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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0062

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gegenkommendkr Gesinnnng eine der Abstim-
mnng vom 22. Jon. r. Z. vorgreifendc Er-
klärung gebcn. Sie wolle nämlich, falls von
dcr Mehrhelt der hohen Bnndesregierungen
Umgang genommen würde, auf dem betretc-
nen gefahrvollen Wege mtt Durchführung der
Vorfchläge vom 14. August weiter zu gehen,
und die bevorstehenbe Adstimmnng über die
Ausschußanträge auSgesetzt würve, einem Vor-
schlage beitretcn uud solchen seinerZeit ihren
' Ständen vorlcgen, welcher dahin gerichtet
wäre: „1) Die Bewilligung sämmtlicher bis-
her von ber Bunbesversamuilung beschloffenen
Matricularbeiträge für Bundeszwecke und dic
Vei aiiberungen und Lrhöhung ber Contingenk-
sätze des Bundesheeres, woraus den Einzel-
staaten stnanzielle Lasten erwachsen, einer Ver«
sämmlung von eigens bazu gewählten und
mil dem Rechte befiiiiiiver Beschlußfaffung
ausgerüstetcn Bevollmächligten ber deutschen
Ständeversammlungeii zu übertragen. 2) Dcn
Ausschuß sür das Bundesgericht zu beauftra-
gen, über dieseu Vorschlag Bericht zu erstat-
ten, unb Antrag für bemiiächstige Beschluß-
fassung hoher Bundesversammlung zu stellen."
Es verstehe sich dabei von selbst, baß solche
in vorliegendem Faüe nur mit Einstimmigkeit
erfolgen könnle. (Die Vorschlägc werden nun
deS Näheren begründet.) Wenn dte Regierung
unterlaffe, ihrer Erklarung die Form eines
Antrags zu geben, so werbe sie doch sederzeit
bereit fein, einem sslchen zuzustimmen, wenn
derselbe »on anderen, namentlich von Seilen
einer ber beutschen Großmächte aufgenommen
werden wollte. Schließlich erklärc ste den Ge-
'fandten für ermächtigt, im Ausschuffe an Aus-
arbeiiung näherer Detailvvrschläge in dicsem
Betreff mitzuwirken.

Frankfurt» 17. Januar. Die „Europe"
bringt ben Wortlaut der bänischen Erwiedc-
rung vom 5. d. M. auf die Note Earl Ruffell'S
vom 20. Novbr. Dänemark erfüllt bezüglich
Holsteins — vorbehaltlich, daß dieses nicht
Herc der Geschicke der übrigen Thcile der Mo<
narchie werbe — bie Forderungen bes Bun-
deS, um jcben Vorwand zu einer Bundesere-
culion abzuschneide», widersetzt sich aber be-
züglich Schleswigs jeder Artivn des Bundes,
und hält dic Verbindung desselbcn mit dem
Königreich als Grunddedingung der Eristenz
bes dänischen Siaates ausrecht, Der von
Ruffeü befurchtete gewaltsame Ansbruch könnte
nur die Fvlge sremder Aushetzungen sein;
Dänemark, seines guten RcchtS sith bewußt,
blicke einer solchen EvlNtualität mit ruhiger
Eutschloffenheit eutgcgen.

Berlin, 15. Ja». Der officieüe „Staats-
Anzeiger" enihält fvlgenben bezeichiienbeii Ar-
tikel : Während die koiügliche Staatsrcgieruug
bei der gesteri! ersolgten Eröffnung des Land-
tages demielben vvr AUem den Wunsch bauern-
der Verständigung und kiiimulhigen Zusammen-
wirkens enigegengebracht hat, ist von Lem
elilsiweiligen Prasidkiilen des Adgeorbncten-
hauses, Herru Grabvw, der erste Augenbiick
der wiedcr eröffneicn Sitzungen als gceigiiet
erachtel wvrden, ein schaises unb veilktzeubcs
Uriheü üder das Veihallen der Regierung

vernehmcn konnte. Dic Stlmme sagte: „Glauben
Sie viellelcht, daß mir zufällig an Zhrcr Pcrsön
etwaö BesondcreS geicgen ser? Zwcitauscnd Francs
monatllch, das könntc mir, gerade anstchcn! . . .
Mcin lieder Fkeund, cine Frau wie ichdraucht nur
die Hand auSzustrccken, um etwaS Befferes zu fin-
den... Sie kennen Herrn N., dcn Bankier; nun,
erst gcstcrn bot der mir den Schlüffcl zu sciner
Kaffe an, wenn ich ihm dafür den Schlüffcl zu mei-
ncm Herzen gcbcn wolle.

Dicsc Anklage traf unsercn Bankier wic ein Don-
nerschlag, er wurde seAr bleich, während dte Nex-
wandtcn aus der Provinz sehr roth wurden und
nicht wußtcn, «ohin fic blickcn sollten — nur Ma-
damc N. dlieb uncrschüttcrlich und zucktc mit keincr
Miene, obwohl diese Enthüllung fie bis tns Jn-
nerste tras. Sic that als od fie den Namcn ihrcs
ManneS gar nicht gchort hättc und aß ruhig wci-
ter, abcr das Mahl cndetc zicmlich vcrstimmt.

Am Abend überlegtc Madame R., waS fic
thun sollte — nach cincr Stunde des Kampfes war
ihr Entschluß gcfaßt. Machte fic ihrcm Manne
viclleicht einc Scene voll Thränen und heftlger
Vorwürfe? oder straftc ste ihn mit erhabener Ver-

> auszusprcchen und auf provoci'rendc Wei'se die
Kämpfe wieber anzuregen, welchc die jüngste
Sesflon zu einer so unerquicklichen und un-
fruchlbaren gcmacht haben. Abgcsehen vvn
der Frage, ob ber Prästdent des Abgeordneten-
hauseS zu dergleichen persönlichen Manifesta-
tionen überhaupt berufen ist, muß es befrem-
den, baß Herr Grabow stch dazu zu einem
Zeitpunkte vcranlaßt gefunden hat, in welchem
er das Präsidium noch nicht einmal anf Grund
der neuen Constituirung dcs Hauses führte.
Der Staatsregierung war kcinerlci Benach-
richtigung übcr das Stattfindcn der Sitznng
zugegangen. Hätte sie vermuthen können, daß
die erste Zusamenkunft der Abgeordneten an-
dere als die gewöhnlichen fvrmellen Geschäft«
zum Gegenstande haben würde, so würden
ihre Vertreter es stcherlich nicht unterlaffen
haben, in der Sitzung zu erscheincn unb sosort
Vcrwahrung gegen jenes Auftreten des Präsi-
denten einzulegen. Zndem wir uns versichert
halten dürfen, daß AUe, welchen crnstlich an
einer Verstänbigung gelegen ist, die bezüglichen
Aeußerungen beklagen, glauben wir zugleich
die Zuversicht aussprechen zu können, daß die
Staatsrcgierung sich baburch in den von ihr
in der Eröffnungsrede kundgcgebenen Bestre-
bungen ihrerseitS nicht irvb machen laffen wird.

Berli», 16. Jan. Jn der heutigen 3ten
Sitzung bes Abgeorbnetenhauses vcrkündet der
Präsibent, daß zu Schriftführern gewählt seien
die Herren Ziegler, Seubert, Baffenge(Lauban)
Sönke, Jordan, Schröder, Dr. Ziegert, Krie-
ger (Gvlbap), d. h. bis auf Schröder und
Ziegert (für Dahlmann und v. Buin-Stolp)
die vorjährigen. Ferner meldet der Präfldent,
daß die Fachcommisstonen gewählt und con-
stituirt seien. — Der bisherige Abgeordnetc
Pastvr Gräser hat, wie ber Präsident meldet,
in einem motivirten Schreiben auS Oberhel-
drungen (Provinz Thüringen) seine Mandats-
nieberlegung angezeigt. Auf Verlangen des
Hauses wird das Schreiben verlesen iind von
allen Seiten vielfach durch den Ruf hört!
hört! und durch Widerspruch unterbrochen.
— Herr Zmmermann (zur GeschäftSordnung):
Wenn bcr Herr Cultueminister gcgeHwärtig
wärc, so würde ich mir an ihn die Anfrage
erlauben, ob das Schreibcn des EvnsistoriumS
der Provinz Sachsen, welches die Mandats-
»iederlegung bewirkt hat,.mit seinem Willen
vber gar auf seine Veranlaffung erfolgt ist.
Da der Herr Culiusminister nicht anwesend,
habe ich zu fragcn, ob einem der beiben an-
wesenben Herren Minister etwas von der
Sache bekannt ist unb um Ausschluß zu bitten.
Der Fiuaiizminister unb der Mimster dcS
Jnnerii, welche am Ministertisch anweseiiv sind,
antwvrten darauf nichl. — Nach Vornahmc
einiger Wahlprüfungen, welche keine Bean-
standiing fiiidc», ergriff daS Wort der Finanz-
minifter. Dersclbe überreicht den StaatShaus-
haltetat sür 1863 auf Grund allerhöchster Er-
uiächiigung vom gestrigen Tage. Gegen den
im vorigcn Jahrc vorgelegten Etat sür 1863
sind Eiiiiiahine-Erhöhuiigcii eingetreten um
1,183,293 Thlr., denen aber. Einiiahnieermäßi-
gungen vop 267,197 Thlr. entgegenstehen, sö

achtung? oder schmolltc sie mit ihm? Neln, nichts
»on allcdem, ste erwähnte gegen ihren Mann nicht
eine Silbe über dcn Vorfall, klcibete sich am an-
dcren Morgen zcitig an, ging aus »nd begab sich
zu dcm Restaurant, wo sie den Tag zuvor gcspciSt
hatteiy- Hier wendcte sie sich an cincn der Gar-
conS und wußte ihn durch den Anblick ciniger Gold-
stückc zu der Antwort auf die Fragc zu bcwegcn:
„wer gcstern zu der und dcr Stundc in dem und
dcm Cabinet dinirt habe?" Es warkn zwei Her-
ren und eine Dame; der Garcon kannte bloS dte
Dame, welchc elnem der kleineren Thcater ange-
hörte.

Madame N. begab sich hicrauf muthig zu der
Theatcrprinzcssin und ahmte die Politik dcr Römer
nach, alS sie schon ihrem Verfall nahe waren und
dcn einfallenden Barbarenhordcn, wcnn sie ihnen
kcine Soldatcn mehr entgcgenzustcllen hatten, Gcld
boten, damit sie fich vön den Grenzcn des Rcichs
entfcrncn sollten; sie bot der Kleiucn cine beträcht-
lichc Summe, damit fic ihrc Untcrnchmungcn gegen
daS Herz deS Bankicrs aufgeben sollc, und dicsc
schlug vergnügt ein.

Madame N. liebte nämltch thren Gatte« wirk- I

daß dic Einnahme sich netlo um 916,096 THIr.
erhöht. Hierzn treten Ausgabeermäßignngen
,'m Betraqe von 163,904 Thlr., so daß sich
das Resultat ,'m Ganzeii geqen das Vorjahr
um 1,080,000 Thaler giinstiqer stellt. Das
Deficit bes vorjährigeii Entwurscs betrug
3,180,000 Thlr., während stch daffelbe jetzt
auf nur 2,100,000 Thlr. stellt. Der Druck
des Eleus soll in Kurzem erfolgen. Der Ent-
wurf geht an die Budgetcommiffion. Nächste
Sitzung unbestiiiiint. (B.- u. H.-Ztg.)

Das linke Centrum hat Mittwoch Äbcnd
nach einer kurzen Discuffion, an ver sich haupt-
sächlich Vie Abgeorbiieten Gneist und v. Carlo-
witz betheiligt haben, einstiinmig beschloffen,
cine Adreffe zur Zeit nichl zu beantragen; eS
sollen zuuächst die Vorlagen der Regierung,
namentlich die Budget-Vorlagcn, erwartet
werden.

Berlin, 16. Jan. Hr. Laffalle ist vom
Criminalgericht wegen eines Vortrags, dcn er
im Handwerkervercin der Oranienburger Vor-
ftadl gehalten, in welchem die Anklage „Gc-
fährdung dcs öffcntlichen Friedens durch An-
reizung von Slaatsangehörigen zu Haß
und Verachtung gegen einander" erbllckte, zu
vier Monaten Gesängniß verurtheilt worben.
Die Verhandlung war sehr lebhaft. Dem An-
geklagteu, dcr sich in einer vierstündigen Redc
selbst vertheidigte, wurde cinmal das Wort
entzogen.

Berlin. Von den neugewählten Mitglie-
dern ber Budgetcommiffion: v. Bockum-DolffS
(Vorsitzender), Behrend (Stellvertreter), gc-
hören 22 dcr Fvrtschrittspartei, 10 bem linken
Eentrum, unb je eins dcr Fraktion Reichen-
sperger dem parlamentarischcn Verein und ber
Frakiion Vincke an.

Arankretch.

Paris, 11. Januar. Die Vorsteüung des
neuen preußischen Botschasters bei dem Kaiser
bekundete nach dem Temps die zwischen beiden
Staaten neuerdings bestehenbe herzliche Frcund-
schasl. Der Kaisec versicherte, seit er ben Kö-
nig Wilhelm persönlich kenne, besonders bei
deffcn Bcsuch in Comptegne, habe er stets den
lebhasten Wunsch gehegt, daß bie gcgenscitigen
Beziehuiigen immer herzlicher wcrben möchten,

S ch w e t z.

Bern, 17. Jan. Nach einefn amtlichcn
Berichte ist am letzten Somitgg, 11. Zannar,
in der Pfarrkirche zu Locarno im Teffin der
Dachstuhl unter dem Hrucke großer Schnce-
maffe» eingcstürzt. 45 Frauen uiio ein Mann
ssnden augcnbiicklich bcn Tob; 6 Fcauen find
scither gestorben, V schwer vcrletzi. Aus bem
St. Goithard sollen 23 Personen in Lawine»
umgekoinmen sein.

Z t a lte n

Turin, 15. Jan. Ein königliches Decret
hebt voin 20. Jan. an die außcrordentlichen
Vvlliiiachtcn der Prä>cctcn oon Neapel uud
Paiermo auf. — Der Gciueinderalh von Ge-
nua hat 50,000 Fraiiken sür die Opser bes
BriganteiiwesenS gegeben. Es bcstätigk fich,

lich und maß sich sclbst auch eincn Thcil der Schuld
bei scinem Abweichen vom gcradcn Wcgc bei. Sic
hattc sich, crst scit ciuem Jahre in Parts, von dcm
blcndenden Schimmer deS VergnügcnS bethört, tn
den Strudel der Zcrstreuuugcn gestürzt und ihren
Mann vcrnachlässigt — darum hiclt sie daS Ercig-
niß des »crstvffclicn AbendS für eine Strafc für
ihrcn cigcncn Lcichtsinn. Vou der Zcit an war sie
dic licbcnswürdigste Gattin, weiche man sich dcn-
kcn tonnte; fic wandte alle erdenklichc Kokettcric
an, nicht mchr um andere Männer zu erobcrn,
sondern um ihren cigencn Maun zu feffcln und
um ihn hicb- und kugelfest gcgen dic Angriffe
ncuer Barbarenhordcn zu machcn uud wie man
hört, soll ihr bies auch gelinge».

Am 29. d. wird in dcin einigc Stunden von
Navmburg gelegenen Dorfe Poserna der 100jährige
GeburtStag Seume'S begangen werdcn. Ahm zu
Ehren hat ein patriotischer Mann in Leipzig den
Entschsuß gcfaßt, dcS DichtcrS GeburtSstättc mit
«incr Votivtafcl aus Marmor zu versehen und dic-
sclbc an dcm obengedachten Tagc dort bcfestigcn
u laffcn, woran sich eine angemeffene Festfcter
nupsen wird.
 
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