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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0265

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Die Krifis ia Nordamerika in
ihrem jetzigen Stadinm.

Nachdcm eme Neihe von Wochen hmdurch
die kriegerlschen Ereigniffe in Poien vor Allem
unsere Auswerksamkeit gefeffelt haiten, und ber
Kriegsschanpiatz aus dcr westiichen HemispHäre,
auf dem etwas ReueS von Beiang ohnehin
nicht eingetreten, hierdurch völlig in den Hin-
tergruud getreten war — scheint nun auch
die Kricgssührung dortselbst in eine, vermuth-
lich die ietzte, entscheidenbe Phase zu treten.
Wenn nicht Alles trügt, haben wir in Bäide
kriegerische Operationen der Bundestruppen
am unleren Misstssippi, gegen Charieston, Sa.
vanna, vielleicht sogar gegen Teras entgegcn-
zusehen. Ob sich auch die Hauptarmee am
Potomak in Bewegung setzen, und einen neuen
Schiag gegen die Hauptstabt ber Seceffionisten,
Richmonv, versuchen wird, ist noch ungewiß.
Die Kräste der kricgführenden Parteien sind
in ber leßten Zeit auss äußerste angespannt !
worden: sür die unionstreuen Rordstaaten hat
der Senat ein allgcmeines Conscriptiönsgesetz
angenommen, weiches ben Präsibenten ermäch-
tigt, alle waffensähigen Männer von 20 bis
35 Jahren ais erstes Aufgebot, und die von
35 bis 45 Zahren als zwcites Ausgcbot in
ben BunbeSkriegsvienst zu beruscn. Borerst
soll das jreiiich nur eventuell geschchen, aäm-
lich in Fällen, sobalv Kriegsgefahren von
inneu ober außen es nöthig machten, unb man
hat hierbei nicht nur jene vom ausgestanvenen
Süven kommende Gesahr im Auge, sonbern
zugieich noch eüie von einer ganz andern Seite
drohenve, näuiiich von Seiten ves intervcn«
tiviisiustigkn Frankrcichs, welches wiedcrhokt
mit sog. Bermittiungsvorschiägen hervorgetre-
ten ist, und in bem nahen Meriko bereits eine
wenn auch immer noch sehr precäre Stellung
iiine hat.

UedngenS ist Napoieon III., so lange der
Ausstaud in Polen sortdaucrt, in Foige vieser
ihn weit näher berührenven Verwickiung, nicht
in ver Lagc, einen sür dic Union nachtheütgen
Entschiuß zu faffcn: ja eS liegt nicht außcr
dem Bereiche der Mögiichkeit, daß er vicsen
Letzleren benützt, um sich aus der ihn so em-
pfinviich berührenden Beriegenheit, vie ihm
Meriko bereitet, auf gute Manier los zu ma-
chen, und es kann — beüäusig bemerkt —
Ver sonderbare, vor einem Jahre kaum sür
mögiich gehairene Fall eintreten, daß die Ge«
schicke Pvlens durch Meriko entschieven werden!

Um zu unserem eigentiichen Thema zurück-
zukehren, bemerken wir weiter: Auch ver ame- s

14. d. mit dem Grafen Rechberg
"vei Stunden dauernde Audienz bei
Franz Joseph, worin ein gcmein-
schastiiches biplomatisches Bvrgehen mit den
Westmächten in St. Petersburg prinzipiell be-
schioffen worden sei. Fürst Metternich, der
am 19. d. nach Paris zurückkehre, habe die
ausgevehnte Vollmacht, im Namen Oesterreichs
allen Schritten beizukreten, worüber die West-
mächte einig würden.

Die „Jtalie" versichert, daß Langiewicz in
bestänbigem Berkehr mit Garibalvi steht, uuv
Letzterer selbst ben Felbzugsplan der Polen
entwarf.

Deutschlan-

— Aus Baden, 19. März. Das be-
vorstchenve Zubiiäum Zhres Previgerseminars
ist bereits, wie einst ver MeffiaS laut der Weis-
sagung des alten Simon, zu einem Zeichen
geworben, „dem wiversprochen wird, aus daß
vieler Herzen Gedanken offendar werden."
Das Wibersprcchen ist va — von Seiten ver
Partei des Karlsruher Kirchen- unv Volks-
blattö, welche diesem Feste nicht beiwohnen zu
wollen erklärt hat; unv dic bikkeren Gedanken
ihrer Herzen sind schon mehr als genug vsseu-
bar geworben. Uns ist wirklich Liescs so recht
absichrlich aus dem Forum der Oeffentlichkeit
geführte „Psaffengezänk", wie es in bem ev.
prot. Wochenblatt mit Recht genanut wird,
vollständig zum Ekel geworven, unb wir zwci-
sela keinen Augendlick, baß auch unser Volk
diese „Hirten unv Lehrer als vie biffigsten unb
giftigsten Strcithähne verachten" werve. Das
Widerwärtigste bei der Sache ift aber das,
daß man den Streit' auf das gehäffige Gebiet
der Pcrsönlichk-lteii gezogen unv zu einer
schmählichen Verunglimpsung höchst achtbarer
unv vas wohlverviente Vertrauen uilserer
Kirche genießenver Theologen benützt hak.
Mögen sie ferne bleiben, jene Ritter orthodorer
Ausschließlichkeit, sin veren mit dec dicksten
Rechtgläubigkeit gewappnetenHerzen alleKeime
Vuldsamer Liebe ersticken; das Fest wird eiuen
nur' um so sriedlicheren, schöneren und geseg-
neteren Verlauf nehmen! Daß wir aber kein
allzu strenges Urtheil über biese Leute säüen,
soll der Mann bezeugen, auf Len sich sonst bie
Pietisten so gerne deruse», obgleich er sreilich
eines ganz anderen GeisteS Kind ist, uämlich
der alle Spener, welcher einst sagte: „Zn
meiner 27jährigen Amtssührung habe ich keine
giftigeren Leuie kennen gelernt, welche dem
wahren Christenthum so zuwiber gewesen wä-

rikanische Suden strengt scine äußersten Kräfte
an und ruft alle waffenfähigen Männer, selbst
die Beamken unb Znhaber von öffentlichen
Stellen nichl ausgcnommen, zum letzten, ent-
scheidenden Vcrzweistungskampfc unter die
Waffen. Denn man hegt allgemvin die Anstcht,
daß der Nvrben nur noch einmal cinen Schlag
gegen ben Süden versuchen, und — wenn die-
ser mißlingt — die Unmöglichkeit, ihn zur
Union mit Gewalt zurückzusühren, erkennen
wirv. Aus den noch bevorstehenden Feldzug
wird also Alles ankommen. Sollte dieser
eincn ungünstigen Ausgäng für dcn Süden
nehmen, so wird cr nicht länger widerstchen
können; denn cr hat alle seine versügbaren
Kräfte zusammengerafft, und es kann hieraus
keine weitere Anspannung mehr, sondern nur
Erschöpfung solgen.

Zugleich gipfelt die immerhin im Süden
bereits sehr fühlbare Bedrängniß an einen
maßlosen LerrorismuS, ber an die grauen-
hafteste Zcit ber französischen Revolution cr«
innert, und mitunter in einer noch größern
Abscheu eri^genden Geftalt auftrüt. Denn eö
hanbelt sich für die wirklichen und vermeint-
lichen Feinbe des VaterlanbeS nicht darum,
einfach guillotinirt, vielmehr um die viel ent-
setzlichere Allernative, durch Schweißhunde zu
Tode gehetzt und zerriffen, oder am ersten besten
Baum ausgeknüpst zu werben! Solche blutige
Gräuel, bie jedes menschliche Gefühlvermögen,
die den Namen ber Menschheit entehren, schän-
den ihre Urheber nicht minder, als die schau-
derhasken Morbscenin in Polen, welche dic
vorher halbasiatischea Horden RußlandS auch
an Unbewaffueten und Wehrlosen auöüben.

ES wirv sich nun bald zeigen, ob der ein-
müihige fanatische Haß, die terroristische
Energie, welche dcr Süven an ven Tag legt,
auch in vem nächsten Felbzugc den phpstschen
und moralischen KriegSmitteln des Nordens
gewachjen ift.

* Politische Umschau.

Nach der „Europe" tritt dkr seitherige Ge-
sandte Oesterreichs am russischen Hofe in's
Privatleben zurück und bereitct seine Abreise
vor; derselbe soll bis zur Erledigung der pol-
nischen Frage burch eincn einfachen Geschäfts-
trägcr ersetzt werden, wozu Graf Guibo v.
Thun-Hohenstein, bisher bei der österrei-
chischen Gesanvtschaft im Haag, bestimmt sei.

Die „Europe" veröffentlicht angeblich zuver-
lässige Aufschlüsse übcr das Resultat der Reise
des Fürsten Metteruich. Darnach halte ber-

Doctor Pitschner's Bestcigung des M-nt Blanc.

(Schluß.)

Die Gestalt ves Mont Blanc-Gipfels schcintbe-
dciltendcil Veränderungcn untcrchorfcn zu setn. Die
Brelte dreseS schmalen Plateaus beträgt an ocr-
jchiedcnen Stcllcn nur 12—14 Fuß, dic Länge 180
Schritt, während seine Richtung oon Ost-Nordost
nach West-Südwest geht. Der Thermometer stand
am 1. August, Vormittags 11 llhr 25 Minuten,
auf — 7,8° Cclsius in der Sonne, und — 8,8°
tm Schatten und zwar 4 Fuß über dem Eisc. Dcr
Sauffure'schc Hygromrter zeigte 44°, während tn
Lhamvunir 58°. Der Barometcr hiett fich »us
15° 9'. Dte Farbe des Himmels crschien ticfblau,
der Kyanomcter zeigte um ll Uhr50 Minuten die
Farbe dcs HimmelS, wclche dnrch Nr. 5 bczcichnet
«ird. Ungcachtet dicser tiefen Himmelsbläue wa-
ren doch nirgcndS Sterne wahrzunehmcn. Der Ka-
nonendonncr von Lhamounir war nnr noch schr
schwach zu hören, obwohl der Wind vo» dort her-
kam. Das Sprechen strengtc sehr an. Zn einer
Entfernung vo» 15 Schritten vcrnahm man die

Worte sehr undcutltch. UebrigenS fühlte man keine
besondere Unbehaglichkeit, doch Mangel an Appe-
tit. Der Gipfel des Bcrgcs ist gewöhnltch verhüllt
und durchschnittlich nur 2000 Stundrn tm Aahre
sichtbar; cr liegt 11,594 Fuß über dem Thal von
Lhamounir und 14,808 Fuß über dem Mittclmeer.

Balv nach 12 Uhr Mittags trat Doctor Pitschner
mit seinen vier Führcrn den Rückwcg wieder an,
der mit denselben Gcfahren vcrbunden war, wie
das Aufsteigen. Er ging langsam und theils rück-
wärts von statten. An manchen Stellen war die
Paffagc noch schwieriger, wctl die Schnecmaffcn im
Laufc veS Tagcs weich gcworden waren, so daß die
Wanbcrer ost bis übcr die Knte tm Schnee wateten.
Um 5 Uhr Nachmittags schwcbtcn sic Alle in der
größten Gefahr. Die Schneemaffcn warerr ntcht
mehr zu übcrwältigcn; man vcrsank immer ttefcr.
Ermattct bliebcn fie im Schnee stecken, als eine
sausende Lawine fic aufrüttcltc, und sie noch ein-
mal versuchten, so weit als mögltch vvrzurücken.
Unter fortwährendem heißcn Kampfe mit vem Schnce
erreichten sic um 8 Uhr 05 Minuten Abends wie-
Her bie Hütte auf dem Grand Mulet unter dem
Dvnner der ln Ghamounir abgefeuerten Geschütze.

Nachdem sie hler dic naffen Kleider mit trockenen
gewechselt und sich durch warme Getränkc gestärkt
hatten, verfielen Alle in einen tiefcn Schlaf, in
wclchem fic 10 Stunbcn zubrachten, ohne vvn dem
nächtlichen Lawincndonner erwcckt zu werden.

Um 7 Uhr erwacht, empfand Doctor Pitschncr
cinen stechenden, höchst tntenflven Schmerz im Ge-
sicht, das gleichzeitig dick aufgcschwollen war. Als
er dle geschwollenen Augenlider öffnete, erkannte
cr ketnen Gegenstand uin sich, so hatt« die Gletscher-
sonne die überrcizten Augenmuokeln geblendet. Bal-
mal verficherte jedoch, daß dieser Zustand nur et»
vorübergehender sein werde, und man beschloß des-c
halb, drct Stunden zu warten. Jn dcr That fing
er nach etnigen Stunden an, den hellen Schnee
von den dunklcn Spalten zu unterscheidcn, worauf
der Weg fortgesetzt wurdk. Nach kurzer Ruhe in
der Scnnhütte von Paraz kamen fie AbendS 7 llhr
bei der Easeade von Dard an, wo fie »on etner
Gcscllschaft von Engländern und Franzosen herz-
lich bcgrüßt wurden. Am Dörfchen BarraS em-
pfingcn die Anverwandten und Kreunde die Küh-
rer mit der innigsten Freuoc. All« waren «vhl-
behalten zurückgekommen, nur zeigten die aufge-
 
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