr Schicksal, wiever zu Franz II. ge-
bracht zu werden, ergeben hat.

Erlangen, 9. Zan. Der Auflösuug des
Cvrps Bavaria, welche der Senat vor einigen
Wochen verfügte, liegt folgende Ursache zu
Grunde: Bestehenden Borschriften gemäß wirb
ber öffentlichen Aufzügcn ber Stubenten die
Reihenfolge der Verbindungen, welche sich da-
ran betheiligen wollen, burch das Loos von
bem halbjährlich aus allgemeiner Wahl her-
vorgehenden Studenten - Ausschuffe festgeseßt.
Gegen diese Ordnung hat bas Corps Bava-
ria in den drei während der letzten Zahre
vorgekommenen Fällen lhatsächlichen Wider-
stanb erhoben, indem es statt des ihm durch
vaS Loos angewiesenen Platzes vielmehr einen
ihm beffer convenirenden, in der Nähe der
andern Corps, theils einzunehmen versuchte,
theilS wirklich einnahm. Nachvem dieser Re-
nitenz und Störung ber Orbnung zwei Mal
durch Verweis und Drohung entgegengetreten
war, hat ber Senat im letzten Wieverholungs-
salle, auf Beschwerde des Stuventen - AuS-
schuffeS, die Auflösung deS Corps verfügt.

(Si. C.)

Berlin. Zn Znsterburg ist (der „Pr. L.
Z." zu>olge) ben Unterofficieren untersagl
wordeii, solchc Restaurationen zu besuchen, in
dcnen Civilpersonen verkeyren, da eS sür sie
nicht paffend sei, vie in solchen Localen zur
Sprache konimeiiven irrigen Ansichten anzuhö-
ren. Bei bcn vortigen Verhältniffen kommt
das einem Verbot gleich, überhaupt cin öffent-
liches Local zu besuchen. Vier Unterofficiere,
die trotzdcm eine Bierstube besuchte», wurden
denunzirt ,md mit 2, resp. 3 Tagen Arrest
bestraft.

Kvln» 11. Zan. Heute, am Vorabend der
Abreise unserer beiben Abgeordneten Zustiz-
raih Kpll und Stabtraih Roggen nach Ber-
liu, versammelten sich die Urwähler Köln's
auf dem Gürzenich. Dieser Riesensaal, der
circa 4lX)0 Personen saßt, war bis in die
fernsten Winkel befetzt. Es galt nämlich, un-
seren Abgeordneten die Zustimmungsabreffe an
baS Abgeordnetenhaus feierlich zu überreichen.
Affeffor Zung ergreift bann zu einer höchst
schwung- unv gehaltvollen Rede das Wort
unb schilderte vorab das Keimen und Sproffeu

und Schaffen in ganz Europa. Allenthalben
gcbe fich bei den Völkern ein Ringen kund,
sich von der patriarchalischen Staatsgewalt
ber früheren Zcit loszusagen, damit man mit-
berathe und mitverwalte. Die Verfaffung ga-
rantirte Das, unb ohne bie Abgeordneten
könnte kein Gesetz entstehen und keine Ausga-
ben bestrittcn werden. Man möge nicht zo-
gern, um mit offenem Herz und Auge zu be-
kennen: Unsere Vcrlreter hatten Necht; ihr
Recht ist so klar wie die Sonne und schwer-
wiegend wie Gold. ES gab vor Einführung
der ncuen Verkehrsmittel Dörfer an Felsab-
hängen, die sich vo» den zerbrochenen Wagen
und Gliedern der Reiseiiden nährten, daher
gegcn die Anlage von Cisenbahnen protestirten.
Dte Junker erinnerten an jene Dorfbcwohner.
Wer stch inbeß vem Strome der Zeit entge-
genstelle, der werbe sichcr übersiuthet. Herr«
lich war bie Schilberuug, daß Preußen, wenu
es bestrebt sei, dcn Nechlsstaat auszubauen,
sich ganz Deutschland haite zu Füßen legen
können, so daß kein Volk aus Ost und West
ihm etwaS anhaben kvnne. Die Abgeordneten,
denen er nuumehr vie Avreffe überrcichte,
mvchten ihren Brüvern in Berlin sagen, daß,
wo es sich um Preußcns Ehre und Freiheit
hanvle, Köln an der Spitze stehc, unv vaß
der Lauf eines Strouies nicht nach Aufwäris
geleukt werdcn, und daß kcin Miuisterium auf
die Dauer einem selbstbewußten Volke entgegen
sein kvnne. Sie möchten glücklich reisen, fest-
halten an der bisherigen Verirctung mit bem
Bcwußtsei», daß bie Burger Köiu's hinter
ihnen ständen. Hcrr Claffen-Kappelmann fvr-
derte die Versammlung zum Schluß auf, ein
dreifaches Hoch auf bas Abgeordnetenhaus
auszubringen, eine Aufforverung, ver man all-
seitig stürmisch entsprach.

Wien, 13. Za». Die Generalcvrrespvn-
denz häll fest gegenüber der Behauptung ves
französischen Gelbduches, der Hanvelsvertrag
werve im ZoUvereiii lediglich aus handels-
politischen unb ökonomischen Gründen bekämpfl.

Wie«, 11. Januar. Die „Preffe" bringt
heute an dcr Spitze ihres Blaltes einen Ar«
tikel über den einstimmig gefaßten Beschluß
des Wiener Gemeinberaihes, eine Deputation
an Ven Herrn Staatsminister wegcn Aufhe-
bung des gegen Abhaltung von Wählerver-
sammlungen gerichteten Verbotes zu cnffenben.
Diesc Einstimmigkeit einer Körperschaft, in
welcher alle Parteien vertreten, wo inbcß die
Majorität nvtorisch conservativ - liberal sei,
dürfe nicht unterschätzt werven, unv spreche
am Besten für bie Sache. Ciner der Gemeinde-

Der verhängmßvolle Wespenstich.

Vom Pottzei-Llirector Dr. Stieber.

(Fortsctzung.)

Aber der Mann hattc keinen Keind gehabt, cr
neigte nicht zum Schlagstutz, er trug auf seincn ge-
wöhnlichen Spaziergängen weder Geld noch GcldeS-
werth, nicht elnmal eine Uhr mtt fich. Er war a«
dem Abendc, selt welchcm er vermißt wurde, av- und
zugcgangen, cr haitc mehrerc GeschästögLnge unter-
uommen und es war schwer sestzustellen, an wcl-
cher Stelle und zu wclcher Stunde cr zuletzt ge-
sehen «ar, da keiner der Zcugen genau auf dic
Zeit geachtet hattc. Man hatte keine Spur von
Mclancholrc an dem Mannc wahrgenommen, auch
Lcr rothe Rathsherr hatte seinen theuren Freund
noch an jenem Nachmittage »or seincm Hause gc-
troffe» nud konnte nicht genug dcn Humor, dcr ihn
an jenem Tagc bclcbtc, hervorhcben. llnter sol-
chcn Gesprächen und Rachforschungen saßcn wir
längcrc Zeit in der JaSmtnlaubc, ma» retchtc zur
Erfrischung Kaffec mit vortrefflicher Sahne und
ftischem Kuchen herum, der etgentltch für die Ver-

lobung bestimmt gewefen war und nur ctncm Trauer-
mahle dicnen mußte. Die Ungewißheit ist fiir die
Angehörigen in Fällen solcher Art vicl schmerzli-
cher als dic schmerzlichste Gewißheit. Dcr Erimi-
nal-Director war schr niedergcschlagen und mür-
risch, da unsrrc Ermittlungcn nicht cinen einzigen
Schritt vorrücken wolltcn. Seine Vcrdricßlichkcit
wurde noch durch etnen Schwarm zudringlichcr WeS-
pcn vermchrt, wclche der Kuchenteller herbcigelockt
hattc, und welche cS namentlich auf meinen Lehr-
meistcr abgesehcn zu haben schienen. Unwillkür-
ltch schlug er einc WeSpe nicdcr, «elche fich auf
scine Hand sctzcn «ollte, er traf dieselbe aber nur
unvollkommen, so daß daS Lhicr noch lebend auf
dcn Nacken deS rothen RathSherrn stel, wclcher zu-
fälltg neben ihn getreten «ar, und dtcsem eincn
gehörigcn Stich beibrachte. Der RathSherr zucktc
zusammen, dcr Crimtnal-Director sprang hinzu,
um das sich krümmendc Thicr von dcr HaiSbindc
seineS Nachbarn abzunchmen und der Stich schicn
außer etncr gerötheten Stelle und einer kleinen Ge-
schwulsr keine weitcren Folgen zu habcn.

Als fich der Ertminal-Dircctor wtcder auf set-
ncn Platz gesetzt hatte, bemerkte ich plötzlich eine

eigcnthümlichc Vcränderung in scinem Wesen. Er
war hetter und gcsprächig geworden, brach seinc
inquisitorischcn Fragcn ab, lenkte daS Gcspräch auf
gleichgiltige Gegenstände und sprach nach bccndtg-
tem Frühstück dcn Wunsch auS, sich auf srtn Zim-
mer zurückzuziehen. AlS wir allcin waren und cr
gcnau gcprüft hatte, ob wir von keiner Seitc be-
lauscht würden, kündigte cr mir sreudig an, taß
in dic Sache Licht gckommen fci. Der Vcrmißte
sei ermordet, der MörVer Nicmand anderS als der
rvthe RathSherr. Die Sachc sci so unzwclfelhaft,
es kommt nur noch darauf an, genügcnde Beweise
zu findcn.

Erstaunt blickte ich dcn ehrwürdigen alten Herrn
an, von dem ich nur zu gut «ußtc, daß er ntcht
zu spaßcn belicbe.

„Mein Gott", erwiderte ich erstaunt, ,,«ie wol-
len Sic daS behaupten, Sie find doch nicht etwa
noch abcrgläubischcr als die altcn Römer und Grie-
chen warcn, deren Auguren sich durch den Flug
großer respcctabler Vögcl bestimmen ließen, wäh-
rend sie ein richterlicheS Verdict auf den Stich ciner
WeSpe zu stützcn schcinen. Jch «eiß in der That
z nicht, «odurch fich der rothe Rathsherr tn Jhrep
 
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