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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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Deutschland

Wiesbaden» 12. Zan. Gcstern fand ,n
St. GoarShaufc» eiiic Natwnalvereinsver.
saminlung statt, alS deren haiiptsachlichsteS
Ergebiüß zn bezeichiieu ist, daß einc Fort-
schnttspartei, auS sainmtlichen liberalen Gle-
mcntcn des Lanves bestehend, gcbilbct werven
wirv, vie zunächst die bcvorstehenden Neu-
wahlcn zuin Landtage in vie Hanve neymen
soü. Zii viesem Zwecke wirv demnächst wie-
Ver eiiie große Liersammlnng auSgeschrieden
werde».

Ans Wiesbaden, 14. Zan., schrcibt ver
„3ch.Kur.--t Zu ver vorgestcru von vem Hofe
bei Hochheim abgehalteiien Hasenjagd ist auch
ln vicsem Jahre wicver zum grbßeren Ver-
giiügkn vas hicsige Linienmiütär, rottcnweise
gcfuhrt von seiiien Uuieroifiziereii, beigezogkii
worven. Der naffauische Soldat ist vavurch
abermals ln vieselbe Linie gestellt mit dem
Anhalt-Kvthen'sche» Buiivescoutingent, das vor
eiuiger Zeit der Well ein Gegenstand deS
SpoiteS war, weil es Hasen treiben uiußte.
Sind Vazu vie Söhne VeS Lanves ihren Fa-
milie» enkzogkn? — Was wnrde der franzö-
sische Solvat zu einer solchen Verwenvuug
sagen? — Wo blcibt va dcr sonst so betonte
rnilitälische Geist? — Hat vie Biiuvesmilitär-
cvinniissioii keine Augen sür solchc Dinge?

Kasscl» 13. Zanuar. Zn der heutigen
Sihuug lin,erer Kanimer (über welche Iheil-
weise schon berichtet ist) machre der Präsivent
vie Mittheilung, vaß am lctzten Sonutag dcr
hiestge Hos- uiiv Garnisonspceviger Ncimann,
wic vaS Gerücht-'sage, vie kurhe,stsche Stän-
vcvei samiiilung von ver Kanzel herab dcr Lüge
uuv vcs tLiveöbruches angeschulvigt habe. Er,
Ver Prästven«, chabe sich zu vem gcnaniitc»
Psarrer bcgcben unv ihu um Auskunst über
Vcn Thatbcstanv ersucht. Ncimanu habe hier-
aus bchaupiet, daß er nur iin AUgeuikinen vvn
deutschen Släiivevkrsalniiiluiigeii gercvet; auf
dcii Vvrhalk, vaß vie kurhkssi,chcn Stänbe Vvch
auch zu jcnen gchörleu, habe dcr Pfarrer vcr-
sichcrl, vaß cr die kurhessische Kainmcr nicht
gcineint habe. Ein Mitgliev ver Ictzlcren habe
niiii zwar die Aeußcrung NciinaiiuS, wie der
sie iiachgeschrikbcii, vem Prästvcnten vorgelegt,
köniie zevoch nicht sür vollc Trcue dks Woit-
lälils cinstlhcii. Rkiuiann hattc die Verstche-
rung, baß er nicht aus unscre Slänve ge-
ziclt, mit ver Bcinerkuiig begleitet, daß sein
Amt ihm nichl Zeit gcwäyre, sich um bie kur-
hcssische Kammer zu küuiinerii, unv daß er
bayer auch ubcr den ihm uiibekanuten Gegen-
stanv zu urtheilen sich nicht crlanbc. Der
Präsivcnt schlug vor, so uncrklärlich es sci,
woher Herr Neiiiiann Zeil und Lust nehme,
sich iim vie übrigen deutschen Ständeversamm-
Ilingkn zu kümmern, wklin er das bezüglich
ver vatkrläiiviichen nicht vermöge, die Sache
bis aus WkitcrcS auf sich beruhcn zu laffen.
Die Vkrsainiiiluiig war hicmik cinverstanvcn.
Karl Oelker (II ) st«Hle die Anfrage: „Jst
es vie Absicht der Ncgicrnng, Vie Dicner ves
Civil- uiiv MilitärvieiisteS, wclche 18ä0 ver-
abschievet sind, zu cnljchävigcn und im Faüc

grabcn hattc. So entging cr dem irvischcn Richter.

Dicse Gcschichte war dte Ursache, daß, wcnn ich
spätcr cincn Mvrdcr untcr vic Hände bckam, ich
immer zunächst hiuter scine Ohren schaute.

(Hausfr.)

Eine Näubrrgejchichte.

Die „Gcrtchtszcitung" crz'ählt: Ein in PotSdam
wohnciidcr höhercr Postbeamtcr machtc in dcm ver-
gangcncn Svmmcr mit scincr Familic, zu der auch
ein hcirathssähigcs, schr schöncs Töchtcrchen ge-
hörte, cine Rcisc im Nordcn Europa's. Zn DSne-
mark schloß sich dcn Rciscnden cin jungcr, clegan-
tcr, scincm Bcnchmen nach recht gcbildctcr und
seinem Auftrcten nach schr rcichcr Mann an. Er
stcllte sich als den Sohn cincr in Hamburg leben-
dcn rcichcn Wittwe und als dcn Chcf cineS bckann-
tcn Hamburgcr Hauses, dcr in dcm Millioncn-
Club Sitz und Stimmc har, vor, crhtelt von dcm
Obcrhaupte der Familic die Erlaubniß, dte Reise
mit ihm zu machcn, und wußte sich gcgcn dic Toch-
ter, «elche vffenbar auf den reichen Züngling den

ies AblebenS derselben die Entschävi'gung dcren
Wittwcn und Kindern zuzuwenden?-< Aus vie
Erwidernng des Lanbtagskoinmiffärs, daß, so
lange kciu üaktischcr Stoff" vdrhanveii sei,
vie Negi rui uichis unternehmen köune, ent-
gcgneteO et kr i, daß ihm diese Auskunst ourch-
aus nicht genüge und cr demnächst cinen de-
stimmt formulirten Ankrag stellen werde.
Wipperman» stellte den Antrag: „Hohe
Staoisregierung mit der Erklärung, daß die
Ständcversammluiig jede Mitwirkung zur
Herbkiführung derDelegirtenversammlung ver-
sagen werde, zu ersuchen, allen dcßhalbigen
Ailkräqen unb Bestrebungeii cntgegenzutreten."
Die Versammluiig beschloß, den Agtrag dem
VersaffmigsauSschuß zuzuweisen. (Sübv. Z.)

Berlin, 15. Januar. Grabvw's gestrige
Revc unuiiiteibar nach ver Eröffnung ver ersten
Sitzung veS Abgevrviieteiihauses machl den
tiesstkn Eindruck aus alle Schichten ber Be-
völkerung nicht nur vurch ihre würdige Hal-
tung allein, sondcrn auch, weil sie augeiischein.
lich vem Geist entspricht, welchcr ü> der gro-
ßcn Mehrheit des Abgeorvnetenhauses lcbt.
Um so mchr fällt es auf, daß eiiizclne Alt-
liberale sich lebhaft gegen Grabow ausspre-
cheii, weil sie ihm, alS bamals noch inieri-
mistischem Prästbenten, das Recht bestreiten,
Namens Ves Hauses stch zu erklären. Na-
»lentlich hat dies, wie man sich erzählk, Gras
Schwerin gethan, indeui cr sogar Grabow
selbst zur Nebe gestellt hat. Wie sehr dagegen
vie liberalen Fractionen unv sclbst vie Kleri-
kalcn eiiioerstandcn find, beweist am besten ver
Umstanv, vaß Grabvw üi ber hcuügen Sitzung
von 247 Sümmeii gege» 14 zum Präsiventen
für die Daner ver Session gewayil worben
ist. Auch Behrenv - Danztg und v. Bockum-
Dolffs haben große Mehrheüen erhalien. Ge-
stern Abenv fanbeli wievcr Fraciionssitzungeii
statt. Das lüike Centrum eiitschied sich nach
langer Discuffion einstiinmig vahin, gegen-
wärüg keiiie Avreffe zu beaiitkagen; inveß ist
Vamic nur bie Amworlöabrcffe aus vie Thron-
reve, bie von vornherei» nicht vie geringste
Aussicht hatte, abgelchnt. I» ver Fortschrikis-
pariei wurve noch kcül Beschiuß gesaßt; nur
eiiügte man sich vahin, daß, wen» dic Avreß-
srage Erörterungen veranlaffcn svllte, dic bci-
Ven entschievkii übcralen Fracüoneii zu gemein-
saincn SiKluigen vereinigt werven solleii. Bci
ve» Wahien »i die Abtheilungen wnrdeii dic
Canvivaic» ver vcreinigten Fraciionen, Fort-
schriiispartei imd liiikes Cenirum, sast ein-
stimmig gewähli. Walveck crhiell sogar in der
zwcitcn Abtheiiung alle Stimmcn. Die früherc
Ciiügkeil ver betven Fracüonen ist sast zu einer
völligen Cüiheit geworben.

Berlin, 15. Zau. Zn vcr heutigeii Si-
tzung beö Avgeorvnekenhauses ersolgle d,c Prä-
sidenlenwahl. Bci dersclben wurdc das Prä-
stvium dcr vvrigen Sitzungsperiode wieder
gewahlt, und zwar dcr Abg, Grabow mil
215 vo» 261 Sümmen zum Präsidcnten, ver
Adg. Behreuv aus Danzlg mik 107 von 251
Siimmcn zum erstcn Vicepräsidenten, unb ver
Abg. v. Bockum-Doiffs mit 204 voa 236
Summen zum zwciten Vicepräsiveiiten. — Z» 1

ticfsten Eindruck gemacht tzatte, so UebcnSwürdig c
zu benehmen, daß, als er auf dcr Rückkchr nach !
Dcutschland um die Hand der jungen Dame an-
hiclt, ihm daS Zawort derseiben unb der Segcn s
der Eltern crtheilt «urde.

Ter Bräutigam bat nun recht dringend, ihm so- !
fort nach Hamburg zu folgen, vamit er sein Glück
sciner Mutter mitthcilen und deren Einwilligung
und Segcn zur Heirath erhaltcn könnc. Man war
auch damit cinverstanden, bcglcitcte den jungen
Mann nach Hamburg unb fuhr mit thm dircct
vom Hafcn »or cinen dcr großen Kaufmannspa-
läste, i,i denen der Angabe dcs Bräuttgams nach
sctne Muttcr wohntc.

Als der junge Maim aus dem Wagen sticg und
nach dcn Fenstcrn scines Hauscs hinauf sah, er-
schrack er sichtlich und rtcf, eS müsse cin llnglück
vorgckomme.-, scin, dcnn alle Fcnster feicn verhängt.

Er bat jctzt scinc Bcglcitcr, einen Augenblick zu
warten, stürzte in's Haus und kam bald darauf
mit ricf betrübter Miene und dcr Nachricht zurück,
daß scine Muttcr am Nervcnfiebcr krank licgc und
Niemand zu thr gelaffcn «erde. Die »erabrcdct«
Vvrstkllung ver Braut unb beren Famtlie konnte

Elbing i'st Herr v. Unruh mit 175 Siimmen

gcgen 185 als Abgeorvnekcr gewähit worden.

Crefeld» 13. Jaw. Die Zmuikdiat Ein-
gade vcr Notabcln, resp. Commcrcikiiräthe,
ist mit 280 uiiv cinigcn Uüerschrislen ver-
sehen, am Samftag von Kölu aus nach ihrem
Bestimmungsorie abgegangcn. Daß vie Avceffe,
abgeseheii von deil gewichiigen Namcn, die
in den Rrihen dcr Unterschristkii glänzen, sehr
schwer an Gehalt unv Gewichl sein muß,
Vürste stch daraus ergeben, daß bei eincr der
Vorberathungen, weiche circa dreißig Theil.
nehmer zählte, ein Capital von mehr bcnn
dreißig Millionen Thaler Conkanikn reprä-
sentüi war.

Wien, 12. Jan. Eö sttzen gegenwärtig
die Hauptredakleure vier großcr Blätter
Wicus (ivegen Preßvcrgehen) im Gesängiüß,
zuglcich die Lciter aller Opposiiionsbiatier ver
österreichischen Hauptstadi: die Herreu Fried-
mann (Neuestc Nachrichten), Graß (Wanve-
rcr), Keipp (Vaieriand), v, Lkaiac (Ost und
West). Außervem noch v. Dcipinp, Mitre-
dakteur von Ost und West. (A. Äb.>Z.)

Z ta i te »

Rom, 6. Zan. Die viclbesprochcnen Re-
formen descvranken sich aus vie Ausführung
deS Evikts über vie Munizipalivahlen unv aus
Vie jür Vie Fremven besonvers wohühäüge
Rcsoim dcs Tariss der Lohnkukscher.

Mailand» 7. Zau. Heute erschien die
Flugichriü vcs Cario Ajraghi: „Keinen
Papst mehr!" und wirv dieselbe so schnell
verkausl, vaß schon gegen Enve vieser Woche
Vie zwctte Auflage ausgegeben wirv.

Eng land

Lvndvn. Lie Lhronreve ves Kaiserö Ra-
polcvii wirv von allen Biäücrn als Vechei-
ßung eines frievlichen unv sülle» ZahreS be-
glüßk. Der To» ver eiigiischeii Biatier gegen
ben Kaiser isl bel dicser Gelegciihcü, imk ge-
ringen Ausnahineii, äußerst achiungsvou uuv
ergeben, unv selbst jeue Orgaue, vie ihn theil-
wcise angreisen, thun bies jetzl mit größerer
Höflichkeü als jvnst.

A m e r tk a

New-Aork, 31. Dec. Nach der am 23.
Dec. verogcnlüchteu Proclailiaüvil ves Präsi-
dcnicn vec Cvn;överaüon, Zcfferjon LavtS,
wervcn nach eüier umsaffendeii Darlegung ver
Grunve, burch weiche sie veranlaßi worven
selcn, solgenbe Besehle eilaffen: 1) vaß Ge-
neral Bulier alö gemciner Vcrbrechcr ver
Tvvesstra;e versallen sei, unv weim er üi vie
Gewalt ver Coiiiöverüten geraihe, unverzUg-
iich burch ven Siraug hingeiichlcl wcrve; 2)
baß vie Ojficiere vcr Vercüngie» Staate»,
wenn gcsaugen, uichl eher aus Shrcuwort enl-
laffcn wervkii jollen, alö viS Butler seiiie
verwirkle Skrase erlitlen hade; 3) baß alle
Osficicre uuter Buticr'S Commanvo mchr als
im chiüchen Kricgc begriffen, sonvern als Rau-
ber unv Verdrecher, vie den Tov vcidünen,
belrachtct unv, wenn gesangcu, zur Crccution
! aiübcwahrc wcrvrii lollcn; 4) vaß vie gcmci-

. somir nicht stattstndcn, man hiclt sich deshalb in
! Hamburg nicht auf, sondcrn reiste alsbald nach
! Potsdam zurück.

Kurze Zcit nach der Ankunft veS Beamten in sei-
! nem HeimathSorte Potsvam fand sich auch ber
! Bräutigam der Tochter dasclbst ein. Lr hattc im
„Einsiedlcr" LogiS genvmmcn, sich dort auf scinem
' Rcichthume angcmeffcnen Kußc cingerichtct, besuchte
Vas HauS sciner Braut, luv dicsc und vercn Fa-
milic mehrfach in dcn Gasthof zu Tische, nahm da-
gegen auch ihre Gaftfrcmidschafl an, erzähltc, daß
scine Mutter fich m der Bcfferung bestnoe, dic Vcr-
lobung gcnchmigt habe uno, sodalv flc könnk, an
dcn Batcr dcr Braut schreibcn unv ihre Einwilli-
gung ausvrückllch kund gcben wcrdc; gcnug, eS war
Frcudc unv Fricdc in vcm Hause des BrautvatcrS,
alS plötzlich der Bräutigam aus dem Gasthofe ver-
schwundeu war. Er hatte stinc Rechnung bezahlt
unv war ohne Abschicd davon gegangrn. Kcin
Mensch wußte, waS vcr Grund dicstr auffallenden
Flucht gewcstn sti, unv mehrere Wochen vergingcn
der Braut in Angst und Kummer. -

(Schluß folgt.)
 
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