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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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N5; 82.


Dormerstag, S. Aprtl


L8«3.

Bestellunge« auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
April 1863 begonnene 2. Quartal
werde» fortwährend angenommen.

Die Expedition.

* Politische Umschau.

Dik „Volks-Ztg." schreibt: Die Minister-
krists (im königlichen Schauspielhausc) ift be-
seitigt. Wie wir hören, hat man in Folge
der Sonntagsdemonstration die bezügliche Stelle
im „Gehcimen Agenten" entsprechenb geändert,
und es war bei der gestrigen Vorsteüung »icht
mehr von „Ministern", sondern nur von „Per-
sonrn" die Rcde.

Die Berliner „Ortsverbrnderung des deut-
schcn Handwerkerbundes fordert per Circular
die Handwerker der Provinzcn aus, den Ge-
burtslag Sr. Ercellenz bes Herrn Minister-
prästdenlen, der am 1. April sci, fcstlich zu
begehen. Es wird Lemnach an jencm Tage
nicht an Telrgrammen und Gratulationsschrei-
ben u. s. w. fehlen — aber manche „Hand-
werkerbünde" haben doch diese Zumuthung
aä svts gelegt!

„Debats" bemerken zu Bismarcks neucster
Rede, es gehe daraus die eigenthümlichc That-
sache hervor, daß die europäischen Cabinete
auch jetzt noch den Jnhalt bcr Convention
nicht kennten und die preußische Regicrung
stch darauf bcschränkt habe, deren irrigcn Vcr-
muthnngen zu widersprechen.

Von London wird berichlet, der dprtige
ruffische Gesandte habe angezeigt, daß dcr
Kaiser aus Polcn einen unabhängigen Staat
bildcn werdc, dcr mit Rußland nur eine ge-
meinschastliche Militärorganisation haben solle.

Die Unterhandlungcn zwischen Belgicn und
Holland über Ablösung des Scheldezolls haben
zum Ziel gesührt; der Vertrag wird demnächst
unterzeichnet werbcn, gleichzeitig mit eincm
Handelsvertrag und e.iner Convention über
die Schifffahrt auf den Nebengewäffern dcr
Maas.

Jn einem Schreiben, das Garibaldi kürz-
lich nach Hamburg richtcte, sagtc «r: „Jch
hoffe in der Einheit JtalienS und in der Ein«
heit Deutschlands die große Familie freier
VSIker stch herstellen zu sehen, welche eincn
Damm zu bilden bcruscn ist wider den gegen-
wärtigen Despotismus, der Enropa belastet."

Nach der Wiener „Preffe" ist die Spannung
zwischen Frankrcich und Rußland auf einen
schr hohcn Grad gediehen; ein völliger Bruch

sogar liegt innerhalb der Möglichkeit. Eigent«
lichc Verhandlungen wegen Polen werden von
Pctersburg augenblicklich nach keiner Richtung
hin geführt.

Der Hagptstrcitpunkt. zwischen Hrn. Fould
und einigcn anderen Ministern scheint in der
Frage in Betreff einer neuen Anleihe gelegen
zu haben. Fould will keine neue Anlciye,
während ein Theil der andcren Minister der
Anstcht ist, daß man ohne dieselbe nicht fertig
werden kann.

Der „Courier deS Etats Unis" sieht die
gestern mitgetheilte Nachricht, daß die Fran-
zosen bis auf wenige Stunden von Meriko
entsernt seien, als genau an und setzt voraus,
daß General Forep Puebla hinter sich hat
liegen laffcn. General Bazaine HStte eine
feste Slellung in Huamantla zwischen Puebla
und Meriko eingenommen. 10,000 Franzosen
wärcn von Puebla zurückgcblieben. (Auf der
Karte liegt Huamantla nicht auf der Straße
zwische» Puebla und Meriko, sondern auf der
Straße von Jalapa zwischen Perote und
Puebla, in dcr Nähe von Nopalncan, wo
General Bazaine, ehe noch daS Gros der
Armee von Orizaba aufgebrochen war, schon
Posten gefaßt hatte.)

Die Candidatur des Prinzen Wilhelm zu
Dänemark für den griechischen Thron stößt
in Kopenhagen auf den entschiedensten Wider-
spruch. Herr Hall hat sich gestern nach Fren-
desborg zum Könige begeben, wie verlaute(
in der Absicht, denselben zu veranlaffen, sei-
nerseits gegen die betreffende Candibatur Ein-
sprache zu thun.

Deutschland

Karlsruhe, 7. April. Heute Nachmittag
1>/, Uhr ist I. K. H. die Zrau Großfürstin
Olga Feodorowna nebst Kindern wiedcr von
hier nach Sluttgart abgereist, wöHöchstdieselbe
etwa 6 Tage zu verweilen gcdenkt. JZ. HH.
der Prinz und die Prinzcssin Wilhelm und
Prinz Karl begleiteten die Großfürstin. II.
KK. HH. der Großherzog mrd die Großher-
zogin gabcn das Geleite bis Bruchsal, von
wo Höchstdieselben wiedcr hierher zutückge-
kehrt stnd.

Kafsel, 6. April. Der einstweilige Ver-
treter Preußens am hiestgen Hofe, Graf
Münstcr, ist heute Morgen von Erfurt hier
eingeiroffen.

Augsburg, 6. April. Die „Allgemeine
Zeitung" vcröffentlicht das ihr von dem Grafen
Sigismund Wielopolski eingesandte Schreiben

an den Prinzen Napoleon vom 24. März d.
I., worin er für den seinem Vater im Se-
nate zugefugten Schimpf Genugthuung sordert.
Obwohl die bekannten Antecedentien des Prin-
zcn wenig Aussicht zur Annahme der Forbe-
rung darbietcn, will der Stadtprästdent Si-
giSmund Wielopolski mit der Veröffentlichung
des Schrcibens, welchcs die ganze Verant-
wortung für Polens Unglück auf den Prinzen
Napoleon und seine revolutionären Gevatter-
schaften wirft, bis den 2. April d. I. warten.
Das Schreiben lautct: Monseigneur! Jn dcr
Rede, welche Sie am 17. d. im Scnate von
Frankrcich gehalten, haden Sie Sich über
meinen Vater in beschimpfender Weise ausge-
sprochen. Jch komme als Sohn, von Ew.
Kaiserl. Hoheit für diese unwürdige Beleidi-
gung die Genuglhuung zu fordern, die ein
Mann von Ehre niemals verweigert. Gleich-
wohl habe ich, Monseigncur, nach Zhren so
bekannten Antecedentien keine große Aussicht,
Sie meine Forderung annehmcn zu sehen. Es
ist ein Mnth, der nicht über die Goffe geht,
und wenn solch ein Mensch und frecher Sans-
culottc eine Beschimpfung losgelassen hat,
stüchtet er stch feige in dic Unverletzlichkeit
einer bevorzugten Slellung, sobald man Jhn
wegen seines Geschwätzcs zur Rede stellt. Ew.
Kaiserliche Hohcit wird Sich vielleicht hinter
djejenigen vcrstecken wollen, welche mit Jhncn
im Palais Royal und mil den Häuptern der
Meuchelmörder in den Räuberhöhlcn von
Warschau übereinstimmen. Weun in meinem
Vateplande bie gutc Sachc, welche durch un-
sern König Alerander II. cingeleitet worben,
uiid welchcr mein Vater seit zwci Jahren
scine Kräfte weiht, nicht dazu kommt, übcr
die Schwierigkeitea ben Sieg davon zu tragen,
welche ihr durch verderbte oder unverständige
Leute bereitet werdcn, so wird man bas haupt»
sächlich den sich selbst so nennenden „Freun-
den" unserer Sache, wie Jhnen, Monseigneur,
und Jhre» revvlutionären Gesellen, zuschreibcn
müffen. Jch werde bis zum kommenden 2.
April Jhrc Antwort, so wie die Bezeichnung
Jhres Secundanten erwarzcn. Wenn Sie
mir die gesorderte Genuglhuung nicht gewäh-
ren, müssen Sie es leiden, Monseigneur, daß
ich diesen Brief ber Oessentlichkcit übergebe.
Empfangen Sic, Monseigneur, die Versiche-
rung aüer ber Gefühle, welche mcinerseits Ew.
Kaiserl. Hoheit gebühren. Warschau, Schloß
Brühl, 24. März 1863. (Gez.) Sigismund
Graf Wielopolski.

Berli«, 1. April. Bei der Revue, welche
gestern in Spandau stattfand und wobei auch

Am Bau der Menschheit.

Herr» Mißmeiger Lruzgcr in reinstcr Hochachtung
gcwidmet.

Am Bau der Menschheit fügt sich Stein zum Steine,
Nach weisem Plane thürmen sie fich auf,

Hinfort zu steh'n im herrlichsten Bereine,

Bom Schaft ein Wunder bis zum Giebelknauf.
Die Welt erstaunt vor diesem Riesentcmpel,

Den nur der jüngste Tag vollenden kann,

Und jeder Quader trägt der Gottheit Stcmpel,
Und jcder Baustetn ist ein-Hcld, ein Mann!

Da stehen fie die göttlichen Herocn,

Der Welt cin Beispicl, ehedem ihr Stolz!

Nehmt unsern Dank, ihr heilig zorn'gc Lohen,
Durch dic das Eis dcs starren Wahncs fchmolz. —
Zm Leben cinst dcs Scgens edle Kräfte,

Die heste Frucht, die uns'rc Erde reift —

Jm Tode jetzo mächt'ge SaulenschLste,

Um die !Zs Tcmpels wciter Bvgen schweist. —

Wo GotteS Odem gottbcseelend wehet,

Da lcnke hin, unsteter Menschenstrom;

Da tretet cin, die ihr am Wege flehet
llnd betet still in diescm Wunderdom.

Könnt ihr auch nic als fcste Pfeiler ragen,

So seid der Mörtel, der die Mauern HLlt,

Jst groß die That nicht, sci doch groß das Wagen,
Das für cuch zcugend i» die Schaalc fällt. —

Di« für die Wahrhett, sich verzchrcnd, brennen,
Dte find des GlaubcnS starker Eisenschild,

Wcr Gott im größten Wcrkc mag crkennen,

Dcr ist am nächsten Gottes Ebcnbild,

Und also sei der Welt er ein Erempel,

Am Bau der Menschheit fort ein heil'ger Stcin;
O könntrn Allc Steinc an dem Tcmpcl,

Wo nicht — im Tempel Alle Beter sein!

Ein ander Leben wär' das Menschenlebcn,

Das Retch auf Erden etn ganz andres Reich,

Dic WciSheit wäre jcdem Hcrz gcgebcn,

Und Eine Tugend machtc Alle glctch.

Der Frieden herrschte ob dem blut'gen Ruhme,
Dcr nicht daS Glück von Millionen schont;

Es wäre still, «ie hier tm Heiligthüme,

Wo Gottes Getst auf jcder Stirne thront.

Drum fühlt euch Alle zu dem Bau berufen,

An deffen Räumen fich der Haß versöhnt;

Dcr Erde Hügel seien seine Stufen,

Scin Dach dcr Himmel, der um'S All' sich dehnt
Wcnn «ir den Herrn im Geiste hier verehren,
Sind wir hienieden sclig in dem Hcrrn;

Dann mag die Zeit den jüngstcn Tag gebären, —
Sein Heil tst da, doch - stin Geist ist fern!

Am Bau der Menschheit fügt sich Stein zum Steine,
Nach wciscm Plane thürmen sic fich auf,

Hinfort zu steh'n im herrlichsten Vereine,

Vom Schaft ein Wunder bis zum Gicbelknauf.
Ein jeder Quader kägt dcr Gottheit Stempel,
Dcn k-ine Höllcnmacht zermalmen kann,

Und -ine bcss're Wclt heißt diescr Tcmpel,

Und jeder Baustcin ist ein Held, etn Mann!
 
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