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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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Berlin, 23. Jan. Der Adreßentwurf des
Hrn. v. Bincke und seiner Fracrion lautkt:

„ALerdurchlavchtigstrr rc. Ew. rc. erueueru wtr in Ehr-
furcht deu AuSdrock alter Htngebuvg und Treue sür Ew. rc.
und das königltche HauS. Als unsere wichtigste Aufgabe
erachtea auch wtr dte Verständigung über die — wie wtr
lebhaft bektagea — im vvrigen Zahre ungclöst gebliebenen
Frageu. DteS Ztel ist aber nach unserer tnntgen lleber-
zeoguog nur daua zu erretchen, wenn vor aüen Dtngen
von der Regieruug Ew. rc. der unzweideutige Znbalt deS
Art. 99 der beschworenen Verfaffung, nach welchem Staats-
auSgadea nnr auf Grnnd eineS voa der LandeSvertretung
genehmigten StaatShauShaUSetatS geletstet werden dürfen,
anerkanut und die Feststellung des StaatShauShalteS für
daS Zahr 1862 ta verfaffungSmäßtger Wetse ohne Verzug
bewtrkt wtrd. Dem unS angekündigten Gesetzentwurfe zur
Abandernng uud Eegäuzung deS GesetzeS über dte Ver-
pffich.ung zum KrtrgSdienste vom 3. Septbr. 1814 sehen
wir in der Hoffaung entgegen. daß eS gelungen setn wird,
dte Erhöhung der Strettbarkett der Armee und dte mög-
ltchste Durchführuyg der allgemeinen Wehrpsticht mtt den
nothwendigen Rücksichlen auf die Ordnung des StaatShauS-
haltS und die Schonung dcr productiven Kräfte deS LandeS
tn Einktang zu setzen. Bereitwillig werden wir dte Mittel
bewilligea, um den hülfsbedürstigen Kämpfern auS der glor«
reichen Zeit der FreiheitSkrtege den Abend ihreS LebenS zu
erletchtern. Der dringenden Aufgabe, dte Marine so wett
zu sördern, als eS trgend die Kräfte deS LandeS gestatten,
wcrden wtr unvergeffen setn. Wtr sprechcn unsere Befrte-
dtgung darüber auS, daß dte Regterung Ew. rc. den durch
dte etnmüthtge Zustimmung der LandeSvertrelung begrüßten
HandelSvertrag mit Frankrctch gegrn dte Sonderbestrebun-
gen anderer deutschen Regterungen aufrecht zu erhalten ent-
fchloffeu ist. Der baldigsten Voclage einer KreiS- uud
Gemetndeordnung tm Geiste dcr Besetttgung verfaffungS-
wtdrtger Vorrechte etnzelner Stände, deren energischcr Durch-
führuug gegen den Widerjpruch derselben schen wtr mtt
Sehnsucht entgegen. Die Bemühungen Ew. rc. Reaierung
zur eudltcheu Herstellung eineS verfäffungSmäßtgen RechtS-
zustandcs tn Kurhcffen haben wtr mil Antheil beglcitet
und vertrauen, daß deren behanliche Fortsetzung, unterstützt
durch die bewährte Besonnenhcit und Mäßigung der Ver-
tretung des hessischen VolkeS, bald zum Ziele führen werde.
Allergnädigster König und Herr! Seit Zahrhunderten be-
ruht PreußenS WachSthum und Glößc auf der Hingrbung
seturr Fürsten für thren erhabenen Bcruf, auf der Treue
und Htngebung der Nation für Thron und Vaterland.
Sctt die Verfaffung etn ncueS Band um Fürst und Volk
geschlungen, tst thre unverbrüchltche Hetltghaltung die un-
erläßltche Bedtngung jegltchrn GedeihenS im Znncrn, aller
Erfolge tn Deulschland und Europa. Wtr bttten Gott,
der dte Herzen der Köntge, wie die Geschtcke der Völker
tu Setuer allmächtigen Hand hält, daß er die Grundlage
uuserrS öffentltcheu RrchtcS unS für alle Zukunft unge-
schmälert bcwahre, und iu der ungctrübten Einigkeit zwt-
schen Köntg und Volk dte sichere Gewährung erhalten wolle,
tu welcher daS Vaterland jcdem Wechsel der Zeiten getrost
tn'S Auge schauen darf., Wir erstrrben rc."

Berlio, 26. Zanuar. Die Ereiginffe IM
Königreich Polen üben bcreits auf uns eine
starke Wirknng aus und drohen dic Situation
zu verwirren. Ohnc Zweifel werden Trup-
pen auch dann, wenn dic Provinz Pose» ganz
ruhig bleibt, in die Grenzprvvinzen gesandt
werden müffen; dazu sind aber Mittel erfor-
derllch, die Herr v. Bismarck möglicher Weisc
von den Kammern verlangen wird. Was dann,
wenn daS Abgeordnetenhaus jede Geldbewil-
ligung vor Regelung der Verfaffungsfrage ab-
lehnt? Ni'emand wird diesc Frage augenblick-
lich bcantwvrten können. Uebrigens soll dieser
Zwischenfall Herrn von Biömarcks Siellung
wirklich besestigt haben, da man sich entschlos-
sen haben soü, jede Ministerkrssts uu't Auf-
biclung aller Mittel für die nächste Zeit fern
zu halten.

Berlin. Der von der Regierung vorge«
legte Gesetzentwurf wegen der Diäten, Reise-
gelber und Stellvertretungskosten dcr Abgeord-

Zeit schrieen und zerrten die Herrcn Runner und
Lvser nmfonst. Da schoß mit einemmale ein klei-
nrs Kerlchen mit SchnapPsrubinen auf dcr wul-
filgen Nasc aus einen anderen vicrschrötigen Lüm-
mcl zu, der einer Gruppc von Landleuten dtc Vor-
thcile der *** rail-rosä prtcs.

„Herr, haben Sic denn gar kein Gewtffcn gegen
Zhre Landslcute? Sie lügen, Sie Verdammter!
JnS ünglück wöllen Sie dic Leute bringcn!"

Dcr Bterschrötige stammeltc etwas zu seincr Ver-
theidigung, drr Klcinc -ber stellte ein articulirtes
Derhör mit scinem Gegner an, aus dem sich er-
gab, sonnenklar, Laß *** roaä-oompaa^ Schwin-
delet sei, gar nicht eristire, sondcrn die Auswan-
derer nur um thr Geld geprcllt wcrden solltcn.

„Folgt meinem Rath, ihr Leute", fuhr er hitzig
fort, „traot kcmem Mcnschen, gcht, ohne cuch auf-
zuhalten, nach drm Bahnhof, lösteureTickcts,
ich kann ruch gleich hicr welche verkaufe», und «ill
euch uacntgcltlich hinbringen."

(Schluß folgt.)

nettii läßt die bishen'gen Di'äten und Reise-
gelder zwar »nverändert bestehen, will dage-
gen den Beamtcn, sowohl denen mit sestem
Gchalt, als deiien mit firirtcn Diäten, die
Stkllvertretnnqskosten während der Seffion
bis znr Höhe ihres Gehalts aufiegen.

Hamburg, 2t. Zan. Als wir in Nk. 16
der „H. Ztg." den empörenden Act ruchloser
Grausamkeit fchilderten, welcher von vem Po-
ll'zeimei'ster Leisner in Eckcrnförde an cinem
9jährigen Knaben verübt wurde, deffen Haupt-
verbrechen dari'n besteht, daß sein Vater ein
Deutscher ist, glanbtcn wir, dcn ganzen trau-
rigen Hergang auf einmal berichtct zu haben.
Wir sehen uns leider in die traurige Noth-
wendigkeil vcrsetzt, unsern crsten Bericht zu
vervollständl'gen. Als Leisner mit seinen Scher-
gen den Knaben im Hause scines Vaters er-
griffen hattc, fiel ihm das schwächliche Kind
zü Fiißen, umfaßte sein Knic und fichtc: „Jch
habc crst kürzlich mcine Mutter verloren, der
Kummer über mich möchte auch meinen Vatcr
tödten; deswkgen haben Sie Erbarmen." Die
Antwort des Polizeimeisters laulete: „Du
sollst gcpkitschl werden, «nd dabei hat es sein
Bewenben." Das Kind wurde nun ergriffen,
über zwei Stühle gelegt, während der Errcu-
tion von einem Polizeidicner beim Kinn gc-
faßt und auf diese Weisc am Schreicn ver-
hindert; ci'n zweiter faßte es bei den Füßen
und ein dritter enblich peitschie den emblöß-
tcn Rückcn mit Ruthen, biS bas Blui herun-
terlief! Also fünf dänische Männer erniebrigen
sich so tief, daß sie ein armes, schwaches, ba-
bei aber ficißigeS und braves deutsches Kind,
das eben seine Muiter verloren hat, auf eine
grausame und empörende Weisc züchtigen,
weil der Vater ein Deutscher ist! Die Schil-
derung dieses beispiellosen Actes ist an die
residirenden Gesanbtcn nach Berlin geschickt;
es ist ein Document aufgenommen und Lorb
Zohn Russell eingehändigt wordcn, und die
Trauerbotschaft burchstiegt Dcutschland von
kincm Ende bis zum andern. Wir habcn,
schreibt die „S. H. C.", zwölf Zahre lang
ähnlichc und noch grausamere Mißhandlnngen
erduldet, wir haben Beispiele, daß unserc Sol-
dalen, zu Stockschlägen verurtheilt, beim 4.
Hiebe vhnmächiig wurdcn und in diesem ohn»
mächtigen Zustande, auf Befehl des däinschen
Arzies, noch vierzig Hiebe bekamen.

Wien, 24. Jan. Die Köni'gin von
Neapcl wird dieser Tage i'n Venedig crwar-
tet und dvrt mit dem ihr von Rom entgegcn
kommenden Könige zusammenireffen.

Krankretch.

Paris, 26. Jan. Zm Senat ist nnn der
Adrcßvorschlag elngebracht. Dcr Tert dieses
Actenstückes findet die Lage Frankreichs ganz
vortrcfflich. Dem Senat schreibt es die Aus»
gabc cines Verfaffungswächtcrs zu — einc
Aufgabe, deren Lösung während der Dauer
der beiden legislaiiven Seffionen keine Schwic-
rigkeit bot, wcil einerseils das Land in Folge
seiner Erfahrungen vor der Gesahr zurück-
bebt, und anderseits der vom Zeitgeist bescclte
! Kaiser die Ueberschreitnngen der Gewalt ver-

§ Hcidelberg, 24. Aanuar. Andcm wir uns
auf die von Gusta» Rasch in der Berliner Mon-
tagspost «rzähltc grausame Bcgcbenhcit, wclchesich
unlängst in Eckernfördc durch eiuen Polizei-
meistcr zugetragen hat, bcziehen, bcrichten wir cin
ähnliches Ereignlß, das sich vor ungcfähr 50 Zah-
ren in Bambcrg zugetragen hat, welcheS zuglcich
Zeugniß von dcm südlichcren Blute deS Bayern,
wic von der strengcn GcrcchtigkcitSliebc des unvcr-
geßlichen KönigS Marimilian Zoseph geben.
Auf dem Eise des Altwaffcrs dcr Regnitz in der
Gegend dcS Schießhauscs bekamen zwci Jungcn
bctm Schlittschuhlausen Strcit; dcr Einc dcrselbcn
war dcr Sohn deS Obersten und Stadtkomman-
danten v. M-, der Andcre deS Metzgermeisters N.,
indem der Erstere den Letztercn auS ltebermuth ge-
schlagen, worauf aber der Metzgerjunge sctnen Geg-
ner packte, ihn auf daS EiS warf und als der stär-
k-rc dcnsclbcn besiegte. Nnglücklicher Weise ritt der
Ob-rst vorüber, ließ sogleich den Metzgerjungcn cr-
gretfcn, und, wiewohl denselbcn Zuschauer vcrficher-
tcn, daß sein Zungc zuerst geschlagcn und den Streit
begonnen hatte, so ließ cr durch zwet Soldaten den
erschrockenen Kiraben auf die Hauptwache, «elche

abscheut. Der Adreßentwurf schließt un't den
Worten: „Ncne Ausstchten öffnen sich Frank-
retch, das nlcht di'e Gewohnheit hat zu schla-
fen. Dieses große Land, welches in scinen
Kriegcn Mnih, >n seinen fn'edlichen Arbeiten
Jütelligenj und in sciner Politik gesunve Ber-
nunft bewährt hat, ivird seinc Anstrenguiige»
verdoppcln, »m das ihm vom Kaiser gesteckte
Ziel fortschriitlicher Entwickelung zu erreichen.
Das durch die Zeit befestigte, durch die Spm-
pathi'en Europa'S gewählte, von der Liebe dcr
Völker getragene zwcite Kaiscrreich wird seine
Verheißuiigen erfüllen, und Arm in Arm mit
ihm wird Frankreich seine weltgeschichtlithe
Aufgabe nicht versehlen." Die Discuffion
dieses Entwurfs wird nächstcn Donnerstag be-
ginnen. — „Patrie" versichert, daß am 5.
Fcbruar in Belgrad die europäische Cvnven-
tion zusammentreten werde.

S ch w e t z.

Bern, 26. Zan. Von allen schweizerischen
Eisenbahnen stnd nur dic Nordostbahn und
Ceiitralbahn im Falle, ihreu Aclionären pro
1862 mehr als 4 Dividende zu bezahlen
unb svlglich auch Ler Bundeöcaffe bic gcsetz-
Uche Concesstoiisgebühr zu eiitrichten. Der
Bundcsralh hat sie dahin firirt, daß die Nord-
ostbahn Fr. 500, die Centralbahn Fr. 400
per Wegstunde z« bezahlen hak.

3 t a r i e n

Turin, 23. Jan Die Räuberbanden
von Croeco, Ninco-Nanco und Caruso stnd bei
Mvnticchio zersprengt worden, ihre Reste ha-
ben sich in die Wälder von Castiglione (Ka-
labrien) geflüchtei. — Der Proceß gegen die
Erdolcher in Palermo ist zu Enbe. Drei
stnd zum Tode, 14 zu schwere» Arbeilen ver-
urlheiU. Die Aburthcilung gefchah durch Ge-
schworene, venen man festcre Haltung nachrühmt
als den Richtern.

Dänemark

JHehoe, 24. Jan. Die der Ständever-
samuüung vorgelegte Botfchaft Mhält >n
poUUscher Bezichung nichts als die Erkiarung,
daß auf di« vvn der letzien Versammlung in
der Vcrsaffungssrage gestellten Anträge nicht
eingegangen werdc. Bei bcr Eröffnung der
Siändevcrsammlung weist dcr kviiigl. Kvmmis-
sarius Warnstedt auf die köiiigttche Botschaft
hin, die sich in den Händen pcr Versammlung
bestnde; der Versammlung seien weitgreifende
Vorlagen gemacht. D'Anbert, als AlterSprä-
sibent, gedenkt sehr anerkennend des aus der
Versammlung geschiedenen Rantzau und dcs
verstorbcnen Lehmann. Seine weiteren AuS-
laffvngen veranlaffen den Kommissarius zn
Protestaiionen gegen die Aeußerung, daß selbft-
ständige Staalen unter dcm Scepter Sr. Maj.
verbunden seien. Als Präsidcnt wurde einstimmig
Scheel Plcffcn gewählt.

Türkei

Briefe aus Konstantinopel vom 14. d. (übcr
Marseille vvm 23. d.) meldcn, England habe
von L>aid Pascha die Ermächtigung zur'Fort-

unter deS Stadtkommandanten Wohnung war,
schleppen. — Der Metzgcr N. war eben in dcr
Schrannc mit bem Fleischaushauen befchäftigt, alS
ihm die Nachrlcht gcbracht wurde, sein Sohn set
arrctirt und auf die Hauptwache gebracht. — Er
stürzte, mit dcm Schlachtbeil in dcr Faust, fort auf
dic Hauptwachc, um htcr bei dem Obcrstcn für sein
Kind zu bittcn; doch der ungliicklichc Vater kam zu
spät und sah nur noch zcrbrochenc Stöcke und Ru-
then aus dcr Erde und seinen Sobn lebloS von
bcr Bank auf den Boden fallcn, während der Obcrft
mit kaltcr hohnlächelnder Mlcnc zuschaute. AlS
dcr Vater dieseS sah, schwang er, ohne sich zu be-
denlen, das Beil und spaltete, ehe Jemand ihm
in den Arm sallcn konnte, inlt einem Strciche dcm
Obersten daS Haupt biö aus den Rumpf. — Dcr
Mchger wurdc soglcich festgenommen, die ganze
B-gebenheit streng untcrsucht und dcr Thatbestand
dcm König Marimilian Avseph berichtet, welcher
soglcich den tiefgekränktcn Vatcr auf freicn Fuß
setzen und den Prozeß niedcrschlagcn ließ. - S°
handelte ein bayerischcr Vater und — ein bayeri-
scher König!
 
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